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Ausgabe:

Mai/2010

Spalte:

553-554

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Kirk, J. R. Daniel

Titel/Untertitel:

Unlocking Romans. Resurrection and the Justification of God.

Verlag:

Grand Rapids-Cambridge: Eerdmans 2008. XIV, 245 S. gr.8°. Kart. US$ 32,00. ISBN 978-0-8028-6290-7.

Rezensent:

Stefan Krauter

Dieses Werk ist die leicht überarbeitete Fassung einer von R. B. Hays betreuten Dissertation über »Resurrection in Romans«. Damit ist, wie K. im einleitenden Kapitel deutlich macht, nicht gemeint, dass untersucht würde, wie sich Paulus die Auferstehung Christi und die Auferstehung der Toten material vorstellt, sondern vielmehr, welche Funktion Auferstehungsaussagen im theologischen Argumentationsgefüge des Römerbriefes einnehmen. K.s These ist, dass der Auferstehung Christi in dem Versuch des Paulus, zu zeigen, dass der Gott Israels wider allen Augenschein seine Verheißungen erfüllt, indem er Nichtjuden ohne Toragehorsam in das Gottesvolk aufnimmt, eine zentrale Rolle zukommt. Die Traditionen Israels würden von Paulus im Lichte des Christusereignisses, und zwar zentral im Lichte der Auferstehung Christi, einer grundlegenden Neuinterpretation unterzogen.
Der Zielsetzung des Buches angemessen folgt auf das einleitende Kapitel eines, das die Funktion von Auferstehungsaussagen im antiken Judentum untersucht – wiederum liegt der Akzent auf »Funktion«, nicht auf den inhaltlichen Vorstellungen von Toten­auferstehung. K. deutet anhand einiger antik jüdischer Texte verschiedene solche Funktionen an. Die seines Erachtens übergreifende Grundfunktion ist die, dass Auferstehung Gott rechtfertigt: Sie bietet eine Möglichkeit, dass Gott als seinen Verheißungen treu erwiesen wird. Dass ausgerechnet dieses Kapitel gegenüber der Dissertationsfassung stark gekürzt wurde, ist kaum nachvollziehbar. In der vorliegenden gedruckten Form ist es zu skizzenhaft, zu thetisch, zu wenig mit Einzelexegesen verschiedener antik jüdischer Texte unterfüttert.
Es folgen acht Kapitel, die, dem Gedankengang des Römerbriefes nachgehend, größere Textpassagen und Themenzusammenhänge jeweils in Hinblick auf die in ihnen vorkommenden Auferstehungsaussagen untersuchen. Immer wieder werden dabei einzelne Abschnitte des Briefes eingehend im Detail ausgelegt (ins­besondere Röm 1,1–7; 4,13–25; 5,9 f.; 6,1–7,6; 8,12–39; 10,6–13; 11,15; 13,8–14; 14,1–9). In diesen exegetischen Kapiteln liegt die eigentliche Stärke des Buches. Man wird zwar nicht immer den Ergebnissen im Einzelnen zustimmen; K.s Übersetzung und Auslegung von Röm 4,1 (»What shall we say? Is Abraham found our forefather according to the flesh?«) etwa scheint mir sprachlich schlichtweg unmöglich zu sein. Die Grundidee aber, dass Auferstehungsaussagen immer wieder eine zentrale Rolle im Argumentationsgefüge einnehmen und sich von ihnen her verstehen lässt, wie Paulus jüdische Traditionen so neu interpretiert, dass die Kirche aus Juden und Nichtjuden als ihre Erfüllung erscheint, ist grundsätzlich überzeugend und die auf ihr aufbauenden Exegesen sind in jedem Falle anregend und weiterführend. Hinzu kommt, dass K. umsichtig argumentiert und die exegetische Forschung (nicht nur die englischsprachige, sondern auch viele deutsche und französische Titel) breit rezipiert.
Das zusammenfassende letzte Kapitel fällt demgegenüber leider ab. Was in den Einzelexegesen differenziert dargestellt wurde, ist hier oft etwas plakativ formuliert und wird ein wenig zu schnell auf (teilweise spezifisch nordamerikanische) aktuelle kirchenpolitische Fragestellungen bezogen. Auch wenn die Positionen, die K. dabei vertritt, nachvollziehbar und sympathisch sind – so direkt ist der Weg von der Exegese zur Gemeindeleitung nicht.
Ein wenig ärgerlich ist schließlich die Aufmachung des Buches im Titel und im einleitenden Kapitel. Als Untersuchung über die Funktion von Auferstehungsaussagen im Argumentationsgang des Römerbriefes liest man es mit großem Gewinn. Und als solche ist ihm zu wünschen, dass es vielfältig rezipiert werde und als Ausgangspunkt für fruchtbare Weiterarbeit diene. Aber als Buch, das großspurig verspricht, den angeblich durch die reformatorische Fehldeutung hinter Schloss und Riegel verborgenen Gesamtsinn des Römerbriefes aufzuschließen, lässt es einen eher irritiert zurück.