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Ausgabe:

April/2010

Spalte:

391-406

Kategorie:

Aufsätze

Autor/Hrsg.:

Friedrich Hermanni

Titel/Untertitel:

Das wohltemperierte Universum
Ein teleologisches Argument

Zu Beginn von Alan Smithees Film Das zeitweilige Überleben des Harry Hanson findet sich der Titelheld gefesselt und an einen Spiel­automaten angeschlossen. Er weiß, dass ihn ein tödlicher Stromstoß treffen wird, wenn am Ende des Spiels nicht eine bestimmte Zahlenkombination auf dem Display des Automaten erscheint. Nun erscheint diese Kombination tatsächlich, und Harry fragt sich verblüfft, wie sein Überleben zu erklären ist. Wurde der Spielautomat manipuliert? Oder waren schon viele arme Teufel mit der Höllenmaschine verkabelt, so dass irgendjemand irgendwann überleben musste? Oder arbeitet der Automat nach Prinzipien, die nur eine Zahlenkombination zulassen? Plötzlich kommt Harry auf eine ganz andere Idee: Vielleicht verlangt die Kombination, die sein Leben rettete, gar keine Erklärung. Denn sie ist nicht unwahrscheinlicher als jede andere, und irgendeine musste schließlich im Display erscheinen. Zudem ist sie, weil er bei keiner anderen überlebt hätte, die einzige, die zu beobachten er erwarten konnte. Als sich Harry mit dieser Antwort gerade zufriedengeben will, beginnt ein neues Spiel. Diesmal hat er weniger Glück – und damit endet Harrys Leben und Smithees Film.

Cineasten wissen, dass es keinen Alan Smithee gibt; der Name ist nur ein Pseudonym für Regisseure, die sich ihrer Filme schämen. In unserem Fall ist es noch schlimmer: Es gibt nicht einmal den Film. Wer passende Zitate braucht, muss manchmal welche erfinden. Und passend ist die Szene allemal, weil sie unserer Situation im Universum gleicht. Wäre das Universum nicht von einer extrem unwahrscheinlichen Zahlenkombination bestimmt, dann gäbe es uns nicht. Im Folgenden werde ich diesen Befund zunächst darlegen und begründen, warum er eine Erklärung verlangt. Da­nach werden die drei möglichen Erklärungen erwogen: die gesuchte endgültigen Theorie der Physik, die Vermutung, dass viele Welten mit unterschiedlichen Zahlenkombinationen existieren, und die Annahme göttlicher Planung.

1. Die Feinabstimmung und ihre Erklärungsbedürftigkeit


Nahezu die gesamte Materie unseres Universums besteht aus vier Arten von Elementarteilchen (Protonen, Neutronen, Elektronen und Neutrinos), die sich durch vier Grundkräfte (Gravitation, Elektromagnetismus, starke und schwache Wechselwirkung) ge­genseitig beeinflussen. Die Masse dieser Teilchen, die Stärke der Grundkräfte und weitere Parameter werden von der Elementarteilchenphysik durch theoretisch nicht vorausgesagte, experimentell festgestellte Zahlen charakterisiert, die in vielen Fällen delikate Werte haben. Denn der für die Entstehung von Leben geeignete Wertbereich, in den die Parameter fallen, ist verglichen mit dem Wertbereich, in den sie nach gegenwärtigem Erkenntnisstand der Physik fallen könnten, oft sehr schmal. Geringfügige Veränderungen der Parameterwerte würden deshalb die Entstehung von Leben, wie wir es kennen, ausschließen. Einige wenige Beispiele seien ge­nannt: 1

Ein berühmtes Beispiel für die Feinabstimmung der elektromagnetischen und der starken Wechselwirkung ist die Herstellung von Kohlenstoff und Sauerstoff. Würden nicht hinreichend große Mengen beider Elemente durch Kernfusion in Sternen produziert, wäre kohlenstoffbasiertes Leben nicht möglich. Genügend Kohlenstoff und Sauerstoff entsteht in Sternen aber nur dann, wenn die Stärken der elektromagnetischen und der starken Wechselwirkung in einen schmalen Wertbereich fallen. Würde die Intensität der starken Kraft um 0,5 % oder die der elektromagnetischen Kraft um 4 % verändert, entstünde in Sternen entweder zu wenig Kohlenstoff oder zu wenig Sauerstoff. 2

Für die Entstehung kohlenstoffbasierten Lebens genügt es freilich nicht, dass hinreichende Mengen beider Elemente erzeugt werden, sie müssen auch durch Explosionen von Sternen als Supernovae über die Galaxie verteilt werden. Diese Verteilung aber setzt voraus, dass die Intensität der schwachen Wechselwirkung präzise adjustiert ist. Wäre sie etwas stärker oder schwächer, dann hätten die Neutrinos nicht die richtigen Eigenschaften, um ihre entscheidende Funktion bei einer Supernova-Explosion zu erfüllen. 3

Ebenso wie die Parameter der Kraftstärken müssen auch die der Teilchenmassen in einen schmalen Bereich von Werten fallen, wenn Leben, wie wir es kennen, möglich sein soll. Das vielleicht bekannteste Beispiel ist die Differenz zwischen der Protonen- und der Neutronenmasse. Im Interesse des Lebens muss die Masse des Neutrons die des Protons um genau den faktischen Wert übersteigen. Wären Neutronen nur um 1:700 schwerer als sie sind, könnten Sterne ihren Wasserstoff nicht zu Helium verbrennen, weil dann kein Deuterium produziert würde, das für diese Verbrennung nötig ist. Ohne Helium aber entstünden nicht durch weitere Nukleosynthese die für Leben erforderlichen schweren Elemente. 4

Auf die Erfordernisse des Lebens scheint auch der Wert der sog. kosmologischen Konstante (Lambda) abgestimmt zu sein, die man sich als Energiedichte des Vakuums vorstellen kann und die bei positivem Wert als repulsive, den Raum ausdehnende Kraft wirkt. Den Messungen zufolge liegt der Wert von Lambda geringfügig über Null, obgleich typische Berechnungen der Quantenfeldtheorie einen hohen Wert erwarten lassen, der unsere Existenz ausschließen würde. Denn bei hohem positiven Wert würde das Universum zu schnell expandieren, um Galaxien, Sterne, Planeten und Leben hervorbringen zu können, bei hohem negativen Wert dagegen würde es rasch kollabieren und ebenfalls kein Leben entstehen. 5

Diese und viele weitere Beispiele zeigen, dass die Ausgangswahrscheinlichkeit für ein Leben ermöglichendes Universum unseres Typs verschwindend gering ist. Zur Veranschaulichung stelle man sich eine komplexe Maschine vor, von der unser Universum produziert wurde. Wenn diese Maschine für jeden der vielen Parameter, dessen Wert durch die theoretische Physik nicht festgelegt ist, einen Schieberegler besäße, dann hätte sie bei den meisten Positionsveränderungen eines Reglers anstelle unseres Universums eine Welt ohne Leben hervorgebracht.

Nun hat man eingewandt, dass, bezogen auf alle logisch möglichen Universen, der Anteil derjenigen, die für Leben geeignet sind, keineswegs gering sein muss. Vielleicht kann in den meisten möglichen Universen, die sich von unserem durch ihre Basisgesetze oder durch ein gänzlich anderes Set von Parameterwerten unterscheiden, irgendeine Form von Leben entstehen.6 Gewiss ist dieser Fall nicht auszuschließen, er spräche aber nicht gegen die Annahme, dass die Ausgangswahrscheinlichkeit für ein lebensfreundliches Universum unseres Typs sehr gering ist. John Leslie hat das durch folgende Analogie illustriert:7 An einer Hauswand sitzen Fliegen, in einigen Bereichen jeweils nur eine einzige, während andere Bereiche mit Fliegen überfüllt sind. Wenn nun irgendeine Fliege von einem Pfeil getroffen wird, ist die Ausgangswahrscheinlichkeit, dass er eine vereinzelt sitzende Fliege trifft, sehr gering. Entsprechendes gilt für das Universum: Wir wissen nicht, wie hoch unter allen logisch möglichen Universen der Anteil derjenigen ist, die für Leben geeignet sind. In denjenigen möglichen Universen jedoch, die sich in der »Nähe« unseres Universums befinden, weil sie durch dieselben Basisgesetze bestimmt werden und sich »lediglich« durch einzelne Parameterwerte unterscheiden, kann, wie wir sehr wohl wissen, nur im Ausnahmefall Leben entstehen. Dass in diesem lokalen Bereich möglicher Universen ausgerechnet dasjenige wirklich wird, in dem Leben entstehen kann, ist deshalb, im Vorhinein betrachtet, extrem unwahrscheinlich.

Aber ist es auch erklärungsbedürftig? Aus folgendem Grund könnte man geneigt sein, die Frage zu verneinen: Die Konstellation von Parameterwerten, die in unserem Universum besteht, hat zwar eine geringe Ausgangswahrscheinlichkeit, aber sie ist nicht geringer als die jeder anderen möglichen Konstellation. Nun hielte man, wenn das Universum Parameterwerte hätte, die Leben ausschließen würden, sicher keine Erklärung für nötig – abgesehen davon, dass es niemanden gäbe, der Erklärungen verlangen könnte. Daher ist auch die lebensfreundliche Konstellation von Parameterwerten in unserem Universum nicht erklärungsbedürftig. Das Universum, mag man denken, gleicht einem Lotteriespiel: Wer gewinnt, sollte keine Fragen stellen. Denn seine Losnummer hatte keine geringere Chance als eine andere, und irgendeine musste schließlich gezogen werden. Hätte eine andere oder gar keine gewonnen, würde er sich auch nicht wundern.

Diese scheinbar plausible Argumentation ist indes irreführend, weil bei einer Konstellation von Ereignissen, die eine geringe Ausgangswahrscheinlichkeit hat, zwei Arten von Fällen zu unterscheiden sind. In Fällen der ersten Art wären wir, wenn die Konstellation zufälligerweise einträte, nicht überrascht, während Fälle der zweiten Art uns erstaunen und deshalb nach einer Erklärung verlangen ließen. Nicht überraschend wäre es beispielsweise, wenn ein Affe auf einer Schreibmaschine eine bestimmte, semantisch bedeutungslose Folge von 15 Zeichen tippen würde. Würde er aber stattdessen den Satz »Ich heiße Oskar« schreiben, wären wir erstaunt, obgleich diese Sequenz von ebenfalls 15 Zeichen (Leerzeichen eingerechnet) keine geringere Ausgangswahrscheinlichkeit hat als die erste. 8 Worin besteht der Unterschied? Im Fall der semantisch bedeutungslosen Zeichenfolge würden wir annehmen, sie sei in dem Sinne zufällig, dass die Zusammenstellung der Zeichen keinen besonderen Grund hat, auch wenn es für jedes einzelne Zeichen einen Grund geben mag. Bei dem Satz »Ich heiße Oskar« hingegen würden wir eine zufällige Zusammenstellung bezweifeln. Denn andere und durchaus naheliegende Annahmen, die von einem besonderen Grund für die Zusammenstellung ausgehen, machen die Buchstabenfolge wahrscheinlicher, zum Beispiel die Vermutung, der Affe sei dressiert worden. Solche Annahmen, die zugleich naheliegend wären und Erklärungskraft hätten, lassen sich für die semantisch bedeutungslose Zeichenfolge nicht aufstellen. Erklärende Annahmen wären in diesem Fall ähnlich abwegig wie die, der Affe habe mithilfe einer speziellen Verschlüsselungsmethode eine geheime Nachricht für seinen Pfleger verfasst. Nun gehört die Leben ermöglichende Konstellation von Parameterwerten in unserem Universum offenbar zu der zweiten Art von Fällen. Obgleich sie keine geringere Ausgangswahrscheinlichkeit hat als eine bestimmte, ebenfalls sehr unwahrscheinliche Konstellation von Parameterwerten, die Leben ausschließen würde, ist sie im Unterschied zu dieser erklärungsbedürftig. Denn wir wären, wenn die lebensfreundliche Konstellation zufälligerweise zustande kä­me, erstaunt, weil es erwägenswerte Annahmen gibt, die sie erklären könnten. 9

Drei bedenkenswerte, einander nicht durchgängig ausschließende, wenn auch konkurrierende Erklärungsvorschläge sollen, wie gesagt, in den folgenden Abschnitten behandelt werden: das Programm einer endgültigen physikalischen Theorie (Theory of Everything), die Viele-Welten-Hypothese und die Planungshypothese.10 Ein vierter Erklärungsvorschlag hingegen, der sich auf das sog. anthropische Prinzip stützen würde, wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt. Diesem logisch notwendigen Prinzip zufolge muss das beobachtete Universum so beschaffen sein, dass es die Existenz von Beobachtern zulässt. Damit wird die Frage, warum das Universum lebensfreundliche Parameterwerte hat, aber offenkundig nicht beantwortet, es sei denn, das Prinzip würde in einer subjektiv-idealistischen Version vertreten. In seiner unbestreitbaren Normalversion besagt es lediglich Folgendes: Wenn das Universum von uns beobachtet wird, dann hat es notwendigerweise die delikaten Parameterwerte, ohne die wir nicht existieren würden. Es erklärt aber nicht, dass das Universum die delikaten Werte hat, die notwendig sind, damit wir existieren und es beobachten können. Immerhin beantwortet das anthropische Prinzip eine andere Frage, die sich im Rahmen der Viele-Welten-Hypothese stellt: Warum beobachten wir keine Universen, deren Parameterwerte von denen unseres Universums abweichen?

2. Eine endgültige physikalische Theorie


In Humes Dialogen über natürliche Religion bemerkt Philo, der die Rolle des unbekümmerten Skeptikers spielt:

»Und wäre ich genötigt, ein bestimmtes einzelnes Weltsystem zu verteidigen (was ich nie freiwillig tun würde), so erachte ich keines für annehmbarer als das, welches der Welt ein ewiges, ihrem Wesen angehöriges Prinzip der Ordnung … zuschreibt. … Jedes Ding ist sicher durch stetige unverletzliche Gesetze beherrscht. Und wäre das innere Wesen der Dinge uns offengelegt, wir würden ein Schauspiel sehen, wovon wir jetzt keine Vorstellung haben können. Anstatt die Ordnung der natürlichen Dinge zu bewundern, würden wir deutlich sehen, daß es ihnen absolut unmöglich war, selbst im kleinsten Stück eine andere Gestaltung zuzulassen.« 11

Ähnliche Ansichten vertreten Physiker, die auf eine endgültige physikalische Theorie hoffen,12 gleichsam eine physica triumphans. Sie soll alle Elementarteilchen und Grundkräfte, einschließlich der Gravitation, vereinheitlichen und alle Parameterwerte vorschreiben, die bislang der Erfahrung entnommen werden müssen. Die de­likaten Werte für die Stärken der Grundkräfte, für die Massen der Elementarteilchen oder für die kosmologische Konstante, die für die Entstehung des Lebens erforderlich sind, wären im Rahmen dieser endgültigen Theorie physikalisch notwendig und da­her für sich betrachtet keiner weiteren, etwa teleologischen Erklärung bedürftig.

Nun hat die Physik auf dem Weg zu einer einheitlichen Be­schreibung aller Grundkräfte und Elementarteilchen zwar bedeutende Fortschritte erzielt, ohne allerdings die Notwendigkeit ba­saler Parameterwerte einzusehen. Durch das Standardmodell der Elementarteilchenphysik, das in den 70er Jahren des letzten Jh.s entwickelt wurde, ist es gelungen, die starke und schwache Wechselwirkung mit der elektromagnetischen in einem gewissen Grade zu vereinheitlichen. Eine endgültige physikalische Theorie liefert das Standardmodell jedoch nicht, weil es die Gravitation nicht einbeziehen kann und die Werte vieler Parameter offen lassen muss. Mit dem Ziel, diese Schwäche zu überwinden, ist in den 80er Jahren die String-Theorie angetreten. Sie gilt bis heute als aussichtsreichs­ter Kandidat für eine einheitliche Beschreibung aller Elementarteilchen und Grundkräfte. Allerdings besteht kein Grund anzunehmen, dass die String-Theorie zu jener eindeutigen Vorhersage der Parameterwerte des Standardmodells führen wird, die ihr bisher misslang. 13 Viele Physiker verabschieden sich deshalb inzwischen von der Vorstellung, diese Werte seien aus irgendeiner fundamentalen Theorie ableitbar. Hätten sie Recht, wäre eine andere Erklärung erforderlich.

Nehmen wir jedoch für einen Moment an, der Traum von einer endgültigen physikalischen Theorie würde sich eines schönen Tages erfüllen. In diesem Fall müssten die Parameter zwar ihre faktischen Werte annehmen, die Theorie selber wäre aber wie jede andere physikalische Theorie logisch kontingent. Ein Beispiel mag das illustrieren: Physiker, die von einer endgültigen Theorie träumen, erwarten, dass die Quantenmechanik ein irreduzibles Element dieser Theorie sein wird. 14 Nun ist die Annahme, das Universum werde statt durch die Prinzipien der Quantenmechanik durch diejenigen der Newtonschen Mechanik bestimmt, zwar nicht korrekt, aber durchaus widerspruchsfrei. Folglich wäre auch eine physica triumphans nicht logisch notwendig, weil im Universum auch andere Theorien gelten könnten.15

Wäre die faktische Geltung einer logisch nicht notwendigen endgültigen Theorie, die lebensfreundliche Parameterwerte impliziert, erklärungsbedürftig? Eine Erklärung hielte man dann für erforderlich, wenn die Ausgangswahrscheinlichkeit für ihre Geltung geringer wäre als die Ausgangswahrscheinlichkeit für die Geltung einer Theorie, die die Entstehung von Leben ausschließt. Dies wiederum wäre unter zwei Bedingungen der Fall: Zum einen müss­te unter den Theorien, die im Universum gelten könnten, der Anteil derjenigen, die Leben verhindern, größer sein als der Anteil endgültiger Theorien, die Leben ermöglichen. Zum anderen dürften einige von den Theorien, die die Entstehung von Leben ausschließen, der im Universum geltenden physica triumphans an Einfach­heit und Eleganz nicht nachstehen. Beide Bedingungen scheinen aus folgendem Grund erfüllt zu sein: Die Parameterwerte unseres Universums lassen die Entstehung von Leben nur deshalb zu, weil sie vielen präzisen Anforderungen gerecht werden, die allem Anschein nach unabhängig voneinander sind. Daher ist erstens zu erwarten, dass die Zahl von Theorien, die Leben, wie wir es kennen, verhindern, größer ist als die Zahl endgültiger Theorien, die derartiges Leben zulassen. Wegen der komplexen Anforderungen für lebensfreundliche Parameterwerte ist es zweitens plausibel, 16 dass zumindest einige der Theorien, die Leben ausschließen, nicht weniger einfach und elegant sind als unsere physica triumphans, die die Entstehung von Leben erlaubt. Kurzum: Im Vorhinein betrachtet, wird man die Wahrscheinlichkeit, dass diese phy­sica triumphans im Universum gilt, geringer einschätzen als die Wahrscheinlichkeit für die Geltung einer Theorie, die Leben verhindert. Wenn unsere physica triumphans aber dennoch im Universum gelten­ würde, dann wäre das aus demselben Grund erklärungsbedürftig wie der vom Affen getippte Satz »Ich heiße Oskar« im obigen Beispiel: Wir wären erstaunt, wenn die endgültige und lebensfreundliche Theorie, obgleich ihre Geltung, im Vorhinein betrachtet, unwahrscheinlicher ist als die ihrer lebensunfreundlichen Konkurrenten, zufälligerweise im Universum gelten würde. Denn die Planungshypothese wäre eine naheliegende Annahme, die die Auswahl erklären könnte.

Humes unbekümmerter Skeptiker irrt demnach: Auch wenn »das innere Wesen der Dinge uns offengelegt« wäre, weil wir eine endgültige Theorie entdeckt hätten, die keine anderen als die faktischen Parameterwerte zulässt, würden wir dennoch »die Ord­nung­ der natürlichen Dinge … bewundern« und nach einer Erklärung suchen. Käme neben der Planungshypothese auch die Viele-Welten-Hypothese als naheliegende Erklärung in Betracht? Im vorliegenden Fall müsste eine Viele-Welten-Hypothese behaupten, dass die lebensfreundliche physica triumphans deshalb im Universum gilt, weil es für (fast) jede Theorie ein wirkliches Universum gibt, in dem sie gilt. Aus heutiger naturwissenschaftlicher Sicht ist diese Annahme indes wenig plausibel. Im Rahmen der modernen Physik sind, wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, sehr wohl Mechanismen vorstellbar, die viele wirkliche Universen er­zeugt haben könnten, in denen unterschiedliche Konstellationen von Parameterwerten gelten. Jeder dieser Mechanismen setzt allerdings die Geltung einer fundamentalen Theorie voraus. Die Vermutung hingegen, es könnte einen übergeordneten Mechanismus für die Erzeugung vieler wirklicher Universen geben, in denen unterschiedliche fundamentale Theorien gelten, ist aus der Sicht heutiger Physik eine Ad-hoc-Annahme, für die nicht das Mindeste spricht. Ohne die Vorstellbarkeit eines derartigen Mechanismus jedoch verletzt die Annahme einer Pluralität wirklicher Universen, in denen unterschiedliche fundamentale Theorien gelten, Ock­hams wohlbegründete Forderung nach ontologischer Sparsamkeit. 17 Die Entdeckung einer physica triumphans wäre daher zu­gleich ein Triumph des teleologischen Arguments.

3. Die Viele-Welten-Hypothese


In Humes Dialogen über natürliche Religion schlägt Philo zwei Formen der Viele-Welten-Hypothese vor, mit denen sich die Ordnung der Welt auf naturalistische statt teleologische Weise erklären lassen soll. Was den Anschein planender Intelligenz erweckt, könnte, so der erste, epikureisch inspirierte Vorschlag, aus einer zugleich beständigen und willkürlichen Bewegung resultieren, die den Elementarteilchen natürlicherweise innewohnt. Denn wenn die Zahl der Teilchen und mithin die ihrer möglichen Konstellationen begrenzt ist, muss sich nach hinreichend langer Zeit auch eine Konstellation ergeben, wie sie in unserer Welt besteht. 18 Philos zweiter, durch Hesiod angeregter Erklärungsvorschlag folgt aus der Annahme, die Welt sei Tieren und Pflanzen ähnlicher als den Produkten menschlicher Kunst. Wenn ähnliche Wirkungen auf ähnliche Ursachen zurückgehen, wird die Welt daher eher durch Zeugung oder Wachstum entstanden als der göttlichen Vernunft entsprungen sein. Vielleicht ist sie aus einem der Samen hervorgegangen, die von anderen Welten erzeugt und ins unendliche Chaos ausgestreut wurden, und womöglich erzeugt sie auch ihrerseits die Samen neuer Welten, die ihr ähnlich sind. 19

Entsprechend wird in der gegenwärtigen Debatte häufig angenommen, die lebensfreundliche Konstellation der Parameterwerte im Universum, die eine verschwindend geringe Ausgangswahrscheinlichkeit besitzt und nach Erklärung verlangt, lasse sich statt durch göttliche Planung ebenso gut oder besser durch eine Vielzahl wirklicher Universen erklären.20 Abgesehen von Lee Smolins Theorie der natürlichen kosmologischen Auslese, auf die wir noch zu sprechen kommen, ist der Grundgedanke stets mit dem in Philos erstem Vorschlag identisch: Wenn hinreichend viele Universen synchron oder diachron existieren, die sich durch ihre Parameterwerte voneinander unterscheiden, sind in einem oder mehreren dieser Universen Werte zu erwarten, die die Entstehung von Leben zulassen. Dass wir Universen mit anderen Werten nicht beobachten, sollte uns dabei nicht erstaunen. Denn durch das anthropische Prinzip wird die Beobachtung auf Universen eingeschränkt, in denen Beobachter existieren können. Die delikaten Parameterwerte des Universums mögen als Resultat göttlicher Absicht erscheinen. In Wahrheit aber könnten sie, ähnlich wie die komplexen Organismen, das Ergebnis von zufälliger Variation und Selektion sein, die sich im Falle des Multiversums allerdings auf die Auswahl des Beobachtbaren beschränkt.

3.1 Versionen der Hypothese
Von den neueren, in der Physik ernsthaft erwogenen Versionen einer Viele-Welten-Hypothese, die die Parameterwerte unseres Universums ähnlich zu erklären versuchen wie Philos erster Vorschlag, sollen drei behandelt werden: das Oszillationsmodell, die Viele-Welten-Deutung der Quantenmechanik und das inflationäre Viele-Welten-Szenario.

Dem Oszillationsmodell zufolge wird die Expansion des Universums durch die Gravitationskraft zunehmend gebremst und schlägt schließlich in eine Kontraktion um: Das Universum fällt mit steigender Geschwindigkeit in sich zusammen und endet in einem Big Crunch, dem Gegenstück zum Big Bang. Dieser Endknall löst einen erneuten Urknall aus, durch den ein neues Universum entsteht, das seinerseits in einem Big Crunch endet usw. Wenn nun in jedem neuen Zyklus die Parameterwerte ohne Einfluss der vorherigen Zyklen in zufälliger Weise festgelegt werden, wie John Wheeler, der bekannteste Vertreter des Modells, an­nimmt, 21 dann kommt nach hinreichend vielen Zyklen ein Universum zustande, dessen Werte für die Entstehung des Lebens geeignet sind. Ob das Oszillationsmodell zutrifft, hängt von mehreren Faktoren ab. Beispielsweise müsste neben der sichtbaren genügend dunkle Materie im Universum vorhanden sein, damit die Gravitationskraft eine Kontraktion bewirkt. Weil das nach derzeitigen Schätzungen aber nicht der Fall ist, rechnen die meisten Astrophysiker mit einer dauerhaften Expansion, die sich womöglich sogar beschleunigt.

Eine andere Version der Annahme, dass viele Universen existieren, ist die realistische Deutung der Quantenmechanik, die Hugh Everett III. bereits in den 50er Jahren des letzten Jh.s vorgeschlagen hat und die mittlerweile als ernsthafte Alternative zur üblichen Kopenhagener Deutung gilt. Nach der Kopenhagener Deutung sind Quantensysteme, solange sie nicht beobachtet werden, als Überlagerungen möglicher Systemzustände mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten zu verstehen und durch ein mathematisches Konstrukt, die sog. Wellenfunktion, zu beschreiben. Werden sie aber beobachtet, dann bricht die Wellenfunktion zusammen und einer unter den möglichen Zuständen wird zufälligerweise zum wirklichen. Aus dem irrealen Nebel von Wahrscheinlichkeiten stellt die Beobachtung also eine eindeutige Realität her. Nach der Viele-Welten-Deutung 22 hingegen ist die Wellenfunktion kein mathematisches Konstrukt, sondern eine objektive Realität. Daher sind alle Zustände eines Systems, die quantenmechanisch möglich sind, auch wirklich, und zwar jeder in seinem eigenen Universum. Beobachtungen stellen die Wirklichkeit nicht her, sondern stellen lediglich klar, in welchem Zweig des Multiversums sich der Beobachter befindet. So gesehen sind die delikaten Parameterwerte in unserem Universum nicht länger rätselhaft. Denn wenn für alle Parameterwerte, die unter den Be­dingungen des Big Bang physikalisch möglich sind, Universen existieren, in denen sie gelten, dann muss es auch ein Universum mit den lebensfreundlichen Werten geben, die unsere Existenz ermöglichen.

Die realistische Deutung der Quantenmechanik wird von Physikern und Philosophen oft mit der Begründung abgelehnt, dass die Annahme weiterer, nicht beobachtbarer Universen, zu denen sie führt, das Gebot ontologischer Sparsamkeit (Ockham’s Razor) verletzt.23 In anderer Hinsicht ist die Viele-Welten-Deutung allerdings einfacher als die Kopenhagener, weil sie ohne die prinzipielle Trennung zwischen physikalischem System und Beobachter auskommt, die problematisch erscheint. Denn ist der Beobachter nicht seinerseits ein physikalisches System, das von den Regeln der Quantenmechanik bestimmt wird? Die Forderung nach Sparsamkeit der Prinzipien führt demnach zu keiner eindeutigen Entscheidung zwischen den beiden Deutungen der Quantenmechanik mit der größten Anhängerschaft, und leider lässt sich die Entscheidung, zumindest derzeit, auch experimentell nicht herbeiführen. Weil beide Deutungen zudem in Anwendungsfragen die gleichen Antworten geben, lassen die meisten Physiker das grundsätzliche Problem auf sich beruhen. »Quantenmechaniker«, schreibt John Polkinghorne, »sind im Durchschnitt nicht philosophischer als Automechaniker.« 24

Eine dritte Version der Viele-Welten-Hypothese ergibt sich zwanglos aus der sog. Inflationstheorie, die Alan Guth 1980 vorgeschlagen hat.25 Die Inflationstheorie gehört heute zum Standardmodell der Kosmologie, weil sie bestimmte Eigenschaften des Universums in eleganter Weise erklärt, die in der herkömmlichen Urknalltheorie entweder gar nicht erklärbar sind oder nur durch eine erklärungsbedürftige Feinabstimmung der Ausgangsbedingungen erklärt werden können. Dazu gehören die globale Homogenität und lokale Inhomogenität der Materieverteilung, die Flachheit des Raums und die Seltenheit exotischer Teilchen, die als magnetische Monopole bezeichnet werden. Im inflationären Szenario hat eine Region durch die Zustandsänderung eines Quantenfeldes irgendwann begonnen, sich in extrem schneller, exponentieller Weise zu einer Größe auszudehnen, verglichen mit der unser sichtbares Universum winzig erscheint. Weil sich der Raum durch die Expansion abkühlt, kommt es nach Guth an verschiedenen Raumstellen zu einem Phasenübergang: Ähnlich wie bei der Abkühlung von Wasserdampf Tröpfchen gebildet werden, entstehen an diesen Stellen »Tröpfchen«-Universen. In jedem von ihnen wird die Energie des Quantenfeldes in ein heißes und dichtes System von Elementarteilchen umgewandelt, in den Zustand also, den die herkömmliche Urknalltheorie als Ausgangszustand be­trachtet. Die weitere Entwicklung der Universen, von denen das unsrige nur eines ist, entspricht denn auch dem bekannten Mus­ter: Nach einem Big Bang expandieren sie mit »normaler« Ge­schwindigkeit und kühlen zunehmend ab. Weil der Raum zwischen ihnen aber weiterhin exponentiell anwächst, kollidieren sie in der Regel nicht und können sich daher getrennt entwickeln. Nun könnten die Parameterwerte in jedem dieser Universen auf zufällige Weise und daher unabhängig voneinander aus dem Set physikalisch möglicher und gleich wahrscheinlicher Werte ausgewählt worden sein. 26 Wenn das zutrifft und wenn hinreichend viele Universen erzeugt werden, wie die Theorien einer chaotischen Inflation annehmen, dann müssen die Parameter in irgendeinem Universum auch die lebensfreundlichen Werte besitzen, die wir beobachten.

Ob eine inflationäre Expansion tatsächlich stattgefunden und zu Universen mit unterschiedlichen Werten geführt hat, lässt sich derzeit nicht abschließend beurteilen und kann nur durch weitere Forschung entschieden werden. Es wäre ein Irrtum zu glauben, die inflationäre Version der Viele-Welten-Hypothese ließe sich mit Hinweis auf Ockham’s Razor zurückweisen. Denn wenn ein physikalischer Mechanismus bekannt ist, der Universen erzeugen kann, ist es einfacher anzunehmen, er sei mehrmals statt nur einmal tätig.

3.2 Die Erklärungskraft der Versionen
Je mehr Universen existieren, die sich durch ihre Parameterwerte voneinander unterscheiden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Parameter in irgendeinem Universum lebensfreundliche Werte annehmen. Steigt damit zugleich die Wahrscheinlichkeit für lebensfreundliche Werte in unserem Universum und be­stätigen die beobachteten Werte deshalb umgekehrt die Viele- Wel­ten-Hypothese?

Betrachten wir, um die Frage zu beantworten, einen vergleichbaren Fall: In einem Kasino geht jemand zu einem Tisch, an dem mit zwei Würfeln gespielt wird, und beim ersten Wurf, den er beobachtet, fallen beide Würfel auf Sechs. Darf er diese Beobachtung als einen Hinweis werten, dass an dem Tisch schon viele Male gewürfelt wurde, weil mit der Häufigkeit des Würfelns die Wahrscheinlichkeit für einen Sechser-Pasch steigt? Offenkundig nicht. Durch häufiges Würfeln wird es zwar wahrscheinlicher, bei irgendeinem Wurf eine doppelte Sechs zu erzielen, dasselbe gilt aber auch für Würfe mit allen anderen Resultaten. Daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Wurf zu einem Sechser-Pasch führt, von der Häufigkeit des Würfelns unabhängig. Ob nur einmal oder viele Male gewürfelt wird, die Wahrscheinlichkeit ist bei jedem einzelnen Mal gleich und beträgt, wenn die Würfel nicht gezinkt sind, 1:36. Dasselbe gilt mutatis mutandis für den kosmologischen Be­fund: Die Existenz vieler Universen, deren Parameterwerte jeweils auf zufällige Weise aus dem Set der physikalisch möglichen und gleich wahrscheinlichen Werte ausgewählt werden, erhöht nicht die Wahrscheinlichkeit für lebensfreundliche Werte in unserem Universum. Daher sind die beobachteten Werte keine Bestätigung für Versionen der Viele-Welten-Hypothese, die von einer derartigen Festlegung der Parameterwerte ausgehen. Dieser Einwand, der auf Ian Hacking 27 zurückgeht, betrifft freilich, wie nun gezeigt werden soll, nicht alle Versionen.

a) Das von John Wheeler entwickelte Oszillationsmodell ist offenkundig außerstande, die lebensfreundlichen Parameterwerte in unserem Universum zu erklären. Denn nach Wheeler haben frühere Universen keinen Einfluss auf die Festlegung der Parameterwerte in einem späteren. Wheelers Universen haben wie die Würfel in dem obigen Beispiel kein »Gedächtnis«. Dieselbe Erklärungslü­cke bleibt in der inflationären Version, weil sie ebenfalls voraussetzt, dass die Parameterwerte eines Universums unabhängig von anderen Universen festgelegt werden. Die lebensfreundlichen Werte in unserem Universum bestätigen deshalb die inflationäre Version ebenso wenig wie das Würfeln eines Sechser-Pasches in meinem Büro die Annahme belegt, die Kollegen in anderen Büros seien auch mit Würfeln beschäftigt.

Einige Philosophen und Physiker haben den Einwand zurück­gewiesen, weil er das anthropische Prinzip außer Acht lässt, das unsere Beobachtung auf ein lebensfreundliches Universum einschränkt.28 Denn wenn diese Einschränkung berücksichtigt wird, würden die Modelle von Wheeler und Guth, so glauben sie, durch die Feinabstimmung in unserem Universum sehr wohl bestätigt. Zur Begründung dienen vergleichbare Fälle wie die folgenden:29 Wer einen Film sieht, in dem ein Golfball mit einem einzigen Schlag ins Loch befördert wird, hat Grund zur Annahme, vor diesem Schlag seien zahlreiche andere, dem Publikum später aber vorenthaltene Schläge gefilmt worden. Ebenso darf man aus dem Zeitungsbericht über einen glücklichen Lottomillionär schließen, dass viele andere, in dem Bericht allerdings nicht erwähnte Spieler bei der Lottoziehung weniger oder gar kein Glück hatten. Nun entsprechen diese Fälle aber, so wird behauptet, dem kosmologischen Befund. Daher sei man auch berechtigt, unsere Beobachtung eines lebensfreundlichen Universums als Bestätigung für die Modelle von Wheeler und Guth zu werten.

Erreicht diese Argumentation ihr Beweisziel? Offenbar nicht! Denn zwischen den beiden Analogiefällen und unserer Situation im Universum besteht ein entscheidender Unterschied. Je mehr Golfschläge gefilmt werden, desto wahrscheinlicher ist es, einen perfekten Schlag zu filmen. Mit der Anzahl der gefilmten Schläge steigt aber, weil das Filmmaterial selektiert wird, zugleich die Wahrscheinlichkeit, dass wir im fertigen Film einen perfekten Schlag sehen. Zwischen unserer Beobachtung eines Universums mit lebensfreundlicher Konstellation von Parameterwerten hingegen und der Anzahl existierender Universen, deren Konstellationen zufällig und unabhängig voneinander festgelegt werden, besteht kein probabilistischer Zusammenhang. Natürlich ist die Existenz irgendeines lebensfreundlichen Universums umso wahrscheinlicher, je mehr Wheeler- oder Guth-Universen existieren. Die Wahrscheinlichkeit jedoch, dass wir dieses lebensfreundliche Universum beobachten, steigt dadurch trotz des anthropischen Prinzips nicht im Geringsten. Denn wir sind keine im Schlaf begriffenen unkörperlichen Seelen, die darauf warten, dass irgendein Big Bang ein passendes Universum hervorbringt, in dem wir verkörpert werden, die Augen aufschlagen und die Feinabstimmung seiner Parameterwerte beobachten. Es gehört vielmehr zu unserer Identität, Teil eines Universums zu sein, das aus einem bestimmten Big Bang entstanden ist. Kein anderer Big Bang kann deshalb ein Universum erzeugen, in dem wir existieren, auch wenn dort Wesen leben mögen, die uns zum Verwechseln ähnlich sind.30

b) Der Einwand Hackings trifft demnach auch dann auf die Modelle von Wheeler und Guth zu, wenn das anthropische Prinzip berücksichtigt wird. Auf andere Versionen der Viele- Welten-Hypothese hingegen, die in der gegenwärtigen Physik diskutiert werden, ist er aus folgendem Grund nicht anwendbar:31 Der Einwand setzt voraus, dass die Parameterwerte von Universen jeweils zufällig aus dem Set der physikalisch möglichen und gleich wahrscheinlichen Werte ausgewählt und Universen folglich durch ihre Herkunft aus einem bestimmten Big Bang individuiert werden; denn bei einer derartigen Auswahl können die Parameterwerte und alle anderen Beschaffenheiten in zwei oder mehr Universen identisch sein. Diese Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Hacking-Einwandes ist zwar in den Modellen von Wheeler und Guth erfüllt, nicht aber in der Viele-Welten-Deutung der Quantenmechanik und in dem evolutionären Modell eines Multiversums, das Lee Smolin vorgeschlagen hat.

Nach der Viele-Welten-Deutung entstehen die verschiedenen Universen aus demselben Big Bang32 und werden deshalb nicht durch ihre Herkunft individuiert. Vielmehr sind sie ausschließlich durch die mehr oder weniger großen Unterschiede ihrer Beschaffenheiten voneinander getrennt, etwa durch unterschiedliche Werte, die die Parameter in ihnen annehmen. Wenn die Parameterwerte eines Universums aber zu seinen Identifikationsmerkmalen gehören, ist die Frage, warum unser Universum diejenigen Werte hat, die wir messen, leicht zu beantworten. In diesem Falle lautet die Antwort nämlich schlicht: weil es ansonsten nicht unser Universum wäre. Die Viele-Welten-Deutung der Quantenmechanik ist also, im Unterschied übrigens auch zur Kopenhagener Deutung, in der Lage, die Feinabstimmung in unserem Universum zu erklären, und wird durch diese Feinabstimmung deshalb bestätigt.

Auch in Smolins Theorie einer natürlichen Auslese von Universen,33 in der Philos zweiter Vorschlag, seine Zeugungs- und Wachstumshypothese, in wissenschaftlicher Form zurückkehrt, ist die Anwendungsbedingung für Hackings Einwand nicht erfüllt. Denn in Smolins Modell ergeben sich die Parameterwerte von Universen zwar zufällig, aber sie werden aus einem Set möglicher Werte mit extrem ungleichen Wahrscheinlichkeiten ausgewählt. Nach Smolin können Universen durch ihre Schwarzen Löcher, die beim Kollaps kompakter Sterne entstehen, neue Universen erzeugen. Denn bevor die Sternenmasse unendlich dicht zusammengepresst wird und eine Singularität entsteht, führen Quanteneffekte womöglich zu einem Rückprall, durch den die Kontraktion in eine Expansion umschlägt. Auf diese Weise werden hinter den Horizonten Schwarzer Löcher neue Universen geboren, die ihrerseits durch Schwarze Löcher Nachkommen erzeugen. Der Big Bang, durch den unser Universum entstand, ist nichts anderes als der Rückprall in dem Schwarzen Loch, zu dem ein Stern unseres Vorgänger-Universums kollabiert ist. Smolin nimmt nun an, dass bei jedem Rückprall die Parameterwerte in zufälliger Weise festgelegt werden. Die Werte werden dabei freilich stets nur so geringfügig verändert, dass sich die Fähigkeit eines Universums, Schwarze Löcher zu erzeugen, nur wenig von der Fähigkeit seines Vorgänger-Universums unterscheidet. Daher kommt es, ähnlich wie in der Evolution des Lebens, zu einer natürlichen Auslese von Merkmalen. Denn wenn die Anzahl der Nachkommen, die ein Universum erzeugt, von seinen Parameterwerten abhängt, dann dominieren nach hinreichend langer Zeit diejenigen Universen, deren Werte für die Produktion von Schwarzen Löchern besonders geeignet sind. Nun ist unser Universum aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ein typischer Fall. Daher liefert Smolins Modell eine Erklärung für die Parameterwerte unseres Universums.

Das Modell sagt voraus, dass sich die meisten Veränderungen der Parameterwerte unseres Universums ungünstig auf seine Fähigkeit auswirken würden, Schwarze Löcher hervorzubringen. Diese Voraussage hat sich zwar mehrfach bestätigt, aber ein Urteil über Smolins Modell wäre dennoch verfrüht. Ob es zutrifft, muss eine Quantentheorie der Gravitation entscheiden, die zurzeit noch nicht vorliegt. Denn weil durch die Horizonte Schwarzer Löcher keine Signale nach außen dringen, lässt sich nur durch diese Theorie klären, was in ihnen tatsächlich passiert.

4. Die Planungshypothese


4.1 Die Unvermeidlichkeit der Planungshypothese
Die Planungshypothese liefert eine mögliche Erklärung für die Feinabstimmung unseres Universums und wird durch diese Feinabstimmung deshalb bestätigt. Denn wenn die Parameterwerte unseres Universums durch einen intelligenten Akteur festgelegt werden, der an der Entstehung von Leben interessiert ist, sind lebensfreundliche Werte zu erwarten. Dies bedeutet freilich nicht, dass die Planungshypothese nur mit der Viele-Welten-Deutung der Quantenmechanik und dem Modell von Smolin konkurriert, die Modelle von Wheeler und Guth hingegen keine ernsthaften Konkurrenten darstellen. Gewiss, die beiden letzten Modelle sind nicht in der Lage, die Parameterwerte unseres Universums zu er­klären. Wenn sie sich aber aus anderen, davon unabhängigen Gründen aufdrängen würden, müsste man wider Erwarten annehmen, die delikaten Werte seien in der Tat durch einen Zufallsgenerator festgelegt worden. Weil die Feinabstimmung unseres Universums in diesem Fall gar keine Erklärung zuließe, würde sie auch die Planungshypothese nicht länger bestätigen.

Folgt aus dieser Theorielage, dass die Planungshypothese überflüssig wäre, wenn eine der dargestellten Versionen der Viele-Welten-Hypothese zutreffen würde? Keineswegs. Denn dann läge ein Befund vor, der eine Erklärung erfordern würde und sich nur durch die Planungshypothese plausibel erklären ließe. Zur Begründung genügt eine exemplarische Betrachtung der inflationären und der evolutionären Version.

Damit eine Inflation stattfinden, an verschiedenen Stellen des Raumes enden und an mindestens einer Stelle zu einem lebensfreundlichen Universum führen kann, muss eine fundamentale Theorie34 gelten, die komplexe Anforderungen erfüllt. Sie muss beispielsweise sicherstellen, dass die positive Energiedichte, die dem Raum durch ein Quantenfeld verliehen wird, eine Expansion des Raumes bewirkt und dass die Energie des Quantenfeldes bei sinkender Temperatur in normale Massenenergie umgewandelt werden kann.35 Welchen Status hätte diese fundamentale Theorie? Zweifellos wäre sie nicht logisch notwendig; denn an ihrer Stelle könnten Theorien gelten, die eine Inflation verhindern würden. Im Rahmen der Newtonschen Gravitationstheorie zum Beispiel kann die positive Energiedichte des Raumes nicht zu seiner Expansion führen. Zudem wäre die Geltung der fundamentalen Theorie aus folgendem Grund erklärungsbedürftig:36 Weil die Theorie komplexe Anforderungen erfüllen muss, um die Entstehung von Leben in irgendeinem Universum zu gewährleisten, hat ihre Geltung keine größere Ausgangswahrscheinlichkeit als die ihrer lebensunfreundlichen Konkurrenten. Nun ließe sich ihre Geltung aber im Unterschied zu der ihrer Konkurrenten durch eine naheliegende Annahme erklären. Daher wären wir erstaunt, wenn die lebensfreundliche Fundamentaltheorie zufälligerweise gelten würde. Eine Viele-Welten-Hypothese zweiter Ordnung käme als naheliegende Erklärung allerdings nicht in Betracht; denn wir kennen keinen physikalischen Mechanismus für die Erzeugung verschiedener Universen, in denen unterschiedliche fundamentale Theorien gelten. Die Annahme hingegen, dass die wirklichkeitsbestimmende Fundamentaltheorie durch einen intelligenten und an der Entstehung von Leben interessierten Akteur in Geltung gesetzt wird, wäre eine naheliegende Erklärung und mangels Alternativen sogar die einzig naheliegende.

Zu demselben Ergebnis führt eine Betrachtung von Smolins evolutionärer Version der Viele-Welten-Hypothese. Wenn sie zu­träfe, müsste eine Quantentheorie der Gravitation gelten, die den Rückprall in Schwarzen Löchern und eine geringfügige Veränderung der Parameterwerte bei jedem Rückprall gewährleistet. Diese Quantentheorie würde deshalb auf Dauer zur Dominanz von Universen führen, deren Parameterwerte nicht nur für die Produktion von Schwarzen Löchern, sondern auch für die Entstehung von Leben bestens geeignet sind. Nun wäre diese Quantentheorie ebenfalls nicht logisch notwendig, da an ihrer Stelle Theorien gelten könnten, die die Entstehung von Leben ausschließen würden. Zudem wäre ihre Geltung erklärungsbedürftig. Denn weil sie wiederum keine größere Ausgangswahrscheinlichkeit hätte als die Geltung lebensunfreundlicher Konkurrenztheorien, sich im Un­terschied dazu aber durch eine naheliegende Annahme erklären ließe, wären wir erstaunt, wenn die lebensfreundliche Theorie zu­fälligerweise gelten würde. Als naheliegende Erklärung ihrer Geltung käme aus den genannten Gründen wiederum keine Viele-Welten-Hypothese zweiter Ordnung, sondern nur die Planungshypothese in Frage.

Schon in Humes Dialogen über natürliche Religion hat Demea behauptet, die Viele-Welten-Hypothese führe zur Planungshypothese zurück und könne sie daher nicht ersetzen. Gegen Philos Vermutung, die Welt sei nicht göttlicher Vernunft entsprungen, sondern aus einem der Samen entstanden, die von anderen Welten erzeugt und ausgestreut wurden, wendet er ein: »[W]enn die Welt die Eigenschaften einer Pflanze hätte und die Samen neuer Welten in das unendliche Chaos ausstreuen könnte, so würde dieses Vermögen nur ein weiterer Beweis für die Absicht in ihrem Urheber sein.« 37 Darauf hat Philo entgegnet, dass der göttliche Urheber der Welt, die andere Welten erzeugen kann, seinerseits durch andere Götter erzeugt sein könnte: Wenn jemand »meine Hypothese einen Schritt weiter führen und Absicht oder Vernunft folgern [will] aus dem großen Prinzip der Zeugung, worauf ich mich stütze, so kann ich mit besserem Recht dieselbe Freiheit in Anspruch nehmen, seine Hypothese einen Schritt weiter zu führen und göttliche Zeugung und Theogonie aus seinem Vernunftprinzip zu folgern.«38 Mit diesem Hinweis auf die Möglichkeit vieler, unvollkommener und erzeugter Götter illustriert Philo die Unbestimmtheit des Resultates, zu dem das teleologische Argument führt. Davon soll abschließend die Rede sein.

4.2 Die Unbestimmtheit der Planungshypothese
Von den lebensfreundlichen Parameterwerten unseres Universums lässt sich entweder unmittelbar oder über die Vermittlung von Prinzipien, die diese Werte notwendigerweise vorschreiben oder in mindestens einem Universum sicherstellen, auf die Exis­tenz einer intelligenten und an der Entstehung von Leben interessierten Weltursache schließen. Das teleologische Argument ist allerdings nicht in der Lage, diese Weltursache in quantitativer, qualitativer und modaler Hinsicht näher zu bestimmen. Die Annahme vieler Götter erklärt die lebensfreundlichen Parameterwerte nicht weniger gut als die Annahme eines einzigen. »Eine große Anzahl Menschen«, bemerkt Philo, »vereinigt sich zum Bau eines Hauses oder eines Schiffes, zur Gründung einer Stadt oder zur Bildung eines Staates; warum sollten nicht verschiedene Gottheiten sich zur Erfindung und Bildung einer Welt verbinden?« 39 Dasselbe gilt in qualitativer Hinsicht: Die Erklärungskraft der Planungshypothese wird nicht im Geringsten vermindert, wenn dem Welturheber Eigenschaften wie Allmacht, Allwissenheit oder vollkommene Güte fehlen, die die Tradition Gott zugeschrieben hat. Er könnte die Welt zum Beispiel deshalb geschaffen haben, weil er wie ein Ethnologe das Verhalten von Lebewesen erforschen will und dazu auf Experimente angewiesen ist. In diesem Falle aber wäre sein Wissen begrenzt; denn ein allwissendes Wesen würde die Ergebnisse von Experimenten im Voraus kennen und müsste sie folglich nicht durchführen. Auch die Existenzweise des Welturhebers wird durch das teleologische Argument nicht festgelegt. Er könnte notwendigerweise oder bloß faktisch existieren und im zweiten Falle immer schon gewesen oder irgendwann entstanden sein. Vielleicht ist er inzwischen sogar verstorben, und seine Werke haben ihn ebenso überlebt wie die Pyramiden ihre Erbauer.

Verschiedene Versionen der Planungshypothese sind demnach in demselben Maße geeignet, die Parameterwerte unseres Universums zu erklären. Auch ein Vergleich ihrer Ausgangswahrscheinlichkeiten würde, wenn sie sich in der üblichen Weise bestimmen ließen, zu keiner Entscheidung führen. Natürlich ist es am einfachsten anzunehmen, die Welt sei von einem einzigen, höchst vollkommenen Gott geschaffen worden, der von Ewigkeit zu Ewigzkeit existiert. Die Ausgangswahrscheinlichkeit einer Hypothese bemisst sich jedoch nicht nur am Grad ihrer Einfachheit, sondern auch an unserem Hintergrundwissen von dem, was normalerweise der Fall ist. Nun wissen wir aber ansonsten von keinem Wesen, das alle zum Bau einer Welt erforderlichen Eigenschaften in sich vereinen oder ewig existieren würde. Gemessen an unserem Hintergrundwissen wäre es deshalb naheliegender anzunehmen, die Eigenschaften seien auf viele Götter mit endlicher Lebenszeit verteilt. 40

Ein teleologisches Argument, das von empirischen Einzelbefunden wie den Parameterwerten unseres Universums auf die Wirklichkeit einer intelligenten Weltursache zurückschließt, führt zu einem unbestimmten Ergebnis. Diese Unbestimmtheit ließe sich nur durch eine invertierte und alle Erfahrung umfassende Version des Arguments vermeiden. Statt von einzelnen Beschaffenheiten der Welt würde sie von einem wohlbestimmten Begriff der Weltursache ausgehen und die Existenz dieser Ursache durch Vorhersage der faktischen Gesamtbeschaffenheit der Wirkung nachweisen. Eine derart anspruchsvolle Version des teleologischen Arguments hat der späte Schelling ausgearbeitet und als »positive Philosophie« bezeichnet. 41 Nach Schelling ist die Wirklichkeit Gottes allein durch empirische Bestätigung der Erwartungen zu beweisen, die sich aus dem Gottesbegriff der reinen Vernunft für die Verfassung der natürlichen und geschichtlichen Welt ergeben. Der teleologische Gottesbeweis wird damit zu einem umfassenden und bis auf Weiteres nicht abschließbaren Projekt. Er ist, schreibt Schelling,

»nicht bloß der Anfang oder ein Theil der Wissenschaft (am wenigsten irgend ein an die Spitze der Philosophie gestellter syllogistischer Beweis), er ist die ganze Wissenschaft, nämlich die ganze positive Philosophie, – diese ist nichts anderes als der fortgehende, immer wachsende, mit jedem Schritt sich verstärkende Erweis des wirklich existirenden Gottes, und weil das Reich der Wirklichkeit, in welchem er sich bewegt, kein vollendetes und abgeschlossenes ist ..., so ist auch der Beweis nie abgeschlossen, und darum auch diese Wissenschaft nur Philosophie.«42

Summary


This essay deals with the question whether a teleological argument based on the fine-tuning of our universe succeeds or fails. Firstly, the empirical findings are presented and the requirement of an explanation is justified. Secondly, three possible explanations are considered, namely a future final physical theory, the many-worlds hypothesis and the planning hypothesis. These considerations lead to the result that the planning hypothesis is inevitable. However, a teleological argument, assuming the fine-tuning of our universe, is not able to determine the notion of the intelligent author of the universe.

Fussnoten:

1) Für die detaillierte Darlegung des Gesamtbefundes vgl. John D. Barrow/Frank J. Tipler, The Anthropic Cosmological Principle (first published 1986), Oxford-New York 1996; John Leslie, Universes, London-New York 1989, 25–65; John Gribbin/Martin Rees, Ein Universum nach Maß. Bedingungen unserer Existenz, Frankfurt a. M.-Leipzig 1994, 241–267; Lee Smolin, Warum gibt es die Welt? Die Evolution des Kosmos, München 1999, 46–57 und 131–140; Martin Rees, Just Six Numbers. The Deep Forces that Shape the Universe, London 2000; Robin Collins, »Evidence for Fine-Tuning«, in: Neil A. Manson (ed.), God and Design. The Teleological Argument and Modern Science, London-New York 2003, 178–199.
2) Vgl. Leslie (1989), 35 f.; Gribbin/Rees (1994), 244–247; Collins (2003), 184 f.
3) Vgl. Gribbin/Rees (1994), 250–253; Smolin (1999), 137 f.
4) Vgl. Leslie (1989), 39 f.; Collins (2003), 186 f.
5) Vgl. Collins (2003), 180–182 sowie 196, Fußnote 11.
6) Vgl. Gilbert Fulmer, »A Fatal Logical Flaw in Anthropic Principle Design Arguments«, in: International Journal for Philosophy of Religion 49 (2001), 101–110; ähnlich schon John Leslie Mackie, Das Wunder des Theismus. Argumente für und gegen die Existenz Gottes, Stuttgart 1985, 225.
7) Vgl. Leslie (1989), 17 f.53; ders., »The Prerequisites of Life in our Universe«, in: William Lane Craig (ed.), Philosophy of Religion. A Reader and Guide, Edinburgh 2002, 114–129, hier: 124 f.
8) William Lane Craig, »The Teleological Argument and the Anthropic Principle«, in: Ders./Mark S. McLeod (ed.), The Logic of Rational Theism, Lewiston (N.Y.)-Queenston (Ontario) 1990, 127–153, hier: 142, glaubt irrtümlicherweise, eine semantisch sinnvolle Sequenz von Zeichen habe eine geringere Ausgangswahrscheinlichkeit als eine bestimmte, semantisch sinnlose mit gleicher Zeichenzahl.
9) Eine ähnliche Begründung für die Erklärungsbedürftigkeit bestimmter Ereignisse mit geringer Ausgangswahrscheinlichkeit gibt Peter van Inwagen, Metaphysics, second edition, Boulder (Colorado)-Oxford 2002, 152 f. Van Inwagens Begründung ist allerdings weniger allgemein und erfasst deshalb nicht alle Fälle von Ereignissen mit geringer Ausgangswahrscheinlichkeit, die eine Erklärung verlangen.
10) Wir werden sehen, dass die Planungshypothese mit einer endgültigen physikalischen Theorie und mit allen Versionen der Viele-Welten-Hypothese kompatibel ist. Diejenigen Versionen der Viele-Welten-Hypothese hingegen, die eine zufällige Festlegung der Parameterwerte eines Universums annehmen, sind mit einer endgültigen physikalischen Theorie nicht vereinbar.
11) David Hume, Dialogues Concerning Natural Religion, ed. by Nelson Pike, New York-London 1985, 59 f., vgl. auch 79. Übersetzung nach David Hume, Dialoge über natürliche Religion, hrsg. von Günter Gawlick, Hamburg 5. Aufl. 1980, 57.
12) Vgl. z. B. Steven Weinberg, Dreams of a Final Theory, New York 1992, sowie kritisch Robert B. Laughlin, Abschied von der Weltformel. Die Neuerfindung der Physik, München-Zürich 3. Aufl. 2007.
13) Zu der durch das Standardmodell erreichten Vereinheitlichung sowie zu den Ambitionen und Schwächen der String-Theorie vgl. im Einzelnen Lee Smolin (1999), 58–89.
14) Vgl. z. B. Steven Weinberg, »A Universe with No Designer«, in: Annals of the New York Academy of Sciences 950 (2001), 169–174, hier: 170 f.
15) Vgl. dazu auch Leslie (1989), 93–95.
16) Ebenso argumentiert van Inwagen (2002), 153–155.
17) Metaphysische Versionen der Viele-Welten-Hypothese, denen zufolge alle logisch möglichen Welten (D. Lewis) oder alle mathematisch konsistenten Strukturen (M. Tegmark) nicht durch einen physikalischen Mechanismus, sondern von sich selbst her wirklich sind, müssen im gegenwärtigen Kontext außer Betracht bleiben, vgl. David Lewis, On the Plurality of Worlds, New York 1986, und Max Tegmark, »Is ›the Theory of Everything‹ Merely the Ultimate Ensemble Theory?«, in: Annals of Physics 270 (1989), 1–51.
18) Vgl. Hume (1985), 69–73.
19) Vgl. ebd., 61–66.
20) Vgl. z. B. Leslie (1989), 1 f.54 f.57.148 f.164.198; John J. C. Smart, Our Place in the Universe. A Metaphysical Discussion, Oxford-New York 1989, 166–178; Bernulf Kanitscheider, Im Innern der Natur. Philosophie und moderne Physik, Darmstadt 1996, 120–127; Derek Parfit, »Why anything? Why this?«, in: London Review of Books 22 (1998), 24–27; Martin Rees, »Other Universes. A scientific perspective«, in: Manson (ed., 2003), 211–220; van Inwagen (2002), 156–162; Graham Oppy, Arguing about Gods, Cambridge-New York 2006, 200–228.
21) Vgl. Charles W. Misner/Kip S. Thorne/John Archibald Wheeler, Gravitation, San Francisco 1973, 1196–1217.
22) Vgl. Bryce S. DeWitt/Neill Graham (eds.), The Many-Worlds Interpretation of Quantum Mechanics, Princeton (New Jersey) 1973.
23) Vgl. z. B. die polemischen Äußerungen von Richard Swinburne, »Argument from the Fine-Tuning of the Universe«, in: John Leslie (ed.), Physical Cosmology and Philosophy, New York 1990, 154–173, hier: 171.
24) John C. Polkinghorne, The quantum world, London-New York 1984, 33 (Übersetzung F. H.).
25) Alan Guth, The Inflationary Universe. The Quest for a New Theory of Cosmic Origins, Reading (M. A.) 1997. Einen guten Überblick bietet der Artikel Alan H. Guth/Paul J. Steinhardt, »Das inflationäre Universum«, in: Spektrum der Wissenschaft, Juli 1984, 80–94.
26) Leslie (1989), 75–78, und Robin Collins, »Design and the Many-Worlds Hypothesis«, in: Craig (ed., 2002), 130–148, hier: 133 f., zeigen, dass und auf welche Weise dieser Fall im Rahmen der gegenwärtigen Physik denkbar ist.
27) Vgl. Ian Hacking, »The Inverse Gambler’s Fallacy: the Argument from Design. The Anthropic Principle Applied to Wheeler Universes«, in: Mind 76 (1987), 331–340.
28) Vgl. John Leslie, »No Inverse Gambler’s Fallacy in Cosmology«, in: Mind 97 (1988), 269–272; Leslie (1989), 142–144; P. J. McGrath, »The Inverse Gambler’s Fallacy and Cosmology – A Reply to Hacking«, in: Mind 97 (1988), 265–268; M. A. B. Whitaker, »On Hacking’s Criticism of the Wheeler Anthropic Principle«, in: Mind 97 (1988), 259–264; Oppy (2006), 223–227.
29) Die beiden Analogiefälle entnehme ich aus Oppy (2006), 225.
30) Ähnlich argumentiert auch Roger White in seinem brillanten Aufsatz »Fine-Tuning and Multiple Universes«, in: Manson (ed., 2003), 229–250, hier: 235–238 und 244, gegenüber den von McGrath (1988) angeführten Analogiefällen.
31) White (2003), 232 f., glaubt dagegen irrtümlicherweise, alle Versionen seien von dem Einwand betroffen. Einen Überblick über die neuere Debatte bietet Nick Bostrom, Anthropic Bias. Observation Selection Effects in Science and Philosophy, New York-London 2002, 11–41.
32) Anders liegt der Fall natürlich, wenn die Viele-Welten-Deutung mit den Modellen von Wheeler und/oder Guth kombiniert wird, wogegen in logischer Hinsicht nichts spricht.
33) Vgl. Smolin (1999), insbesondere 93–140 und 361–388.
34) Diese fundamentale Theorie ist natürlich keine physica triumphans im Sinne des 2. Abschnitts. Denn wenn sie alle Parameterwerte vorschreiben würde, wäre sie mit der inflationären Version der Viele-Welten-Hypothese nicht vereinbar.
35) Vgl. dazu im Einzelnen Collins (2002), 135 f.
36) Van Inwagen (2002), 160, nimmt dagegen an, dass die fundamentale Theorie (the »set of laws of hyperphysics«), die zur Entstehung verschiedener Welten führen würde, die einzig mögliche Theorie wäre und ihre Geltung deshalb keine Erklärung erforderte. Diese Annahme ist allerdings ein Irrtum, weil die fundamentale Theorie aus dem genannten Grund (vgl. auch van Inwagens eigene Überlegungen, a. a. O., 153–155 und 165, Anm. 4) keineswegs die einzig mögliche wäre. Wenn an ihrer Stelle aber auch andere, lebensunfreundliche Konkurrenztheorien gelten könnten, dann würde die Geltung der lebensfreundlichen Fundamentaltheorie, und zwar auch nach van Inwagens Kriterium für die Erklärungsbedürftigkeit bestimmter Befunde (vgl. a. a. O., 152 f.), eine Erklärung erfordern. Van Inwagens Einwand gegen das teleologische Argument ist deshalb nicht triftig.
37) Hume (1985), 64 f., Übersetzung nach Hume (1980), 62.
38) Hume (1985), 66, Übersetzung nach Hume (1980), 63 f. Zum unbestimmten Ergebnis des »physikotheologischen« Argumentes vgl. auch Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, A 620–630, B 648–658; ders., Kritik der Urteilskraft, A 395–405, B 400–410 (Kants Werke, Akademie-Textausgabe, Berlin 1968, Bd. III, 413–419, und Bd. V, 436–442).
39) Hume (1985), 51, Übersetzung im Wesentlichen nach Hume (1980), 49.
40) Vgl. Hume (1985), 52, sowie zur Frage der Ewigkeit des Welturhebers 43 f. und 73.
41) Vgl. Thomas Buchheim, Eins von Allem. Die Selbstbescheidung des Idealismus in Schellings Spätphilosophie, Hamburg 1992, 106 f.; vgl. auch die lehrreichen Ausführungen Buchheims über die Aufgabe der positiven Philosophie, a. a. O., 17–23.
42) Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Philosophie der Offenbarung, in: Ders., Sämmtliche Werke, hrsg. von K. F. A. Schelling, Stuttgart-Augsburg 1856–1861, Bd. XIII, 131.