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Ausgabe:

Januar/2010

Spalte:

98-99

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Zimmerling, Peter

Titel/Untertitel:

Studienbuch Beichte.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2009. 335 S. kl.8° = UTB 3230. Kart. EUR 19,90. ISBN 978-3-8252-3230-6 (UTB); 978-3-525-03634-1 (Vandenhoeck & Ruprecht)

Rezensent:

Ch. G.

Diesen Band leitet das Interesse, die Einzel- bzw. Privatbeichte in der evangelischen Kirche »wiederzugewinnen«. Der in Leipzig Praktische Theologie lehrende Vf. geht dazu in fünf Ab­schnitten vor: Von ihm selbst ist eine äußerst knappe Einleitung »Zur Ge­schichte der Beichte« verfasst. Dabei wird die Reduktion der – im Buchtitel sehr viel weiteren – Thematik auf Einzel- bzw. Privatbeichte ohne Begründung mitgeteilt. Weiter fällt auf, dass die lange Zeit bestimmende katechetische Zielsetzung der Beichte von vorneherein hinter die seelsorgerliche Ausrichtung zurücktritt.
In den folgenden vier Teilen leitet dann der Vf. jeweils kurz in Texte bzw. Textausschnitte ein. Der zweite Teil umfasst unter der Rubrik »Klassische Texte zur Beichte aus dem Raum des Protestantismus« wichtige Äußerungen von Luther, dann auch Calvin, Blumhardt, Löhe, Asmussen und Bonhoeffer. Im dritten Teil werden »Texte zur Beichte nach dem Zweiten Weltkrieg aus Protestantismus, Katholizismus und Orthodoxie« präsentiert. Hier findet sich auch als vereinzelte kritische Stimme die pastoralpsychologische Anfrage von Joachim Scharfenberg. Die zwei letzten Teile enthalten dann nur noch Texte (u. a. zwei des Vf.s), die auf die dringende Notwendigkeit der Einzelbeichte in der Gegenwart hinweisen.
Auf jeden Fall ist es so gelungen, wichtige Texte zur Einzelbeichte zusammenzustellen. Es erscheint dem Rezensenten aber fraglich, ob damit ein akademisches Seminar – wie eingangs angeregt (11) wird – bestritten werden kann. Denn dazu müsste wohl vor allem geklärt werden, warum die Einzelbeichte – seit der zweiten Hälfte des 20. Jh.s auch in der römisch-katholischen Kirche – so wenig Akzeptanz findet. Themen hierzu wären: die Frage nach dem in der Beichte implizierten Amtsverständnis; die Frage nach dem Tauf- und Abendmahlsverständnis; die Frage nach dem Verhältnis von Seelsorge und Beichte. Vor allem aber dürfte es unerlässlich sein, dem Niedergang der Einzelbeichte in der katholischen Kirche nachzugehen. Die methodisch anspruchsvollen und inhaltlich sehr anregenden Untersuchungen des am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien durchgeführten Projektes »Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen« führen hier weiter, nicht zuletzt hinsichtlich des Zusammenhangs und der Differenz zwischen Beichte und Autobiographie (s. vor allem Rupert M. Scheule, Beichte und Selbstreflexion. Eine Sozialgeschichte katholischer Bußpraxis im 20. Jahrhundert, Frankfurt-New York: Campus 2002 = Campus Forschung, 843).
So liegt ein Band mit zweifellos interessanten Texten vor allem zur Begründung der Einzelbeichte vor. Warum sie bis heute erfolglos sind, bleibt aber letztlich offen. Ein Studienbuch zur »Beichte«, wie man es bei UTB erwartet, ist dies freilich nicht.