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Ausgabe:

Januar/2010

Spalte:

70

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Dieringer, Volker

Titel/Untertitel:

Kants Lösung des Theodizeeproblems. Eine Rekonstruktion.

Verlag:

Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog 2009. 151 S. gr.8° = Forschungen und Materialien zur deutschen Aufklärung. Abtl. II: Monographien, 22. Lw. EUR 86,00. ISBN 978-3-7728-2487-6.

Rezensent:

I. U. D.

Als Kant im September 1791 in der Berlinischen Monatsschrift seinen Aufsatz Über das Misslingen aller philosophischen Versuche in der Theodizee veröffentlichte, hoffte er, die philosophischen Auseinandersetzungen um das Theodizeeproblem ein für allemal zu beenden. Es ist ihm nicht gelungen. Inzwischen wird auch seit Längerem darum gestritten, was denn genau seine in diesem Aufsatz vertretene systematische These sei. Volker Dieringers klare und lesenswerte Dissertation, die von Lothar Kreimendahl betreut und von der Philosophischen Fakultät in Mannheim 2007 angenommen wurde, gibt darauf eine pointierte Antwort, indem sie Kants Argumentation im Licht der in der analytischen Religionsphilosophie seit Plantinga gängigen Unterscheidung zwischen einer theodicy (Theodizee) und defence (Verteidigung) rekonstruiert. Kant, so D.s These, biete in diesem Aufsatz eine defence, plädiere also für eine widerspruchsfreie Vereinbarkeit der Existenz eines moralischen Welturhebers mit der Existenz des Übels in der Welt, er vertrete aber nicht mehr, wie noch in den Vorlesungen über Rationaltheologie von 1783/84, eine theodicy, also die Möglichkeit, plausible Gründe anzuführen, warum Gott die Übel in der Welt zugelassen hat. Damit ist der philosophische Anstoß des Theodizeeproblems beseitigt, aber auch nicht erklärt, was sich nicht erklären lässt. Vielmehr weist Kant mit Gründen sowohl die Ansprüche der Theodizee-Verfechter als auch die der Theo­dizee-Gegner in ihre Schranken: Die einen können keine Theodizee bieten, die andere sie nicht in Frage stellen. Beide Positionen sind unhaltbar. Doktrinale Theodizee und atheistische Theodizeekritik laufen gleichermaßen ins Leere.