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Ausgabe:

Dezember/2009

Spalte:

1363–1368

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Härle, Wilfried [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Grundtexte der neueren evangelischen Theologie. Hrsg. und eingel. von W. Härle.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2007. LX, 375 S. gr.8°. Kart. EUR 34,00. ISBN 978-3-374-02469-8.

Rezensent:

Friederike Nüssel

In den letzten Jahren ist das Angebot an kompendienartigen Einführungen in die verschiedenen Disziplinen der Theologie, ihre Arbeitsweisen und Themen sowie in Leben und Werk einzelner Autoren stark erweitert worden. Das entspricht nicht nur dem immer stärker auf Überblickswissen abhebenden Studierverhalten, welches durch die neuen Studiengänge weiter befördert wird, sondern hängt auch damit zusammen, dass es immer schwieriger wird, in den verschiedenen Bereichen Übersicht und Grundkenntnisse zu gewinnen. Bei einführenden Überblicken in die Disziplinen besteht jedoch immer das Risiko, dass die Primärtexte selbst nicht mehr hinreichend studiert werden. Darum ist es von großer Bedeutung, dass mit dem vorliegenden Band eine Auswahl von »Grundtexten« geboten wird, die für die Genese, Entfaltung und thematische Konzentration evangelischer Theologie unter den Be­dingungen der Aufklärung wegweisend geworden sind.

Wie der Herausgeber Wilfried Härle im Vorwort erläutert, war es sein Ziel, »diejenigen Texte zusammenzustellen, die in den hinter uns liegenden 200 Jahren evangelischer Theologiegeschichte (seit Schleiermacher) eine so grundlegende Rolle gespielt haben und spielen, dass man anhand ihrer einen Gesamtüberblick über diesen Zeitraum gewinnen kann, von dem man sagen kann: Wer diese Texte gründlich erarbeitet hat und sich mit ihnen kritisch auseinandergesetzt hat, besitzt eine gute theologiegeschichtliche und systematisch-theologische Grundlage für das Studium und Examen sowie für eine theologisch fundierte Berufstätigkeit« (VI). Da für den Bereich der Ethik bereits ein Band mit Quellentexten vorliegt, konnte die Auswahl auf 43 dogmatisch bzw. fundamentaltheologisch relevante Grundtexte konzentriert werden. Diese werden in der chronologischen Abfolge ihres Erscheinens geboten. Auf den Abdruck von Anmerkungen wurde verzichtet. Die genauen Quellenangaben finden sich am Ende des Bandes (371 ff.).

Anders als Emanuel Hirsch wählt Härle kein politisches Datum für die Fixierung des Beginns der Geschichte der neueren evangelischen Theologie, sondern eröffnet die Textsammlung mit einem Ausschnitt aus Friedrich Schleiermachers zweiter Rede aus den »Reden über die Religion« von 1799, die mit der Wesensbestimmung der Religion den thematischen Neueinsatz evangelischer Theologie unter den Bedingungen der Aufklärung markiert. Die Auslegung der Implikationen für das Theologieverständnis de­monstriert der zweite Text aus Schleiermachers »Kurze[r] Darstellung des theologischen Studiums« (§§ 1-31). Schließlich wird im dritten Textausschnitt mit den §§ 4 und 11 aus der Einleitung zu Schleiermachers Glaubenslehre (nach der 2. Ausgabe von 1830/31) die Bestimmung des Wesens der Frömmigkeit und die Besonderheit christlicher Frömmigkeit geboten. Während »für Schleiermachers Religionsverständnis die Gemeinschaftsbildung« (XIV) zentral ist, wird mit den beiden folgenden Texten von Søren Kierkegaard aus »Furcht und Zittern« (1843) und »Die Krankheit zum Tode« (1849) »die Bedeutung der Religion für das Leben des Einzelnen« (XVIII) in den Blick gerückt. Die theologiegeschichtliche Be­deutung Kierkegaards kommt allerdings erst im frühen 20. Jh. zum Tragen. Im 19. Jh. wird die gemeinschaftsbildende Rolle der Religion weiter reflektiert durch Albrecht Ritschl, von dem eine Passage aus seinem »Unterricht in der christlichen Religion« (1875) ausgewählt wurde. Sie lässt die für Ritschls Theologie charakteristische »Verbindung von biblischer Orientierung mit einem von Kant geprägten Ethizismus« (XX) in der Konzentration auf die Lehre vom Reich Gottes erkennen. Die folgenden Textausschnitte aus dem Aufsatz von Martin Kähler »Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche biblische Christus« von 1892, aus Adolf von Harnacks Vorlesung über das »Wesen des Christentums« zur Jahrhundertwende, aus Ernst Troeltschs Schrift über »Die Absolutheit des Chris­tentums und die Religionsgeschichte« von 1902 und aus dem Vortrag von Wilhelm Herrmann »Unser Glaube an Gott« von 1912 dokumentieren sodann zentrale Fragen in der Debattenlage vor dem Ersten Weltkrieg, die maßgeblich durch die von Ritschl angestoßene liberale Theologie einerseits und die religionsgeschichtliche Schule andererseits bestimmt wurde. Bevor der Text von Friedrich Gogarten »Zwischen den Zeiten« von 1921 »als flammendes Manifest aus der Anfangsgeschichte der Dialektischen Theologie« (XXIV) die radikale Abwendung von der liberalen Theologie vor Augen führt, bietet Härle noch einen Ausschnitt aus Rudolf Ottos Buch »Das Heilige« von 1917, das nicht nur »als das meistverbreitete deutschsprachige theologische Werk des 20. Jahrhunderts gilt« (XXIV), sondern zugleich einen Stellenwert in »der ›Inkubationszeit‹ der Dialektischen Theologie« (ebd.) einnahm. Und dann markieren die Aufsätze von Karl Barth »Das Wort Gottes als Aufgabe der Theologie« (1922) und von Rudolf Bultmann »Welchen Sinn hat es von Gott zu reden?« (1925) die Grundfrage und das Thema der Dialektischen Theologie, lassen aber zugleich bereits die unterschiedlichen Richtungen innerhalb dieser Bewegung erkennen. Wie Karl Barth in der Folgezeit um die dogmatische Umsetzung der von ihm benannten theologischen Aufgabe gerungen hat, zeigt der Auszug aus seinem Vorwort zum ersten Band der Kirchlichen Dogmatik von 1932.

Die ordnungstheologische Reflexion, die lutherische Theologie unter der Frage nach adäquater Gestaltung gesellschaftlichen Zusammenlebens im Kontext der nationalsozialistischen Ära ent­wickelte, wird durch einen Auszug aus Paul Althaus’ »Theologie der Ordnungen« von 1934 dokumentiert – ein Text, der deutlich die Nähe zum »Gedankengut der Deutschen Christen« (XXIX) erkennen lässt. Im gleichen Jahr reagierte die Bekenntnissynode zu Barmen auf die kirchliche, politische und theologische Entwicklung mit der »Theologische[n] Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Deutschen Evangelischen Kirche«, die mit dem Anschreiben »An die Evangelischen Gemeinden und Christen in Deutschland« in die Textsammlung aufgenommen wurde. Ihr folgt eine Passage aus dem Buch »Nachfolge« von Dietrich Bonhoeffer (1937) zum Auftrag der Kirche und zu ihrer elementaren Bedrohung, die dieser anhand der »Leitdifferenz […] zwischen billiger und teurer Gnade« (XXXI) deutlich macht. Wie in anderer Weise Emil Brunner missionarische Wirkung erzielte, belegt der Auszug aus seinem in 17 Auflagen erschienenen und in 22 Sprachen übersetzten Buch »Unser Glaube: eine christliche Un­terweisung« von 1939, das er selbst für »mein liebstes, vielleicht auch mein nützlichstes« (XXXI) hielt. Brunner schärft hier hinsichtlich der Gotteserkenntnis ein, was ihn trotz aller Differenz mit Barth verbindet und worin zugleich die Brücke zur Nachkriegstheologie zu sehen ist: »Wir wissen von ihm [Gott] nichts, als was er uns selbst kundtut« (161).

Diesem Text lässt Härle Auszüge aus dem theologischen Text folgen, der nach seiner Einschätzung »wohl in der Kirchengeschichte des 20. Jahrhunderts die größte Wirkung erzielt hat« (XXXI): Rudolf Bultmanns Aufsatz »Neues Testament und Mythologie« aus dem Jahr 1941. Er erfährt in dem Textband neben der ausführlichen Analyse in der Einleitung insofern eine subtile Kommentierung, als im Anschluss die beiden berühmten Briefe Diet­rich Bonhoeffers an Eberhard Bethge aus dem Gefängnis vom April und Mai 1944 geboten werden. Denn im zweiten Brief urteilt Bonhoeffer im Blick Bultmanns Entmythologisierungsprogramm: »Meine Meinung würde heute die sein, dass er nicht ›zu weit‹, wie die meisten meinten, sondern zu wenig weit gegangen ist. Nicht nur ›mythologische‹ Begriffe wie Wunder, Himmelfahrt etc. […], sondern die ›religiösen‹ Begriffe schlechthin sind problematisch« (181). Die berühmte Zeitdiagnose im ersten Brief, die Menschen könnten »einfach, so wie sie nun einmal sind, nicht mehr religiös sein« (179), markiert den Problemhorizont, auf den sich die verschiedenen theologischen Ansätze in der frühen Nachkriegszeit faktisch beziehen.

Als erster Nachkriegstext wird ein Ausschnitt aus »Gesetz und Evangelium« (1948) von Werner Elert geboten, der das Thema der Religionslosigkeit indirekt bearbeitet, indem er im Rekurs auf Luther die Radikalität der Unterscheidung von Gesetz und Evangelium einschärft und zu Neubelebung der Debatten um Luthers Theologie und zu neuen Profilierungen lutherischen Denkens angeregt hat. In eine andere Richtung weist Paul Tillichs kulturtheologischer Ansatz, dessen Fundierung durch die Ausschnitte aus dem ersten Band seiner Systematischen Theologie von 1951 zur Methode der Korrelation und zu Gott als Sein vorgeführt wird. Die Passage aus seinem Buch »Der Mut zum Sein« von 1952 bringt sodann die soteriologische Pointe der Überwindung des Theismus zur Geltung. Daran schließt sich ein Auszug aus Friedrich Gogartens »Verhängnis und Hoffnung der Neuzeit« von 1953 an, der die Säkularisierung als »die notwendige und legitime Folge des christlichen Glaubens« (213) erschließt. Der Auszug aus Karl Barths spätem Vortrag »Die Menschlichkeit Gottes« von 1956 zeigt schon im Titel den »entscheidenden Unterschied zwischen der frühen und der späten Theologie Karl Barths« (XXXIX) in der christologischen Konzentration an. Ihm folgt ein Textausschnitt aus Gerhard Ebelings Ringvorlesung über »Das Wesen des christlichen Glaubens« an der Universität Zürich von 1959, der dessen hermeneutischen Ansatz griffig zu verstehen gibt.

Eine »Zäsur in der Theologiegeschichte des 20. Jahrhunderts« (XL) markiert nach Härle die Auffassung der Geschichte als des umfassenden Horizonts christlicher Theologie, die Wolfhart Pannenberg bereits in seinem Vortrag »Heilsgeschehen und Geschichte« von 1959 vertritt und im Rahmen der Programmschrift »Offenbarung als Geschichte« von 1961 in seinen »Dogmatische[n] Thesen zur Lehre von der Offenbarung« entfaltet. Die Pointe besteht in der These, die Erkenntnis der Offenbarung Gottes in seinen Ge­schichts­taten setze den Glauben nicht voraus, sondern stehe »je­dem, der Augen hat zu sehen, offen« (236). Sie bildet den Ausgangspunkt für das wissenschaftstheoretische Programm Pannenbergs, das er in seinen »Grundzüge[n] der Christologie«, seiner Wissenschaftstheorie und seiner theologischen Anthropologie fundiert und ausbaut. Die eschatologische Komponente dieses Ansatzes markiert eine Verbindung zu dem folgenden Text aus John Hicks »Verifikation im Jenseits« von 1963, der argumentiert, »dass die in der christlichen Theologie angelegte eschatologische Verifikation« (251) den christlichen Glauben zu bestätigen beanspruchen kann. Der späte Text von Emanuel Hirsch aus »Weltbewusstsein und Glaubensgeheimnis« von 1967 stellt hingegen die Bedeutung und das Profil persönlicher Rechenschaft vom christlichen Glaubensgeheimnis auf dem Boden »der Reflexion als Wurzel protestantischer Toleranz« (256) heraus, die »die überbegriffliche und übergegenständliche Wahrheit … von ihrem menschlich-irdisch bedingten Ausdruck zu sondern« (257) vermag. Aus dem gleichen Jahr stammt Jürgen Moltmanns Vortrag »Der Gott der Hoffnung« im Rahmen einer Rundfunk-Sendereihe, in dem er die in seiner »Theologie der Hoffnung« von 1964 im Rekurs auf Ernst Bloch erschlossene Bedeutung der Hoffnung für den Menschen und ihre christliche Begründung aus der Zukunft Gottes auf die Frage nach Gott konzentriert. Ausgehend von der Wahrnehmung, dass sich die Grenze zwischen Theismus und Atheismus nicht (mehr) klar ziehen lässt, plädiert Dorothee Sölle in ihrem Aufsatz »Atheistisch an Gott glauben?« von 1968 dafür, den Glauben als eine Art Leben zu verstehen, »das ohne die supranaturale, überweltliche Vorstellung eines himmlischen Wesens auskommt, ohne die Beruhigung und den Trost, den eine solche Vorstellung schenken kann« (269). Eberhard Jüngel wiederum bringt in dem Aufsatz »Die Welt als Möglichkeit und Wirklichkeit« von 1969 die kritische Funktion der Theologie »innerhalb des jeweiligen geschichtlichen Selbstverständnisses der Welt zur Geltung« (276), die diese in der konsequenten Auslegung der ontologischen Implikationen des Ereignisses der Rechtfertigung wahrzunehmen hat. Diesem Text folgt der Schlussabschnitt aus Helmut Gollwitzers »Revolution als theologisches Problem« von 1970, der im Rekurs insbesondere auf die »ökonomischen, politischen und militärischen Konflikte« (XLVII) Lateinamerikas Revolution zum Gegenstand theologischer Reflexion auf die Beförderung besserer Lebensbedingungen macht. Ein gewisses Gegengewicht zu diesen sehr unterschiedlichen Ansätzen im Umgang mit der Frage nach der Bedeutung von Theologie unter säkularen Bedingungen bildet die Leuenberger Konkordie von 1973, die Härle neben der Barmer Theologischen Erklärung als zweites Dokument kirchlichen Charakters in die Textsammlung aufgenommen hat. In ihr kommt das ökumenische Potential der die Kirchen der Reformation verbindenden Einsicht zum Zuge, dass zur Einigkeit der Kirchen die Übereinstimmung in der Lehre des Evangeliums und in der Feier der Sakramente konstitutiv und hinreichend ist (vgl. CA VII). Auf der Basis dieses Grundtextes konnten inzwischen über 100 luthe­rische, unierte und reformierte Kirchen in Europa Kirchengemeinschaft erklären.

Die folgenden Texte geben weiteren Einblick in die verschiedenen theologischen Richtungen, die seit den 70er Jahren die Diskussion bestimmen. Die Auseinandersetzung mit dem Konzept einer narrativen Theologie wird vorgestellt durch den Textausschnitt aus Dietrich Ritschls Aufsatz »›Story‹ als Rohmaterial der Theologie« von 1976. Der Ausschnitt aus John B. Cobbs und David R. Griffins »Prozess-Theologie« aus dem gleichen Jahr dokumentiert den Beitrag prozesstheologischer Reflexion zur Klärung des christlichen Gottesgedankens und präsentiert ein Verständnis Gottes als schöpferisch erwidernder Liebe. Aus dem Feld der Befreiungstheologie hat Härle einen Text des evangelischen Befreiungstheologen Walter Altmann aus dessen Buch »Bekehrung, Befreiung und Rechtfertigung« von 1983 ausgewählt. Einblick in die feministische Theologie gewährt die Passage aus dem Buch von Rosemary Radford Ruether »Kann ein männlicher Erlöser Frauen erlösen?«, ebenfalls von 1983. Die Grundlegungsfragen Politischer Theologie werden anhand einer Passage aus Jürgen Moltmanns »Politische Theologie – politische Ethik« von 1984 vorgeführt, der »das Theorie-Praxis-Verhältnis und eine ›Ethik der Hoffnung‹ ins Zentrum« (L Vf.) seiner Konzeption rückt. Der fundamentaltheologischen Grundfrage nach dem Recht und Sinn christlicher Rede von »Offenbarung« widmet sich der Aufsatz »Offenbarung« von Eilert Herms aus dem Jahr 1985. Herms analysiert hier die Eigenart religiöser Offenbarung als eines Erschließungsgeschehens, für das »nur die Ursprungsmacht, Gott, selbst« (LVII) in Frage kommt und das insofern Absolutheit beansprucht, als die in diesem Erschließungsgeschehen gewiss gewordene Wahrheit für den, dem sie sich erschlossen hat, keine Alternative zulässt. Dass sich solche christliche Gewissheit im Bekenntnis zur Auferweckung des Gekreuzigten artikuliert, bringt Ingolf U. Dalferth in seinem Aufsatz »Volles Grab, leerer Glaube? Zum Streit um die Auferweckung des Gekreuzigten« von 1998 zur Geltung, indem er zeigt, wie im Bekenntnis zur Auferweckung Jesu von den Toten der Inhalt der Verkündigung Jesu auf ihn selbst angewandt ein die Welt veränderndes neues Gottes- und Wirklichkeitsverständnis eröffnet. Mit der Auffassung, das Auferweckungsbekenntnis formuliere »keinen weiteren historischen Sachverhalt nach dem Kreuzestod Jesu, … sondern ein Handeln Gottes, das über alles historisch Fassbare hinausgeht und es umfasst« (363), bezieht Dalferth Stellung in der aktuellen Debatte, die ihrerseits von der anhaltenden Brisanz der Frage nach der Bedeutung der Geschichte zeugt. Wie ein resümierender Ausblick liest sich der letzte, nur geringfügig gekürzte Text von Wolfgang Huber über »Gute Theologie« von 2004. »Gute Theologie« – schreibt Huber – »verbindet das bleibend Wichtige mit dem jetzt Dringlichen« (367).

Eben das leisteten und leisten die in diesem Band zusammengestellten Texte der neueren evangelischen Theologie je auf ihre Weise. Sicher hätte man hier und da anders auswählen und z. B. noch stärker kritische Impulse wie die Dogmenkritik von David Friedrich Strauß im 19. Jh. oder die auf religionskritischer Reflexion aufruhende Theologie Falk Wagners im 20. Jh. berücksichtigen können, die weit über die Grenzen von München und Wien hinaus das Denken junger Systematiker geschärft hat. Doch abgesehen davon, dass der Band dann sein ansprechendes Format eingebüßt hätte, ist auch insbesondere bei den jüngeren Texten noch nicht ausgemacht, welche Texte sich als »Grundtexte« etablieren werden. Insofern war die Auswahl für die zweite Hälfte des 20. Jh.s sicher am schwierigsten. Dem Herausgeber kommt das Verdienst zu, hier Entscheidungen getroffen zu haben, die aus der Lektüre der Texte selbst heraus jedenfalls sehr gut nachvollziehbar sind. Die Einleitung unterstützt das Studium der Texte mit gezielten Informationen zur theologiegeschichtlichen Einordnung und mit griffigen Zusammenfassungen der entscheidenden Thesen. So stellt das Buch eine große Bereicherung für Studium und Lehre dar, für die dem Herausgeber zu danken ist.