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Ausgabe:

Dezember/2009

Spalte:

1319–1320

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Strange, James F., Longstaff, Thomas R. W., and Dennis E. Groh

Titel/Untertitel:

Excavations at Sepphoris. Vol. 1: University of South Florida Probes into the Citadel and Villa.

Verlag:

Leiden-Boston: Brill 2006. XVII, 170 S. m. zahlr. Abb. 4° = The Brill Reference Library of Judaism, 22. Geb. EUR 153,00. ISBN 978-90-04-12626-8.

Rezensent:

Jürgen Zangenberg

Seit den 1980er Jahren graben mehrere Teams intensiv in Sepphoris, einer Stadt, die auf Grund ihrer Lage nur 4 km nördlich von Nazareth und ihrer historischen Bedeutung als Zentrum des rabbinischen Judentums auch für die Bibelwissenschaft von Belang ist. Neben zahlreichen, unterschiedlich ausführlichen Vorberichten liegen erst seit jüngster Zeit zwei Endberichte vor, die für die historische und archäologische Arbeit ja so wichtig sind: zum Mo­saik der Dionysos-Villa (R. Talgam/Z. Weiss, The Mosaics of the House of Dionysus at Sepphoris Excavated by E. M. Meyers, E. Netzer and C. L. Meyers, Jerusalem 2004 [Qedem 44]) und zur Synagoge (Z. Weiss, The Sepphoris Synagogue. Deciphering an Ancient Message through Its Archaeological and Socio-Historical Contexts, Jerusalem 2005). Mit dem anzuzeigenden Band tritt nun der erste Endbericht des University of South Florida-Teams unter der Leitung von J. F. Strange hinzu.

Nach dem Vorwort (XV–XVII) mit Informationen zum Hintergrund des Grabungsprojektes und der Direktoren orientiert die Einführung (1–7) über die Teilnehmer an den Grabungen in »Field I« unmittelbar westlich der Zitadelle zwischen 1983 und 1989 und der regionalen Surveys 1982, 1984 und 1988 und erläutert die Grabungsmethoden und das Dokumentationssystem. »The Site and the History of Excavations« (9–33) unterrichtet knapp über den Namen der Ortslage, ihre Topographie und natürliche Umwelt. Der folgende Durchgang durch antike literarische und nichtliterarische Quellen über Sepphoris ist hilfreich (besonders was die epigraphischen Erwähnungen angeht), bringt aber wenig neue Einsichten, ebenso die kurze Zusammenfassung älterer Literatur und archäologischer Untersuchungen vor 1983. Von besonderer Bedeutung dabei sind die Grabungen Leroy Watermans (University of Michigan 1931, vorläufig veröffentlicht 1937), da die Grabungen der University of South Florida an den Teil von Watermans Grabungsarealen an­schließen, der sich nahe der Zitadelle befindet, und dessen Befunde überprüfen. Ein kurzer Abschnitt über »The USF Surveys of 1982 and 1984« (35–41), ergänzt durch spätere Begehungen anderer Teams, enthält Befunde zu Sepphoris selbst, Cana (Khirbet Qana), Nain, Magdala, Betsaida (identifiziert mit Khirbet el-Araj, nicht et-Tell!) und von vermeintlichen herodianischen Gräbern in Nazareth, die freilich nur selten über summarische Notizen hinausgehen und kaum dem Stand des Publikationsjahrs 2006 entsprechen.

»The Citadel or Tower« (43–64) bietet den ersten stratigraphischen Bericht über begrenzte Sondagen nördlich der Zitadelle. Wa­termans Datierung des Turms in die Kreuzfahrerperiode ist überholt, er wurde in byzantinischer Zeit aus wiederverwendetem herodianischem Material errichtet und in der Kreuzfahrerperiode lediglich repariert. Reste von älterer Wohnbebauung im Umfeld der Zitadelle demons­trieren, dass die »Akropolis« seit späthellenistischer bis in spätrömische Zeit für Wohnzwecke genutzt wurde. »The Probes I.4 and I.5« (65–70) westlich der Zitadelle ergaben, dass alle antiken Reste bis auf den gewachsenen Fels hinab ausgeraubt waren.

Der eigentliche Hauptteil des Bandes befasst sich mit »The Villa« (71–122): der Baugeschichte und Umgebung eines großen Peristylhauses, das Waterman noch als »christliche Basilika« angesprochen hatte. Geringen Hinweisen zufolge wurde das Areal zuerst in der ersten Hälfte des 2. Jh.s v. Chr. bebaut (121 f.), während des frühen 1. Jh.s n. Chr. wurde das dort bestehende kleine Haus drastisch erweitert und zu einer reichen Peristylvilla umgebaut (nach der Zerstörung der Stadt durch Varus 4 v. Chr.?). Weitere Umbauten erfolgten im frühen 2. Jh. n. Chr., die Zerstörung erfolgte während der Gallus-Revolte (das Erdbeben wird ausgeschlossen). Bis 600 n. Chr. wurde das Gelände wahrscheinlich militärisch genutzt, ob­wohl dafür genaue Daten fehlen.

Das ergrabene Areal ist vergleichsweise klein und oft durch frühere Erdbewegungen gestört, auch lässt der Bericht zuweilen den zeitlichen Abstand zwischen der Grabungsperiode und der Veröffentlichung erkennen. Erst weitere Publikationen der großflächigen Grabungen des USF-Teams westlich der Akropolis werden zeigen, ob die im Umfeld des »Waterman dig« gewonnenen Befunde für die Stadtgeschichte insgesamt repräsentativ sind. Eine Bibliographie und ein knappes allgemeines Register schließen den Band ab. Der Text ist klar und ergebnisorientiert geschrieben, eine Lo­cusliste mit Fundinventar fehlt. Gelegentliche Druckfehler (»Faustinia« statt korrekt »Faustina«, 60) beeinträchtigen den Gehalt des Bandes nicht, doch ist er für mit archäologischer Literatur weniger vertraute Leser schwere Kost.