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Ausgabe:

November/2009

Spalte:

1239–1241

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Stein, Edith

Titel/Untertitel:

Übersetzung: Des Hl. Thomas von Aquino Untersuchungen über die Wahrheit 1. Quaestiones disputatae de veritate 1. Eingeführt u. bearb. v. A. Speer u. F. V. Tommasi. Übersetzung: Des Hl. Thomas von Aquino Untersuchungen über die Wahrheit 2. Quaestiones disputatae de veritate 2. Eingeführt u. bearb. v. A. Speer u. F. V. Tommasi.

Verlag:

... de veritate 1: Freiburg-Basel-Wien: Herder 2008. XCIII, 475 S. m. Abb. 8° = Edith Stein Gesamtausgabe, 23 (Übersetzungen III). Geb. EUR 50,00. ISBN 978-3-451-27393-3

... de veritate 2: Freiburg-Basel-Wien: Herder 2008. VII, S. 476–941. 8° = Edith Stein Gesamtausgabe, 24 (Übersetzungen IV). Geb. EUR 47,00. ISBN 978-3-451-27394-0.

Rezensent:

Jörg Splett

Neben dem angegebenen Titel in dieser Rezension besprochen:

Stein, Edith: Geistliche Texte I. Eingeführt u. bearb. v. U. Dobhan. Freiburg-Basel Wien: Herder 2009. XXXI, 263 S. 8° = Edith Stein Gesamtausgabe, 19. Geb. EUR 37,00. ISBN 978-3-451-27389-6; Geistliche Texte II. Bearb. v. S. Binggeli unter Mitwirkung v. U. Dobhan u. M. A. Neyer. Freiburg-Basel-Wien: Herder 2007. XXII, 405 S. 8° = Edith Stein Gesamtausgabe, 20. Geb. EUR 47,00. ISBN 978-3-451-27390-2.


In der zügig voranschreitenden Werkausgabe sind zwei neue Doppelbände anzuzeigen. Bekanntes und Unbekanntes findet sich in den Geistlichen Texten. Was dabei »sofort ins Auge springt, ist die große Bandbreite an Themen und literarischen Gattungen, in denen sie ihre Gedanken zu Papier bringt. Da gibt es Meditationen und Gebete, wissenschaftliche Vorträge und historische Studien, theologische Abhandlungen und fromme Erwägungen, aber auch Gedichte, Übersetzungen und sogar Theaterstücke« (U. Dobhan OCD, in der Einführung: 19, XIX. Nur ein kleiner Teil stammt aus der Zeit vor ihrem Eintritt in den Kölner Karmel (im Oktober 1933): ein Vortrag zum Weihnachtsgeheimnis und zwei zu Elisabeth, deren 700. Todestag 1931 gefeiert wurde, ein Gedicht zum Priesterjubiläum des Generalvikars in Speyer Prälat J. Schwind und ein Nachruf auf ihn. Von den Übersetzungen liturgischer Texte (aus dem Missale und dem Stundenbuch) gilt es für die Hälfte, zumeist für die Speyer Dominikanerinnen, »die das Brevier lateinisch beteten und manches doch lieber in deutsch nachlesen wollten« (19, X).
Band 19 enthält eher »objektive« Texte. Auf die Vorträge und Aufsätze folgen Darstellungen zu Geschichte und Persönlichkeiten des Karmel, Rezensionen und Nachrufe – bis auf drei »Chronogramme« zum Klosterjubiläum, die man auch zu den Gedichten hätte stellen können. (Streng genommen sind es [Chrono-?]Akrosticha, da nicht alle Zahlbuchstaben der lateinischen Verse zählen, sondern bei den ersten beiden nur die Zeilenanfänge: 1. MDCXXXVII, 2. MCMXXXVII, beim dritten kunstvoll Anfänge = 1 und Zeilenenden = 2). Ist die Adam-Rezension so »rundherum positiv« wie der Herausgeber [202] findet (zudem sechs Jahre vor den Aussagen von 1939 verfasst)?
Band 20 bietet zunächst persönliche Einträge, Lumina, Gedichte, Gebete aus Exerzitien, in kleinen Notizbüchern oder einem Schulheft. Es folgen Ansprachen und Betrachtungen, zum Teil für die Priorin erstellt, sodann Gebete und Gedichte (stimmt die Strophenform auf S. 205?), schließlich Theaterstücke, die zur Aufführung durch Novizinnen in der Rekreation bei besonderen Gelegenheiten (wie Namenstagen, Jubiläen) entstanden sind, das letzte sogar in niederländischer Sprache. Vor jedem Text steht seine »Situierung«, Fußnoten erschließen dem heutigen Leser liturgische Ge­ gebenheiten und Schrift-Zitate. Bei den Hymnen des Aquinaten für das Fronleichnamsfest oder der Pfingstsequenz ergibt sich die Möglichkeit erhellender Vergleiche mit geläufigen Verdeutschungen.
Nicht neu, sondern hiermit in dritter Auflage bieten die Bände 23 und 24 die deutsche Ausgabe der Quaestiones de Veritate, die erstmals 1931/32 erschienen ist. Doch geht es den Bearbeitern dabei um »eine Rekonstruktion der Übertragung ... in der Fassung letzter Hand« (23, IX), gestützt auf den Fund von E. Steins Handexemplar mit ihren Korrektureinträgen im Würzburger Karmel und des Manuskripts im Speyerer Dominikanerinnenkloster. Dem Text geht eine umfangreiche Einleitung voran (XI–XCIII). Sie unterrichtet zunächst über »Text und Kontext« von Steins Arbeit: Ein Treffen verschiedener Geister, in »schwieriger Annäherung«, im historischen Kontext eines »Frühlings der Neuscholastik«, auf Anstoß, wie bekannt, des Jesuiten Erich Przywara. Hilfreich wird erst einmal das Original vorgestellt. Dann erhalten wir Einblick »in die Übersetzerwerkstatt«. Es handelt sich ja nicht einfach um eine Übersetzung. »Das corpus articuli wurde immer, die Beantwortung der Einwände wo irgend möglich in unmittelbarer Übertragung gegeben. Die Auswahl machte aber kleine Auslassungen, Einfügungen und Umformungen nötig« (XLVII, E. St.). Instruktiv sind auf S. LII–LIV die Tabellen aus einer Wortfeldanalyse der ersten Quaestio (Ens, Entitas, Essentia ... bis Species) in der Abfolge von Manuskript, Erstausgabe, Handexemplarkorrekturen, Berichtigungen im Wörterverzeichnis von 1934. Angesprochen wird ihre »Neigung zu einer augustinisch präfigurierten Thomas-Deutung, die Teil ihres phänomenologischen Erbes zu sein scheint« (LVIII). In der Sekundärliteratur zu dieser Auslegung ist besonders Steins Betonung von Glaube und Offenbarung auch für die Philosophie umstritten. Schließlich wird eine Auswahl der Rezensionen und brieflichen Stellungnahmen geboten, in der Überzahl positiv, doch fehlen auch kritische Stimmen nicht. – Im zweiten Teil folgt die Rechenschaft der Edition. Für diese scheidet die Zweitauflage (Hrsg. von L. Gelber), weil methodisch unklar, weitgehend aus. Drei Apparate gehören dazu: Steins Fußnoten, eine kritische Dokumentation der editorischen Entscheidungen, schließlich ein Quellen- oder Similienapparat, der die Zitate des Aquinaten identifiziert. Die Einleitung schließt mit der Wiedergabe einiger Seiten des Manuskripts. Im Anhang gibt es das lateinisch-deutsche Wörterverzeichnis (wie schon in der 2. Auflage), das Geleitwort M. Grabmanns und E. Steins Vorwort zur Erstausgabe.
Alle vier Bände zeigen die gewohnt sorgsame Ausstattung (mit reizvoll unterschiedlichen Porträts auf dem Schutzumschlag).