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Ausgabe:

November/2009

Spalte:

1238–1239

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph

Titel/Untertitel:

Philosophie und Religion. Hrsg. v. A. Denker u. H. Zaborowski.

Verlag:

Freiburg-München: Alber 2008. 168 S. 8° = Interpretationen und Quellen, 1. Kart. EUR 19,00. ISBN 978-3-495-48085-4.

Rezensent:

Ulrich Oelschläger

Der von Alfred Denker und Holger Zaborowski herausgegebene Band ist der erste einer neu konzipierten Reihe mit dem Titel »In­terpretationen und Quellen« (IQ). Die für die philosophische Entwicklung Schellings wichtige Schrift »Philosophie und Religion« aus dem Jahre 1804 wird hier in einer separaten Ausgabe unter Bezug auf die durch Schellings Sohn herausgegebene Werkausgabe verfügbar gemacht. Auf die Seitenzählung im IV. Band der »Sämmtlichen Werke« wird in der Marginalie in eckigen Klammern stets verwiesen, was die wissenschaftliche Arbeit mit der Ausgabe er­leichtert. Die wichtigen Bezüge Schellings auf eigene Werke oder andere philosophische Literatur sind in den Fußnoten durch genaue Angaben präzisiert.

Im Anschluss an den Nachdruck der Quelle finden sich in dem Band »Einleitende Bemerkungen über Philosophie und Religion im Kontext von Schellings Werk« von Walter E. Ehrhardt, gefolgt von sechs Interpretationen unter jeweils anderem thematischen As­pekt. Bereits im Klappentext und im Zusammenhang der Vorstellung der Herausgeber und Mitautoren macht der Verlag anhand eines Zitats von Heinrich Heine auf die Bedeutung der kleinen Schrift in Schellings Gesamtwerk aufmerksam. Heine sieht – und darin folgte man ihm gerne – in der vorliegenden Schrift bei Schelling das Ende der Philosophie und den Beginn der »Poesie« bzw. der »Narrheit«. Diesem vielfach nachgeahmten Urteil entgegenzuwirken, ist das Ziel des zu besprechenden Bandes. Sowohl Walter E. Ehrhardt in seinen einleitenden Bemerkungen (61–75) als auch Christian Danz in seiner abschließenden Interpretation »Die Be­gründung des Gottesgedankens in Philosophie und Religion. An­merkungen zu den problemgeschichtlichen und systematischen Voraussetzungen von Schellings philosophischer Theologie« (155–168) gehen besonders auf Schellings Auseinandersetzung mit Carl August Eschenmayer ein, deren Resultat die Schrift ist. Dabei erwähnt Ehrhardt auch, dass diese Schrift einer veränderten Kommunikationssituation in Schellings Lehrbetrieb Rechnung trägt, dem Wechsel von einem kantianisch vorgeprägten Publikum in Jena zu einem scholastisch vorgeprägten in Würzburg. Er geht auch philosophischen Kontroversen um diese Schrift nach, etwa der mit Fichte, der ein eigener recht aufschlussreicher Aufsatz von Christoph Asmuth gewidmet ist: »Das Verhältnis von Philosophie und Religion zur Religionsphilosophie Fichtes« (143–154). Die teilweise scharfe Kontroverse der beiden Philosophen führt Asmuth auf den Unterschied beider, das Absolute zu denken als absolute Prozessualität einerseits, als Denken, das sich zugleich fasst und verliert, andererseits, zurück. Holger Zaborowski (»Spekulation oder Kritik? Schelling, Kant und das Verhältnis der Philosophie zur Religion«, 108–130) zeigt Schellings Weg von Kant und seiner Verortung der Religion im Bereich des ethischen Postulats weg bis zur wiederum positiven Rezeption Kants in Schellings Spätwerk. Der Nachzeichnung des philosophischen Weges Schellings zur Überwindung der Identitätsphilosophie durch die Freiheitsschrift von 1809 widmet sich der Aufsatz von Oliver Florig (»Die ideelle Reihe der Philosophie – Philosophie und Religion als Versuch, menschliche Freiheit im Identitätssystem zu denken«, 76–97). Florig zeigt dabei auch die Schwierigkeit auf, aus dem identitätsphilosophischen System die Herkunft des Bösen zu erklären. Christoph Asmuth zeigt in einem weiteren Aufsatz (»Philosophie und Religion und der Platonismus«, 98–107) eine Übersicht über das Denken Schellings in der Auseinandersetzung mit Platon, besonders mit dem Dialog »Timaios«, den Schelling für unecht hält, und die Überwindung des naturphilosophischen Ansatzes. Schließlich behandelt Alfred Denker (»Die Vollkommenheit des Menschen ist die Liebe Gottes. Jacobi contra Schelling«, 131–142) eine Kontroverse mit dem Philosophen von anderer Seite als der Fichtes und Kants, um eine Kritik, die aus der Unbedingtheit des Glaubens kommt.
Insgesamt bietet der Band durch die Präsentation von Text und Interpretationen eine gute Einführung in die Religionsphilosophie eines deutschen Idealisten.