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Ausgabe:

November/2009

Spalte:

1192–1194

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Hecke, Pierre van [Ed.]

Titel/Untertitel:

Metaphor in the Hebrew Bible.

Verlag:

Leuven: Leuven University Press; Leuven-Paris-Dudley: Peeters 2005. X, 308 S. m. Abb. gr.8° = Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium, 187. Kart. EUR 65,00. ISBN 90-5867-502-5 (Leuven University Press); 978-90-429-1640-1 (Peeters).

Rezensent:

Jutta Krispenz

Das Buch ist aus Referaten hervorgegangen, die auf Treffen der European Association of Biblical Literature und internationalen Treffen der Society of Biblical Literature gehalten wurden. Die Aufsätze spiegeln die Entstehung einer Forschungsgruppe, die an den EABS-Treffen ihren institutionellen Ort gefunden hat. Der Band vereint 16 Beiträge von 13 Autoren.

Die Beiträge und ihre Autoren sind: Pierre van Hecke, Metaphor in the Hebrew Bible. An Introduction (1–17); Peter Riede: Die Sprache der Bilder. Zur Bedeutung und Funktion der Metaphorik in den Feindpsalmen des Alten Testaments am Beispiel der Psalmen 57 und 59 (19–40); Brian Doyle, God as a Dog (41–53); Göran Eidevall, Images of God, Self, and the Enemy in the Psalms. On the Role of Metaphor in Identity Construction (55–65); ders., Spatial Metaphors in Lamentations 3,19 (133–137); Antje Labahn, Wild Animals and Chasing Shad­ows. Animal Metaphors in Lamentations as Indicators for Individual Threat (67–97); dies., Bitterkeit und Asche als Speise – das Leiden Jeremias am Schicksal Jerusalems. Metaphern und Metaphernvariationen in Thr 3,1–21 LXX (147–183); Else K. Holt, The Fountain of Living Water and the Deceitful Brook. The Pool of Water Metaphors in the Book of Jeremiah (MT) (99–117); Pete Diamond, Playing God – »Polytheizing« YHWH-Alone in Jeremiah’s Metaphorical Space (119–132); Gerlinde Baumann, »Er hat mir den Weg mit Quadersteinen vermauert« (Thr 3,9). Ein Vorschlag zur Auslegung einer ungewöhnlichen Metapher (139–145); M. Beth Szlos, Body Parts as Metaphor and the Vale of a Cognitive Approach. A Study of the Female Figures in Proverbs via Metaphor (185–195); Susanne Gillmayer-Bucher, »Meine Zunge – ein Griffel eines ge­schickten Schreibers«. Der kommunikative Aspekt der Körpermetaphern in den Psalmen (197–213); Pierre van Hecke, Conceptual Blending: A Recent Ap­proach to Metaphor. Illustrated with Pastoral Metaphor in Hos 4,16 (215–231); Regine Hunziker-Rodewald, Hirt aus Barmherzigkeit. Zu einer als Symbol wahrgenommenen Metapher (233–247); Annette M. Böckler, Unser Vater (249–261); Kirsten Nielsen, Metaphors and Biblical Theology (263–273).
Den Band erschließen ein Register der Bibelstellen und außerbiblischen Quellen sowie ein Sachregister, das auch je einen Abschnitt mit hebräischen und griechischen Stichwörtern bietet. Der Sachindex ist in seinem englischsprachigen Teil sehr sinnvoll untergliedert in »Metaphors treated in this Vol­ume« und »Other Subjects«, wobei der erstgenannte Teil noch weiter strukturiert ist nach »tenor« und »vehicle«, beide Unterabschnitte sind nach Sachkriterien weiter gegliedert.


Die Beiträge zeigen hinsichtlich der behandelten Texte einen Schwerpunkt bei den Klageliedern, was der Entstehungsgeschichte des Bandes zuzuschreiben ist, der teilweise die Beiträge eines EABS-Seminars zu den Klageliedern versammelt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei den Psalmen. Bei den untersuchten Metaphern bilden diejenigen, die auf Gott abzielen, eine größere Gruppe innerhalb der abgedeckten Themen. Generell dominieren die Substantivmetaphern, ein Umstand, den die Rezensentin als Manko der Sammlung ansieht, umso mehr, als eine Unterscheidung nach Substantiv-, Verb- und Adjektivmetaphern nirgendwo angesprochen wird. Sollte der Tenach tatsächlich dominant nur diesen Metapherntyp verwenden, so wäre das immerhin bemerkenswert.

Dennoch: Angesichts der Bedeutung, die Metaphern im Tenach haben, und angesichts der Notwendigkeit, diese Metaphern aus einer fremden Welt zu entschlüsseln, ist ein Band wie der vorliegende natürlich höchst willkommen. Die Theologie der Schriften des Ersten Testamentes ist, wie alle Rede von Gott, von Bildern und Metaphern geprägt – der Beitrag von K. Nielsen setzt bei diesem Faktum an, um Linien einer Theologie, die Altes und Neues Testament verbindet, herauszuarbeiten. Aber die Bedeutung des in dem Buch angeschnittenen Themas erschöpft sich nicht in dem Nutzen, den der Leser aus Erklärungen zu bestimmten Metaphern oder Metaphernfeldern ziehen kann. Vielmehr hat die Auseinandersetzung mit den Metaphern die bereits seit vielen Jahrzehnten in der philosophischen (Cassirer), aber natürlich auch der literaturwissenschaftlichen Diskussion ein zentrales Thema bildet, die Metapher als paradigmatische Struktur von symbolischer Welterfahrung herausgearbeitet.

So gehen auch in diesem Band alle Autoren – freilich mehr oder weniger explizit – davon aus, dass Metaphern, wo sie im Text be­gegnen, einen integralen Teil der Textaussage bilden und dass es nicht möglich ist, sie durch nichtmetaphorische Aussagen einfach zu ersetzen: Wie alle »Stilfiguren« der antiken Rhetorik sind die Tropen im Allgemeinen und die Metaphern im Besonderen mehr als bloße Verzierungen. Dass diese Aussage sich durchgesetzt hat, ist ein Resultat, das auf der Grundlage des Sammelbandes festgehalten werden kann. Ein anderes Resultat freilich ist, dass die unterschiedlichen Theorien und die mit ihnen verbundenen Zu­gangsweisen in der exegetischen Diskussion noch keineswegs einen stabilen Zustand erreicht haben: So finden sich Beiträge, die jeden Definitions- und theoretischen Erklärungsbedarf ausblenden, aber auch solche, die sehr souverän mit den unterschiedlichen Theorien umgehen und sie in angemessener und Einsichten erschließender Weise für die Texterklärung nutzen. – Und es finden sich Beiträge, in denen die Verbindung zwischen theoretischer Einordnung der Metapher und dem exegetischen Umgang mit ihr für den Leser nicht völlig deutlich wird.

Man wird das weder den einzelnen Beiträgen noch dem Buch als Ganzem als Mangel anlasten wollen, es zeigt jedoch, dass die Exegese des Tenach hier offenbar noch Lern- und Diskussionsbedarf hat. In diese Richtung geht wohl auch die Einschätzung des Herausgebers Pierre van Hecke, wenn er in seiner Einleitung schreibt: »… the field is characterized by a large variety of approaches, which, on the one hand, is typical for an area in full development«. Über diese primär an der Diskussion in den Literaturwissenschaften orientierte Feststellung hinaus ist allerdings die Situation in der biblischen Exegese gegenüber der in den Literaturwissenschaften verschärft durch die eher zögerliche Modernisierung des synchronen Instrumentariums: Zumindest in Europa ist die Polarisierung in synchron und eventuell literaturwissenschaftlich arbeitende Exegeten einerseits und diachron, historisch-kritisch auslegende andererseits noch vielen Exegeten ein zureichender Grund, um ganze Bereiche des exegetisch Möglichen auszublenden: So richtig es ist, dass eine rein synchrone Betrachtung Gefahr läuft, die historische Tiefendimension des Textes auszuklammern, so richtig ist es auch, dass der redaktionskritisch aufgeschlüsselte Text immer noch verstanden werden muss. Dass hierfür literaturwissenschaftliche Methoden bereitstehen, die weiterführen als intuitives Anempfinden, ist nicht mehr von der Hand zu weisen, wie auch das angezeigte Buch erneut gezeigt hat. Die Auseinandersetzung mit Metaphern ist ein Bereich, an dem dies besonders deutlich wird. Die exegetische Diskussion kann von der Auseinandersetzung mit diesem Methodeninventar in seiner ganzen Vielfalt nur gewinnen. So wünscht man dem Band zahlreiche Leser, die sich von den Beiträgen selbst, aber auch von den Literaturverweisen anregen lassen.