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Ausgabe:

November/2009

Spalte:

1167–1168

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Hünseler, Peter [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Im Dienst der Versöhnung. Für einen authentischen Dialog zwischen Christen und Muslimen.

Verlag:

Regensburg: Pustet 2008. 300 S. m. 1 Porträt. gr.8°. Geb. EUR 39,90. ISBN 978-3-7917-2128-6.

Rezensent:

Henning Wrogemann

Der Aufsatzband ist als Festschrift dem Jesuitenpater und Islamwissenschaftler Christian W. Troll gewidmet, der als Professor für Islamische Studien an verschiedenen Lehrinstitutionen etwa in Indien (Neu Delhi, 1976–1988), Großbritannien (Birmingham, 1988–1993) und Deutschland wirkte und dadurch sowie durch Seminare und Vorlesungen in verschiedenen mehrheitlich muslimischen Ländern große Verdienste um die interreligiöse Verständigung erworben hat. Troll ist ein international anerkannter Islamwissenschaftler und Theologe und hat im Jahr 2007 sein 70. Lebensjahr vollendet.

Nach einem Geleitwort von Karl Kardinal Lehmann (9–13) gliedert sich der Band in drei Teile unter den Überschriften »Islam« (13–104), »Christlich-islamischer Dialog« (105–244) und »Würdigungen« (245–282). In einem Anhang ist unter anderem eine Liste der Veröffentlichungen von Christian W. Troll zu finden (283 ff.).

Im ersten Teil finden sich Beiträge von Felix Körner (SJ), Frances­co Zannini, Ralph Ghadban, Josef Schuster (SJ), Thomas Michel (SJ) sowie Peter Hünseler. Körner und Zannini beschäftigen sich mit Fragen einer neuen Koranhermeneutik (bei Körner etwa am Beispiel des türkischen Reformdenkers Mustafa Öztürk). Ralph Ghadban betrachtet kritisch Ansätze zu einer Modernisierung des islamischen Rechtes (fiqh), im Schlussteil festgemacht an Autoren wie Yusuf al-Qaradawi, Tariq Ramadan und Taha Jabir al-Alwani. Ghadban warnt dabei – für etliche Autoren sicher zu Recht – vor einer »Scheinmodernisierung«, in der die Wertegrundlagen der Menschenrechte nicht anerkannt werden. (64) Die Aufsätze von Schuster und Michel beschäftigen sich mit Fragen islamischer Ethik, wohingegen Hünseler sich allgemein dem Muster »binärer Dichotomien« zuwendet und solchen binären Zuschreibungen im Werk islamistischer Theoretiker etwa in Form von Verschwörungs- oder Jihad-Theorien nachgeht.

In den im zweiten Teil gebotenen Aufsätzen erläutert Werner Höbsch die Dialogthematik unter Aspekten der Sprachtheorie, wohingegen Hansjörg Schmid unter »Anwälte, Vermittler oder Partner? Zur sozialen Rolle kirchlicher Akteure im christlich-islamischen Dialog« die Positionierung christlicher Dialogteilnehmer analysiert. Johannes Kandel schlüsselt in seinem Beitrag »›Klarheit und gute Nachbarschaft‹. Die Evangelische Kirche im Interreligiösen Dialog« etliche Aspekte der interreligiösen und intrareligiösen Diskussionen auf, die durch die gleichnamige Handreichung der EKD aus dem Jahr 2006 angestoßen wurden. Er würdigt die Handreichung als Beitrag zu einem »neuen interreligiösen Realismus« (178), der das Gemeinsame benennt, die Problempunkte jedoch nicht verschweigt und dabei eben auch zentrale Fragen des Selbstverständnisses wie etwa die Fragen um Mission und Dialog nicht ausklammert. Helmut Wiesmann fragt in seinem Beitrag, was man aus der islamischen Präsenz in Bosnien-Herzegovina an Erfahrungen auch für den bundesdeutschen Bereich fruchtbar machen kann, etwa auch in der Ausbildung von Imamen. Die Beiträge von Wilfried Dettling, Elisabeth Dörfler und Georg Evers widmen sich den in Deutschland lebenden anatolischen Aleviten als Dialogpartner (Dettling), der muslimischen Präsenz in Österreich (Dörfler) sowie Fragen des christlich-islamischen Dialogs in Asien (Evers).

Im dritten Teil schließlich finden sich unter der Überschrift »Würdigungen« Beiträge von Weggefährten Trolls: Chris T. R. Hewer »Troll in Selly Oak. Teaching by example« und David Mar­shall »Giving reasons for the hope that is within us. Christian Troll’s approach to presenting the Christian faith in dialogue with Muslims«. Diesen Teil beschließt die von Adel Theodor Khoury an­lässlich der Verleihung des Muhammad-Nafi-Tschelebi-Friedenspreises gehaltene »Laudatio für Prof. P. Dr. Troll SJ. 4. November 2007«.

Die Beiträge dieses Aufsatzbandes beleuchten die Dialogthematik aus unterschiedlichsten Blickwinkeln. Bei aller Unterschiedlichkeit spiegeln die Beiträge in ihrem Bemühen um sachliche Klärung den Titel des Bandes »Im Dienst der Versöhnung« wider, der vermutlich nicht nur den Dienst von Christen und Christinnen allgemein nach 2Kor 5 umschreiben, sondern auch das Werk des Jubilars Christian W. Troll charakterisieren soll. Dem interessierten Leser wird dabei ebenso für den deutschen Bereich wie auch für Fragen christlich-islamischer Begegnung in anderen Kontexten reichlich Anschauungsmaterial geboten.