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Ausgabe:

Oktober/2009

Spalte:

1100–1101

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Pattison, George

Titel/Untertitel:

Thinking about God in an Age of Technology.

Verlag:

Oxford: Oxford University Press 2007 (geb. Ausg. 2005). 278 S. gr.8°. Kart. £ 11,00. ISBN 978-0-19-923052-5.

Rezensent:

Linus Hauser

George Pattison geht von der Voraussetzung aus, dass die Technologie keine schlichte Umsetzung geistiger Entwürfe in die physische Welt hinein ist. Die moderne Technologie sei hingegen von einer grundlegenden Dimensionsqualität für alle Lebensbereiche. Es wäre an dieser Stelle sinnvoll gewesen, durch eine Differenzierung die vormoderne Naturtechnik von einer wissenschaftsfundierten Technik, die die Natur in ihren Grundstrukturen umgestaltet, deutlich begrifflich zu unterscheiden. Durch diese mangelnde Unterscheidung nimmt sich P. die Möglichkeit, eine – wenn nicht sogar die – spezifische Dimension der modernen wissenschaftsfundierten Technik theologisch aufzuarbeiten: die vertiefte Schöpferrolle des Menschen, der aus einer vorgegebenen natura prima eine fast universal eigenständig erfundene natura secunda macht, und dabei diese Schöpferrolle theologisch auch positiv als Gabe und Auftrag zu würdigen.
Schön wird im ersten Hauptteil die Geschichte der theolo­gischen Aufarbeitung des Technikthemas – auch im Kontext von Gott-ist-tot-Theologien – dargestellt. Technik werde dort in den meisten Fällen nach dem Muster einer Reintegration einer transhumanen Instanz in den Kontext des gläubigen Humanum verstanden. P. unterscheidet drei Etappen dieser theologischen Dis­kussion: die spezifisch deutschsprachige Diskussion bis zum Anfang der 60er Jahre, die Verschiebung in die transatlantische Kulturwelt Mitte der 60er Jahre und eine Globalisierung des Themas unter besonderem Bezug auf die französische Diskussion seit den 80er Jahren. Die Tiefe und Brisanz des Technikthemas könne durch ein Aufgreifen der Technikphilosophie Martin Heideggers ans Tageslicht gehoben werden. Dem widmet sich der zweite Hauptteil. Es fällt in diesem Teil auf, dass P. weniger stark, als dies im deutschsprachigen Kontext geschehen würde, von Heideggers Ontologie ausgeht. Heideggers Gestell-Begriff bleibt auf dieser Ebene eher eine phänomenologische Beschreibung im Sinne einer Verallgemeinerung und nicht im Sinne der ontologischen Interpretation von Alltagserfahrungen. Diese eher geringe ontologische Reflexion führt dazu, dass in den folgenden Kapiteln auf der einen Seite eindrucksvoll, ausgehend von der Alterität Gottes, das Sich-Zeigen Gottes in einem sich selbst aufhebenden Nichts radikaler Gottesferne und in der Reflexion auf den freiheitlichen Selbstvollzug dargestellt und am Beispiel der modernen Kunst, einer Neureflexion auf die Universität und bioethischen Fragen dargestellt wird. Auf der anderen Seite wird aber Heideggers Gestell-Begriff – auch gegen Heidegger – nicht im Sinne einer geschichtlichen On­tologie des sich autonom und möglicherweise zugleich theonom selbst und seine Wirklichkeit erfindenden Subjekts genutzt.
Fazit: Das Buch war für mich lesenswert in seinen Teilen über die Geschichte der Techniktheologie und in den bemerkenswerten dichterischen Selbstzeugnissen, die P. anführt. Seine Techniktheologie im Ausgang von der Alterität Gottes und im Bezug auf das – mit Bernhard Welte gesprochen – Licht des Nichts kann ich nicht nur gut nachvollziehen, sondern diese Darstellung hat mich auch existenziell angesprochen. Die Grenze von P.s Techniktheologie ist dabei in dieser Rezension durchgängig Thema gewesen.