Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Oktober/2009

Spalte:

1089–1090

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Danz, Christian, u. Rochus Leonhardt [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Erinnerte Reformation. Studien zur Luther-Rezeption von der Aufklärung bis zum 20. Jahrhundert.

Verlag:

Berlin-New York: de Gruyter 2008. X, 320 S. gr.8° = Theologische Bibliothek Töpelmann, 143. Geb. EUR 78,00. ISBN 978-3-11-019616-0.

Rezensent:

Albrecht Beutel

Der anzuzeigende Sammelband umfasst zehn größtenteils unveröffentlichte Einzelstudien, die allesamt darauf abzielen, »die Relevanz von Luthers Theologie für den deutschsprachigen Protestantismus ... in rezeptionsgeschichtlicher Perspektive« (1) exemplarisch zu erkunden. Die Auswahl der behandelten Positionen ist dabei bewusst auf den als Neuprotestantismus angesprochenen, mit der Aufklärung beginnenden Geschichtsraum beschränkt.
Die durchweg gelehrten und erhellenden Beiträge, überraschenderweise ausschließlich von Vertretern der systematisch-theologischen Disziplin abgefasst, analysieren die Lutherdeutung von Semler (G. Raatz), Hamann (M. Seils), Feuerbach (M. Petzoldt), Kierkegaard (H. Steffes), Troeltsch und Gogarten (Ch. Danz), verfolgen teilweise aber auch spezifizierte Fragestellungen, so die »Aufnahme von Luthers Freiheitsbegriff in Schellings Freiheitsschrift« (Danz), die Bestimmung der »Politische[n] Ethik bei Schleiermacher und Luther« (R. Leonhardt), »Ritschls geschichtsphilosophische Deutung der Reformation« (F. Wittekind) oder »Erfahrung und Begriff der Rechtfertigung« bei Holl und R. Hermann (H. Assel). Der letzte Beitrag legt bei Tillich und Hirsch »verborgene Kontinuitäten« in der Sicht auf Nietzsches Lutherbild frei (A. von Scheliha).
Ein klug dosiertes Sachregister sowie ein (ungleichmäßig zu­greifendes) Namenregister erschließen den Band, der nicht nur wegen der Exzellenz einzelner Beiträge, sondern auch in seiner forschungsstrategischen Pionierfunktion aufmerksame Beachtung verdient. Für die dadurch angeregte Weiterarbeit an der Luther-Rezeption des neueren Protestantismus, zu der möglicherweise auch Vertreter der historischen Theologie das eine und andere Scherflein beitragen könnten, dürfte es ratsam sein, die Untersuchung noch stärker, wie namentlich in den Beiträgen zu Schelling und Schleiermacher höchst anregend praktiziert, auf solche Transformationen des Lutherschen Denkens auszudehnen, in denen der Reformator nicht ausdrücklich beim Namen genannt wird.