Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Oktober/2009

Spalte:

1087

Kategorie:

Kirchengeschichte: 20. Jahrhundert, Zeitgeschichte

Autor/Hrsg.:

Bearb. v. D. Pöpping u. A. Silomon unter Mitarbeit v. K.-H. Fix.

Titel/Untertitel:

Die Protokolle des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Bd. 6: 1952.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008. 518 S. gr.8° = Arbeiten zur Kirchlichen Zeitgeschichte. Reihe A: Quellen, 14. Geb. EUR 99,00. ISBN 978-3-525-55764-8.

Rezensent:

Martin Greschat

Erfreulich kontinuierlich geht die wissenschaftliche Edition der Protokolle des Rates der EKD voran. Dieser Band zum Jahr 1952, in dem die faktische Billigung des Generalvertrags über die Westbindung der Bundesrepublik stattfand – Adenauer sprach lieber vom »Deutschlandvertrag« –, behandelt eine besonders ereignisreiche Zeit. Neben dieser politischen Thematik und insbesondere den Aus­einandersetzungen über Niemöllers kirchlich-politische Position befasste sich der Rat mit einer Vielzahl von Sachverhalten, von der Mitwirkung an Gesetzesvorlagen über Probleme des kirchlichen Besitzes in Rom bis zur Verwendung von Abkürzungen im kirchlichen Dienstverkehr. Diese erinnerten Heinrich Bornkamm an die »bolschewistische Sprache, die von solchen Ungeheuern wimmelt« (221). Die Einleitung informiert knapp und präzise über die Fülle der behandelten Themen (8–30). Sie wurden im Verlauf von sieben Sitzungen erörtert, wozu noch zwei weitere zu zählen sind, die zusammen mit Tagungen der Kirchenkonferenz stattfanden.
Die Präsentation des Materials erfolgt in der gewohnten be­währten Form. Der Leser wird unter jeweils fünf Gesichtspunkten zu jeder Sitzung informiert, angefangen bei deren Vorbereitung bis zu den Dokumenten, die im Zusammenhang mit den im Rat behandelten Fragen stehen. Da die Protokolle lediglich die Be­schlüsse festhalten, bedarf es einer ausführlichen Kommentierung, damit verständlich wird, worum es geht. Diese schwierige und ausgesprochen mühsame Aufgabe leisten die Bearbeiter insgesamt überzeugend und an vielen Punkten auch weiterführend. Die Mitschriften von Ratsmitgliedern, wie z. B. Meiser, Lilje, Niesel und Smend, erweisen sich dabei als hilfreich. Aber diese Feststellung schmälert nicht die Leistung der Bearbeiter. Erst auf Grund ihrer Kenntnisse, Findigkeit und schließlich der klaren Kommentierung entsteht ein plastisches Bild der Vorgänge, mit denen der Rat der EKD in diesem Jahr befasst war.

Einige korrekturbedürftige Einzelheiten sind mir aufgefallen. Kunst nahm im Oktober 1952 die hauptamtliche Stelle des Bevollmächtigten ein (385), nicht »erneut« (17). Im Bericht über den Grundbesitz der Evangelischen Kirche in Rom ist ein Satz im letzten Absatz unverständlich (115, Zeile 7 ff. von oben). Es muss heißen: »In einer Zeit, in der in Rom …«. Nicht »beim Bundesminister in Bonn«, sondern beim Bundeskanzler sollten die Einwände einzelner Delegierter der EKD-Synode vorgetragen werden (329). Die irrige Formulierung in der Vorlage müsste korrigiert werden. Gern hätte man gewusst, worin die unfreundliche Politik des Präsidiums des Roten Kreuzes gegenüber dem Hilfswerk und der Inneren Mission »in den letzten Jahren« bestanden hat (308).


Doch das sind Kleinigkeiten. Sie mindern nicht den Wert dieser Edition als einer wichtigen Quelle für das Verständnis der Vorgänge insbesondere in der Bundesrepublik zu Beginn der 50er Jahre in Kirche und Gesellschaft in Deutschland.