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Ausgabe:

Juli/August/2009

Spalte:

844–845

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Anderwald, Andrzej

Titel/Untertitel:

Theologia a nauki przyrodnicze. Rola wiedzy przyrodniczej w dociekaniach teologicznych. [Theologie und Naturwissenschaften. Die Bedeutung des von Naturwissenschaften geprägten Wissens für die theologische Reflexion.]

Verlag:

Opole: Heilig-Kreuz-Verlag 2007. 306 S. gr.8° = Opolska Bibliotheka Teologiczna, 96. Kart. EUR 6,00. ISBN 978-83-60244-58-6.

Rezensent:

Wolfgang Klausnitzer

Das Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaften ist durchaus nicht konfliktfrei. Maurice Blondel hat in seinem »Lettre sur l’apologétique« davor gewarnt, theologische Argumentationen zu stark auf (natur-)wissenschaftliche Erkenntnisse zu gründen. Das war für ihn eine Theologie, die von den Brosamen lebt, die von den Tischen der Besitzenden fallen. Umgekehrt hat Alexander Loichinger in seiner Monographie »Frage nach Gott« (Paderborn 2003) aus der Quantentheorie und der Chaosforschung ein Argument für Gott und sein Eingreifen in die Welt abgeleitet. Lehramtlich geht zuletzt die Enzyklika »Fides et Ratio« (Nr. 106) von der Voraussetzung aus, dass die Wahrheit der Offenbarung und die Wahrheit des vernunftgeleiteten menschlichen Wissens sich nicht widersprechen können, weil sie beide auf Gott zurückgeführt werden können, und dass deshalb ein Dialog zwischen Theologen und Naturwissenschaftlern beiden nützt.
Die in Oppeln erstellte Habilitationsschrift »Theologie und Naturwissenschaften. Die Bedeutung des von Naturwissenschaften geprägten Wissens für die theologische Reflexion« des Fundamentaltheologen Andrzej Anderwald bemüht sich um eine Be­standsaufnahme der bisherigen theologischen Diskussion vor allem in Deutschland und im englischen Sprachraum (vgl. die ausführliche Literaturliste: 245–275) zur Frage des Stellenwertes naturwissenschaftlicher Erkenntnisse für die Theologie. Nach einem einführenden Kapitel zum Wissenschaftsbegriff, zur Notwendigkeit der Interdisziplinarität in der wissenschaftlichen Forschung und zur Typologie möglicher Verhältnisbeschreibungen von Theo­logie und Naturwissenschaften (gemeint sind vor allem die Biologie und die Physik) behandelt der Vf. in drei Hauptkapiteln die drei Problemfelder Entstehung des Universums, Entstehung des Le­bens und des Menschen und das Phänomen von »Wundern«. Ein abschließendes Kapitel formuliert sechs Kriterien des Dialogs (Autonomie, Integralität, Sprachoffenheit, Offenheit der Erkenntnisinterpretation, semantische Aufmerksamkeit und Achtung der Grenzen der eigenen Wissenschaft) und weist auf mögliche Perspektiven hin.
Auf Grund des Themas ist die ebenfalls in »Fides et Ratio« (Nr. 88 und 106) geäußerte Bitte an die Naturwissenschaftler, die Frage der Wahrhaft nicht reduktionistisch-»szientistisch« anzugehen, nicht im Blick (vgl. aber immerhin die Auseinandersetzung von Max Planck, Pascual Jordan, Carl Friedrich von Weizsä­cker und Frank Tipler mit dem Phänomen des »Wunders«: 150–163). Das Thema ist hochaktuell, wie die Debatten um die Evolutionstheorie nicht nur in den USA oder um die Erkennbarkeit von Wundern demonstrieren. Karl Rahner hat etwa in der Mitte des 20. Jh.s nachzuweisen versucht, wie neuere Forschungsergebnisse der An­thropologie (Polygenismus) mit der Erbschuldlehre vereinbar sein können. Kleinere Ausstellungen (etwa zur Notwendigkeit einer getrennten Behandlung der Theorien zur Entstehung der Welt [bzw. der Schöpfung] und zur Entstehung des Menschen) trüben das Gesamtbild nicht. Der Vf. äußert wiederholt die Hoffnung, dass sein Buch Ausgangspunkt weiterer Untersuchungen und Reflexionen werde. Die Breite der verwendeten Literatur (auch in den Anmerkungen) und die objektive Darstellung geben Grund zu der Annahme, dass die Untersuchung auch ein Referenzpunkt der Forschung werden könnte.