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Ausgabe:

Juni/2009

Spalte:

678–679

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Römer, Thomas and Schmid, Konrad [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Les dernières rédactions du Pentateuque, de l’Hexateuque et de l’Ennéateuque.

Verlag:

Leuven: Leuven University Press; Leuven-Paris-Dudley: Peeters 2007. X, 276 S. gr.8 = Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium, 203. Kart. EUR 65,00. ISBN 978-90-5867-611-5 (Leuven University Press); 978-90-429-1902-0 (Peeters).

Rezensent:

Ludwig Schmidt

Der Sammelband enthält Beiträge in Französisch, Deutsch und Englisch, die auf einer Tagung der Alttestamentler der französischen Schweiz und der Universität Zürich im Jahr 2005 vorgetragen wurden.
T. C. Römer und K. Schmid erläutern zunächst das Thema (1–7). Der Pentateuch sei in der Überlieferung bezeugt, er weise aber auf die Landnahme im Buch Josua voraus (Hexateuch) und wegen des fortlaufenden Zusammenhangs von der Schöpfung bis zum Exil in Gen–2Reg stelle sich die Frage, ob es einen Enneateuch gegeben habe. Einen kritischen Überblick über bisherige Lösungen und offene Fragen gibt T. C. Römer (9–34). Nach K. Schmid (35–45) wurden Gen–2Reg und die prophetischen Schriften ursprünglich als ein großer Zusammenhang gelesen, der eine erste Heilsgeschichte (Gen–Jos), eine Unheilsgeschichte (Ri–2Reg) und die Perspektive einer heilvollen Zukunft (Jes–Sach/Mal) enthielt. Er sei erst spät auf Tora und corpus propheticum aufgeteilt worden. T. Krüger (47–66) möchte auf Grenzen der neueren redaktionsgeschichtlichen Forschung aufmerksam machen. Er sieht sie u. a. darin, dass das angewandte Subtraktionsverfahren von der Endgestalt zu verschiedenen Vorstufen der Texte »mit einem relativ hohen Grad von Unsicherheit verbunden« sei (65 f.). E. Blum (67–97) weist m. E. mit Recht darauf hin, dass zwischen intratextuellen Konnexionen innerhalb eines literarischen Werkes und intertextuellen Konnexionen, in denen Vorlagen rezipiert werden, zu unterscheiden ist (73). Es habe keine deuteronomis­tische Enneateuchredaktion gegeben (gegen E. Aurelius). E. Blum bestreitet außerdem einen ursprünglichen Hexateuch (gegen R. G. Kratz) und verteidigt das Modell eines deuteronomistischen Ge­schichtswerks (Dtn–2Reg) von M. Noth. Für es spreche z. B., dass das Deuteronomium in seiner deuteronomistischen Fassung als Tora­buch verstanden werde. Wie u. a. aus Jos 24 hervorgehe, habe es zwar vorübergehend neben dem Pentateuch auch einen Hexateuch gegeben, der aber »ein ephemerer Versuch« geblieben sei (97). Nach A. de Pury (99–128) geht die grundlegende Struktur des Pentateuchs auf die ursprüngliche Fassung der Priesterschrift (P g) zurück, die während der Regierung des Perserkönigs Kyros zwischen 539 und 529 entstanden sei. Die nichtpriesterlichen Texte der Urgeschichte und von Abraham seien jünger als Pg.
In zwei Beiträgen geht es um das Buch Numeri. O. Artus (129–144) möchte die thematische Einheit seiner Endgestalt nachweisen. C. Nihan (145–182) vertritt die These, dass Num 20,1–13; 20,22–29 und 27,1–13 von der »édition finale« des Buches stammen, die jünger als die Pentateuchredaktion sei. Auf den Pentateuchredaktor gehen nach K. Schmid (183–197) Dtn 34,4.7.10–12 zurück. Diese Verse seien auf die Konstituierung eines Genesis–Deuteronomium umfassenden Zusammenhangs als Tora ausgerichtet, da in V. 7 mit dem Lebensalter des Mose auf die Urgeschichte (vgl. Gen 6,3), in V. 4 auf die Väter- und in V. 10–12 auf die Mosegeschichte Bezug ge­nommen werde. Der Pentateuch sei im Wesentlichen in der späten Perserzeit abgeschlossen worden.
R. Albertz untersucht in seinem Beitrag (199–216) die sog. pries­terschriftlichen Texte im Buch Josua. Sie seien mit Ausnahme von Jos 4,15–17 von bestimmten Versen oder Vorstellungen im Pentateuch, insbesondere in Num 26–36, literarisch abhängig. Damit belege die priesterliche Anpassung des Buches Josua die Kanonisierung des Pentateuchs, der wahrscheinlich gegen Ende des 5., spätes­tens am Anfang des 4. Jh.s normative Bedeutung gewonnen habe. Nach E. A. Knauf (217–224), der ein Deuteronomistisches Ge­schichtswerk bestreitet, enthält das Buch Josua mehrere Buchschlüsse, die einen Wachstumsprozess anzeigen. Mit Jos 10,42 habe die spätvorexilische Exodus-Josua-Geschichte (ab Ex 2*) und mit 18,1 die Priesterschrift geendet. Auf drei aufeinander folgende Hexateuch-Redaktionen, von denen die letzte zwischen ca. 405 und 375 anzusetzen sei, gingen Jos 11,15*.23*; 21,43–45 und Jos 24 zurück. R. Achenbach (225–253) unterscheidet für die Formation des Pentateuchs drei Phasen. Am Anfang stehe ein Hexateuch (Gen 1–Jos 24*). Dann sei zunächst der Pentateuch als Tora abgetrennt und ausgebaut und schließlich von theokratischen Bearbeitungen in Numeri ergänzt worden. Ihre Auffassungen ließen sich in der Landverteilungserzählung des Buches Josua (Jos 13–22) und beim Tempelbau (1Reg 6–8) breit nachweisen, während es von ihnen in Ri–Sam nur vereinzelte Spuren gebe. Es handle sich somit bei diesen Fortschreibungen in Jos–2Reg nicht um eine Redaktion eines Enneateuch, sondern um den punktuellen Ausgleich mit späten Anschauungen in der Tora (253).
Nach A. Schenker (255–268) muss für die Redaktionsgeschichte stärker die Textüberlieferung berücksichtigt werden. Zwischen der hebräischen Vorlage der Septuaginta (3./2. Jh. v. Chr.) und dem masoretischen Text gebe es bedeutende literarische Entwicklungen der Textgestalt, wie u. a. aus den griechischen Übersetzungen von Theodotion, Aquila und Symmachus (1. und 2. Jh. n. Chr.) hervorgehe. Diese Übersetzungen seien entstanden, weil der damalige hebräische Text als normativ gegolten habe. – Das Buch enthält außerdem Autoren- und Stellenregister (269–276).
Auch wenn die Beiträge darin übereinstimmen, dass für den Pentateuch nicht mit dem Jahwisten (und Elohisten) gerechnet wird, weichen sie für die Entstehung des Pentateuchs teilweise erheblich voneinander ab. In ihnen wird auch die Frage, ob es ein Deuteronomistisches Geschichtswerk von Dtn–2Reg gab, unterschiedlich beurteilt. Die späten Redaktionen im Bereich von Gen–2Reg werden aber m. E. umstritten bleiben, solange für ihre Vorlagen unterschiedliche Modelle vertreten werden.