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Ausgabe:

November/1996

Spalte:

1096 f

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Gamberini, Paolo

Titel/Untertitel:

Nel legami del vangelo. L´analogia nel pensiero di Eberhard Jüngel

Verlag:

Morcelliana: Gregorian University Press 1994. 217 S. gr. 8° = Aloisiana, 27. Kart. Lire 32.000. ISBN 88-3 (12)7652-678-1

Rezensent:

Sergio Rostagno

Das Buch von Paolo Gamberini über die Analogieauffassung Jüngels ist ausgesprochen lesenswert, aber es setzt einiges voraus. Es fragt nach dem trinitarischen Gottesbegriff, der den "absoluten" Gott der neuzeitlichen Philosophie ersetzen muß. Man spricht also von "Beziehungen" in Gott. Diese Beziehungen stehen aber wiederum im Verhältnis zur Analogie zwischen Gott und Mensch und zur Christologie. Jüngel bietet eine Gesamttheorie dieser Zusammenhänge, auf die der Vf. eine der ersten katholischen Antworten gibt. Schon Jüngel selbst sah seinen Beitrag, im Vergleich mit Thesen Karl Rahners, als einen Entwurf, "dessen ekklesiologische Folgen dann vielleicht ökumenischer sein könnten" (Gott als Geheimnis der Welt, 1977, 358). Indem der Vf. die Position des deutschen Theologen darstellt, versucht er auch, die Problematik des Verhältnisses zwischen Analogie (Gott und Mensch) und innertrinitarischen "Beziehungen" zu vertiefen. Endlich und nicht zuletzt fragt er nach dem ökumenischen Zusammenhang dieser sehr weiten Problematik.

Dabei spielt immer wieder jeder berühmt gewordene Satz aus Lateranum IV eine Rolle: Gott sei immer größer ­ bei noch so großer Ähnlichkeit mit der Kreatur ("quia inter creatorem et creaturam non potest tanta similitudo notari, quin inter eos maior sit dissimilitudo notanda", ursprünglich gegen Joachim von Fiore gerichtet). Von diesem Satz distanziert sich Jüngel. Dem Vf. ist es gelungen, diese Problematik von neuen Standpunkten aus aufzuzeigen. Eine gründliche Diskussion dazu ist im Rahmen dieser Besprechung nicht möglich ­ wir hätten sonst auch die entsprechenden Überlegungen Jüngels zu behandeln.

Wie bei ähnlichen Werken, so fragt sich auch bei dem vorliegenden, ob der Vf. sein Objekt richtig und tief genug "verstanden" hat ­ unabhängig von noch so großer Sorgfalt und Aufrichtigkeit in der Darstellung. Immerhin wurden in den früheren theologisch-konfessionellen Auseinandersetzungen zumeist die Trennlinien scharf herausgearbeitet, während heute oft die eine Position erst mit und durch die andere, in wechselseitiger Anfrage, besteht und lebt. Das ist nicht nur eine formale Behauptung, sondern geradezu eine Methode, die auch im hier angezeigten Werk des Neapolitaner Theologen zur Anwendung kommt.

Auf den letzten Seiten entfaltet der Vf. seine kritischen Anmerkungen zu Jüngels Lösungsansatz. Jüngels Grundkritik an dem oben erwähnten Satz aus Lateranum IV wird mit den Gedanken von v. Balthasar und Rahner verglichen. Rahner behauptet mit Jüngel eine Identität zwischen ökonomischer und immanenter Trinität. Der Vf. selbst jedoch zieht es mit v. Balthasar vor, sich an den Wortlaut des Lateranum zu halten, weil sonst die Gefahr entstehen könnte, daß Gott sich durch die Kreatur realisiert (also die immanente durch die ökonomische Trinität). Am Ende des Buches behauptet er, daß sich die analogia entis als Siegerin erweist, weil sie abwarten konnte, bis ihre Bedeutung mehr und mehr vertieft wurde (206). Ist diese Behauptung zutreffend?

Die ontologische Frage, ob zwischen Gott und Welt eine grundsätzliche Analogie besteht, die jedoch letztendlich "nur" der freien Entdeckung des Glaubens zugänglich ist, steht in Beziehung zu ihrer Gegenthese, derzufolge diese freie Entdeckung "nur" mittels der Anerkennung der in der Analogie "vorausgesetzten" humanen Gegenwart Gottes möglich ist. Deshalb könnte man vielleicht von einem dialektischen Zusammenhang beider Thesen sprechen.

Außerdem kann man immer auch danach fragen, ob die Divergenzen innerhalb der christlichen Welt immer größer sein müssen ­ bei noch so großer Übereinstimmung, oder ob im Gegenteil ein grundlegender Konsens besteht ­ bei noch so großen Unterschieden. Sagte nicht schon Grotius, in Christi Namen sei eine Konkordie geboten, die kein noch so gewichtiges Gegenargument in Frage stellen müsse? ­ "Nihil esse tam magnum ad discordiam potest, quin hoc ipsum ad concordiam maius sit, doctorem unum sequi, et quidem eum, qui discipulos non agnoscat, nisi colentes concordiam." Meletius, 1611. Dieser offenen Frage müssen wir uns gerade heute stellen. Das Buch von Gamberini bleibt deshalb ein ökumenisch orientiertes und orientierendes Werk.