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Ausgabe:

Mai/2009

Spalte:

555–556

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Granados Rojas, Juan Manuel

Titel/Untertitel:

La reconciliación en la Carta a los Efesios y en la Carta a los Colosenses. Estudio exegético de Ef 2,14–16 y Col 1,20.21–23.

Verlag:

Roma: Editrice Pontificio Instituto Biblico 2008. 258 S. gr.8° = Analecta Biblica, 170. Kart. EUR 28,00. ISBN 978-88-7653-170-5.

Rezensent:

Petr Pokorny

Die Monographie untersucht ausführlich das Konzept der Ver­söhnung in den Episteln an die Kolosser und Epheser – das bedeutendste an Paulus anknüpfende nachpaulinische Projekt der Soteriologie (17 f.). G. R. konzentriert sich auf die zwei im Untertitel angegebenen Stellen, an denen das Wort apokatallasso- vorkommt, und untersucht sie vor allem synchron. Nach einleitenden Überlegungen zur Methodologie untersucht er den Kontext des Epheserbriefes. Er beginnt mit der Analyse der rekonstruierten rhetorischen Struktur der Episteltexte. Im Unterschied zu der epistularen, vom Gebrauch der antiken Briefschreibung abgeleiteten Dimension des Textes hält G. R. die rhetorische Struktur für die Exegese sowohl des Epheser- als auch des Kolosserbriefes für besser geeignet. Die Stellung Jesu Christi als des Mittlers von Gottes Heilswerk sowie seine Rolle bei der Situationsveränderung des Adressaten ( pote – nyn[i]; makran – eggys) wird auf diese Weise besser sichtbar.
In der Exegese stellt G. R. fest, dass die Vorsilbe apo- in dem Zeitwort apokatallassō, wie es beide Briefe benutzen, die Bedeutung intensiviert. In den entsprechenden Aussagen handelt es sich also um eine endgültige und vollständige Friedensstiftung zwischen Gott und den Menschen. – In beiden Briefen wird in diesem Zu­sammenhang über das Geheimnis (mystērion) gesprochen. Im Unterschied zu dem üblichen Usus wird hier das Geheimnis als die universale, kosmische Stellung von Jesus Christus als dem Heils- und Friedensstifter verstanden. Die persönlich erlebte Versöhnung, in der das menschliche Subjekt eine bedeutende Rolle spielt, hat mit der kosmischen Dimension der Versöhnung, von der sie unterschieden werden muss, ihren gemeinsamen Mittler in Jesus Christus und das gemeinsame eschatologische Ziel. Dies ist ein neuer Schritt der theologischen Reflexion im Vergleich zu den paulinischen Homologumena (227 f.). Praktisch bedeutet das vor allem, dass die universale Geltung des Heils auch für die christliche Ethik zentral ist. Auch in der kosmischen Dimension hat das Heil seinen Grund in dem Kreuzestod (als Opfer) Jesu Christi. Der Unterschied zur paulinischen Rechtfertigungslehre besteht darin, dass die Versöhnung als Deutung der Geschichte Jesu Christi andere soziale Metaphern benutzt als die Rechtfertigungslehre: Verletzung der Beziehungen durch eine Seite, wobei die andere Seite – die stärker e– die Voraussetzungen zur Erneuerung der Gemeinschaft schafft (C. Breytenbach). Dies ist nach G. R. der pastorale Anlass, der seine Arbeit ins Leben gerufen hat: die Unterstützung der Frömmigkeit, die zur Versöhnung in konkreten Konflikten führt, wie z. B. in denjenigen, die Lateinamerika quälen.
Die Monographie fußt auf gewissenhafter Arbeit mit dem Text, sie dokumentiert eine gute Erfahrung mit der synchronen Text­analyse und gute Kenntnis der Sekundärliteratur. Von den Ergebnissen ist besonders die Analyse der universalen Motivierung der christlichen Ethik durch die kosmische Reichweite des Opfers Jesu von grundlegender Bedeutung.
Kritisch muss auf die Unterschätzung der diachronen (hier re­daktionellen) Analyse hingewiesen werden, wodurch der Unterschied zwischen der kosmischen Theologie der übernommenen Hymnen oder Hymnenfragmente auf der einen und der Theologie der beiden Briefe auf der anderen Seite nicht reflektiert wird.