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Ausgabe:

Februar/1999

Spalte:

201 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Sievers, Hans-Jürgen

Titel/Untertitel:

Baumeister seiner Kirche. Superintendent Oskar Pank und sein Einsatz für Gemeinde, Diakonie und Gustav-Adolf-Werk.

Verlag:

Leipzig: Evang. Verlagsanstalt 1998. 307 S. 8. ISBN 3-374-01677-4.

Rezensent:

Johannes Richter

Es ist dem Autor, Pfarrer der Reformierten Kirche in Leipzig, zu danken, daß er uns Leben und Werk des Leipziger Superintendenten Oskar Pank vorstellt. Der 1838 in Leuthen bei Cottbus geborene Pfarrerssohn war von 1884 bis 1912 Superintendent von Leipzig-Stadt, und damit Pfarrer an der Thomaskirche zu Leipzig. Er starb, nur wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag, am 14. April 1928, in Lindau am Bodensee. Die Lebensdaten Oskar Panks umschließen wichtige Ereignisse in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche.

S. macht es durch seinen flüssigen Erzählstil und durch seine Gliederung dem Leser leicht, Leben und Wirken Oskar Panks zu begleiten. Die Anzahl und das Volumen der Anmerkungen halten sich in Grenzen. Man hätte sich an manchen Stellen noch mehr Verweise auf vorhandene Literatur gewünscht.

Natürlich sieht sich jeder Autor, der sich einer biographischen Darstellung annimmt, einer grundsätzlichen Schwierigkeit ausgesetzt. Er darf einerseits den biographischen Faden nicht verlieren und er muß andererseits wichtige historische Ereignisse und Entwicklungen mit darstellen, in die die Biographie der Persönlichkeit mit involviert ist. Man wünscht sich darum über die vorliegenden Darstellungen hinaus noch weitergehende Ausführungen, etwa über Panks Verhältnis zu seiner wendisch-sorbischen Heimatkultur. Nur wenigen ist bekannt, daß die Sächsische Landeskirche ganz bewußt das Sorbentum gepflegt hat und noch pflegt. Auch die Gruppe um Hengstenberg in Berlin, der Kulturkampf, der Protestantenverein und ähnliches mehr, hätte noch einige, hier und da auch kritische, Bemerkungen vertragen. Vielleicht wäre schon ein Sachregister mit entsprechenden Literaturhinweisen hilfreich gewesen. So würde es dem Leser sehr viel leichter fallen, später noch einmal zu der einen oder anderen Sachfrage das nachzulesen, was der Autor uns mitteilt. In einer späteren Überarbeitung werden sicherlich auch noch die Archive des Bezirkskirchenamtes Leipzig und des Gustav-Adolf-Werkes Berücksichtigung finden.

Es ehrt den Autor, daß er offenkundig mit hohem Respekt vor der Persönlichkeit Oskar Panks steht. Das schlägt sich nieder in einer anrührend milden Sicht der sozialen und politischen Position Oskar Panks.

Gewiß gehört es oft zum guten Ton, historische Persönlichkeiten nach dem gerade aktuellen Erkenntisstand zu bewerten und zu verreißen. Dieser Gefahr ist der Autor wahrlich nicht erlegen. Aber ein paar kritische Töne im Blick auf die Tatsache, daß in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s nur wenige ein Gespür für die tiefgreifenden sozialen Wandlungen hatten - auch Pank nicht - wären durchaus angebracht gewesen. Zweifellos ist Panks Engagement für den Kindergottesdienst, das Diakonissenhaus und den Parochialaufbau zu würdigen. Das ändert aber nichts daran, daß die Kirche weithin nicht in der Lage war, die sozialen Zeichen der Zeit richtig zu deuten. Daß Biographien auch ihre Schatten haben, ahnt man. Man muß sie nicht, wie die Yellow Press unserer Tage zur Hauptsache machen. Aber: Wenn man sie zurückhaltend behandelt, dann bleibt dem Leser die Möglichkeit verwehrt, eigene Lehren zu ziehen. So ist zum Beispiel überliefert, daß zur selben Zeit, als die mehr als herrschaftliche Superintendentur anstelle der Thomasschule gebaut wurde, die Gastwirtsehefrau Grimpe vom Thüringer Hof für arme Leute Essen ausgab. Vielleicht hätte man derlei Nuancen auch aus den Tageszeitungen der damaligen Zeit entnehmen können.

Am Schluß sei erwähnt, daß der Rez. als 5. Nachfolger Panks im Amt als Superintendent an der Thomaskirche mit großer innerer Bewegung aufgenommen hat, was der Autor sowohl an sehr erhellenden Marginalien als auch an tiefen Einsichten von großem Wert über den Vorgänger geschrieben hat, der vor nahezu 100 Jahren das Amt bekleitete.

Daß Menschen mit ihren Gaben und mit ihren Grenzen gewürdigt werden, als Diener Gottes den Weg der Kirche ein Stück weit mit zu gestalten, macht dankbar und demütig zugleich. Mir ist es beim Lesen dieses Buches so gegangen.