Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

April/2009

Spalte:

464-465

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Behrends, Okko [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Der biblische Gesetzesbegriff. Auf den Spuren seiner Säkularisierung. 13. Symposion der Kommission »Die Funktion des Gesetzes in Geschichte und Gegenwart«.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2006. 389 S. gr.8° = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, 278. Geb. EUR 134,00. ISBN 978-3-525-82550-1.

Rezensent:

Ingolf U. Dalferth

Der Band bietet die Beiträge und Diskussionen eines Symposions der Akademie-Kommission »Die Funktion des Gesetzes in Ge­schichte und Gegenwart«, das am 8. und 9. April 2005 in Göttingen stattgefunden hat. Das Ziel war die Klärung der Frage, in welchem Maß säkularisierende Analogiebildungen des biblischen Gesetzesbegriffs den in der europäischen Geschichte maßgeblich römisch geprägten Gesetzesbegriff verändert bzw. nicht verändert haben. Wo das biblische Gebot Gehorsam gegenüber dem göttlichen Willen des Gebietenden fordert, steht im römischen Recht nicht so sehr der Gehorsam als vielmehr der Respekt gegenüber der Rechtsordnung der Gemeinschaft im Zentrum.
In drei Gruppen von Beiträgen erläutern R. Smend (»Gesetz« im Alten Testament) und R. G. Kratz (Theologisierung oder Säkularisierung? Der biblische Monotheismus im Spannungsfeld von Religion und Politik) das alttestamentliche Gesetzesverständnis. G. Guyon (Der Gesetzesbegriff der christlich gedeuteten Monarchie unter besonderer Berücksichtigung der Wende Konstantins) und N. Slenczka (Thomas von Aquin und die Synthese zwischen dem biblischen und dem griechisch-römischen Gesetzesbegriff) analysieren die Aufnahme und Integration der biblischen Gesetzestradition in die Rechtswelt der römischen Antike. H. Hofmann (Der Be­griff des Gesetzes in der politischen Theologie von Thomas Hobbes) und R. Alexy (Kants Begriff des praktischen Gesetzes) gehen den Umgestaltungen in der Aufklärungsepoche nach. Und O. Behrens (Das staatliche Gesetz in biblischer und römischer Tradition: Sinn- und Gemeinschaftsstiftung durch Gehorsam fordernden Befehl oder positive Setzung im Rahmen einer immer schon bestehenden Rechtsordnung) versucht, die dargelegten Entwicklungen in einem gemeinsamen Problemhorizont zu interpretieren.
Der Band bietet einen vorzüglichen Einstieg in die Thematik – nicht nur wegen der Qualität der vorgelegten Referate, sondern auch auf Grund der detaillierten und erhellenden Diskussionen sowie eines hilfreichen Sach- und Personenregisters. Auffällig sind allerdings das Fehlen eines speziell neutestamentlichen Beitrags zur Diskussion dieser wichtigen Frage, das Ausblenden der europäischen Wirkungsgeschichte des Gesetzesverständnisses des Islam und der recht weit gefasste Begriff der Säkularisierung in den Beiträgen und Diskussionen. All diese Punkte bieten Anlass für eine weiterführende Auseinandersetzung mit den Ergebnissen des kompetent besetzten Symposions.