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Ausgabe:

November/1996

Spalte:

1066 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Origène

Titel/Untertitel:

Homélies sur les psaumes 36 à 38. Texte critique établi par E. Prinzivalli. Introd., Trad. et Notes par H. Crouzel, S. J. et L. Brésard, O. C. S. O.

Verlag:

Paris: Cerf 1995. 494 S. 8° = Sources Chretiennes, 411. Kart. fFr 291,-. ISBN 2-204-05338-4.

Rezensent:

Gert Haendler

Die Auslegung der Psalmen durch Origenes ist mehrfach bezeugt: Nach einem kurzen Hinweis in Eusebs Kirchengeschichte VI, 24, 2 war es am Ende des 4. Jh.s ein Brief des Hieronymus an Paula (Ep. 33), der genauere Angaben über die Auslegungen des Origenes zu den Psalmen machte (9). Freilich sind diese offenbar recht frühen Psalmenauslegungen nicht erhalten. Nur neun Homilien, die Rufin von Aquileja übersetzt hat, liegen uns heute vor: fünf über Psalm 36, je zwei über Psalm 37 und Psalm 38. In der Lutherbibel sind es nach der hebräischen Zählung die Psalmen 37-39. Diese Auslegungen waren 1512 erstmals in Paris gedruckt worden, Erasmus hat sie mehrfach in Basel herausgegeben (39). Der jetzt vorgelegte Text war bereits 1991 in Florenz im Rahmen der Biblioteca Pa-tristica (Ed. Nardini) erschienen (7).

Ein besonderes Problem stellt das Verhältnis zu Hieronymus dar, dessen Tractatus sive Homiliae in Psalmos 1958 im Corpus Christianorum herauskamen (Series Latina 78/2). Einflüsse des Origenes sind deutlich vorhanden, ­ aber man muß unterscheiden zwischen einigen Einflüssen des Origenes auf Hieronymus und einer Übersetzung (13). Hieronymus hat mehrere Auslegungen des Origenes zu biblischen Büchern übersetzt: Zu Jesaja, Jeremia, Ezechiel und Lukas. Die frühe Psalmenauslegung des Origenes hat er jedoch nicht übersetzt. Nach der Abwendung des Hieronymus von Origenes 393 hat nur Rufin Auslegungen des Origenes übersetzt. In seinem Vorwort zur Auslegung jener drei Psalmen erklärt Rufin, es handele sich um eine "expositio tota moralis" (46). Es geht tatsächlich um conversio und paenitentia, um purgatio und profectus. Origenes hat pastorale Ziele, er will Medizin für die Seele bieten, er erstrebt einen Aufstieg der Seele zu Gott für sich und seine Leser. Das sollte man sich aber nicht zu eng nur in einem "moralischen" Sinne vorstellen. Psalm 36,23 lautet: "A Domino gressus hominis diriguntur". Luther übersetzte "Von dem Herrn kommt es, daß eines Mannes Schritte fest werden" (Ps. 37,23). Origenes erinnert an die Vision des Mose vor dem Dornbusch (Ex 3) und kommt dann zu einer immer umfassender werdenden Vision: "Magna est visio, cum puro corde Deus videtur. Magna est visio cum puro corde verbum Dei et sapientia Dei qui est Christus ejus agnoscitur. Magna visio est agnoscere et credere in Spiritum sanctum. Magna ergo haec visio scientia Trinitatis est" (182 f.). Die Einführung verweist mit gutem Grunde auch auf diesen "Origène contemplatif" (30). In der Reihe Sources Chrétiennes ist der Band 411 schon der 37. Band mit Schriften des Origenes, der damit der weitaus am häufigsten vertretene Kirchenvater in dieser Reihe ist.