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Ausgabe:

März/2009

Spalte:

378-379

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Kunzler, Michael

Titel/Untertitel:

Die »Tridentinische Messe«. Aufbruch oder Rückschritt? 2., verb. Aufl.

Verlag:

Paderborn: Bonifatius 2008. 126 S. 8°. Kart. EUR 13,90. ISBN 978-3-89710-410-5.

Rezensent:

Wolfgang Ratzmann

Im Juli 2007 veröffentlichte Benedikt XVI. ein päpstliches »Motu proprio« mit dem Titel »Summorum Pontificum«, in dem er die von der Liturgietheologie des Tridentinum geprägte Messe wieder zuließ, die bis zum Messbuch von 1970 in Geltung war. Seitdem wird heftig über die offenen und hintergründigen Ziele des Dokuments gestritten. K.s für eine breitere Leserschaft bestimmte Schrift ist Teil dieser Auseinandersetzungen. Er will angesichts des bestehenden Unwissens »informieren, so vorurteilsfrei und objektiv wie immer möglich« (7) und so zur Verständigung beitragen. Dem dienen kenntnisreiche Kapitel, u. a. zur Geschichte der Messe, zur Liturgiereform, aber auch zu »liturgischen Altlasten« aus dem 20. Jh., in denen er indirekte Beziehungen zwischen dem gegenwärtigen Messbuch (dt. Ausgabe: 1974) und den »berüchtigten 68er-Jahren« (55) herstellt und auf damalige Tendenzen verweist, zwischen »sakral« und »profan« nicht trennen zu können. Detailliert wird über die Intentionen des ehemaligen Erzbischofs Lefebvre und die gegenwärtigen »Altritualisten« informiert, denen der Papst nun entgegenzukommen versucht.
Bei allem Bemühen um sachkundige Information zeigt es sich bei solchen historischen Darstellungen ebenso wie beim Plädoyer K.s für Gottesdienste, die nicht das »Zeitgemäße«, sondern das »grundlegend unterscheidende Göttliche« suchen sollen (63), dass solche Objektivität immer wieder an ihre Grenzen stößt. Während viele Liturgiewissenschaftler sich besorgt fragen, ob die nun durch den Papst zugelassenen zwei »usus« der (scheinbar) einen Liturgie nicht nur als ein rituelles Entgegenkommen gegenüber den An­hängern der »alten Messe« zu verstehen seien, sondern de facto we­sentliche liturgietheologische Erkenntnisse des 2. Vatikanums in Frage stellen, verbindet K. das Erscheinen des Motu proprio primär mit der Hoffnung, dass mit der Wiederzulassung der alten Messe ihre Sakralität, ihr wesentlicher »mystischer Charakter« wiederentdeckt und im Blick auf die »Kunst des Zelebrierens« auf die neue Messe übertragen werden könnte (116 f.). Konkret nennt er dabei die Rückkehr zur gemeinsamen Gebetshaltung von Gemeinde und Priester nach Osten, die Wiedergewinnung eines Grundstocks an lateinischen Gebeten auch durch die Laien und die Bejahung einer liturgischen Sprache, die nicht in die Alltagssprache abgleitet.
Es ist zu vermuten, dass das engagiert geschriebene und gut lesbare Büchlein bei denen viel Zustimmung findet, die den gegenwärtigen katholischen Gottesdienst oft als zu pädagogisierend und spirituell zu flach empfinden. Die berechtigten Fragen der anderen an die Liturgietheologie und -politik des gegenwärtigen Papstes werden dagegen kaum aufgenommen.