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Ausgabe:

November/1996

Spalte:

1065 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Munier, Charles

Titel/Untertitel:

Saint Justin Apologie pour les Chrétiens. Edition et traduction

Verlag:

Fribourg: Éditions Universitaires 1995. VII, 151 S. gr. 8° = Paradosis, 39. Pp. DM 36,­. ISBN 2-8271-0682-5

Rezensent:

G. J. M. Bartelink

Der von Ch. Munier besorgten Edition der Apologie des Justin ist eine ebenfalls in der Serie Paradosis erschienenen Studie L´Apologie de saint Justin, philosophe et martyr (Paradosis 38; 1994) vorangegangen. Da A. Wartelle vor einigen Jahren seine Ausgabe mit einem umfassenden Kommentar ausgestattet hatte (1987), betrachtete M. es als wenig angemessen, für seine Ausgabe aufs neue eine derartige Arbeit vorzunehmen.

Der Vf. hat die Textgestaltung der Apologie sorgfältig untersucht, um so den Stand der Forschung in bezug auf diese wichtige Schrift aus der Frühzeit des Christentums wiedergeben zu können. Bekanntlich gibt es nur eine einzige selbständige Handschrift (Parisinus graecus 450 = A; Bibliothèque Nationale, Paris) und ist die indirekte Überlieferung beschränkt und wenig sicher. M. reproduziert ­ da die endgültige Ausgabe in der Serie Griechische Christliche Schriftsteller noch aussteht ­ die Ausgabe von A. Blunt (1911), allerdings mit eigenen Änderungen und Konjekturen. Aus dem beigegebenen kritischen Apparat lassen sich u. a. die von A. Wartelle und P. Pilhofer aus der Pariser Handschrift verzeichneten Varianten ablesen. Der Text ist nicht ganz von Fehlern frei: S. 46 (c. 7,12) lese man proelenchthentas statt proelechthentas, so auch im kritischen Apparat; S. 60 (c. 17,2) fehlt ein Fragezeichen nach echei; S. 138-140 (c. 79,8) ist einmal to onti zu tilgen; weiter gibt es mehrere Akzentfehler. Überraschend ist das Beibehalten des Itazismus der Handschrift in dem Eigennamen Kriskentos (Gen.) S. 134, c. 76,1; vgl. dagegen S. 72 (c. 29,2) Pheliki (Phileki A).

Meistens unterscheidet man zwei Apologien von Justin. M. verteidigt, wie vor ihm E. Schwartz und H. Holfelder, die Einheit. In seiner Ausgabe nimmt er eine Durchnumerierung der Abschnitte der viel kürzeren, gewöhnlich als zweiten (so bereits Eusebius, Hist. eccl. 4,18) bezeichneten Apologie vor. Überwiegend wird bisher angenommen, diese bilde einen Anhang oder eine späte Hinzufügung zur ersten. Um die Einheit zu erweisen, beruft M. sich auf die antiken rhetorischen Gesetze der Bittschrift (der juristischen Gattung, wozu die Apologie gehört), auf die Handhabung der inclusio, wodurch bestimmte Elemente innerhalb des Werkes miteinander in Verbindung gesetzt werden und weiter auf die Verarbeitung des für die Argumentation wichtigen Motivs der Eusebia und Philosophia. Diese Argumente scheinen jedoch nicht so zwingend, daß die Frage jetzt als endgültig gelöst betrachtet werden kann.

Die Übersetzung ist klar und sorgfältig. Wir erlauben uns einige kleine Bemerkungen. Man kann sich fragen, ob «lire jusqu´au bout» (S. 54; c. 14,1) die richtige Wiedergabe von tou holos entychein ist: "auch nur zu lesen" wäre vorzuziehen. S. 70 (c. 27,1) wird epi porneia proagontas übersetzt mit «s´avancent sur le chemin de la prostitution». Für die Wiedergabe von proagein mit "bringen zu" könnte man sich auf die Parallele in trephein und proagogeuesthai etwas weiter im Text berufen. S. 124 (c. 68,7) enthält der Text die Lesart von A (anthropoi), während die Übersetzung von der ­ übrigens vorzüglichen ­ Konjektur athooi («les innocents») ausgeht. S. 126 (c. 70,9) ist pote nicht übersetzt worden ("ihr ehemaliger Gatte").

Die Einführung bietet dem Leser in beispielhaft konziser Form die unentbehrliche allgemeine Information, inklusiv die wichtigste Literatur. Wer sich weiter in die Problematik vertiefen will, sei auf die oben erwähnte Studie desselben Vf.s verwiesen.