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Ausgabe:

März/2009

Spalte:

313-314

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Roo, Jacqueline C. R. de

Titel/Untertitel:

›Works of the Law‹ at Qumran and in Paul.

Verlag:

Sheffield: Sheffield Phoenix Press 2007. XIV, 280 S. gr.8° = New Testament Monographs, 13. Geb. EUR 90,00. ISBN 978-1-905048-30-4.

Rezensent:

Roland Bergmeier

Diese Monographie stellt eine geringfügig revidierte Fassung der Dissertation der Vfn. aus dem Jahr 2002 dar. In mehreren Aufsätzen waren Teile dieser Untersuchung schon zugänglich gemacht worden. Die Studie ist in acht Kapitel gegliedert, die jeweils durch eine »Conclusion« zusammengefasst werden. Einführung (1–3) und Zu­sam­menfassung (217–222) rahmen den Untersuchungsgang, dessen angedachte Großgliederung in die Teile I (Kapitel 1–2) und II (Kapitel 3–8) nur aus S. 218 ersichtlich ist. Ein »Appendix 1« zu δικαιόω (bei Paulus »almost always forensic«, 232) und ein zweiter zu πίστις χριστοῦ (»a deliberate Pauline ambiguity«, daher immer zu­gleich im Sinn von ›die gehorsame Treue Christi‹ und ›der menschliche Glaube an Christus‹ mitzudenken, 242–245) runden die Darstellung ab, Bibliographie und Indizes beschließen das Buch. Was ist seine These, wie wird sie begründet?
Die Vfn. hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedeutung des Syntag-mas »Werke des Gesetzes« in den Qumranschriften (ein Beleg in 4QMMT C 27 und ein weiterer – am Original allerdings nach Auskunft der Experten nicht zu verifizieren – in 4Q174 3,7) und in den Paulusbriefen (Röm 3,20.28; Gal 2,16; 3,2.5.10) zu erheben und nach seinem soteriologischen Hintergrund zu fragen. Die einer Person zugeschriebenen Werke von 1QS 5,21 und 6,18 werden zu Recht aus den Parallelen zu den paulinischen ἔργα νόμου ausgeschieden, wenn auch im Sinn von ›his works vis-à-vis the law‹ (73 f.). Die Vfn. glaubt nun aber, CD 5,5b–6a sei in die Zahl der Belege mit einzubeziehen, weil dieser Text eine Anspielung auf den Ausdruck »Werke des Gesetzes« enthalte. Die Übersetzung der Stelle sei demnach so zu arrangieren, dass sie »an important connection with two other Qumran documents, 4Q174 and 4QMMT«, nicht verdunkele (9). Demnach besagt CD 5,5b–6a, im Licht von 4Q174 und 4QMMT gelesen: Die Werke Davids mit Ausnahme der Bluttat an Uria wurden Gott als Opfer dargebracht. Und so war David ›a man of godly deeds‹, die Gott ihm zum Guten beließ. »According to the Qumranites’ way of thinking, God remembered David’s deeds and, for David’s sake, he preserved a remnant which became their community« (25).
Tatsächlich geht es aber in CD 5,2–6 um die Erklärung, warum Davids Toraverstoß, Dtn 17,17 betreffend, nicht Gottes Zorn (CD 5,16) gegen ihn hat entbrennen lassen. Demnach muss in CD 5,5b–6a das Erlassen, nicht das Belassen der Taten ausgesagt sein. Nach der Auslegung der Vfn. entsteht die für den Damaskusbund undenkbare Vorstellung, David habe »his works of the law, his good deeds« mit Ausnahme der Bluttat an Uria, somit also auch den Verstoß gegen das Polygamieverbot, um den es im Text ja geht, Gott als Opfer dargebracht und Gott habe um dieser »godly deeds« willen die Qumrangemeinde erstehen lassen. Die Vfn. akzeptiert dementsprechend auch nicht, dass sich der Ausdruck הרותה ישעמ in 4QMMT C 27 auf die halakhischen Entscheidungen des Lehrbriefs bezieht, vielmehr bezeichne er den Gehorsam gegenüber der ganzen Tora Gottes, wie er in den Taten der frommen Könige Israels (4QMMT C 23–26), den ›godly deeds‹ von König David besonders, zum Ausdruck komme (93). Aber der Wortlaut des Textes ist ein anderer. Darunter leidet die ganze Untersuchung, dass die Vfn. immer wieder Texte im Licht anderer Texte so auslegt, dass sie anderes sagen, als sie aus sich selbst sagen.
»Werke des Gesetzes« sind in Qumran, so die Vfn., eine Gnadengabe, die Gott seinem Volk gewährte, damit man zur Sühne für sich selbst und für das Land Gott gnädig stimmen konnte. Wogegen also polemisiert Paulus in Gal und Röm? In Auseinandersetzung mit der Forschungsdiskussion glaubt die Vfn. drei relativ neue Argumente anführen zu können: 1. Die »Werke des Gesetzes« be­zeichnen den Gehorsam gegenüber der ganzen Tora. 2. Sie haben Sühnefunktion. 3. Das große Anliegen der Vfn. schließlich geht aus den Formulierungen im Anschluss an Beobachtungen zur pauli­nischen Rede vom »Segen Abrahams« (Gal 3,14) hervor: »This brings me to an important question: What exactly is this Abrahamic blessing?« (110). Dann auf S. 112: »This brings me to the following set of interrelated questions: How did Jews of Paul’s time interpret ›the blessing of Abraham‹?« In welcher Weise war Abraham ein Segen? Wie dachte Paulus darüber? (112). Seine judenchristlichen Gegner jedenfalls so: Auf Grund seines Gehorsams habe Gott mit Abra-ham den Bund der Beschneidung errichtet. Dieser Abrahamsbund gründete auf den »Werken des Gesetzes«, die der Patriarch vollbracht hatte. Sie also waren die Basis des Abraham-Segens und der Sündenvergebung für die Glieder des Beschneidungsbundes. Seinen Gehorsamsakt sah man insbesondere in der Akedah, der Bindung Isaaks, um ihn als Ganzopfer Gott darzubringen. Um Abrahams »Werke des Gesetzes« willen vergebe Gott die Sünden, Abraham sei geradezu eine Erlösergestalt. Diese angeblich frühjüdische Anschauung bekämpfte Paulus im Galaterbrief (geschrieben un­mittelbar vor dem Apostelkonzil, 181) im Blick auf die judenchristlichen Gegner (»whose teaching Cephas follows«, 194) und deren Einfluss auf die Heidenchristen in »South-Galatia« (178), vor ihr warnte er die Judenchristen in Rom, von denen einige neben Chris­tus noch »had held on to Abraham as a redeemer figure« (160), auf dessen »Werke des Gesetzes« sie vertrauten (163).
So grundfalsch mir dies alles erscheint, so bedenkenswert sind andererseits Beobachtungen der Vfn. zu Bedeutung und Unterschied von »works performed ›in Christ‹« und »works of the law« (129–139).