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Ausgabe:

Februar/2009

Spalte:

248-250

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Fallert, Matthias

Titel/Untertitel:

Mitarbeiter der Bischöfe. Das Zueinander des bischöflichen und priesterlichen Amtes auf und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil.

Verlag:

Würzburg: Echter 2007. XII, 444 S. 8° = Studien zur systematischen und spirituellen Theologie, 44. Kart. EUR 42,00. ISBN 978-3-429-02882-4.

Rezensent:

Michael Plathow

Dass es bei der Spannung zwischen societas-Ekklesiologie einerseits und communio-Ekklesiologie andererseits in und nach dem II. Vatikanischen Konzil auch ein kreatives Weiterdenken in der ver­heißungsvollen Perspektive der communio-Ekklesiologie für den pastoralen Themenbereich römisch-katholischerseits gibt, zeigt Matthias Fallert in seiner Freiburger Dissertation; sie wurde von Gisbert Greshake begleitet. Das noch ungeklärte Zueinander von Episkopat und Presbyterat in der Theologie des sacramentum ordinis bedenkt der Vf., um auf diese Weise auch »einen Beitrag zur Klärung des Profils des Presbyter- wie auch des Bischofsamtes zu er­bringen« (4).
Der Vf. umreißt im 1. Kapitel eine »Skizze der Entwicklung bis zum II. Vaticanum«. Auf diesem Hintergrund entfaltet er im 2. Kapitel die Episkopat-Presbyterat-Problematik in den Verlautbarungen des II. Vatikanischen Konzils: Bei der Verwurzelung des Amtes im »Heilsmysterium Kirche« und bei der Teilhabe des Volkes Gottes am dreifachen Amt Christi erkennt dieses Konzil im Bischofsamt das kirchliche Amt »par excellence«; für die weitere Klärung seiner konkreten Beziehung zum Priesteramt aber lassen die Erklärungen des II. Vatikanums Raum.
Das 3. Kapitel analysiert die Weiterentwicklung des »Zueinanders« von Episkopat und Presbyterat in den lehramtlichen Verlautbarungen der Nachkonzilszeit. Und das 4. Kapitel beschreibt das »Zueinander« in der Liturgie der Bischofs- und Priesterweihe. Als besonders interessant und erkenntnisgewinnend erweisen sich im 5. Kapitel die Darlegungen der nachkonziliaren deutschsprachigen Theologie in den ämtertheologischen Untersuchungen Karl Rahners, Joseph Ratzingers, Walter Kaspers und Karl Lehmanns. Nachhaltige Spuren hinterlassen sie bei verschiedenen römisch-katholischen Theologen der Gegenwart; der Vf. reiht sich hier ein.
Den Abschluss der Arbeit bildet das Kapitel »Zusammenfassung und Perspektiven«. Es expliziert zum einen eine Theologie des presbyteralen Amtes in episkopaler Perspektive; diese veranschaulicht sich zum anderen in den Konsequenzen für einen »Bischofs- und Presbyterspiegel«.
Sich begrenzend hat der Vf. bewusst das Diakonat ausgeblendet. Ferner »werden die mannigfaltigen Dokumente und Unterscheidungen im Rahmen des ökumenischen Dialogs nur hinsichtlich der Frage nach der presbyteralen Sukzession berührt (vgl. V/5.2). Eine umfassende Darlegung des Verhältnisses von Episkopat und Presbyterat in ökumenischer Perspektive unterbleibt jedoch« (7).
Gegenüber der tridentinischen Superiorität des Bischofs durch die potestas confirmandi et ordinandi (DH 1768, 1777) hebt das II. Vatikanum die gemeinsame Partizipation von Bischof und Pries­ter am dreifachen Amt Christi und damit die gemeinsame Verbundenheit durch die Teilhabe am Apostelamt hervor bei der gleichzeitigen Abhängigkeit der Presbyter vom Bischof »nicht nur auf der rechtlichen Ebene«, sondern auch »auf der sakramentalen« (82). Dem Bischofsamt ist die Fülle des Weihesakraments eigen; diese zeigt damit die unterschiedliche Stellung innerhalb der kirchlichen Hierarchie an. Und wie der Bischof sich als »Angel- und Knotenpunkt« (206) zwischen Orts- und Universalkirche erweist, so die Priester als »Naht- und Verbindungsstelle« (343) zwischen Ortsgemeinde und Teilkirche.
Das »Zueinander« des episkopalen und presbyteralen Amtes gestaltet sich dabei als »gegenseitige Verwiesenheit« (346); im Motu Proprio »Ecclesiae Sanctae« (6.8.1966) werden »als notwendige Helfer und Berater des Bischofs« in erster Linie die Priester benannt (224). Dieses Zuordnung führt zu anregenden Diskursen in nachkonziliarer Zeit gerade im deutschsprachigen Raum; im CIC (1983) fand dieses »Zueinander« jedoch keinen Widerhall (214, 220 f.).
Für die »ämtertheologischen Prinzipienlehre« hält der Vf. selbst Folgendes fest: Durch das »Grundprinzip« (351) der Teilhabe am dreifachen Amt Christi und am Apostelamt innerhalb des hierarchischen ordo haben die Presbyter bei der Abhängigkeit vom Bischof und der Verwiesenheit auf ihn auch Anteil an der Leitung der Kirche; ihr Dienst erfährt so eine Weitung. Aus diesem Grundprinzip folgt zum einen die kommuniale Struktur des Presbyterrates, zum andern impliziert es dessen »notwendige Mitarbeit« mit dem Bischof (354).
Die Spannungseinheit von bischöflicher Letztverantwortung und presbyteraler Mitverantwortung findet – im communio-theologischen Zusammenhang – im »Bischofsspiegel« (konkret wird auf die gemeinsam vom Bischof mit den Priestern gefeierte Chrisammesse am Gründonnerstag verwiesen, 226 f.358) und im »Presbyterspiegel« ihren Ausdruck. Der »Presbyterspiegel« will, dem geistlichen Kommunikationsprinzip entsprechend, verantwortlichen Gehorsam und eigenständige konstruktive Kritik in der Lebensführung der Priester verbinden; die »Leitlinien« der Erzdiözese Freiburg »Wege kooperativer Pastoral und Gemeindeleitung in pfarrübergreifenden Seelsorgeeinheiten« von 1996 beschreiben mo­dellhaft die presbyterale Mitverantwortung bei episkopaler Letztverantwortung.
Evangelische Christen und Theologen nehmen auf dem Hintergrund der heftigen Diskussion über das eigene Amtsverständnis (vgl. »Ordentlich berufen«) mit Interesse das neue Bedenken des »Zueinander« des bischöflichen und priesterlichen Amtes auf und nach dem II. Vatikanischen Konzil unter dem presbyteralen Leitbild »Mitarbeiter der Bischöfe« wahr. Vom eigenen biblisch-reformatorischen Verständnis des allgemeinen Priestertums und des von Gott gestifteten Amtes in und inmitten der Gemeinde allein als Dienst an der »reinen Verkündigung des Evangeliums und evangeliumsgemäßen Verwaltung der Sakramente« her bleiben ihnen aber die Verortung des dreistufigen hierarchisch geordneten Amtes im letztverantwortlichen Bischofsamt auf Grund der »Fülle« des Weihesakraments sowie die die apostolische Nachfolge garantierende episkopale Sukzession fremd.
Die im Anschluss an Hieronymus vollzogene Ordination von Priestern durch Priester und die presbyterale Sukzession werden – über eine bloß historische Feststellung der »Differenziertheit des tatsächlichen geschichtliches Befundes« – gerade das wechselseitig anerkannte »Zueinander« von episkopaler und presbyteraler Sukzession innerhalb der Mehrgliedrigkeit apostolischer Sukzession eine theologisch verantwortete Aufgabe sein lassen.
Die römisch-katholischen »Bischofsspiegel« und »Presbyterspiegel« erinnern im eigenen evangelischen Raum an die reiche Literatur zur evangelischen Aszetik und an die geistlichen »Lebensordnungen« und »Pfarrerspiegel«. Quelle ihrer vielfältigen Ausformungen war und ist der im Wort Gottes heiliger Schrift bezeugte und verheißene Rechtfertigungsglaube allein aus Gnade um Chris­ti willen.
Wie in der nachkonziliaren römisch-katholischen Pastoraltheologie sollte auf dem Hintergrund der gegenwärtigen Suche nach lebendiger Frömmigkeit und Spiritualität und der neuaufgebrochenen Diskussion zur pastoralen Leitperspektive und zum Pfarrerbild dieser Gattung des geistlichen »Pfarrerspiegels« wieder Aufmerksamkeit geschenkt werden (vgl. auch: M. Plathow, Das mu­tuum colloquium und die consolatio fratrum. Zur Aszetik des Pfar­rers, in: DPfBl 1983, 598 ff.).
In der pastoralen Lebenswelt – das gilt auch für die »Ökumene des Lebens« – werden im Horizont der communio-Ekklesiologie an vielen Stellen auf den verschiedenen Ebenen der römisch-katholischen Kirche vom II. Vatikanischen Konzil her innovative Signale gesetzt und herausfordernde Themen kreativ weiterbedacht, wie der Vf. für das noch ungeklärte »Zueinander« von Episkopat und Presbyterat erkenntnisgewinnend aufzeigt.