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Ausgabe:

Januar/2009

Spalte:

127-128

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Möde, Erwin [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Theologie der Spiritualität – Spiritualität der Theologie(n). Eine fächerübergreifende Grundlagenstudie.

Verlag:

Regensburg: Pustet 2007. 287 S. gr.8° = Eichstätter Studien. Neue Folge, 57. Kart. EUR 34,90. ISBN 978-3-7917-2093-7.

Rezensent:

Karl-Friedrich Wiggermann

Der Herausgeber hat den Lehrstuhl für Christliche Spiritualität und Homiletik an der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt inne. Sein Band dokumentiert einen deutsch-polnischen Kongress zur »Theologie der Spiritualität« an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Er macht deutlich, wie »alle Autoren aus der Eigendynamik der einzelnen (theologischen und humanwissenschaftlichen) Fachdisziplinen heraus auf das Phänomen und die Theologie reflektieren« (7). Die deutschen Autoren zeigen vor allem theologische Perspektiven auf.
Zunächst gibt Erwin Möde einen Überblick: »Theologie der Spiritualität – Was ist das? Ein Beitrag zur Grundlagenforschung einer frag-würdigen Disziplin«. Möde zielt auf die (neue) Disziplin »Christliche Spiritualität«, »Theologie der Spiritualität« bzw. »Spirituelle Theologie«. Die verschiedenen Namen werden promiscue gebraucht, was zu Missverständlichkeiten führt. Nach Überlegungen zu philosophischen, religions- und humanwissenschaftlichen Fragen kommt Möde zu dem Schluss, »dass die Studien im Forschungs- und Sprachfeld ›Spiritualität‹ an Umfang und Ausdif­ferenzierung derart rasant zunahmen, dass ein methodisch mehr­gestaltiger Zugang zur ›Spiritualität‹ geboten ist. Konsequent lassen sich fünf Hauptstränge der Spiritualitätsforschung unter­scheiden: Spiritualitätsgeschichte, systematische Theologie der Spiritualität, Anthropologie der Spiritualität, angewandte Spiri­tua­litätforschung, komparative und transreligiöse Studien der Spiri­tualität« (17). Es geht um die »Unterscheidung der Geister«, das Selbstverständnis im Nachvollzug des II. Vatikanums und die Mystagogie als zentrierende Mitte, dabei auch um das (neue) Fach, das keine Hilfswissenschaft, sondern ein eigenständiges Fach sein will.
Es folgen Beiträge aus der alt- und neutestamentlichen Forschung, aus der Philosophie (Nikolaus Lobkowicz), aus der Dogmatik und christlichen Sozialethik, aus der Kirchengeschichte (»His­torische Bezüge zu geistlichen Mentalitäten«) und aus der Liturgiewissenschaft. Der evangelische Autor Gerhard Wehr handelt in aller Kürze über »protestantische Mystiker – Luther, Müntzer, Böhme«. »Nicht nur die Mystik im Protestantismus nimmt bei Luther ihren Anfang, sondern auch der antimystische Affekt, den spätere Theologen in der evangelischen Kirche zu etablieren verstanden. Ein Verdrängungsprozess setzt eben bereits bei Martin Luther ein. Er hat sich über Jahrhunderte erhalten und ist bis heute da.« (147)
Alois Schifferle geht als Pastoraltheologe auf »die Notwendigkeit einer Spiritualität der Wertschätzung« ein. Eine weiterführende Studie! »Jeder einzelne Mensch wird eingeladen, im Bewusstsein der Vielstimmigkeit des Lebens auf authentische Weise den je eigenen Ort zu bewohnen und ihn zu einem Ort der Gottesbewegung zu machen. Es geht also letztlich darum, um eine lebensfördernde Spiritualität zu ringen. Gerade weil Wandlungen, Aufbrüche und Reformen das Leben heutiger Menschen kennzeichnen, muss es um eine radikale innere Form gehen: um die eigene echte Liebesbeziehung zu Gott, denn sie allein ist gefragt.« (166) Hier handelt es sich um die Theologie als Ganze, also um spirituelle Theologie, nicht so sehr um ein (neues) Fach, die Theologie der Spiritualität.
Zu den pädagogischen Perspektiven gehören zwei Beiträge zur Spiritualität von Lehrenden und Lernenden im Kontext eines Studiums der Katholischen Theologie und um die Spiritualität in der heutigen Priesterausbildung. Hier ist die Theologie als ganze, also als spirituelle Theologie zu bedenken. Die meisten Beiträge zu den pädagogischen Perspektiven stammen von polnischen Lehrenden der »Kardinal Stefan Wyszynski Universität, Pädagogisches Institut vom Hl. Jan Bosco« in Warschau. Es geht um das Menschen- und Gottesbild, um Europa und das Christentum, Religion und Spiritualität, Psychologie und Psychotherapie, Kunst und erzieherische Liebe bei Don Bosco, um Behinderungen und um Sonderpädagogik auf dem Hintergrund christlicher Spiritualität.
Es ist bedauerlich, dass die Namen des (neuen) Faches so miteinander vermischt sind, dass es keine deutliche An- und Abgrenzung gibt. Gleichwohl bietet der Band viele Anregungen für eine (evangelische) spirituelle Theologie, die die Disziplinen anspricht, ja erweitert.