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Ausgabe:

Oktober/1996

Spalte:

997–1004

Kategorie:

Literatur- und Forschungsberichte

Autor/Hrsg.:

Ralf K. Wüstenberg

Titel/Untertitel:

Der Einwand des Offenbarungspositivismus ­– Was hat Bonhoeffer an Barth eigentlich kritisiert?(1)

Kaum ein Begriff ist so charakteristisch für eine Kritik an K. Barth geworden wie D. Bonhoeffers (= B.) Einwand des Offenbarungspositivismus. Es ist indessen erstaunlich, daß gerade ein so häufig zitierter Begriff kaum eine inhaltliche Klärung fand. ,Offenbarungspositivismus´ ist eher zu einem Schlagwort geworden, wie die beträchtliche Wirkungsgeschichte offenlegt. Während Barth selbst noch einräumte, sich vielleicht "tatsächlich gelegentlich offenbarungspositivistisch benommen und geäußert"(2) zu haben, setzt die Barth-Forschung andere Akzente. B. habe Barth mißverstanden (Fr.-W. Marquardt)(3), deshalb müsse sein provozierender Begriff ganz aus dem theologischen Vokabular ,ausgelöscht´ werden (S. Fisher(4)).

Meinen einige Interpreten, ,Offenbarungspositivimus´ ziele auf Barths Offenbarungslehre ab (R. Prenter, E. Feil, R. T. Osborn)(5), so sehen andere einen Angriff B.s auf den Calvinismus (J. H. Burtness, G. B. Kelly)(6). Wieder andere halten die Rede vom Offenbarungspositivismus für ein methodisches Problem (H. Ott et al)(7). Oder geht es bloß um die fehlende politische Ausrichtung (T.R.Peters)(8)?Wendet er sich gegen ein "Schwarz-Weiß-Denken" (H.-J. Abromeit)(9)? Stammt der Begriff vielleicht gar nicht von B. selbst (G. Krause)(10)?

Die Liste an Interpretationsmustern kann noch erweitert werden; es wird sicher von allen Interpreten etwas Richtiges beobachtet. Auffällig ist nur, daß keiner der genannten Interpreten sich wirklich auf die Quellen einzulassen scheint.

1. Die Quellen: Offenbarungspositivismus wird Barth an drei Stellen vorgehalten ­ und nur dort! Die drei Briefe sind auf den 30.4., 5.5. und 8.6.1944 datiert(11); sie entwickeln B.s neue Gedanken zur ,Religionslosigkeit´, Thema der Briefe ist ,Religion´. Sie sind gleich strukturiert: B. übt zunächst Religionskritik, würdigt Barth als denjenigen, der diese begonnen habe, kritisiert ihn dann mit dem fragwürdigen Begriff und folgert für sich die nichtreligiöse Interpretation. Die "logische Konsequenz"(12) aus der Religionskritik ist für B. die nichtreligiöse Interpretation, die bei Barth aber ausbleibt und den Offenbarungspositivismus auf den Plan ruft. So wird die Barthkritik an allen drei Stellen ganz parallel eingeführt.

Offenbarungspositivismus steht ausschließlich im Kontext von Barths Religionsbegriff. B. beobachtet eine Entwicklung in der Religionsbetrachtung seines Lehrers, deren Endpunkt er zu kritisieren scheint. Neben generelleren Versuchen, den Zusammenhang von Offenbarungspositivismus und Religionskritik zu erhellen (D. Jenkins, J. A. Phillips, C. E. Krieg)(13), gibt es auch konkrete Hinweise, an welche Schriften Barths B. gedacht habe: Sind es religionskritische Schriften Barths von 1919 (A. Pangritz)(14), von 1920 (B.-E. Benktson)(15) oder von 1938 (G. Sauter, A. J. Wesson, E. Grin)(16)?

Wogegen wendet sich B.? In welcher Schrift beobachtet er ein Versagen Barths, zu dem er formal in allen drei Briefen mit dem Wörtchen dann überleitet? Den Römerbrief (von 1922)(17) meint er nicht, denn ihn hebt er in Tegel positiv hervor. Hier werde "der Gott Jesu Christi gegen die Religion ins Feld geführt"(18). Meint er eine frühere Schrift? Spricht B. im Brief vom 30.4. sachlich von "Barth, der als einziger in diese Richtung zu denken angefangen hat"(19), so heißt es in den Briefen vom 5.5. und 8.6. historisch: Barth habe "als erster"(20) mit der Religionskritik begonnen.

Benktson(21) bezieht die Notiz vom 30.4.44 auf den religionskritischen Aufsatz Barths von 1920, nämlich ,Biblische Fragen, Einsichten und Ausblicke´, den B. aus "Das Wort Gottes und die Theologie" kannte. In diesem Aufsatz heißt es: "...Jesus Christus ist am allerwenigsten ein Gegenstand religiöser und mystischer Erlebnisse."(22) Benktson beobachtet zu Recht manche Parallelen zu Tegeler Äußerungen; doch findet er diese nur hinsichtlich der Religionskritik. Eine nichtreligiöse Interpretation hingegen ­ wie sie für B. aus der Religionskritik folgt ­ ist dem Aufsatz Barths nicht zu entnehmen.

Es mag richtig sein, daß er in Tegel auch an diesen frühen Aufsatz dachte, wie er in der Religionskritik grundsätzlich an Barth anknüpft. Doch das zeichnet den Aufsatz nicht vor dem Römerbrief oder etwa der KD aus. Benktson hingegen geht davon aus, daß B. am 30.4. ausschließlich an diesen ­ wie er selber schreibt ­ "ein Vierteljahrhundert vor ,Widerstand und Ergebung´"(23) gehaltenen Aufsatz dachte. Dann hätte man doch zumindest einen Hinweis auf die nichtreligiöse Interpretation bei Barth erwartet, die nach B.s Worten vom 30.4. aber ausgeblieben ist. Eine nichtreligiöse Interpretation der biblischen Begriffe findet Benktson im Barth-Aufsatz von 1920 nicht. Das Unternehmen einer nichtreligiösen Interpretation ist weder Sache des frühen Barth noch Sache eines Barth der regulären Dogmatik.

2. Die Bedeutung der Kirchlichen Dogmatik: Sowohl der Römerbrief (1922) als auch der frühere Aufsatz Barths (von 1920) scheiden für die Deutung des Offenbarungspositivismus aus. Nun fällt weiter auf, daß B. in Tegel auch von der ,wahren Religion´ sprechen kann. Das ließe die Frage zu, ob sich hier eine positive Rezeption von KD I,2 § 17 (1938) einstellt, in der Barth die reformatorische Unterscheidung von wahrer und falscher Religion aufnimmt.

G. Sauter schreibt über den 3. Abschnitt von §17 der KD I,2 ,Die wahre Religion´: "Das könnte B. zu der Bemerkung bewogen haben, daß ,Christentum... immer eine Form (vielleicht die wahre Form) der Religion gewesen´ sei."(24) Sauters Beobachtung ist von Bedeutung, weil sie den unmittelbaren Einfluß von KD I,2 auf die Tegeler Religionsthematik zeigt. Aber gerade im Hinblick auf Barths Rede von der ,wahren Religion´ scheint das eher unwahrscheinlich. Würdigt B. nicht gerade Barths Religionskritik? Erwartet er nicht gerade aus dieser Religionskritik eine Folgerung, der Barth mit seiner Religionswürdigung im dritten Abschnitt des § 17 wohl am wenigsten gerecht wird? Es ist dann eher an den zweiten und ersten Abschnitt des Paragraphen zu denken. Aber vielleicht bezieht sich B. in dieser eher beiläufigen Notiz vom ,Christentum als der wahren Religion´ gar nicht auf Barth. Auch W. Dilthey, den B. zu dieser Zeit liest, spricht von ,wahrer Religion´(25).

B. rezipiert in Tegel den Barthschen Religionsbegriff aus der KD I,2 §17 nicht. Im Gegenteil: Er kritisiert gerade eine Veränderung in der Auffassung des Dialektikers.(26) Nun bleibt die entscheidene Frage, ob er vielleicht negativ auf §17 rekurriert. Damit nehmen wir die Beobachtung auf, daß der Einwand des Offenbarungspositivismus ausschließlich im Kontext des Barthschen Religionsbegriffs geäußert wird.

Die Religionsbetrachtung der KD unterscheidet sich vom Römerbrief darin, daß Barth einen theologischen Religionsbegriff ausbildet. Religionskritik wird nun "zur integrativen Aufgabe der Theologie"(27). Wird Religion beim jungen Barth als das ,Negative der Gnade´ kritisiert, so beim Barth der regulären Dogmatik als Antwort auf Gottes Handeln gewürdigt. Schon in der Dogmatik im Entwurf geht Barth in § 18 über eine rein kritische Betrachtung von Religion hinaus und fragt nach ihrer ,Annahme´ im Licht der Offenbarung. Religion kann ,angenommen und geheiligt werden´(28). Grundsätzlicher spricht Barth im 3. Abschnitt von § 17 der KD I,2 von der ,wahren Religion´. "Offenbarung kann Religion annehmen und auszeichnen als wahre Religion."(29) Um von wahrer Religion sprechen zu können, muß der Gnadencharakter betont werden. Wahre Religion lebt "durch Gnade von Gnade"(30). Das Gefälle Gnade-Religion wird groß, wo die Frage nach der Religion ungebrochen eine ,theologische Fragestellung´(31) bleiben soll, wo Gott "souverän"(32) am Menschen handelt.

Offenbarung und Religion sind nicht systematisch zusammenzuordnen, "d. h. als vergleichbare Bereiche nebeneinanderzustellen, gegeneinander abzugrenzen und miteinander in Beziehung zu setzen." (320) Das Verhältnis von Religion und Offenbarung ist also nicht dialektisch zusammenzudenken. Barth verwendet den Begriff ,dialektisch´ auch gar nicht in diesem Zusammenhang; vielmehr geht es um die "Überlegenheit" (321) der Offenbarung über die Religion. Einer "theologischen Betrachtung der Religion" (326 f.) folgend, spricht Barth konsequent von der Offenbarung her über Religion (etwa gegen G. Hegel 325 f.). So ist die anthropologische Frage, was Religion sei, von der theologischen Fragestellung nach der Offenbarung zu beantworten. "In der Offenbarung sagt Gott dem Menschen, daß er Gott und daß er als solcher sein, des Menschen, Herr ist." (328) Doch indem sich Gott offenbart, trifft er den Menschen nicht in einem "neutralen Zustand" (329) an, sondern als "religiös(en) Menschen", d. h. als solchen, der Gott von sich aus erkennen will (329).

Religion wird deshalb zum "Widerstand" gegen Offenbarung: Sie schiebt "an die Stelle der göttlichen Wirklichkeit, die sich uns in der Offenbarung darbietet und darstellt, ein Bild von Gott, das der Mensch sich eigensinnig und eigenmächtig selbst entworfen hat." (329) Für Barth ist resümierend deutlich, "es ist Gottes Offenbarung in Jesus Christus und sie allein, durch die diese Charakterisierung der Religion als Götzendienst und Werkgerechtigkeit und damit ihre Entlarvung als Unglaube wirklich vollzogen wird" (343). Religion kann vom Offenbarungsgeschehen her dann unter den Stichworten "Nicht-Notwendigkeit" (344), "Schwäche" (345), "Mystik" (348 f.) und "Atheismus" (348 f.) charakterisiert werden.

Wir beobachten: Die Religionskritik mündet mit der Kirchlichen Dogmatik in eine offenbarungspositive Religionsbetrachtung, statt ­ wie B. es erwartet ­ zu einer nichtreligiösen Interpretation zu führen. Anstelle der nichtreligiösen Interpretation von biblischen Begriffen tritt bei Barth eine offenbarungspositive Interpretation von Religion.

B. hat von Barth durch KD I,2 keine wegweisenden Impulse für seine Religionskritik erhalten. Hat Barth beispielsweise den Gesetzescharakter von Religion in KD I,2 kritisiert, so erwartet B. eine nichtreligiöse oder entprivilegierende Interpretation der biblischen peritome. Er möchte den religionskritischen Ansatz von Barth kritisch weiterdenken, ihn nicht institutionalisieren und einen theologischen Religionsbegriff ausbilden: Wird Religion kritisiert, so ist die Konsequenz, ohne Religion von Gott zu reden. Kritisiert Offenbarungspositivismus die Theoriebildung von Religion, so meint Religionslosigkeit bei B. die Theorielosigkeit von Religion.

Für Barth, ähnlich wie für Pannenberg(33), ist Religion eine anthropologische Größe. Im Unterschied zu Pannenberg wird Religion bei Barth nicht der Geschichte zugeordnet, sondern der Harmatiologie. Gehört Religion für Pannenberg konstitiutiv zum geschichtlichen Dasein des Menschen, so für Barth zu seinem sündhaften Sein. Wie der Mensch nicht ohne Sünde sein kann, so haftet ihm auch Religion an und wird gerechtfertigt. Religion wird zum integrativen Bestandteil der Dogmatik und findet einen festen theologischen Ort in der Rechtfertigungslehre. Im Rahmen der reformatorischen Lehre von der iustificatio impii wird auch die Religion, sofern sie christliche, wahre Religion ist, im Lichte der Offenbarung gerechtfertigt.(34) B. hingegen möchte den Menschen gerade nicht mit, sondern ohne Religion verstehen. Er reflektiert auch an keiner Stelle seines Werkes den Zusammenhang von Sünden- und Religionsverständnis! Im Gegenteil: In der Tegeler Theologie soll der Mensch gerade nicht auf seine Sündhaftigkeit angesprochen werden, sondern auf seine Mündigkeit. Es geht nicht um den religiösen Menschen ­ im Sinne Barths ­, sondern um den religionslosen. Und ist dem religionslosen Menschen durch ein neues Verständnis von Religion geholfen? B. meint im Brief vom 30.4.1944, daß für den "religionslosen Arbeiter" mit dem Offenbarungspositivismus, der "im wesentlichen Restauration" geblieben sei, nichts Entscheidendes gewonnen ist (WEN 306). In der Religionslosigkeit bekomme vielmehr die Arkandisziplin "neue Wichtigkeit" (ibid).

Steht Barths Offenbarungspositivimus im Zusammenhang mit Religion, so B.s nichtreligiöse Interpretation in einer Dialektik mit der Arkandisziplin(35): Die ,Jungfrauengeburt´ und die ,Trinität´(36) werden besser der Arkandisziplin unterworfen, angebetet und vor Profanierung geschützt, als regulär-dogmatisch expliziert.

3. Andere Stimmen: Offenbarungspositivismus zielt nach unserer Untersuchung auf den Religionsbegriff Barths ab und nicht auf seine Offenbarungslehre, wie andere Interpreten meinen.

R. Prenter(37) ordnet Barths Offenbarungslehre unter den Gesichtspunkten ,Aktualismus´, ,Analogismus´ und ,Universalismus´. Aktualismus bedeutet: "Die Offenbarung als solche hat keine Ausdehnung in der Zeit. Sie geschieht je und je"(22). Analogismus ist "das auf die Offenbarung Hinweisende oder das die Offenbarung gleichnisweise Abspiegelnde in dieser Welt." (27) Universalismus "ist die Betonung der Überzeitlichkeit der Offenbarung" (29). R. Prenter gewinnt die drei Gesichtspunkte der Offenbarungslehre Barths aus dessen Römerbrief von 1922 und hält sie dann pauschalierend in der ganzen KD für bestimmend. In der Tat beobachteten wir einen von Barth verschiedenen Akzent in der Offenbarungslehre bereits 1929. In "Akt und Sein" setzt sich B. mit dem Aktualismus Barths auseinander und kommt zu der ­ auch bei R. Prenter zitierten ­ Formel: "Gott ist frei nicht vom Menschen, sondern für den Menschen" (36). R. Prenter möchte beobachten, daß Barth sich mit der KD im Unterschied zum Römerbrief von der Welt abwendet ­ "der Ewigkeit zu" (38) ­ und damit dem spekulativen Zug der Scholastik verfalle. Deshalb sei der Einwand des Offenbarungspositivismus aus der Sicht B.s gerechtfertigt (41). Prenter definiert: "Unter Offenbarungspositivismus versteht B. eine Verkündigung der Offenbarung Gottes, die ihre Wahrheiten zur bloßen Annahme präsentiert, ohne ihre Beziehung zum Leben des Menschen in der mündigen Welt klarmachen zu können." (21) Im weiteren Sinn mag das Ergebnis richtig sein, aber es erklärt nicht, woran sich der Einwand entzündet. R. Prenter beobachtet nicht den Zusammenhang von Offenbarungspositivismus und Religionsverständnis. Er versucht statt dessen, den Vorwurf des Offenbarungspositivismus allein von Barths Offenbarungslehre her zu interpretieren, sieht sich dann vor das Problem gestellt, die Offenbarungslehre insgesamt darzustellen und so zu generalisieren.(38) Wir hingegen stellten fest, daß etwa die offenbarungstheologische Akzentverschiebung hinsichtlich des Aktualismus in "Akt und Sein" durch "Widerstand und Ergebung" keinen offenbarungstheologischen, sondern einen religionskritischen Akzent trägt. Dies entsprach den formalen Beobachtungen der Briefe: Die Kritik an Barth wird im Kontext von Religion geführt ­ und nur dort!

Der Vorwurf des Offenbarungspositivismus steht in den Briefen aus der Tegeler Zelle in direktem Zusammenhang mit der Barthschen Religionskritik und ist sachlich nicht von der Offenbarungslehre an sich, sondern von dem offenbarungstheologischen Religionsverständnis her zu erklären. So ist Prenters freilich pauschalierende Beobachtung eines unterschiedlichen Offenbarungsverständnisses von Römerbrief und KD richtig, wäre dann aber auf das Religionsverständnis von KD I,2 zu beziehen, um zum Verständnis des Offenbarungspositivismus beizutragen. Benktson hat zu Recht auf den engen Zusammenhang von Barths und B.s Religionskritik hingewiesen. Auch hebt er die enge Verklammerung von Religionskritik und nichtreligiöser Interpretation bei B. hervor(39), ohne jedoch diese Beobachtung auf den Zusammenhang von Religionskritik und offenbarungstheologischer Religionswürdigung bei Barth anzuwenden.

Das ist zum einen darauf zurückzuführen, daß Benktson nicht die formale Struktur der Briefe vom 30.4., 5.5. und 8.6.44 beobachtet, wonach die Würdigung der Barthschen Religionskritik und die Kritik B.s an Barths offenbarungstheologischer Religionswürdigung in der Klammer zwischen Religionskritik und nichtreligiöser Interpretation in den Tegeler Briefen reflektiert werden. Zum anderen geht Benktson inhaltlich von einem anderen Religionsbegriff bei Barth aus, der das offenbarungstheologische Gefälle Offenbarung ­ Religion nicht beachtet. Benktson versteht den Barthschen Religionsbegriff ohne Differenzierung vom Römerbrief bis hin zur KD als ,dialektisch´ und setzt ihn darüber hinaus mit Tillichs und B.s Religionsbegriff gleich.(40)

Uns hingegen ist deutlich, daß Barths Religionsverständnis vom Römerbrief über die Dogmatik im Entwurf bis hin zur KD ,dualistisch´ im Sinne eines deutlichen Gefälles Offenbarung-Religion bestimmt ist. Da Benktson den Religionsbegriff Barths dialektisch versteht und nicht das offenbarungstheologische Gefälle der Religionswürdigung von KD I,2 beachtet, ist es wenig verwunderlich, keine Lösung zum Problemfeld Offenbarungspositivismus vorzufinden. Wäre Barths und B.s Religionsbegriff nämlich dialektisch, so wäre der Vorbehalt des Offenbarungspositivismus auf seiten B.s sinnlos. Gerade der dualistische Ansatz und das damit gesetzte offenbarungstheologische Gefälle (Gnade ­ Religion) macht die scharfe Akzentuierung der Offenbarung notwendig. Wird Religion von der Offenbarung her kritisiert, so stellt sich zwangsläufig bei dem Versuch einer Würdigung der Religion eine Gewichtung der Offenbarung ein.

4. Erweiterung des Begriffs? Offenbarungspositivismus ist also das "Ergebnis der Religionskritik"(41) Karl Barths, und zwar das negative, unerwartete Ergebnis. Das Ergebnis, das B. aus der Religionskritik erwartete, ist die nichtreligiöse Interpretation biblischer Begriffe. Sie bildet deshalb den "kontrastierenden Gegenbegriff"(42) zu Offenbarungspositivismus.

B. möchte von der Inkarnation(43) zur Welt denken und nicht positivistisch von der Gnade zur Kirche. Offenbarungspositivismus erfährt bereits bei B. eine gewisse Erweiterung. In gleicher Weise nämlich, wie er Barths Religionskritik schon vor KD I,2 würdigt, bleibt auch die Kritik des Offenbarungspositivismus nicht auf die Religionswürdigung von KD I,2 beschränkt, sondern weitet sich für B. auf kirchenpolitische Kontroversfragen aus.

Im Entwurf schreibt B.: "Barth und die Bekennende Kirche führen dazu, daß man sich immer wieder hinter den ,Glauben der Kirche´ verschanzt und nicht ganz ehrlich fragt und konstatiert, was man selbst eigentlich glaubt."(WEN 415) Zum Stichwort "Bekennende Kirche" heißt es unter Einbeziehung des antiken Archimedes-Satzes: "Offenbarungstheologie; ein dos moi pou sto gegenüber der Welt; um sie herum ein ,sachliches´ Interesse am Christentum." (413)

B. scheint den Vorwurf des Offenbarungspositivismus gegen Barth auf die Bekennende Kirche zu erweitern. Offenbar eignet sich die Schlagkraft des Begriffs für diese Erweiterung. Doch bleibt er damit zweideutig; am 5.5.1944 heißt es zunächst, daß die "Bekennende Kirche... den Barthschen Ansatz überhaupt vergessen" habe und "vom Positivismus in die konservative Restauration geraten" sei (359). Dann lesen wir im selben Brief, daß durch eine nichtreligiöse Interpretation die Liberale Theologie "überwunden" sei; "zugleich aber ist ihre Frage wirklich aufgenommen und beantwortet (was im Offenbarungspositivismus der B. K. nicht der Fall ist!)." (360) Einmal wird die Bekennende Kirche des ,Offenbarungspositivismus´ bezichtigt, ein anderes Mal der ,Restauration´. B. scheint mit der Erweiterung des gegen Barth gerichteten Einwands zu zögern. Das legt auch die Wendung vom "Offenbarungspositivismus der B.K." nahe(44); der Begriff erfährt eine gewisse Selbständigkeit.

Fussnoten:

(1) Diese Skizze fußt auf meinem Buch "Glauben als Leben - Dietrich Bonhoeffer und die nichtreligiöse Interpretation biblischer Begriffe", Kontexte Bd. 18, 1996 (Peter Lang), das demnächst unter dem Titel "To live as to believe. Dietrich Bonhoeffer on religionless Christianity" in den USA erscheint (bei Wm.B.Eerdmans).
(2) Brief an P. W. Herrenbrück vom 21.12.1952, in: MW I, 122.
(3) Theologie und Sozialismus, 3. A. 1985, 245 f.
(4) Revelatory Positivism? Barth´s earliest theology and the Marburg School, Oxford 1988, 313 f.: "...the term ,revelatory positivism´ is best deleted from the theological dictionary." S. Fisher folgt ausdrücklich Fr.- W. Marquardt (vgl. Introduction 1 ff,. bes. 6 Anm. 6).
(5) R.Prenter, Dietrich Bonhoeffer und Karl Barths Offenbarungspositivismus, in: MW III, 1969, 11 ff. Für E. Feil, Die Theologie Dietrich Bonhoeffers, 4. A. 1991, 350, "besteht... der Offenbarungspositivismus in der Abstraktion, in der Barth verblieben ist,...". R. T. Osborn, Positivism and Promise in the Theology of Karl Barth, in: Interpretation 8/1971, 283-30, folgt R. Prenter (288 f.), würdigt dessen Darstellung der Offenbarungslehre in Barths ,Römerbrief´ (289), kritisiert dann aber R. Prenters Darstellung von K. Barths Offenbarungsverständnis der KD (290). Insgesamt sieht T. R. Osborn Bonhoeffers Kritik gegen Barths christozentrische Offenbarungslehre gerichtet (298).
(6) J. H. Burtness, Als ob es Gott nicht gäbe. Bonhoeffer, Barth und das lutherische finitum capax infiniti, in: IBF 6, 1983, 167 ff., bes. 172: "Von ,Akt und Sein´, wo ,der passionierte Lutheraner mit dem standhaften Calvinisten über dem finitum capax sive incapax infiniti handgemein wurde´, bis zu den Tegeler Briefen, in denen Barth des ,Offenbarungspositivismus´ bezichtigt wird (5. Mai 1944), hält Bonhoeffer neben seiner bleibenden Zustimmung seine Kritik durch." G. B. Kelly, Bonhoeffer´s ,non religious´ Christianity: Antecedents and Critique, in: Bijdr 37, 1976, 118 ff., hält das lutherische finitum capax infiniti für eine Erklärungsmöglichkeit für Bonhoeffers Einwand des Offenbarungspositivismus (133 f.) und folgert im Blick auf Barth: "God´s revelation in Christ stands over and against the world" (135).
(7) Vgl. H. Ott, Wirklichkeit und Glaube I: Zum theologischen Erbe Dietrich Bonhoeffers, Zürich 1966. Bonhoeffer darf "der Sache nach als Barthianer bezeichnet werden... Was aber den Stil, die Diktion, die methodische Intention des Denkens anbetrifft, geht er mit seinen Frühschriften einen Weg, der sich von demjenigen Karl Barths charakteristisch unterscheidet." (113) Für den Offenbarungspositivismus gilt, daß er methodisch aus der an sich richtigen "Grund-Behauptung... ein System von Sätzen entwickelt, die, sofern die Grundvoraussetzung, die axiomatische Behauptung stimmt, alle in gleicher Weise und mit gleichem Gewicht wahr sein müssen. So entsteht ein monolithischer Block..." (110). Und "in der Tat" sei es "die Methode der ,Kirchlichen Dogmatik´, daß aus einem christologischen Systemprinzip alles gefolgert wird."(113)
(8) Vgl. T. R. Peters, Die Präsenz des Politischen in der Theologie Dietrich Bonhoeffers. Eine historische Untersuchung in systematischer Absicht, 1976, 172: "Eine in sich geschlossene, positivistische Offenbarungstheologie und die ihr entsprechende Kirche vermögen nicht handlungsorientierend zu sein, ja befähigen nicht einmal zur engagierten Wahrnehmung der gesellschaftlichen Vorgänge".
(9) H.- J. Abromeit, Das Geheimnis Christi. Dietrich Bonhoeffers erfahrungsbezogene Christologie, 1991, 168.
(10) Bonhoeffer weist im Brief vom 8.6.1944 auf die Originalität seiner Begriffsbildung hin, wenn er schreibt: ",Offenbarungspositivismus´, wie ich mich ausdrücke" (WEN 359). G. Krause, Art. Bonhoeffer, Dietrich, in: TRE VII, 55-66, 64, Anm.1, findet den Begriff Offenbarungspositivismus formal schon bei dem Kirchenhistoriker E. Seeberg belegt und führt dazu den ersten Band von ,Luthers Theologie´ aus dem Jahr 1929 an ­ ohne jedoch der Verwendung des Begriffs dort inhaltlich nachzugehen. "Offenbarungspositivismus" ist im relevanten II. Kapitel, 4. ,Gott und seine Offenbarung´ (182 ff.), nur zweimal bei E. Seeberg bezeugt (185 u. 218) und ist dem Inhalt nach eine Zusammensetzung von M. Luthers Offenbarungsverständnis in der Abendmahlslehre und dem "okkamistischen Positivismus" (216). "Luther denkt den Geist nicht abstrakt = rational..., sondern konkret = geschichtlich; Geist ist nicht an sich, sondern immer in konkreter Erscheinung, im Wort, im Sakrament und in den Heiligen Gottes, d. h. in der Kirche." (216) Offenbarungspositivismus steht in Zusammenhang mit konkreter Geschichtlichkeit. Nach E. Seeberg wandelt "Luther Christus... in eine geschichtliche und konkrete Form." (200) Die Abhängigkeit des Begriffs Offenbarungspositivismus von E. Seebergs Luther-Buch, die Krause annimmt, ist zumindest inhaltlich widerlegt. Nicht auszuschließen ist freilich, daß Bonhoeffer die Schrift E. Seebergs kannte; er wurde bei seinem Vater, R. Seeberg, 1927 promoviert. Doch wenn der Begriff Offenbarungspositivismus aus der Seeberg-Lektüre für Bonhoeffer wichtig geworden wäre, hätten wir schon früher einen Niederschlag, etwa in SC, AS oder der CV erwarten dürfen und nicht erst 17 Jahre nach Erscheinen von Seebergs Buch in den Gefängnisbriefen des Frühsommers 1944. Der Begriff Offenbarungspositivismus ist darüber hinaus in seiner Zusammensetzung theologisch unbestimmt. Bonhoeffer gebraucht die Zusammensetzung Offenbarungs ­ Positivismus anders als E. Seeberg. Bestimmt dieser den "okkamistischen Positivimus" als "konkretgeschichtlich", so meint der an Barth kritisierte Positivismus im weiteren Sinne "die Beziehungslosigkeit der Glaubenssätze..., kraft welcher sie als bloße Gegebenheiten (posita) ohne jede anderweitige Begründung einfach hingenommen werden müssen." (Zitat R. Prenter art. cit. 13). Nicht nur das Positivismusverständnis ist verschieden, auch das in der Zusammensetzung Offenbarungspositivismus zugrunde gelegte Verständnis von Offenbarung, das E. Seeberg aus der Luther-Exegese gewinnt. Nach ihm ist "natürliche Gotteserkenntnis... als Vorstufe der übernatürlichen zu werten." (206) "Natürliche Gotteserkenntnis ist auch ein Geschenk Gottes." (203; vgl. etwa 202 f. oder 207) Gerade diese Würdigung der theologia naturalis macht den Gebrauch des Wortes ,Offenbarungspositivismus´ aus der Seeberg-Lektüre für Bonhoeffer gegen Barth unbrauchbar. In der Ablehnung der Natürlichen Theologie sind sich Barth und Bonhoeffer einig. Der Begriff Offenbarungspositivismus ist also in seiner theologischen Bedeutung bei E. Seeberg nicht vorbereitet, wenn auch der Begriff bei ihm auftritt. Offenbarungspositivismus ist formal, nicht aber inhaltlich vor B. bezeugt.
(11) Vgl. Widerstand und Ergebung. Neuausgabe (Hrsg.: E. Bethge), 3. A. 1985 (= WEN) 303 ff., 311 ff., 355 ff.
(12) G. B. Kelly, art. cit. (n.3), 130 (orig. "logical conclusion").
(13) D. Jenkins, Beyond Religion, London 1962, 26 ff., beobachtet ein Verhältnis von KD I, 2 und Bonhoeffers Religionsverständnis nach WEN; dieser Gedanke wird dann durch J. A. Phillips, The Form of Christ in the World, London 1967, wieder aufgenommen (202 f). C. E. Krieg, Bonhoeffer´s Letters and Papers, in: RelSt 9, 1973, 81-92, geht davon aus, daß Barth und Bonhoeffer zunächst in der Religionskritik übereinstimmen. Dann aber wende sich Bonhoeffer gegen Barth, der dann wieder von einer grundsätzlich ,religiösen´ Haltung bestimmt sei und nicht die Folgerung aus der Religionskritik zöge. "Barth describes religion as man´s attempt to have and possess God, in contrast to genuine faith which is a gift of grace. In other words, for Barth religion is a perversion of a faithful response to grace. Bonhoeffer is sympathetic to Barth´s distinctions at this point. Nevertheless, Barth, too, is doing ,religious´ theology according to Bonhoeffer. Barth´s greatest shortcoming, as far as Bonhoeffer was concerned, was that he offered no nonreligious interpretation of biblical concepts." (81)
(14) A. Pangritz, Karl Barth in der Theologie Dietrich Bonhoeffers, 1989, 88, geht davon aus, daß der Vorwurf des Offenbarungspositivismus auf den ,Tambacher Vortrag´ Barths von 1919 "gemünzt" sein könnte. Es müßte jedoch "gefragt werden, ob hier nicht ein fundamentales Mißverständnis des ,Tambacher Vortrages´ auf Bonhoeffers Seite vorliegt" (ibid). A. Pangritz bleibt zunächst also bei der Mißverständnis-These Fr.-W. Marquardts; er bietet dann andere Erklärungsmodelle für Bonhoeffers Einwand: er richte sich gegen H. Asmussen (82 ff.), entzünde sich an Barths dialektischer Religionswürdigung in "der 2. Auflage des ,Römerbriefs´, dann aber auch in der ,christlichen´ und ,Kirchlichen Dogmatik"... (108).
(15) B.-E. Benktson, Kristus och den myndigvordna Världen, in: SvTK 40, 1964, 94 ff.
(16) G. Sauter, Zur Herkunft und Absicht der Formel ,Nicht-religiöse Interpretation biblischer Begriffe´ bei Dietrich Bonhoeffer, in: EvTh 25, 1962, 283 ff. (in überarbeiteter Fassung abgedruckt in: P. H. A. Neumann [Hrsg.]), Religionsloses Christentum und nicht-religiöse Interpretation bei Dietrich Bonhoeffer, 1990, 247 ff. Wir beziehen uns im Text auf die Originalfassung.) A. J. Wesson, Bonhoeffer´s use of ´Religion’, in: LQHR 192, 1967, 50 f., stellt fünf Jahre nach G. Sauter einen begrifflichen Zusammenhang von KD I,2 und WE her. Ein Element der Religionskritik Bonhoeffers, das ,Deus-ex-machina-Konzept´ würde sich bei Barth im Abschnitt ,Das Problem der Religion in der Theologie´ (305 ff.) aus KD I,2 finden. Leider vertieft A. J. Wesson diese Einsichten nicht weiter. Vgl. auch E. Grin, Dietrich Bonhoeffer und die ,nicht-religiöse´ Interpretation biblischer Begriffe (1962), in: P. H. A. Neumann, op. cit. 1990, 190-209; Grin weist ebenfalls auf den sachlichen Zusammenhang von KD und WE hin (201 f.).
(17) Obwohl Bonhoeffer auch die 1. A. des Römerbriefkommentars kannte, rekurriert er durchgängig auf die 2. A. (vgl. etwa DBW 1, 109 Anm. 28, 97 Anm. 71; DBW 2, 75 Anm. 1; DBW 10, 457 Anm 8, 459 Anm. 13; WEN, 359).
(18) WEN 359.
(19) WEN 396 (Hervorh. R. W.).
(20) WEN 312.359.
(21) B.-E. Benktson, art. cit. (n.15), 94 ff
(22) Das Wort Gottes und die Theologie, 1924, 70 f.
(23) Ibid, 94 (Schwedisches Zitat in dt. wiedergegeben).
(24) G. Sauter, art. cit. (n.15), 291 (mit Zitat aus WEN 305).
(25) W. Dilthey, Weltanschauung und Analyse des Menschen seit Renaissance und Reformation (= Ges. Schr. Bd. II), 337.
(26) Eine auffällige formale Beobachtung betrifft die die Barthkritik einleitende Konjunktion dann (im Text hervorgehoben). Es ist zu fragen, ob Bonhoeffer an den § 17 von KD I,2 gedacht hat, bei dem er die Wendung von Religionskritik (in Abschnitt 2 des § 17) zur offenbarungstheologischen Religionswürdigung (in Abschnitt 3) beobachtet, die er dann als Offenbarungspositivismus titulierte.
(27) R. Gruhn, Religionskritik als Aufgabe der Theologie, in: EvTh 39, 1979, 234-255, Zitat 255.
(28) Zitiert nach Karl Barth Gesamtausgabe 14, Zürich 1982, 306 ff.; Bezug 317
(29) Kirchliche Dogmatik Band (= KD) I/2 (1938), 5. A. Zürich 1960, 357.
(30) Ibid, 304 und 325.
(31) Ibid, 323.
(32) Ibid, 322
(33) Vgl. Systematische Theologie Bd. I, 1988, 133 ff.
(34) Vgl. auch C. Green, The Sociality of Christ and Humanity, Dietrich Bonhoeffer´s early Theology 1927-133, Missula/ Montana, 1975, 309: "... there is no sense in which his (Bonhoeffer´s, R.W.) contemporary reinterpretation of Christianity involves any rehabilitation or justification of religion as he defines it. In this his position is different from Barth who, after his attack on all religion (including Christianity) as unbelief, presents a view of Christianity as ,true religion´ under the rubric of the doctrine of justification by grace."
(35) Vgl. zu diesem Thema A. Pangritz, Aspekte der Arkandisziplin bei Dietrich Bonhoeffer, in: ThLZ 119, 1994, 755-768.
(36) Vgl. WEN 312.
(37) R. Prenter, art. cit. (n.4), 11-41.
(38) Dieses Verfahren R. Prenters wird schon früh kritisiert. R. G. Smith schreibt: "Prenter, for all his anxiety to do justice both to Barth and Bonhoeffer, does not, it seems to me, succeed in being entirely convincing. It is doubtful wether Bonhoeffer can really be understood on the basis that he is one of Barth´s school." (Introduction to ,World come of Age´, London 1967, 10
(39) B.-E. Benktson, art. cit 1964, 83, stellt zunächst Bonhoeffers Religionskritik hinsichtlich der Arbeitshypothese ,Gott´ dar und leitet dann zur nichtreligiösen Interpretation bei Bonhoeffer mit den Worten über: "Deshalb kreisen seine (Bonhoeffers) Gedanken um die Notwendigkeit einer neuen, nichtreligiösen Deutung der biblischen Begriffe." (83, Übers. R. W.). Das "Deshalb" unterstreicht für Benktson die enge Verklammerung von Religionskritik und nichtreligiöser Interpretation.
(40) Vgl. B.-E. Benktson, Christus und die Religion, 1967, 59. So auch K.-H. Nebe, ,Religionslose´ Interpretation bei Dietrich Bonhoeffer und ihre Bedeutung für die Aufgabe der Verkündigung, 1963, 165 f., der zwar den Unterschied zwischen P. Tillich und Barth im Religionsverständnis deutlich herausarbeitet (170 ff.), aber Barths Religionsbegriff vom ,Römerbrief´ bis zu KD I,2 als "dialektisch" versteht (165).
(41) H.- J. Kraus, Theologische Religionskritik, 1982, 20.
(42) H.- J. Kraus, op. cit. 33, weist auf die angemessene Fragestellung hin, ohne sie jedoch ­ im Sinne unserer Analyse ­ richtig zu beantworten (34 ff.).
(43) Bonhoeffer reflektiert den Zusammenhang von Offenbarungspositivismus und Inkarnationstheologie, wenn er am 5.5.1944 schreibt: "Der Offenbarungspositivismus macht es sich zu leicht, indem er letztlich ein Gesetz des Glaubens aufrichtet und indem er das, was eine Gabe für uns ist ­ durch die Fleischwerdung Christi! ­, zerreißt." (WEN 312)
(44) Vgl. zur Interpretation dieses Halbsatzes A. Pangritz, op. cit. (n.13), 82 ff. Pangritz geht davon aus, daß die erweiterte Polemik sich gegen H. Asmussen und lutherische Kreise innerhalb der Bekennenden Kirche richtet. Das lege auch der Zusammenhang mit R. Bultmann im Brief vom 8.6.1944 nahe, über den Bonhoeffer noch hinausgehen möchte (ähnlich am 5.5.). H. Asmussen hingegen verteidige "den positivistisch-theologischen Besitzstand gegenüber der vermeintlichen Dämonie Bultmanns..." (85).