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Ausgabe:

Oktober/1996

Spalte:

905–918

Kategorie:

Aufsätze

Autor/Hrsg.:

Christian Grethlein

Titel/Untertitel:

Religionspädagogik – vor einem neuen Aufbruch?

In der Praktischen Theologie sind Veränderungen in den letzten Jahren unübersehbar. Dies beginnt bei Äußerlichkeiten: z. B. wurden in den letzten Jahren zahlreiche Lehrstühle neu besetzt, seit 1991 bzw. 1992 erscheinen zwei neue praktisch-theologische Reihen.(1) Auch inhaltlich ist Neues zu melden. Vor einigen Monaten konstatierte P. Cornehl in dieser Zeitschrift für die Liturgik einen "Aufbruch"(2); die Homiletik bedient sich mit der Semiotik eines neuen Instrumentariums(3); die Seelsorge scheint ­ ausgestattet mit neuer sozialwissenschaftlicher Methodik ­ von der lange Jahre vorherrschenden Spezialisierung auf das klinische Feld wieder zu Gemeinde(4) und Alltag(5) zurückzukehren.

Auch in der Religionspädagogik, der jüngsten praktisch-theologischen Disziplin, tut sich einiges. Seit 1990 erschienen drei "Religionspädagogik" betitelte Bücher und ein weiteres, ebenfalls das Gesamtgebiet umfassendes Werk.(6) Sind sie auch ­ wie Cornehl das "Handbuch der Liturgik" interpretiert ­ Zeichen eines Aufbruchs oder eher einer zu Ende gehenden Epoche?

Die Probleme, vor denen die Religionspädagogik steht, sind erheblich: Sie reichen bis an die Fundamente des Fachs; ja mittelbar betreffen sie, insofern die Religionspädagogik die Weitergabe des Glaubens zwischen den Generationen bedenken und fördern will, auch die Zukunft von Theologie und Kirche in Deutschland. Zum einen geht es um den schulischen Religionsunterricht, das religionspädagogisch traditionell am ausführlichsten bearbeitete Gebiet; zum anderen, noch grundlegender, um die offensichtliche Erfolglosigkeit religionspädagogischen Handelns in der Gegenwart. Gibt es hier Lösungen?

In einem ersten Schritt skizziere ich einführend kurz diese beiden Probleme. In einem zweiten arbeite ich deren historische Dimension heraus. Beide Probleme begleiten seit ihrem Beginn (vor etwa 100 Jahren)(7) die Religionspädagogik, ja waren wesentlich der Grund für die Konzipierung des Programms "Religionspädagogik". Dabei stößt man auf Veränderungen am Ende des 19. Jh.s, die der Theorie religiöser und kirchlicher Erziehung neue Aufgaben stellten. Offensichtlich können heute die hier erarbeiteten Lösungsansätze nicht mehr befriedigen. Deshalb verdienen die in letzter Zeit erschienenen Überblickswerke zu "Religionspädagogik" Interesse. In ihnen zeichnen sich nämlich, wenn auch in unterschiedlicher Weise, im Vergleich zu früheren Lehrbüchern des Fachs neue Ansätze für religionspädagogische Arbeit ab. Konsequent weitergedacht werden sie vermutlich die hergebrachten Themenschwerpunkte der Religionspädagogik, ja vielleicht sogar das Arbeitsgebiet des gesamten Faches verändern. Religionspädagogik ­ vor einem neuen Aufbruch?

1. Zwei Probleme heutiger Religionspädagogik

Unter für praktisch-theologische Themen ungewöhnlicher Anteilnahme der Öffentlichkeit wird zur Zeit die Konstitution des schulischen Religionsunterrichtes (kritisch) diskutiert. Er ist ­ jedenfalls in der speziellen deutschen Tradition ­ das religionspädagogische Handlungsfeld, das am eingehendsten theoretisch bearbeitet wurde und wird; z. T. wird die Reflexion des Religionsunterrichtes sogar mit Religionspädagogik gleichgesetzt.

Nach der politischen Wende war es u. a. ein Problem für den innerkirchlichen Dialog, daß manche ostdeutsche Katechetiker als Gegenstand von Religionspädagogik nur den schulischen Religionsunterricht gelten lassen wollten (und so "Religionspädagogik" zu einem kritisch bis ablehnend beäugten "West-Import" wurde).(8)

Konnte man Ende der 80er Jahre in der Bundesrepublik den Eindruck gewinnen, daß Religionsunterricht und Religionspädagogik sich ­ freilich nicht spannungslos ­ konsolidiert hatten(9), änderte sich dies 1989 schlagartig. Denn jetzt ging es nicht mehr ­ wie bisher(10) ­ um die Frage der Modifizierung von Bestehendem; vielmehr wurde die Frage nach Sinn und Möglichkeit schulischen Religionsunterrichts in aller Grundsätzlichkeit aufgeworfen, galt es doch (u. U.), den Religionsunterricht als neues Fach in die Schulen der neuen Bundesländer einzuführen. Besondere Brisanz erhielt diese Diskussion dadurch, daß das Staat-Kirche-Verhältnis ­ auf Grund des staatlichen Drucks in der DDR ­ in beiden Teilen Deutschlands erheblich (auch mentalitätsmäßig) voneinander abwich. Vor allem war die Kirche im Osten Deutschlands weithin aus der Öffentlichkeit und dem (öffentlichen) Bildungswesen verdrängt. Dadurch erklärt sich auch die ­ anfangs westdeutsche Kirchenführer erstaunende ­ Zurückhaltung mancher ostdeutscher Bischöfe gegenüber der Möglichkeit eines schulischen Religionsunterrichtes.(11)

Inzwischen übernahmen die neuen Bundesländer bis auf Brandenburg die rechtlichen Grundbestimmungen für den Religionsunterricht nach dem Grundgesetz (Art. 7,3). Doch zeigen die Erfahrungen bei der Einführung des Religionsunterrichtes, daß damit keineswegs alle Probleme gelöst sind.(12)

Die Schwierigkeiten, evangelischen und katholischen Religionsunterricht gleichzeitig neben Ethik in Gegenden einzuführen, in denen höchstens 10 bis 15% der Schülerinnen und Schüler Kirchenmitglieder sind, das Problem, Lehrerinnen und Lehrer für die Weiterbildung auf das Lehramt Religion in Kollegien zu gewinnen, in denen es kaum Kirchenmitglieder (aber noch genaue Erinnerungen an die frühere Atheismuspropaganda durch die Schule) gibt, oder die tiefe Ablehnung des neuen Fachs durch nach wie vor religions- und kirchenfeindliche Eltern, aber auch Lehrerinnen und Lehrer, dürften die Lage des neuen Fachs noch etliche Jahre bestimmen.

Zugespitzt und medienwirksam finden sich die besonderen Probleme eines daseins- und wertorientierenden Schulunterrichts ­ vielfach verwoben mit parteipolitischen Auseinandersetzungen, Ost-West-Problemen und bildungspolitischen Kontroversen ­ in der Diskussion um den in Brandenburg versuchsweise eingeführten und auf längere Sicht als Pflichtfach geplanten Lernbereich LER.(13)

Doch auch in den alten Bundesländern zeichnen sich ­ abgesehen von regionalen Schwierigkeiten etwa auf Grund mangelnder Lehrerversorgung ­ Veränderungen ab, die bisherige Selbstverständlichkeiten, auf die sich auch das Fach Religion bezog, betreffen. Der für den deutschen Sonderweg der Religionspädagogik(14) mitverantwortliche besondere Charakter der Schule als (weithin) exklusiv staatlicher Einrichtung und ­ für den Religionsunterricht eng damit verbunden ­ das besondere Staat-Kirchenverhältnis in der Bundesrepublik Deutschland sind nicht mehr unumstritten.

Der ­ im Vergleich zum Ausland zwar noch geringe, aber tendenziell ­ steigende Anteil von Schulen in freier Trägerschaft markiert Grenzen für das traditionell in Deutschland übliche staatliche Schulmonopol. Auch die in manchen neuen Bundesländern praktizierte Nicht-Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern, in alten Bundesländern z.T. gefordert, deutet auf das Ende des deutschen Sonderwegs in der Schule hin. Dazu scheint sich das Verhältnis zwischen Staat und Kirche zu trüben.(15) Schließlich sei daran erinnert, daß in manchen Gegenden das seit langem in Deutschland vorfindliche Zwei-Kirchen-System, das eine wesentliche Grundlage der Konstitution des Religionsunterrichtes in den Schulen darstellt, sich auflöst, sei es durch mehrheitlich atheistische oder auch muslimische Bevölkerung. Die Frage, wie Schülerinnen und Schüler, die nicht am konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen wollen, dem Bildungsgut "Religion" an der öffentlichen Schule in didaktisch angemessener Weise begegnen sollen, ist noch ungeklärt.

All diese Entwicklungen geben nicht nur Anlaß zu einer erneuten, vertieften Begründung der Notwendigkeit des schulischen Religionsunterrichtes, wie sie z. B. sehr ausführlich die 1994 veröffentlichte EKD-Denkschrift(16) vorlegte, sondern stellen auch die Frage nach dem Ort des schulischen Religionsunterrichtes in einer (zukünftigen) Religionspädagogik.

Grundlegender, wenn auch nicht so spektakulär in der Öffentlichkeit diskutiert, ist ein religionssoziologischer Befund, der ­ wie eingangs angedeutet ­ nicht nur Bedeutung für die Religionspädagogik, sondern mittelbar für Theologie und Kirche in Deutschland hat. F.-X. Kaufmann formuliert ihn vorsichtig, aber sachlich präzise: "Wir müssen davon ausgehen, daß alles Bedenken der Probleme der Glaubensvermittlung heute im Horizont einer Situation ihrer manifesten Erfolglosigkeit geschieht."(17)

Aus den vielfältigen, in Methodik und untersuchter Population sehr unterschiedlichen empirischen Studien, die das Verhältnis der Deutschen zur Kirche, zu christlichen Glaubensinhalten, aber auch zu Werten untersuchen,(18) ist ein Befund religionspädagogisch besonders wichtig: Es fällt auf, daß Kirchlichkeit "zunehmend zum Merkmal einer Alterskultur, scharf getrennt von einer weitgehend kirchenfernen Jugendkultur" wird.(19)

In manchen Jugendstudien tauchen Kirche und Religion schon gar nicht mehr als Fragehorizont auf, weil sie als für junge Menschen (auch in den alten Bundesländern) irrelevant gelten.

Dazu ist für die religiöse Erziehung in der Familie die offenkundige Ausdrucks- und Sprachlosigkeit vieler Menschen in rebus religionis bedeutungsvoll. In religionspädagogischem Kontext geht es nicht darum, die Frage nach dem Gegenstand der Religionssoziologie zu diskutieren. Gewiß ist es verfehlt, die religiöse Einstellung eines Menschen an kerngemeindlichen Kriterien zu messen. Doch ist für die Sozialisation der nachfolgenden Generation wichtig, ob bestimmte Einstellungen von Erwachsenen erkennbaren ­ nonverbalen und verbalen ­ Ausdruck erfahren und so nachahmbar (und reflektierbar) sind oder nicht. Für die Zugehörigkeit zur christlichen Kirche und christlich-religiöse Einstellungen scheint dies zurückzugehen.

Ein guter Beleg für diese Vermutung ist der offensichtliche Rückgang der Praxis des Tischgebets in der Familie, einer Frömmigkeitspraxis, die als Gebet zum einen Ausdruck des für Christsein fundamentalen Verhältnisses zur Wirklichkeit ist und zum anderen durch den Bezugspunkt Mahlzeit sich direkt auf den Alltag bezieht.(20)

Kaufmann bringt auch dieses Problem griffig auf den Punkt: "’Im Namen Jesu´ wird ausdrücklich meist nur noch dort gehandelt, wo dazu ein kirchlicher Auftrag gesellschaftlich anerkannt ist."(21) Diese "Verkirchlichung des Christentums"(22) kann als Ausdruck und Resultat des schwierigen Verhältnisses von Kirche und Religion zur modernen Gesellschaft verstanden werden.(23) Dabei verdient vor allem die Beobachtung Kaufmanns Aufmerksamkeit, daß der für das Christentum fundamentale Traditionsbezug insofern in Spannung zur Modernität steht, als diese sich wesentlich durch ihre Orientierung auf Gegenwart und Zukunft auszeichnet.(24) Genau die von ihm beschriebene Tendenz der Modernisierung steht am Beginn der neuen Wissenschaft Religionspädagogik.

2. Religionspädagogik als Antwort auf Mißerfolg

Die Formulierung des Begriffs "Religionspädagogik" war zugleich ein Programm für die Theorie religiöser und damit zugleich (im damaligen Verständnis) christlicher Erziehung, das direkt auf die Erfolglosigkeit der traditionellen katechetischen Bemühungen reagierte. So beginnt der erste programmatische Beitrag im ersten Heft der von Wilhelm Rein herausgegebenen "Stimmen zur Reform des Religions-Unterrichtes", die wesentlich zur Ausarbeitung des Programms "Religionspädagogik" beitrugen: "Religionsunterricht wird gegeben um der Religiosität willen... Deshalb ist er, sobald er nicht allgemein zur Förderung der Frömmigkeit ausschlägt, zweckwidrig und ­ da ihn abzuschaffen um der Frömmigkeit willen unmöglich ist ­ von Grund aus umzugestalten. So steht es heute im allgemeinen... mit dem Religionsunterricht der Volksschule sowohl als der höheren Schulen. Sein allgemeiner Mißerfolg erweist seine allgemeine Reformbedürftigkeit."(25)

Die Kritik am "Mißerfolg" der traditionellen katechetischen Bemühungen ist die dunkle Folie, vor der sich die neue Disziplin durch die Hinwendung zu Pädagogik und Psychologie sowie erlebbare Frömmigkeit profiliert. Betrachtet man die Zeit, die der Konzipierung von Religionsunterricht vorausgeht, etwas näher ­ die hervorragenden historischen Überblickswerke von T. Nipperdey(26) und H. U. Wehler(27) bieten instruktive und detaillierte Einblicke ­, so wird schnell deutlich, warum der "objektive" Religionsunterricht, der im Katechismus seinen wesentlichen Gegenstand hatte, zunehmend als erfolglos empfunden wurde. Wesentliche politisch-gesellschaftliche, kulturell-religiöse und pädagogische bzw. erziehungspraktische Rahmenbedingungen hatten sich verändert bzw. waren in Veränderung begriffen, ohne daß die kirchliche Erziehung hierauf hinreichend reagiert hätte. Zu dem allgemeine Traditionen relativierenden bzw. sogar abbrechenden Wandel stand ein einseitig auf autoritativer Tradition begründeter und auf ihr Erlernen gerichteter Unterricht in schroffem Gegensatz.

­ Die sprunghafte Zunahme der Bevölkerung(28) und die durch die Industrialisierung bedingte Mobilität(29) in der deutschen Bevölkerung führten zu einer Zerstörung traditioneller sozialer Zusammenhänge, in denen sich auch eine weithin selbstverständliche religiöse und kirchliche Sozialisation vollzog. Der Verstädterung(30) konnte die kirchliche Organisation nicht entsprechen. Die Kirchengemeinde als erlebbarer Raum im Hintergrund der familiären und schulischen Lebensvollzüge fiel zunehmend aus.

­ Der Einfluß der Schule innerhalb der Erziehung wuchs rapide.(31)Die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht führte zugleich zu einem Funktionswandel der Familie. Religiöse Erziehung wurde zunehmend an die Schule delegiert. Dabei wandelte sich entsprechend der staatlichen Verfaßtheit von Schule in Deutschland das Erziehungsziel: "Als Ziel... gilt nicht mehr der gläubige Christ. Nein: Angestrebt wird der edle Mensch und tüchtige Staatsbürger."(32)

­ Das zunehmende Standesbewußtsein der Lehrer und Lehrerinnen ging mit einer wachsenden Distanz zur Kirche und ihren Ansprüchen auf schulische Erziehung einher, wie sie traditionell in der geistlichen Schulaufsicht(33) institutionalisiert waren. Der Religionsunterricht verlor seinen Zusammenhang mit den anderen Unterrichtsfächern; z.B. wurden die Lesestoffe säkularisiert.(34)

­ Der Siegeszug der Naturwissenschaften war bei manchen Forschern mit dem Bewußtsein verbunden, Kirche und Religion in ihrer Welterklärungsfunktion abzulösen.(35) Die Verstärkung naturwissenschaftlicher bzw. technischer Inhalte in den Stundentafeln der Schule isolierte den Religionsunterricht, der auf die durch den naturwissenschaftlichen und technischen Fortschritt aufgeworfenen Fragen nicht argumentativ einging.

­ Die sozialistische Bewegung, die zunehmend ­ in ihren verschiedenen Spielarten ­ weitere Kreise der Bevölkerung erfaßte, war atheistisch geprägt. Sie entfremdete ­ angesichts des weitgehenden Versagens der Kirche vor der sozialen Frage ­ viele Arbeiterfamilien und deren Kinder der Kirche und der christlichen Religion.

Faßt man diese und andere Strömungen am Ende des 19. Jh.s in ihrer Bedeutung für religiöse und kirchliche Sozialisation zusammen, so ist unübersehbar: Die Selbstverständlichkeit von Kirche als Hintergrund der Erziehung und des allgemeinen Lebens ging zurück; die religiöse Sozialisation in der Familie nahm ab, der schulische Religionsunterricht trat, jedenfalls teilweise, an ihre Stelle;(36) das (im weiten Sinn der Daseins- und Wertorientierung verstandene) religiöse Leben wurde pluraler.

In dieser Umbruchzeit versuchten Verantwortliche für religiöse und christliche Erziehung in doppelter Weise neu anzusetzen: Sie schlossen sich verstärkt an die allgemeine pädagogische Entwicklung an.

Spätestens seit G. von Zezschwitz(37) hatte sich die Katechetik bewußt von der Pädagogik getrennt; und zwar nicht zuletzt durch die Dominanz der theologisch deduktiven Stoffe gegenüber der Berücksichtigung der Adressaten.(38)

Dazu bot sich für die an der liberalen Theologie orientierten Erzieher die Herbartsche Pädagogik in ihrer Fortführung durch T. Ziller an. Denn ihm galt die Herausbildung einer "sittlich-religiösen Persönlichkeit" als Hauptziel der Erziehung.(39)

So schrieb Ziller z. B.: "Der Lernende soll also durch den erziehenden Unterricht zur Sittlichkeit oder zum Glauben als der religiösen Form der Sittlichkeit erhoben werden, und hiermit das erwerben, was dem menschlichen Dasein und Wirken erst seine Würde verleiht und was ihn rechtfertigt vor Gott."(40)

Diese Rezeption der Herbart-Zillerschen Pädagogik implizierte zugleich eine Konzentration auf die Schule. Von heutiger Sicht her fällt auf ­ und ist geradezu tragisch ­, daß die von Herbart geäußerte Skepsis gegenüber den staatlichen Schulen,(41) die Ziller übersprang und die für den Bereich der religiösen Erziehung auch Schleiermacher so sehr betont hatte,(42) keine wesentliche Rolle für die Herausbildung der Religionspädagogik spielte. Der schon zitierte Programmartikel von Bassermann am Beginn der Reinschen "Stimmen" wußte noch genau: "Der Religionsunterricht kann... keine frommen Menschen schaffen",(43) doch forderte er vom Religionsunterricht "einen Beitrag zum dereinstigen Entstehen von religiösen oder frommen Persönlichkeiten",(44) ohne auf die anderen Beiträge und deren Bedeutung als Voraussetzung für einen erfolgreichen Religionsunterricht zu sprechen zu kommen. Immer wieder finden sich in den Anfängen der Religionspädagogik Hinweise auf die Bedeutung von Familie und Gemeinde, ohne daß sie die Konzeption des neuen Faches wesentlich hätten prägen können.

So betonte z. B. O. Baumgarten in seinen "Neuen Bahnen" die Bedeutung der "Mutterschule" (einschließlich der vorgeburtlichen Zeit!) und des "Unterrichts der Erwachsenen" für die religionspädagogische Arbeit.(45)

Gewiß war auch die im ersten Jahrzehnt des neuen Jh.s von kirchenkritischen Lehrern initiierte Diskussion um das Recht des Religionsunterrichtes an der (staatlichen) Schule für die konzeptionell nicht notwendige und ­ wie im nachhinein festgestellt werden muß ­ nicht förderliche, da die Wirklichkeitswahrnehmung einschränkende Konzentration der Religionspädagogik auf Schule mitverantwortlich,(46) aber auch die Tatsache, daß vor allem Lehrer und Pädagogen sich an der Ausarbeitung des Programms "Religionspädagogik" beteiligten.

Weiter rezipierte die neue Religionspädagogik die Erkenntnisse der Psychologie. H. Spanuth schrieb als Herausgeber der neugegründeten "Monatsblätter für den Evangelischen Religionsunterricht" im ersten Heft: "Denn der Religionsunterricht, als Unterricht und Glied der gesamten Bildungsarbeit, muß sich seine höchsten Gesetze von der Pädagogik geben lassen... Er hat die Gesetze des Seelenlebens zu berücksichtigen, muß also psychologisch begründet und gestaltet sein".(47) Umfragen unter Schülerinnen und Schüler, die eindeutig die Unbeliebtheit des Religionsunterrichtes ergaben, wurden auf mangelnde psychologische Fundierung des Unterrichtes hin interpretiert: "Der Kardinalfehler liegt darin, daß die psychogenetischen Tatsachen und Gesetze durch den Religionsunterricht nicht genügend respektiert werden."(48)

Auch hier ist interessant, daß der Bericht über die eben genannte Befragung mit der Bemerkung endet: "Es wäre falsch, wollte man allein die Schule für die geringe Einschätzung des Religionsunterrichts durch die Kinder verantwortlich machen. Ungünstige Einwirkungen der Umwelt, zumal des Hauses, müssen einen erheblichen Teil der Schuld auf ihr Konto setzen."(49)

Angesichts der Erfolglosigkeit der herkömmlichen Katechetik ist der entschlossene Rückgriff der jungen Disziplin Religionspädagogik auf Pädagogik und Psychologie gut verständlich. Doch handelte sie sich damit zumindest zwei schwerwiegende Probleme ein: eine theologische Unterbestimmtheit und angesichts der Konzentration auf den Religionsunterricht in der Staatsschule die Gefahr der Funktionalisierung ihrer Bemühungen für staatliche Interessen.

K. Wegenast formuliert scharf: "Der Herbartianismus Zillers hatte in den Schulen zu einer Systematik des Religionsunterrichts geführt, die die spannungsreiche Wechselbeziehung von Vernunft und Offenbarung, Religion und Sittlichkeit, Theologie und Pädagogik auflöste und Bibel und Christentum im Grunde zu einer bloßen Illustration für bereits bekannte sittliche Grundsätze degenerieren ließ ­ und das unter der Fahne der Religion."(50)

Die weitere Geschichte der Religionspädagogik könnte man von der schon zu ihrem Anfang hervortretenden Spannung zwischen Theologie und Pädagogik (bzw. Psychologie) her rekonstruieren.(51) Dem theologisch begründeten energischen Einspruch vom "Wort Gottes" aus gegenüber einer "Methodisierung" des Religionsunterrichtes, der zur Ablehnung von Begriffen wie "Religionspädagogik" und "Religionsunterricht" führte, aber sich weiterhin auf den schulischen Religionsunterricht konzentrierte, folgte der Gegenschlag einer vornehmlich schulpädagogisch begründeten Religionspädagogik.

Anfang der 70er Jahre wuchs dann der neue Forschungszweig "Gemeindepädagogik"(52) ­ im Westen Deutschlands u. a. als Konsequenz aus der Überforderung des Religionsunterrichtes (und auch der Konfirmandenarbeit) ­ als neue Unterdisziplin der Religionspädagogik heran,(53) ohne daß die Dominanz des schulischen Religionsunterrichtes in der religionspädagogischen Diskussion auf universitärer Ebene durchbrochen worden wäre. Gerade der in 1. genannte Streit um die Einführung des Religionsunterrichtes führte zu einer neuen Konzentration der religionspädagogischen Diskussion auf dieses schulische Unterrichtsfach.

3. Religionspädagogischer Aufbruch?

Mit großer synthetischer Kraft und äußerst materialreich bündelte Karl Ernst Nipkow 1990 die religionspädagogische Diskussion und führte sie unter dem einheitsstiftenden Begriff der "kirchlichen Bildungsverantwortung" weiter. Damit will er die Verantwortung von Kirche für Gemeinde, Schule und Gesellschaft herausarbeiten und die "relativ stark verselbständigten Aufgabenfelder aufeinander... beziehen".(54) Auf jeden Fall ist hier die Konzentration auf den schulischen Religionsunterricht, wie sie noch (trotz anderslautender programmatischer Äußerungen) in den Lehrbüchern von H. Kittel und K. Frör zu finden war,(55) überwunden. Angesichts der sich anbahnenden Tendenz zu Schulen in freier Trägerschaft auch in Deutschland ist Nipkows entschiedene Thematisierung von kirchlichen Schulen bedeutungsvoll.(56) Konzeptionell versucht er das "moderne Paradigma", das ­ wie gezeigt ­ zur Entstehung des Programms "Religionspädagogik" führte, mit dem "kirchlich-gemeindlichen Paradigma", das Erziehung theologisch bestimmen möchte, in ein "verbindendes Paradigma" zu überführen.(57) Zentral ist für ihn dabei die Kategorie der "Spannung",(58) mit der er theologische und pädagogische Überlegungen zu verbinden versucht. Nur am Rande hat er aber die Schärfe der unter dem Stichwort "Erfolglosigkeit" vorgetragenen Situationsanalyse im Blick.

Im Zusammenhang mit "Fehlwege(n) kirchlicher Erneuerungsbewegungen" spricht Nipkow von der "eklatante(n) Vergeßlichkeit so mancher Gemeindeexperten und Kirchenreformer hinsichtlich des den Religionspädagogen sich aufdrängenden Zusammenbruchs der Voraussetzungen religiöser Sozialisation".(59)

Deutlich zeigt sein jüngst erschienener Beitrag zur Diskussion um die kirchliche Bildungsverantwortung in Ostdeutschland, daß sein Konzept aber von ihm nicht eigens thematisierte Voraussetzungen enthält, die zumindest auf weite Teile der neuen Bundesländer nicht zutreffen.(60) Der lange Jahre in Tübingen lehrende Religionspädagoge geht z. B. vom Vorhandensein einer hinreichenden Zahl von Christen aus, die sich an der öffentlichen Bildungsaufgabe beteiligen wollen, und einer Öffentlichkeit, die an einem kirchlichen Beitrag zur allgemeinen und damit auch schulischen Bildung interessiert ist. Beides ist so nicht mehr allgemein in Deutschland gegeben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß die unter dem Vorsitz von Nipkow erarbeitete EKD-Denkschrift(61) bei näherem Hinsehen die Möglichkeit von Religionsunterricht in Ostdeutschland ­ entgegen ihrer offensichtlichen Intention ­ in Frage stellt. Es heißt in der Denkschrift: "Der Religionsunterricht braucht einen breiten öffentlichen Konsens. Es stellt sich die Frage, ob dieser im vereinigten Deutschland und in einer neuen gesellschaftlichen Situation noch gegeben ist, wenn im Durchschnitt nur noch 71% der Bevölkerung (83% in West- und 33% in Ostdeutschland) einer der beiden großen Kirchen als Mitglieder angehören."(62) Ein wichtiges Argument zu dieser Frage ist der Hinweis auf eine im Sommer 1992 in Sachsen-Anhalt durchgeführte Wickert-Studie. Abgesehen davon, daß die Daten dieser von einem (dem Religionsunterricht ablehnend gegenüberstehenden) Pfarrer aus einem Vorort Halles in Auftrag gegebenen Umfrage weder auf Reliabilität noch Validität überprüft wurden, also sozialwissenschaftlich wertlos sind, ist der in der Denkschrift verwendete Hinweis, daß ca. 60% der Befragten "für die Einführung des Religionsunterrichtes" eintritt, zumindest einseitig. Denn das unmittelbar danach abgedruckte Item: "Eine Alternative waere, wie z. B. in Brandenburg die Einfuehrung des Schulfaches Ethik. Wuerden Sie diesem Fach eher zustimmen oder ebenso wenig?" wurde von 75% der Befragten befürwortet.(63)

So wird man wohl Nipkows Opus magnum als großartige Zusammenfassung der bisherigen religionspädagogischen Diskussion hochschätzen; doch setzt es (volks)kirchliche Verhältnisse im Sinne der allgemeinen Akzeptanz von Kirche und einen Öffentlichkeitsbezug von Kirche voraus, die beide so nicht mehr in allen Teilen Deutschlands zu finden sind. Die durch religionssoziologische Analyse wie bei Kaufmann erhobene grundsätzliche Problematik religiöser Sozialisation und Erziehung in der heutigen Gesellschaft hat hier noch nicht den Stellenwert, der ihr zumindest in manchen Gegenden Deutschlands zukommt.

Ein Jahr nach Nipkow veröffentlichte Heinz Schmidt einen sehr komprimiert geschriebenen "Leitfaden Religionspädagogik". Zwar ist bei ihm noch deutlicher als bei Nipkow eine Konzentration auf den Religionsunterricht zu spüren.(64)

Vor allem der Abschnitt "Religionspädagogik als Wissenschaft" bezieht sich nur auf den schulischen Religionsunterricht.(65)

Doch sind die gesellschaftlichen Wandlungen bei ihm Bestandteil seines Verständnisses von Religionspädagogik als einer "Theorie der (religiösen) Erziehung und Bildung", die "dabei die einschlägigen Vergesellschaftungsprozesse kritisch in den Blick nimmt".(66)Dies hängt mit seinem Verständnis von religiöser Erziehung als einem "Transformationsprozeß" zusammen, einer "Transformation indifferenter Strukturen und Kontexte in symbolisch qualifizierte".(67)

Religionspädagogisch zentral ist dabei die "Anwendung der Grundstrukturen christlicher Religiosität auf die in die Krise geratenen neuzeitlichen Erfahrungs- und Vorstellungsweisen".(68) Doch bleibt diese Auskunft notwendig unbestimmt, denn: "Die Grundstrukturen selbst sind allerdings nirgends an und für sich zugänglich. Sie müssen selbst ’hinter´ den Schriften der Bibel erschlossen werden. Man kann sie daher auch als Tiefenstrukturen religiöser Kommunikation bezeichnen."(69)

Kennzeichnend für Schmidts Buch ist insgesamt das Nebeneinander solcher in hohem Maße problembewußter und (angesichts der Komplexität des Gegenstandes wohl notgedrungen) abstrakter Überlegungen und der konkreten Hinweise zu religionspädagogischen Handlungsfeldern. Bei letzteren setzt Schmidt ­ ähnlich wie Nipkow ­ grundsätzliches Interesse an Religion und Christentum und dessen öffentliche Bedeutung voraus.

1993 legte Günter R. Schmidt eine "Religionspädagogik" mit dem den systematischen Duktus des Werkes wiedergebenden Untertitel "Ethos, Religiosität, Glaube in Sozialisation und Erziehung" vor. Schon eingangs betont er den Charakter des Buchs als "eine Religionspädagogik, die auch eine Religionsdidaktik begründet, sich aber nicht auf diese beschränkt".(70) Vielmehr will Schmidt zum einen "die Umrisse einer Religionspädagogik im Rahmen Allgemeiner Pädagogik" entwerfen und im Anschluß daran "eine Religionspädagogik als Pädagogik christlichen Glaubens,... die sich zu der... Religionspädagogik auf allgemeinpädagogisch-religionstheoretischer Grundlage dialektisch verhält", erarbeiten.(71)

Grundlegend für Schmidts Religionspädagogik ist die Zuordnung von Sozialisation und Erziehung. Hierdurch treten die Probleme heutiger religiöser Erziehung, wozu auch der Unterricht gehört, deutlich hervor. (Intentionale) Erziehung hat die Aufgabe, innerhalb der (nichtintentionalen) Sozialisation zu unterstützen bzw. nachzuhelfen oder auch gegenzuwirken, wo die Sozialisation nicht ausreicht. Dies ist von dem Grad der Differenzierung und Untergliederung einer Kultur abhängig. In der sehr differenzierten heutigen westlichen Gesellschaft liegt das Problem für religiöse Erziehung gerade darin, daß sie vielfach keine Sozialisate vorfindet, an die sie anknüpfen kann. Vor allem ist problematisch, daß der Heranwachsende in seiner Sozialisation der sozialen Unverbindlichkeit von Religion begegnet, was dem religionspädagogischen Anspruch zuwiderläuft.(72) Die ­ fast unlösbare ­ Problematik christlicher Erziehung in einer solchen sozialisationstheoretischen Sicht tritt hervor, wenn man das weitgehende Fehlen eines christlichen Milieus bedenkt.

Günstig für christliche Erziehung wäre nach Schmidt z. B.:

"­ In der Familie A’s (sc. des Aufwachsenden, C. G.) drückt sich die christliche Einstellung der Angehörigen durch gemeinsame Gebete, Schriftlesungen, Gespräche und Feiern immer wieder aus.

­ Der Gottesdienst wird von den Angehörigen A’s regelmäßig besucht.

­ Um den Gottesdienst besteht ein dichtes Kommunikationsnetz, das sich auch in den Alltag hinein erstreckt...

­ Gottesdienst und umgebendes Kommunikationsnetz sind mühelos selbstverständlich... Familienleben, Gottesdienst und gemeindliches Umfeld sind für A emotional positiv aufgeladen...

­ Im weiteren sozial-kulturellen Zusammenhang (Schule, Medien usw.) drückt sich immer wieder ein Bewußtsein der christlichen Prägung und eine Wertschätzung dafür aus."(73)

Anschaulich schildert Schmidt die Vorzüge eines solchen christlichen Milieus am Beispiel der Gemeinschaft der Hutterer.(74)

Hier kommt Schmidt zu einer Kritik an der ­ sozialisationstheoretisch gesehen ­ unangemessenen Gottesdienstführung.(75)

Doch ist die Situation nicht hoffnungslos: "Eine Chance bietet christlicher Erziehung, ja christlichen Einflüssen allgemein, A’s (sc. des Aufwachsenden, C. G.) Bedürfnis nach Anderssein. Seine bewußte Hinwendung zum Christentum erhöht mehr noch als früher den individuellen Identitätsgewinn und die Kraft kritischer Selbstbehauptung gegenüber der Gesellschaft. Es kommt entscheidend darauf an, daß A Christen begegnet, die für ihn glaubwürdige Modelle des Andersseins werden können."(76)

Offensichtlich spielt die Modernitätskrise des Christentums in dieser Konzeption eine konstitutive Rolle. Angesichts der weitverbreiteten Sozialisationsdefizite für christliche Erziehung tritt die Bedeutung des Unterrichts hinter die nicht religionspädagogisch intendierte, dafür aber religionspädagogischhöchst relevante Begegnung zurück. Dazu greift die Religionspädagogik deutlich über ihr originäres Arbeitsfeld hinaus durch kritische Anfragen an gegenwärtige liturgische Praxis. Denn der Gottesdienst ist, obwohl nicht religionspädagogisch intendiert, religionspädagogisch von höchster Relevanz(77), weil die Gesten im liturgischen Vollzug die Möglichkeit zum "Mittun und Sich-Identifizieren" bieten.(78) Allerdings führt Schmidt diese Gedanken nicht näher aus.

Waren die bisher vorgestellten Autoren alle evangelischen Bekenntnisses, so veröffentlichte 1994 der römisch-katholische Praktische Theologe Norbert Mette eine "Religionspädagogik". Auch hier spielt der schulische Religionsunterricht eine untergeordnete Rolle und wird als einer unter sechs Lernorten kurz behandelt.(79) Mette weist dabei auf den notwendigen Wandel des Religionsunterrichtes und seiner Begründung hin. Die im Würzburger Synodenbeschluß aufgestellten Ziele und Aufgaben des Religionsunterrichtes sind "in seiner Praxis so nicht mehr einlösbar".(80) Denn: "Überwiegend hat er es nunmehr mit Schülern zu tun, die in religiöser Hinsicht völlige Analphabeten sind."(81) Offensichtlich fehlen ­ in der Terminologie G. R. Schmidts ­ Sozialisate, die traditionell im Religionsunterricht vorausgesetzt wurden. Abgeschlossen werden die Überlegungen zum Religionsunterricht durch den wichtigen weiterführenden Hinweis auf andere Formen "eine(r) Begegnung von Kirche und Schule", nämlich die Schulpastoral.(82)

Bestimmend für Mettes gesamten religionspädagogischen Ansatz ist die eingangs bereits erwähnte religionssoziologisch festgestellte "Erfolglosigkeit" religionspädagogischer Bemühungen. Dabei argumentiert er sozialisationstheoretisch mit den stark gesunkenen "Chancen von Kindern und Jugendlichen, gelebte Religiosität zu erfahren".(83) Seine Gesellschaftsdiagnose lehnt sich eng an die von Kaufmann an.

So zitiert Mette zustimmend folgende Thesen Kaufmanns:

",1. Es ist schwierig, in dieser modernen Kultur zum Christen zu werden.´ ’2. Es ist schwierig, unter den Prämissen dieser Kultur als Christ zu leben und handeln.´ ’3. Wenn denn einer versucht, sein Christsein tatsächlich zur Geltung zu bringen, wird er selbst schwierig für seine Umwelt.´"(84)

Insgesamt behauptet Mette die Entwicklung der Gesellschaft zu einer "’nachchristlichen´ Epoche".(85)

"Auch wenn es nominell noch die Mehrheit der Bevölkerung umfaßt, hat das Christentum augenscheinlich seine religiöse Monopolstellung verloren; die Kirchen finden sich als Religionsgemeinschaften neben vielen anderen religiösen und weltanschaulichen Gruppierungen vor."(86)

Positiv empfiehlt Mette ein religionspädagogisches Handeln, das die Bedingungen der Moderne, z. B. ihre Individualisierung, ernst nimmt, aber sich zu ihr in Widerspruch setzt, wenn tödliche Konsequenzen drohen.(87)

Stark hebt er ­ unter Bezug auf J. B. Metz ­ die gesellschaftskritische Perspektive religiöser Erziehung hervor. Doch stellen ihn hier ­ ähnlich wie bei G. R. Schmidt ­ die sozialisationstheoretischen Überlegungen vor das Problem, wo solches Verhalten gelernt werden kann. Hier verweist Mette zum einen auf die lateinamerikanischen Erfahrungen der Befreiungspädagogik, in der die "Konvivenz"(88) der entscheidende pädagogische Weg ist, insofern er gerade nicht pädagogisch intentional ist. In unserer Gesellschaft sieht er am ehesten im Bereich der feministischen Theologie und Frauenbewegung hoffnungsvolle Ansätze.(89)

Auch bei Mette begegnet also, allerdings stärker politisch akzentuiert, die Einsicht, daß angesichts der zunehmenden Divergenz von christlichem Glauben und gesellschaftlichen Werten Gemeinschaften von besonderem religionspädagogischen Interesse sind, die gerade nicht religionspädagogisch intentional handeln, sondern als Christen leben, konkret: der Gesellschaft mit ihren todbringenden Tendenzen Widerstand entgegensetzen. Gerade dadurch können sie für junge Menschen Attraktivität gewinnen.

4. Aufgaben zukünftiger Religionspädagogik

"Religionspädagogik" begann als eine auf die besonderen deutschen Verhältnisse bezogene Wissenschaft zwischen Pädagogik und Theologie.Die dabei vollzogene Konzentration auf den schulischen Religionsunterricht barg und birgt die Gefahr in sich, dieses Fach zu überfordern, die Bedeutung anderer Lernorte zu übersehen und den Gegenstand zu instrumentalisieren. Mittlerweile macht nicht nur in den neuen Bundesländern das zumindest bezüglich der sprachlich kommunikablen religiösen Sozialisation in den Familien unübersehbare Defizit auf die Voraussetzungen aufmerksam, auf die schulischer Religionsunterricht sich lange ­ ohne dies eigens zu thematisieren ­ bezog: religiöse Sozialisate, die eine unterrichtliche Behandlung von "Religion" erst ermöglichen. Zudem erscheint die ­ schon seit Beginn von "Religionspädagogik" nicht unumstrittene ­ Faktizität von schulischem Religionsunterricht nicht mehr überall in Deutschland selbstverständlich.

In dieser Situation muß religionspädagogische Arbeit grundsätzlicher werden: Sie muß verstärkt die Gründe für die vielfach mißlingende bzw. ausfallende religiöse Sozialisation analysieren und bedenken. Dabei gilt es, auch von religionspädagogischer Seite der Ambivalenz der Moderne nachzugehen, wie sie unbegreiflich in der Shoa und drohend in der ökologischen Krise zu Tage tritt.

Thematisch weitet sich dabei das Arbeitsgebiet der Religionspädagogik über die religionspädagogisch intentionalen Handlungsfelder aus. Neben Familie, Gemeinde und Medien dürften Gemeinschaften von Menschen, die ohne religionspädagogische Absicht zusammenkommen und/bzw. zusammenleben, zunehmend religionspädagogische Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Eine besondere Form solcher christlicher Gemeinschaft ist von seinem Anspruch her der Gottesdienst. Dessen großenteils in Deutschland nur geringe Ausstrahlung ist ein religionspädagogisch erstrangiges Problem.

Bei solcher Arbeit löst sich Religionspädagogik von ihrer bisher vorherrschenden Beschränkung auf deutsche Verhältnisse, am deutlichsten in der Dominanz des spezifisch deutschen Religionsunterrichtes greifbar, und öffnet sich (mehr) der internationalen Diskussion. Bei Zurücktreten des Zwei-Kirchen-Systems und des besonderen Staat-Kirche-Verhältnisses in Deutschland gewinnen die Erfahrungen in anderen Ländern mit der Theorie und Praxis religiöser sowie christlicher und kirchlicher Sozialisation, Erziehung und Bildung an Bedeutung.(90) Dies ist aber nicht nur ein rezeptiver Prozeß; vielmehr gilt es, auch die spezifisch deutschen Einsichten religionspädagogischer Theoriebildung in die internationale Diskussion einzubringen. Vor allem ist hier die durch den Einspruch in den 30er Jahren erhobene Forderung nach theologischer Verantwortung der Religionspädagogik von Bedeutung; sie kann einer zu starken Instrumentalisierung religiöser Erziehung wehren.(91)

Fussnoten:

(1) Die Reihe "Praktische Theologie heute" (Hrsg: G. Bitter, P. Cornehl, O. Fuchs, A. Gerhards, H. Schröer, K. Wegenast) erscheint ab 1991 im Kohlhammer-Verlag und umfaßt bereits mehr als 20 Bände, die Reihe "Arbeiten zur Praktischen Theologie" (Hrsg: K. H. Bieritz, Ch. Grethlein, ab 1996: W. Engemann) wird vom Walter-de-Gruyter-Verlag seit 1992 herausgegeben und nähert sich 10 Bänden.
(2) P. Cornehl, Liturgiewissenschaft im Aufbruch. Zum neuen "Handbuch der Liturgik", in: ThLZ 121, 1996 ,223-240.
(3) S. z. B. W. Engemann, Semiotische Homiletik, Tübingen 1992.
(4) S. z. B. E. Hauschildt, Alltagsseelsorge. Eine sozio-linguistische Analyse des pastoralen Geburtstagsbesuchs, Göttingen 1996.
(5 )S. z. B. U. Schwab, Familienreligiosität. Religiöse Traditionen im Prozeß der Generationen, Stuttgart u. a. 1995.
(6) K. E. Nipkow, Bildung als Lebensbegleitung und Erneuerung. Kirchliche Bildungsverantwortung in Gemeinde, Schule und Gesellschaft, Gütersloh 1990 u. ö. (Besprechung in ThLZ 116, 1991, 471-474), H. Schmidt, Leitfaden Religionspädagogik, Stuttgart u. a. 1991 (Besprechung in ThLZ 117, 1992, 789-791), G. R. Schmidt, Religionspädagogik. Ethos, Religiosität, Glaube in Sozialisation und Erziehung, Göttingen 1993 (Besprechung in ThLZ 119, 1994, 833-835), N. Mette, Religionspädagogik, Düsseldorf 1994.
(7) Mit G. Bockwoldt, Religionspädagogik. Eine Problemgeschichte, Stuttgart u.a. 1977, 9, wird allgemein M. Reischle, Die Frage nach dem Wesen der Religion. Grundlegung zu einer Methodologie der Religionsphilosophie, Freiburg 1889, als erstes Vorkommen von "Religionspädagogik" genannt. War hier der Begriff noch unsicher ­ Reischle spricht von "Religionspädagogik oder Religionstechnik" (91) ­, so wurde "Religionspädagogik" im ersten Jahrzehnt des 20. Jh.s zu einem Programmbegriff, ausgearbeitet vor allem in den von W. Rein herausgegebenen "Stimmen zur Reform des Religions-Unterrichts" (1904-1910) und den ab 1908 erscheinenden "Monatsblättern für den evangelischen Religionsunterricht" (MERU). Die weit verbreitete Verwendung von "Religionspädagogik" zur Charakterisierung früherer Autoren (z. B. in K. E. Nipkow, F. Schweitzer [Hrsg.], Religionspädagogik Bd. 1 und 2/1, München 1991 bzw. Gütersloh 1994, oder bei H. Schröer, D. Zieleßen [Hrsg.], Klassiker der Religionspädagogik, Frankfurt 1989) läßt sich zwar durch schon früher bestehende grundsätzliche Problemkonstellationen rechtfertigen (s. z. B. F. Schweitzer, Religionspädagogik als Projekt von Theologie nach der Aufklärung ­ Eine Skizze, PthI 12, 1992, 214-218). Allerdings beachtet solche ungenaue Begriffsverwendung die tiefen Veränderungen in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s mit ihren den Alltag der Menschen unmittelbar betreffenden Folgen und deren Konsequenzen für "Religionspädagogik" zu wenig.
(8) So immer noch E. Schwerin, Bildungsverantwortung der Kirche heute in Ostdeutschland, in: R. Degen, G. Doyé [Hrsg.], Bildungsverantwortung der Evangelischen Kirchen in Ostdeutschland, Berlin 1995, 183 f.
(9) Vgl. die Literaturberichte von M. Weinrich, Religionspädagogik in der Bewährung. Konsolidierungen, Innovationen und Verlegenheiten, in: VuF 37, 1992, 17-48, und G. R. Schmidt, Bleibende Spannungen. Religionspädagogik in den 80er Jahren, in: ThR 65, 1990, 424-472.
(10) Ausgenommen muß hier allerdings die Diskussion in Berlin-West mit ihrer Sonderproblematik werden (s. hierzu Ch. Grethlein, Das ,Berliner ModellŒ ­ eine Rekonstruktion seines Ursprungs in religionspädagogischem Interesse, in: G. Besier, Ch. Gestrich [Hrsg.], 450 Jahre Evangelische Theologie in Berlin, Göttingen 1989, 483-509).
(11) S. als Überblick D. Reiher, "Religion in der Schule". Entwicklungen ­ Auseinandersetzungen ­ Regelungen in den ostdeutschen Ländern von 1989 bis 1991, epd-Dokumentation 6/92, 1992; s. zur weiteren Entwicklung die Zusammenstellung von Grundsatztexten derKirche, in: Degen, Doyé, a.a.O., 33-116, Anm. 8.
(12) S. die Zusammenstellung von Problemen bei Ch. Grethlein, Empirische Stolpersteine auf dem Weg zur kirchlichen Bildungsverantwortung in Ostdeutschland, in: Degen, Doyé, a.a.O., 164-171.
(13) S. als guten Überblick über die Diskussion M. Meyer-Blanck, Religion und Leben. Der Streit um "LER" und der künftige Religionsunterricht, in: Loccumer Pelikan 4, 1995, 151-156.
(14) Hier ist daran zu erinnern, daß es für "Religionspädagogik" keine adäquate Übersetzung in andere Sprachen gibt.
(15) Hier sei nur an die Diskussion um die Freigabe eines Feiertags für die Pflegeversicherung oder das sog. Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes erinnert. Bei beiden ist vielleicht nicht so sehr das Ergebnis als vielmehr das Zustandekommen der Entscheidung für die Abkühlung des Verhältnisses Staat-Kirche bezeichnend. Bei der Feiertagsfrage hielt es z. B. nicht einmal die traditionell kirchennahe CSU für notwendig, im Vorfeld Kontakt zu Kirchen aufzunehmen; beim Kruzifix-Urteil wurde auf die sonst übliche mündliche Verhandlung verzichtet.
(16) Identität und Verständigung. Standort und Perspektiven des Religionsunterrichtes in der Pluralität. Eine Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland, Gütersloh 1994.
(17) F.-X. Kaufmann, Kirche begreifen. Analysen und Thesen zur gesellschaftlichen Verfassung des Christentums, Freiburg u. a. 1979, 156. Ich beziehe mich hier und im folgenden auf die durch Kaufmann herausgearbeiteten Fragestellungen, weil sein religionssoziologischer Ansatz dem religionspädagogischen Gegenstand in hohem Maß entspricht. Denn Kaufmann entgeht durch eine Konzentration auf das Christentum sowohl dem letztlich in empirieferne Abstraktion führenden funktionalen Religionsbegriff als auch der zumindest für junge Menschen kaum mehr relevanten Verengung auf die Kirche als Institution (vgl. zur Position von Kaufmann und deren Relevanz für praktisch-theologische Arbeit E. Herms, Im Übergang zur nach-modernen Welt. Ein Laie beschreibt die Sozialgeschichte der Kirche, in: LM 24, 1985, 76-80).
(18) S. die Zusammenstellung und z. T. Kommentierung einschlägiger Untersuchungen bei A. Feige, Kirchenmitgliedschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Zentrale Perspektiven empirischer Forschungsarbeiten im problemgeschichtlichen Kontext der deutschen Religions- und Kirchensoziologie nach 1945, Gütersloh 1990.
(19) R. Köcher, Tradierungsprobleme in der modernen Gesellschaft, in: E. Feifel, W. Kasper [Hrsg.], Tradierungskrise des Glaubens, München 1987, 169.
(20 )S. zum Abbruch der Sitte des Tischgebets in den siebziger Jahren die Umfragedaten bei E. Noelle-Neumann, E. Piel, Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie 1978-1983, München u.a. 1983, 121
(21) F.-X. Kaufmann, Zur gesellschaftlichen Verfassung des Christentums heute, in: L. Bartsch, F. Schlösser [Hrsg.], Kirchliche und nichtkirchliche Religiosität, Freiburg u. a. 1978, 30.
(22) F.-X. Kaufmann, Religion und Modernität, Tübingen 1989, 27.
(23) S. den einleitenden Beitrag in: Kaufmann, a.a.O., 14-31, Anm. 22.
(24) Ebd. 28.
(25) H. Bassermann, Thesen über den evangelischen Religionsunterricht, in: W. Rein [Hrsg.], Stimmen zur Reform des Religions-Unterrichtes H. 1, Langensalza 1904, 1.
(26) T. Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866-1918 Bd. 1, München 21991.
(27) H.-U. Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte Bd. 3, München 1995.
(28) S. Wehler, a.a.O., 493-546, Nipperdey, a.a.O., 9-42.
(29) Wehler, a.a.O., 1253: "Vor 1914 hat von mehr als sechzig Millionen Deutschen jeder zweite an dieser Massenmigration in Gestalt der Regional-, der Etappen- und der Fernwanderung teilgenommen."
(30) Ebd. 510-543.
(31) Ebd. 1279-1281.
(32) W. Bartholomäus, Einführung in die Religionspädagogik, Darmstadt 1983, 25.
(33) S. E. Fooken, Die geistliche Schulaufsicht und ihre Struktur im 18. Jahrhundert, Wiesbaden-Dotzheim 1967.
(34) S. Nipperdey, a.a.O., 541, Anm. 26.
(35) S. ebd. 509-511.
(36) Aus religionspädagogischer Sicht ist die Frage, ob die Veränderungen in der Familie als Funktionswandel oder -verlust zu verstehen sind, eindeutig in letzterer Hinsicht zu beantworten. Denn entwicklungspsychologisch ist klar, daß frühkindliche Sozialisation nicht durch späteren Unterricht o.ä. nachgeholt bzw. ersetzt werden kann.
(37) S. C. A. G. von Zezschwitz, System der christlich kirchlichen Katechetik Bd. 1. Der Katechumenat oder die kirchliche Erziehung nach Theorie und Geschichte, Leipzig 1863.
(38)Sehr deutlich ist dieser Prozeß bei Ch. Palmer zu beobachten. In den ersten beiden Auflagen (1844 bzw. 1845) seiner "Evangelischen Katechetik" folgte den Prolegomena das Kapitel "Kind und Religion" mit den Abschnitten "1. Die religiösen Anlagen", "2. Die objektive Religion", "3. Vermittlung". Dieses Kapitel entfiel in der 3. Auflage (1856). Dagegen findet sich jetzt ein Kapitel "Einsegnung" mit den Abschnitten "Vorbereitung zur Konfirmation und Kommunion" und "Katechese mit Konfirmanden" (s. A. Anselm, Religionspädagogik im System Spekulativer Theologie. Untersuchungen zum Werk Christian Palmers als Beitrag zur religionspädagogischen Theoriebildung der Gegenwart, München 1982, 23 Anm. 10; vgl. Ch. Bizer, Art. Katechetik, in: TRE 17, 1988, 697).
(39) S. F. Jacobs, Die religionspädagogische Wende im Herbartianismus, Heidelberg 1969, 84.
(40) T. Ziller, Grundlegung zur Lehre vom erziehenden Unterricht, hrsg. v. T. Vogt, Leipzig 21884, 18.
(41) S. D. Benner, Die Pädagogik Herbarts. Eine problemgeschichtliche Einführung in die Systematik neuzeitlicher Pädagogik, Weinheim u. a. 1986, 22-28.
(42) Vgl. das berühmte Diktum aus der 3. Rede: "Darum ist jedem, der die Religion so ansieht, Unterricht in ihr ein abgeschmacktes und sinnleeres Wort." (F. Schleiermacher, Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern, Stuttgart 1969, 1799, 93).
(43) Bassermann, a.a.O., 1, Anm. 25.
(44) Ebd. 2.
(45) O. Baumgarten, Neue Bahnen. Der Unterricht in der christlichen Religion im Geist der modernen Theologie, Tübingen u.a. 1903.
(46) Am aufregendsten war der sog. Bremer Schulstreit (s. hierzu ausführlich P. C. Bloth, Die Bremer Reformpädagogik im Streit um den Religionsunterricht, Dortmund 1961). Die Breitenwirkung der Diskussion wird schon an einer zeitgenössischen (dem Religionsunterricht gegenüber kritischen) Umfrage unter Prominenten deutlich: F. Gansberg, Religionsunterricht? 80 Gutachten, Leipzig 1906.
(47) H. Spanuth, Was wir wollen, in: MERU 1, 1908, 4.
(48) M. Lobsien, Über Beliebtheit des Religionsunterrichtes in der Schule, in: MERU 1, 1908, 84.
(49) Ebd. 85.
(50) K. Wegenast, Geschichte der Religionspädagogik ­ Wozu eigentlich?, in: EvErz 31, 1979, 38; zu den Problemen des Religionsunterrichts im 3. Reich s. F. W. Kraft, Religionsdidaktik zwischen Kreuz und Hakenkreuz, Berlin u. a. 1996.
(51) S. W. Sturm, Religionsunterricht gestern heute morgen. Der Erziehungsauftrag der Kirche und der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, Stuttgart 1971; vgl. zur Periodisierung H. Schmidt, a.a.O., 46, Anm. 6, der drei Möglichkeiten nennt, mit denen Religionspädagogik versucht, dem Säkularisierungsprozeß zu begegnen bzw. ihn aufzunehmen: Zuordnung der religiösen Erziehung zum missionarischen Auftrag der Kirche; Anschluß an bestimmte Werte aus der Lebenswelt als Erziehungsziele; Ausgang von einem allgemeinen Religionsbegriff.
(52) S. K. Foitzik, Gemeindepädagogik. Problemgeschichte eines umstrittenen Begriffs. Gütersloh 1992. Hier wird auch der fast gleichzeitige Entstehungsprozeß von "Gemeindepädagogik" in der DDR rekonstruiert.
(53) S. G. Adam, Gemeindepädagogik. Erwägungen zu einem Defizit Praktischer Theologie, in: WuPKG 67, 1978, 333.
(54) Nipkow, a.a.O., 15, Anm. 6.
(55) H. Kittel, Religionspädagogik, Berlin 1970, hat den Schwerpunkt umfangsmäßig und inhaltlich im § 27 "Evangelische Unterweisung" (287-416), K. Frör, Grundriß der Religionspädagogik, Konstanz 21983 (1975) in den Überlegungen zur Didaktik (71-159) und zum Religionsunterricht (164-209).
(56) S. schon Nipkows wichtige Studie: Evangelisches Erziehungsverständnis und evangelische Schulen, in: Korrespondenzblatt Evangelischer Schulen und Heime 26, 1985, 1-64.
(57) Nipkow, a.a.O., 481-495, Anm. 6.
(58) S. die Rezension des Nipkowschen Buchs durch R. Lachmann in: ThLZ 116, 1991, 471.
(59) Nipkow, a.a.O., 69, Anm. 6.
(60) S. die Diskussion um Nipkows Vortrag: Kirchliche Bildungsverantwortung in Gemeinde, Schule und Gesellschaft unter ostdeutschen Bedingungen, in: R. Degen, G. Doyé [Hrsg.], Bildungsverantwortung der Evangelischen Kirchen in Deutschland, Berlin 1995, 131-160, ebd. 163-224.
(61) S. Anm. 16.
(62) Ebd. 39.
(63) S. Wickert, Institut Tübingen Projekt 16.233221 Item 3 (der Zusammenfassung). In diese Richtung weist auch der Befund der 3. EKD-Kirchenmitgliedschaftsumfrage Fremde Heimat Kirche (hrsg. von Evangelischer Kirche in Deutschland, Hannover 1993, 35), daß die Erwartung "Die evangelische Kirche soll einen Beitrag zur Erziehung der Kinder leisten" im Osten Deutschlands erheblich geringer (40 %) als im Westen (51 %) ist.
(64) H. Schmidt verfaßte die nach wie vor grundsätzlichste und umfassendste Religionsdidaktik der letzten 25 Jahre: Religionsdidaktik Bd. 1 und 2, Stuttgart u. a. 1982/1984.
(65) S. H. Schmidt, a.a.O., 92-123, Anm. 6.
(66) Ebd. 23.
(67) Ebd. 34.
(68) Ebd. 55.
(69) Ebd.
(70) S. G. R. Schmidt, a.a.O., 9, Anm. 6; zur grundsätzlichen Verhältnisbestimmung von Theologie und Pädagogik s. auch G. R. Schmidt, Religionspädagogik zwischen Theologie und Pädagogik, in: ThPr 22, 1987, 21-33.
(71)Schmidt, a.a.O., 11, Anm. 6.
(72) Ebd. 133 f.
(73) Ebd. 226 f.
(74) S. ebd. 202-206.
(75) S. ebd. 227 f.
(76)Ebd. 229.
(77) Ebd. 172.
(78) Ebd. 200.
(79) S. Mette, a.a.O., 206-214, Anm. 6.
(80) Ebd. 210.
(81) Ebd.
(82) Ebd. 214.
(83) Ebd. 18, Zitat von Köcher.
(84) Ebd. 21.
(85) Ebd. 28.
(86)Ebd.
(87) S. ebd. 44.
(88) S. ebd. 153-155.
(89) S. ebd. 53.
(90) Z. B. können von England die bezüglich der Vielfalt der christlichen Bekenntnisse jahrhundertelangen und der "multi-faith²-Kultur jahrzehntelangen Erfahrungen in dem sich verändernden Deutschland von Bedeutung sein (s. historisch: J. Murphy, Church, State and Schools in Britain 1800-1970, London 1971; J. J. Bagley, A. J. Bagley, The State and Education in England and Wales 1933-1968, London 1969; s. systematisch: M. Grimmit, What Can I Do in R.E.? A Guide to New Approaches, Hong Kong 21978; J. Hull, Mishmash. Religious Education in Multi-Cultural Britain, Birmingham 1991; bezüglich der US-amerikanischen Religionspädagogik s. z. B. G. Moran, Religious Education as a Second Language, Birmingham/Al. 1989).
(91) Z. B. ist von hier die in vielen englischen Schulen übliche Praxis der "assemblies² bzw. "collective worships² nach dem Reform Education Act von 1988 in ihrem "mainly and broadly Christian² Charakter kritisch zu hinterfragen (s. z. B. T. Cooling, A Christian Vision for State Education. Reflection on the Theology of Education, London 1994; S. A. Mabud, Muslim Response to Education Reform Act 1988, in: British Journal of Religious Education 14, 1992, 88-98). Grundsätzlich wissenschaftstheoretisch ist nach der neben der Pädagogik heranzuziehenden Bezugswissenschaft zu fragen: Religious Studies oder Theology oder beides? (s. hierzu grundlegend S. Hjelde, Die Religionswissenschaft und das Christentum. Eine historische Untersuchung über das Verhältnis von Religionswissenschaft und Theologie, Leiden u.a. 1994).