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Ausgabe:

März/1997

Spalte:

297–307

Kategorie:

Literatur- und Forschungsberichte

Autor/Hrsg.:

Hans-Ulrich Delius

Titel/Untertitel:

Das Corpus Augustinianum Gissense auf CD-ROM*

Nachdem hier (s. ThLZ 112, 1987, 730-734) die erste Doppellieferung des Augustinus-Lexikons angezeigt und der Abschluß des ersten Bandes dann ebenfalls gemeldet werden konnte, (s. ThLZ 120, 1995, 450-452) liegt nun der gesamte Text der Werke Augustins auf einer CD-ROM vor. Mit dieser hier vorzustellenden CD-ROM beschreitet auch die Theologische Literaturzeitung einen neuen Weg: Erstmals in ihrer 120jährigen Geschichte wendet sie sich diesem neuen Medium zu, so daß hier bewußt sehr ausführlich auch und vor allem auf den technischen Computerablauf eingegangen werden muß. Zugleich soll mit dieser bis ins Einzelne gehenden Darstellung auch all denen die Scheu vor dem oftmals weithin unbekanntem Computer und seinen Möglichkeiten genommen werden, die bisher noch wenig oder kaum Zugang dazu hatten. Erfahrungsgemäß besteht bei vielen ­ vor allem älteren ­ Wissenschaftlern eine gewisse Scheu vor dem doch nur sehr aufwendig zu erlernenden Finessen eines "Rechenknechtes". Daher sei in diesem Fall bei der doch erstmals möglichen Vorstellung einer solchen kompakten, umfangreichen CD etwas ausführlicher auf die Einzelheiten eingegangen. Außerdem werden doch hier und da nicht vermeidbare PC-Begriffe verwendet oder es wird auch schon auf die Abkürzungen der CD hingewiesen. Wer weiter wissenschaftlich tätig sein will, wird sich über kurz oder lang unweigerlich mit manchem "Computerchinesisch" beschäftigen müssen, denn diese CD-ROM ist nur der Anfang einer auch in den Geisteswissenschaften und speziell in der Theologie nicht mehr aufzuhaltenden Entwicklung.

Der 1983 mit Hilfe des Rechenzentrums der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg erstellte EDV-Text der Werke Augustins löste in den vergangenen Jahren in der Fachwelt eine erstaunliche, weil unerwartete Resonanz aus. Sein jederzeit abrufbarer Index informierte ja bisher schon schnell und zuverlässig über sämtliche Stellen eines gesuchten Wortes im augustinischen ‘uvre. Gelehrte aus aller Welt, Theologen und Philosophen, Sprachwissenschaftler und Historiker, Soziologen und Juristen, selbst Politiker in höchsten Staatsämtern erbaten seitdem einschlägige Informationen, wie das Benutzerhandbuch zur CD-ROM informiert. Mit dazu beigetragen hat sicherlich die in meinen beiden Rezensionen in der ThLZ veröffentlichte Adressenliste, an die die Anfragen zu richten waren. Diese intensive Nachfrage bestätigte abermals die überragende Bedeutung Augustins für die abendländische Kultur- und Geistesgeschichte. Sie war aber zugleich auch der Auslöser zu dem breit angelegten jetzigen Vorhaben, das augustinische EDV-Textkorpus zu vervollkommnen und mit Zusatzinformationen versehen der Wissenschaft nun direkt zur Verfügung zu stellen.

Diese Vervollkommnung bezog sich auf eine Verbesserung des nun auch die Herkunft der Zitate kennzeichnenden Textes sowie auf eine (Roh-)Lemmatisierung des Index; die Zusatzinformationen betrafen die Erschließung der Primär- und Sekundärliteratur zum augustinischen Gesamtwerk nach dem Stichwortverzeichnis des Augustinus-Lexikons mittels der Elektronik. Beide Aufgaben wurden bisher an der Universität Gießen von wissenschaftlichen Hilfskräften in Zusammenarbeit mit dem dortigen Hochschulrechenzentrum in Angriff genommen und auf den gegenwärtigen Stand gebracht. Von hier aus erklärt sich auch der Werktitel Corpus Augustinianum Gissense (CAG).

Der weitere Ausbau der Texte durch Aufnahme noch zu erwartender kritischer Editionen sowie durch eine Fein-Lemmatisierung des Index, eine praktisch infinite Aufgabe, wurde zunächst an der Universität Gießen, ab Frühjahr 1996 dann im Augustinus-Institut in Würzburg weitergeführt. Verlegerisch wird das CAG wie schon das Augustinus-Lexikon vom renommierten Verlag Schwabe & Co. AG, Basel, betreut, der schon 1506, damals J. Amerbach, die erste Augustin-Gesamtausgabe herausbrachte.

Das Corpus Augustinianum Gissense (CAG) auf CD-ROM umfaßt in der nun vorliegenden 1. Auflage das gegenwärtig mehr als 5 Millionen Wörter zählende und linguistisch aufbereitete vollständige literarische Werk Augustins. In dem jeweils aus den besten kritischen Editionen zusammengestellten Basistext wurden sämtliche Zitate ihrer Herkunft nach gekennzeichnet. Das CAG verfügt über einen bereits lemmatisierten Index. Darüber hinaus gibt es aber zusätzlich noch Auskunft über rund 20.000 Titel Sekundärliteratur, die nach dem Stichwortverzeichnis des Augustin-Lexikons erschlossen sind. Diese Bibliographie ist für manche Benutzer sicher sogar noch wichtiger und bedeutender als das CAG, weil auch hier die Suchfunktion einfach überwältigend ist ­ überwältigend in ihrer Einfachheit, Treffsicherheit und Akribie. Aber greifen wir nicht vor.

1981 hatte die Deutsche Forschungsgemeinschaft zur Herstellung der EDV-Wordkonkordanz nur begrenzte Mittel zur Verfügung gestellt sowie die Arbeit auf zwei Jahre limitiert. So konnte damals natürlich nur das Notwendigste in den Computer eingespeichert werden. Daraus ergaben sich aber drei weitere Aufgaben, die an der Justus-Liebig-Universität Gießen von wissenschaftlichen und studentischen Hilfskräften in Zusammenarbeit mit dem dortigen Hochschulrechenzentrum bewältigt wurden, nämlich die unerläßliche Textpflege, da die Auswertung des EDV-Textes ihre Grenze findet in der Vollständigkeit und Fehlerfreiheit der ihr zugrundeliegenden Schriften. Aus diesem Grunde ist die Textpflege eine zentrale und wohl auch permanente Aufgabe der Augustin-Forschung, die auch nun noch nicht erledigt ist. Dem seinerzeit erstellten EDV-Text lagen zwangsläufig unterschiedliche, auch unkritische Editionen zugrunde. Erschien seitdem in einer kritischen Edition nun ein neuer Text ­ bei 18 Werken, 2 Briefen und über 100 Predigten war dies bisher der Fall ­, so wurde der unkritische ersetzt. Selbstverständlich wurden auch die 1990 in Mainz aufgefundenen 26 Predigten samt der jüngst in Heidelberg gefundenen in das CAG integriert. Der Gießener EDV-Text bemüht sich bis in die Seiten- und Zeilennumerierung hinein um Editionstreue. Lediglich eindeutige Textfehler, auch die Seiten- und Zeilennumerierung betreffende, wurden korrigiert. Des weiteren wurden die Schriften Augustins möglichst in der Reihenfolge ihrer Entstehung geordnet. Sie bieten somit einen Einblick in die Entstehung und gegebenenfalls auch in den Wandel einiger augustinischer Begriffe.

In bezug auf die zahlreichen Zitate gab der 1983 geschaffene augustinische EDV-Text mittels eines neunstufigen Schemas nur darüber Auskunft, ob ein Zitat der Bibel, der Schrift eines anderen Autors oder einer früheren Augustin-Schrift entnommen ist. In den Jahren 1993 und 1994 wurde jeder von der Edition als Zitat gekennzeichnete Text auf seine Herkunft hin überprüft und mit detaillierten Quellenangaben versehen. Der Gießener Text gibt folglich exakt Auskunft über die Quelle der jeweiligen Zitate, z. B. Rm 5,5 oder Cic. Hort. frg. 107 Grilli. Die teilweise ungewohnten Abkürzungen richten sich nach dem Augustinus-Lexikon und dürften nun der Standard werden. Wieder ermöglichen die weithin chronologisch geordneten Texte auch hier einen Einblick in die Bedeutung einzelner Autoren oder Bibelstellen zu bestimmten Zeiten der geistigen Entwicklung Augustins.

Bereits bei der Herstellung des Wortformenindex tauchte bei den Bearbeitern die Frage nach dessen Vervollständigung durch eine sogenannte Lemmatisierung, also die Zuordnung der aktuell vorkommenden Wortformen zu ihrer jeweiligen Grundform: Nominativ oder 1. Person Singular auf. Sie wurde von namhaften Philologen empfohlen und im Jahre 1987 in Angriff genommen. Um das Projekt möglichst zügig voranzutreiben, wurden auf der Lemmaebene bestimmte Beschränkungen und gewisse philologische Unschärfen in Kauf genommen. Es kam zu einer gewissermaßen rohen Lemmatisierung, die sich dann in einer sog. Stopliste ausdrückt, die auf S. 69 des Benutzerhandbuches ausgedruckt wird. Sie enthält Wörter, die auf Grund ihres häufigen Vorkommens aus Zeitgründen nicht lemmatisiert wurden wie etwa a, ad, autem, cum, de, enim, illa, ille, tamen, ut usw. Auch wurden substantivierte Adjektive oder adjektivische Partizipien im allgemeinen den zugehörigen Adjektiven bzw. Verben zugeordnet. Das ist jedoch, wie ausdrücklich festgestellt werden muß, durchaus kein Mangel, sondern es ist dies eher ein Vorteil für den Benutzer. Auch hier erfolgte die Aufnahme zu etwa 75% automatisch über ein Computer-Programm, doch konnten zahlreiche Homographen, Wörter gleicher Schreibweise, aber verschiedener Bedeutung, nur durch fundierte Einzelentscheidungen von Philologen bewältigt werden. Dank dieses zeit- und kostenintensiven Arbeitsschrittes wird dem Benutzer der Gießener Augustin-Texte nunmehr die Möglichkeit eröffnet, ohne aufwendige Rücksichtnahme auf die verschiedenen Flexionen oder auf mögliche Homographen oder Heterographen den gewünschten ­ und nur den gewünschten ­ Begriff in allen seinen vorhandenen Formen zu finden.

So präsentiert die Eingabe der Wortform malo ohne den Lemmatisierungsoperator mehrere Grundformen, nämlich malus/3, malum/-i/"pomum, malo/malle. Die Angaben hinter dem Schrägstrich "/" geben dabei Informationen über Konjugation bzw. Deklination bzw. Bedeutung oder Herkunft des Lemmas an. Mit dem Lemmatisierungsoperator hingegen folgt auf die Eingabe der Grundform ausschließlich das Lemma mit den zu ihm gehörenden Formen. Schließlich vermeidet die Unterscheidung von Groß- und Kleinschreibung die Verwechslung von Benennungen und Eigennamen, z. B. maria oder Maria.

Das CAG übernimmt das von Karl Heinz Chelius im Augustinus-Lexikon (Band I, S. XXVI-XLII) zusammengestellte und seitdem aktualisierte Verzeichnis der Werke Augustins in einer von demselben erweiterten Form. Dieses in seinem Umfang einmalige, auch die Epistulae und die Sermones einzeln aufzählende Werkverzeichnis informiert den Benutzer 1. über die authentischen Titel aller augustinischen Schriften, inklusive der verlorengegangenen, 2. über die Abkürzung dieser Titel im Augustinus-Lexikon, 3. über die kritisch ausgewählte, derzeit beste Edition mit Band- und Seitenangaben, 4. über das eventuelle Vorhandensein nichtaugustinischer Texte innerhalb eines augustinischen Werkes und deren Zitationsweise (z. B. Fausti uerba = Faust. A. c. Faust.). Da die Werke Augustins im CAG chronologisch geordnet sind, fügt das CAG diesem alphabetisch geordneten Werkverzeichnis noch ein zweites, soweit möglich die Entstehungszeit der einzelnen augustinischen Opera berücksichtigendes hinzu. Die alphabetisch sortierte Liste der Werke kann man auf der CD aufrufen, indem man im Feld AL [d. h. Augustinus-Lexikon]-Werkkürzel die -Taste betätigt; das ausführliche Werk- und Editionsverzeichnis wird präsentiert, wenn man im Feld CAG-Textsuche und drückt.

Die technischen Voraussetzungen zum "Abspielen" der CD sind, da weithin auf DOS basierend, vergleichsweise bescheiden. Es muß sich um einen IBM-kompatiblen PC handeln (also Macintosh/Apple können nicht benutzt werden!), auf dem Arbeitsspeicher müssen mindesten 512 Kilobyte frei sein, der Festplattenspeicher muß wenigstens noch 2 freie Megabyte haben und natürlich muß ein CD-Laufwerk vorhanden sein. Die mitgelieferten zwei Disketten, eine für DOS und eine für WINDOWS werden je nach Rechner installiert, wobei sich ein eigenes Verzeichnis aufbaut. Der (farbige) Windows-Rechner hat danach ein hübsches Symbol auf dem Desktop, mit dem sich jederzeit das Programm CAG aufrufen läßt. Ob bei den bescheidenen Systemvoraussetzungen ein befriedigender schneller Ablauf möglich ist, konnte nicht nachgeprüft werden, diese Rezension erfolgt mit einem Rechner, auf dem Windows95, ein Pentium-Prozessor sowie ein Arbeitsspeicher von 32 MByte RAM installiert sind. Das (inzwischen überholte) Double-Speed-CD-Laufwerk brachte dennoch eine befriedigende, völlig ausreichende Geschwindigkeit beim Blättern in der CD.

Die Wirkungsgeschichte des Augustin von Hippo schlägt sich nicht zuletzt in der auf weltweit insgesamt ca. 50.000 Titel geschätzten Sekundärliteratur zu seiner Person und seinem Werk nieder. Im Augustinus-Lexikon wird zu den einzelnen Artikeln über die wichtigste einschlägige Literatur Auskunft erteilt. Aus dieser Aufgabe erwuchs 1983 an der Justus-Liebig-Universität Gießen als ein weiteres der Augustin-Forschung dienendes Sonderprojekt die bibliographische Aufarbeitung der vorhandenen Augustin Primär- und Sekundärliteratur mit Hilfe einer Datenbank. Die Vorteile der Datenbank liegen auf der Hand: Die elektronische Speicherung gestattet eine prinzipielle Unabgeschlossenheit und ermöglicht die ständige Vervollkommnung des Informationsbestandes sowie eine denkbar schnelle und gründliche Recherche hinsichtlich der sieben Rubriken Autor [AUtor], Titel [TITel], Bibliographische [BIBliographische] Angaben (Erscheinungsort oder Name und Nummer der Zeitschrift etc.), Bemerkungen [BEMerkungen] (z. B. Wirkungsgeschichte oder Augustin-Textausgabe; sofern diese Angaben vorliegen, handelt es sich hierbei um nicht suchbare Zusatzinformationen), Quelle [QUElle] der Information, Gattung [GATtung] (Monographie, Zeitschriftenartikel etc.) und inhaltliche Referenzen [REFerenzen].

Ein Beispiel (auch aus dem Bedienerhandbuch S. 8):

AUTor Madec, Goulven
TITel Si Plato viveret (Augustin, "De vera religione" 3,3)
BIBliographie Néoplatonisme. Mélanges offerts à Jean Trouillard, Fontenay-aux-Roses 1981, 231­247
BEMerkungen
QUElle REAug 28/1982 (1981) 133
GATtung Festschrift
REFerenz De uera religione; deus; Plato, Platonici Platonicorum libri.

Die inhaltlich wichtigsten Auskünfte erhält der Benutzer unter der Sparte Referenz ­ eine Art Sachkatalog nach der Nomenklatur des Augustinus-Lexikons. Eine vollständige Stichwortliste wird im Anhang dargeboten. Unter jener Rubrik erfährt man, daß z. B. in diesem Madecschen Aufsatz über De uera religione, über Augustins Gottesbild sowie über seine Einstellung zu Plato und zum Platonismus Auskunft gegeben wird. Umgekehrt erhält der Benutzer bei der Frage nach dem Stichwort deus den Verweis auf die Studie Madecs sowie auf alle weiteren erfaßten Arbeiten zu diesem Thema samt allen zugehörigen Informationen.

Die Gießener Datenbank zur augustinischen Sekundärliteratur ist inzwischen ein vielbegehrtes Arbeitsinstrument der Augustinus-Forschung geworden. Die anfangs lediglich von studentischen Hilfskräften angelegte Datei wird seit einigen Jahren nicht nur erweitert, sondern nach Möglichkeit auch korrigiert. Da bislang jedoch nur ein Teil der mittlerweile rund 20.000 Dokumente detailliert überprüft werden konnte, kann allerdings von Fehlerfreiheit noch nicht die Rede sein. Im Blick auf ihre Vervollkommnung ­ sie ist praktisch eine unendliche Aufgabe ­ wäre es wünschenswert, wenn die Benutzer festgestellte Mängel der Redaktion des Augustinus-Lexikons anzeigten und die Autoren Aufschlüsselungen ihrer Publikationen nach dem gezeigten Muster den Bearbeitern zukommen ließen.

Das CD-ROM-Projekt wurde nun schon 1991 ins Auge gefaßt. Das CAG strukturiert seinen Grundtext sowohl nach dem Aufbau der Werke wie auch nach dem der Editionen. Albicerius z. B. befindet sich im Werk Acad. (= De Academicis) 1,18 (Titel, Buch, Paragraph) und in der Edition CCL 29,13,45 (= Corpus Christianorum Latinorum, Band, Seite, Zeile). Diese Doppelreferenz ist am Bildschirm stets ablesbar. Sie erleichtert das Nachschlagen beträchtlich und erlaubt auch das Auffinden in anderen, älteren Editionen, so daß man durchaus auch noch etwas in der alten Patrologie von Migne finden kann bzw., was noch viel wichtiger ist, mittels dieser Hilfe auf moderne Ausgaben umstellen kann.

Hervorragend ist die Textsuche aufgebaut. Sie weist nach Eingabe eines bestimmten Begriffs sofort alle Fundstellen mit der Trefferzahl nach. Die Anzeige bietet dann sowohl eine übersichtliche Ergebnisliste der den Suchbegriff beinhaltenden Dokumente als auch optional einen sogenannten KWIC (keyword in context), der den gesuchten Begriff kontextuell wiedergibt. Dieser Kontext kann auf bis zu 6 Zeilen erweitert werden. Auf diese Weise vermag der Benutzer über den Begriffsgehalt des gesuchten Wortes stets auch eine umfassendere Information zu gewinnen. Durch die vielfältigen Möglichkeiten, Suchbegriffe zu verknüpfen, sind auch Wortgruppen leicht abrufbar. Bei häufiger vorkommenden Begriffen können sinnvolle und genaue Einschränkungen auf eines oder mehrere Einzelwerke vorgenommen werden. Die CD-ROM-Retrievalsoftware bietet darüber hinaus eine Reihe nützlicher Operationen und Optionen, welche die Suchmöglichkeiten unterstützen und verfeinern (Einzelheiten s. weiter unten). Ein zusätzliches Auswertungsprogramm liefert Informationen über die Verteilung der Belegstellen eines gesuchten Wortes. Daran wird ersichtlich, welche Rolle das recherchierte Wort in der Relation zu allen übrigen sowohl in einem Einzel- als auch im Gesamtwerk spielt.

Besonders interessant war für den Rez. nun die Literaturrecherche. Dem CAG ist die oben dargestellte EDV-Dokumentation der Augustin-Literatur mit einem eigenen Suchprogramm beigefügt. Die Programme erlauben jederzeit einen schnellen Wechsel vom Textbereich des CAG in jenen der Literatur und umgekehrt. Selbstverständlich kann auch die Literaturrecherche durch Verknüpfung verschiedener Referenzen thematisch präzisiert werden. Damit ergibt sich ein nicht mehr zu übertreffendes Arbeitsinstrument, von dem man nur hoffen kann, daß auch die restlichen Titel im Laufe der Zeit noch verifiziert werden können. Hieraus entsteht jedoch gleich eine Frage: Bei dem horrenden, aber durch den Arbeitsaufwand sicher gerechtfertigten Preis wird kaum eine Bibliothek, geschweige denn ein Einzelbenutzer die zweite Auflage in gleicher oder ähnlicher Höhe bezahlen können. Es ist in der Computerwelt üblich, ein Update entweder kostenlos oder doch zu wesentlich geringeren Preisen zu vertreiben. Da ein Update für eine CD-ROM nicht möglich ist, wäre möglicherweise die zweite Auflage nur gegen die Rückgabe der ersten "Scheibe" möglich. Bei der zweiten Auflage sollte der Verlag daher sehr sorgfältig den Modus procedendi und die Kostenfrage erwägen, um die schon arg gebeutelten Bezieher dieser m. W. teuersten CD-ROM im europäischen Raum nicht doch noch zu verschrecken.

Immerhin, die hier vorgestellte Kombination von Volltextinformation mit Zitatauszeichnung auf der Basis einer soweit wie möglich chronologisch geordneten Werkfolge, von Wortformen- und Lemmarecherche sowie von rascher Auskunft über die vorhandene augustinische Primär- und Sekundärliteratur macht das Corpus Augustinianum Gissense zu dem derzeit unübertroffenen und wirklich bestem Arbeitsinstrument der Augustin-Forschung, das auf diese Weise auch den hohen Preis rechtfertigt.

Das CAG auf CD-ROM zeichnet sich nicht nur durch die Fülle rascher und zuverlässiger Informationen, sondern auch durch einfache Handhabung aus. Dies soll an einigen Beispielen aufgezeigt werden. Nachdem die Retrievalsoftware installiert wurde, startet man das CAG durch Eingabe von CAG oder bei WINDOWS durch Doppelklick auf das hübsche Symbol. Schon erscheint auf dem Bildschirm das älteste Augustin-Bild aus der Bibliothek des Lateran. Dieses Bild wird nach einigen Augenblicken abgelöst durch die in Felder aufgeteilte Standardsuchmaske des CAG. Die Wortsuche findet im oberen Feld (CAG-Textsuche) statt. Eine mögliche Einschränkung der Suche auf Einzelwerke erfolgt im Feld AL-Werkkürzel (siehe die jederzeit mit zur Verfügung stehende elektronische Übersicht oder auch mit die Hilfe-Funktion) Der untere Teil der Maske dient dem Zugang zur Literaturdatenbank.

Interessiert man sich nun für die Wortform ueritas und die Häufigkeitsverteilung, und zwar nur für den Nominativ Singular in allen Texten, so tippt man ueritas im Feld CAG-Textsuche ein und erteilt durch Betätigung der Enter-Taste den Suchbefehl. Kurz darauf erscheint die Anzahl der gefundenen Dokumente auf der rechten Seite der Suchmaske: 1216 für ueritas. Eine Übersicht über die absoluten Häufigkeiten der gesuchten Wortform ueritas erhält man dann durch Betätigung der Tastenkombination + . Aus dieser Funktion, die auch für eine Lemmasuche möglich ist, ersieht man in den einzelnen Spalten weiterhin die absolute Anzahl einer/eines gesuchten Form/Lemmas in einem einzelnen Werk, die relative Zahl dieses Vorkommens in bezug auf den Gesamtbestand, die erwartete Häufigkeit angesichts des Umfangs eines bestimmten Werkes sowie einen Kennwert für die Relation von erwarteter zu faktischer Häufigkeit des Gesuchten innerhalb eines jeweiligen Werkes.

Ein weiteres Beispiel: Die Häufigkeitsverteilung bei der Suche nach l:Manichaeus (Lemma Manichaeus) zeigt, daß in c. Faust. und in c. Fel., dezidiert antimanichäischen Werken, die Häufigkeit des Vorkommens deutlich über dem Erwartungswert liegt.­ Die Verteilung nach der Suche von l:gratia macht deutlich, wie das Thema "Gnade" in den philosophischen Frühschriften keine bedeutende, dagegen in Simpl. und vielen folgenden Schriften eine überragende Rolle spielt. Diese Häufigkeitsverteilung steht dann in gleicher Weise nach der Suche mit den Operatoren g:, k:, h:, 1:g:, 1:k: und l:h: zur Verfügung.

Nach einer Suchanfrage zeigt ein Druck auf die Taste auf dem Bildschirm die einzelnen Dokumente der Treffer aus dem im CAG weithin chronologisch geordneten augustinischen (‘uvre an. Über die Taste könnte man nunmehr die Fundstellen einzeln im Kontext der Dokumente abrufen. Interessiert man sich für ueritas nun nur in der Schrift De doctrina christiana, so bewegt man den Leuchtbalken innerhalb der Belegstellenliste zu dieser Schrift. Alternativ kann man die Suche von vornherein im zweiten Feld der Suchmaske durch Eingabe des Werkkürzels doctr. chr. einschränken. Das CAG meldet 15 Fundstellen von den insgesamt 236 Dokumenten dieser Schrift. Zu den einzelnen Treffern gelangt man aber auch in diesem Fall über die Belegstellenliste durch die Taste .

Besonders interessant ist auch die zweifache Stellenreferenz der Texte auf dem CAG und die zusätzliche Auskunft über die Herkunft eines Zitates. Nehmen wir an, man will die ueritas-Stelle aus dem zweiten Dokument aus De doctrina christiana einsehen. Man bewegt nun den Leuchtbalken dorthin und betätigt die -Taste. Auf dem Bildschirm erscheint der in seinem Kontext optisch hervorgehobene und vom Cursor angezeigte Treffer (bei mehreren der erste). Der Fundort des gesuchten Wortes wird, zweifach angezeigt, einmal über die Werkstruktur in der Kopfzeile ­ gegebenenfalls ergänzt durch eine dem Werk entnommene zusätzliche Überschrift ­, sodann über die Editionsstruktur in der Fußzeile angegeben. Im vorgegebenen Fall liest man in der Kopfzeile: doctr. chr. prooem., 8: De doctrina christiana libri quattuor. Ist nun der Titel mit Pünktchen abgekürzt, so kann man den Volltitel mit einblenden und kommt wieder zurück mit der Escape-Taste. In der Fußzeile erscheint CCL 32, p. 5/130, was so viel heißt wie Corpus Christianorum Latinorum, Band 32, pagina 5, Zeile 130. Da allerdings ueritas an dieser Stelle Teil eines Bibelzitates ist und der Cursor sich innerhalb dieses Zitates befindet, eröffnet das CAG auf dem Bildschirm unterhalb der Kopfzeile eine zweite optisch hervorgehobene Zeile mit der Auskunft, das Zitat der Zitatstufe 1 stamme aus dem Johannesevangelium, Joh. 14,6. Tragen augustinische Werke Protokollcharakter (z. B. c. Fel.), erscheint vor der Zitatstufenangabe der zusätzliche Hinweis Acta. Interessiert man sich nicht nur für den Nominativ Singular, sondern für alle Wortformen von ueritas, so gibt man auf der Suchmaske im Feld CAG-Textsuche ueritas als Lemma ein. Also: I:ueritas, wobei I den Lemmaoperator bezeichnet. Nun sucht das System sämtliche Formen von ueritas also ueritatis, ueritati etc. sowie ueritasque und ähnliches. Zahlen und Zahlworten zugrundeliegenden Lemmata findet man im Index unter l:num.

Die lateinische Sprache hängt gelegentlich Partikel (-que oder -ue) an Wörter an. Um sie auf der Wortformebene als Wortbestandteil differenziert erfassen zu können, bietet das CAG die Suche mit den vom PC her bekannten Platzhaltern (*, ?, !) an. Man gibt z. B. uerita* ein. In diesem Fall öffnet sich zunächst ein Fenster auf der rechten Seite der Suchmaske mit sämtlichen im Textcorpus vorhandenen Deklinationsformen von ueritas einschließlich ggf. der genannten Partikel. Unter Umständen will man nun aber auf die eine oder andere Wortform verzichten. Ganz einfach, versieht man diese mit dem Minuszeichen der Mathematik <->, wird sie der Computer übergehen. Generell kann man auch in der Liste einzelne Wortformen mit der Plustaste markieren, mit der Minustaste ausschließen und schließlich und endlich die Suche der markierten Wortformen mit der Entertaste auslösen.

Etwa 20% der augustinischen Wörter sind nun aber Homographen (s. oben), zahlreiche Wörter werden heterograph geschrieben. Das CAG erweist sich gerade bezüglich der Differenzierung zwischen den Homographen sowie der Integration der Heterographen als ungemein hilfreich, was folgende Beispiele zeigen: Gesucht seien jene Stellen in De doctrina christiana, in denen Augustin von lex redet. Ohne den Lemmaoperator müßten nach der Werkauswahl von doctr. chr. mühsam die einzelnen Wortformen lex oder legis oder legi etc. eingegeben werden. Dieses Verfahren ergäbe bei zusätzlicher Eingabe von doctr. chr. im AL-Werkkürzel-Feld die Anzahl von 20 Dokumenten. Dabei werden die Homographen des Verbs legere (=lesen), nämlich legis, legi, mitgetroffen. Sucht man aber nach l:lex, d.h. nach dem Lemma lex mit dem Lemmaoperator 1, so erhält man lediglich 18 Dokumente. Sie gehen alle auf die Grundform lex und nicht auf die von lego zurück ­ Die Nützlichkeit der Suche mit dem Lemma-operator erweist sich ebenso auf dem Gebiet der uneinheitlichen Rechtschreibung lateinischer Wörter. Bei der Suche lediglich nach Hierusalem* finden wir 259 Dokumente, entschieden weniger Stellen als bei der Suche nach l:Hierusalem (Hierusalem als Lemma, Ergebnis 610 Dokumente), weil bei letzterer Anfrage die Schreibformen von Hierosolyma, Hierosolymae, Ierosolymis etc. mitgesucht und mitgefunden werden. In Ergänzung mit einer weiteren Funktion können bestimmte Wortformen eines ganz bestimmten Lemmas gesucht werden, ohne daß homographe Wortformen eines anderen Lemmas mitgetroffen werden. Suchen wir z. B. nach der Wortform malo des Lemmas malum/-i/"pomum, können wir entsprechende Formen von malus/3 ausschließen und die Trefferzahl von 860 auf die 2 gesuchten reduzieren, wenn wir folgenden Suchbefehl erteilen: malo ^ l:malum (^ ist der CAG-Operator: Die Wortform malo soll zugleich zum Lemma malum/-i/"pomum gehören).

Sehr hilfreich ist auch die Suche nach Eigennamen. Das CAG schreibt die Namen nach den Regeln des Augustin-Lexikons mit großem Anfangsbuchstaben. Sucht man nach dem Nominativ und Akkusativ Plural von mare, also maria, werden 28 Treffer angezeigt. Sucht man dagegen nach dem Namen Maria in dieser Schreibweise, also mit großem Anfangsbuchstaben, werden die passenden 296 Dokumente angezeigt. Dasselbe Prinzip gilt für die Suche auf Lemmaebene, z. B. bei der Unterscheidung zwischen der Suche nach l:k:exodus [Auszug] (ein Dokument) und nach l:g:Exodus [Bibelbuch] (41 Dokumente).­ Augustin verwendet gelegentlich griechische Begriffe mit griechischen Buchstaben. Diese Wortformen sind im CAG in der DOS-Version in lateinische Buchstaben transkribiert und farbig gekennzeichnet. Über den Operator h: bzw. I:h: (Lemma) können sie gleichwohl gezielt gesucht werden. So ergibt die bloße Suche nach einem alleinstehenden a (lateinisches a oder griechisches Alpha) 11596 Dokumententreffer, hingegen die gezielte Suche nach h:a (Alpha) die gewünschten 2 Dokumente.

Mit der Zitatsuche macht das CAG nun endgültig mit den alten bisherigen Möglichkeiten ein Ende. Das CAG verzeichnet, den jeweiligen Editionen folgend, die Herkunft der Zitate im augustinischen Textcorpus, und es teilt alle Arten der Zitate formal in folgende 9 Kategorien auf: 1.) Bibelzitat; 2.) Zitat von einem anderen Schriftsteller bzw. aus einer anderen schriftlichen Quelle; 3.) Bibelzitat innerhalb der Kategorie 2; 4.) Selbstzitat Augustins; 5.) Bibelzitat innerhalb der Kategorie 4; 6.) Augustinzitat innerhalb der Kategorie 2; 7.) Zitat eines anderen Schriftstellers innerhalb der Kategorie 2; 8.) Bibelzitat innerhalb der Kategorie 7; 9.) Selbstzitat innerhalb der Kategorie 2. Diese Aufteilung ermöglicht nun ein gezieltes Abrufen der Zitate unter verschiedenen Optionen, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Nehmen wir an, man will wissen, wo Augustin in De uera religione den Römerbrief zitiert. Das Vorgehen dabei ist folgendermaßen: Nach Auswählen des Werkes uera rel. auf der Ebene der Werksuche ist in das Feld der CAG-Textsuche q:Rm (q ist der Zitatquellenoperator und Rm natürlich die Abkürzung für den Römerbrief) einzugeben und die Suche zu starten. Man erhält die Treffer in 6 Dokumenten. Oder ganz anders: Man möchte wissen, an welchen Stellen in De doctrina christiana Augustin sich auf eine ciceronianische Schrift bezieht. Nach dem Auswählen des Werkes doctr. chr. gibt man die Suche q:Cic (Zitatquellenoperator und Abkürzung für Cicero) ein. Die CD-ROM präsentiert daraufhin 5 Dokumente. Ähnlich erfolgt das Vorgehen bei der Suche nach Selbstzitaten etwa in den Retractationes. Wo z. B. zitiert Augustin darin sein eigenes Werk De doctrina christiana? Wenn man nach der Werkauswahl von retr. die Suche q:doctr. chr. eingibt, findet man 4 Stellen in 2 Dokumenten der Retractationes. In diesem Zusammenhang ein Hinweis: Die Werkauswahl reagiert empfindlich auf eine falsche Eingabe, einen falschen Buchstaben oder gar auf einen fehlenden Punkt hinter dem Werke-Kürzel. Man muß sich also unbedingt an die Abkürzungen des Augustin-Lexikons halten. Das Benutzer- oder Bedienerhandbuch listet sie auf Seite 96ff. aber auf und es empfiehlt sich, beim Arbeiten mit der CD diese Liste immer bereit zu halten. Da in diesem Verzeichnis der Werke Augustins aber immer auch gleich die Fundstellen, die man ja hier nicht benötigt, mit angegeben sind, ist die Liste unhandlich und es empfiehlt sich das Anlegen einer eigenen, die wirklich nur die Kürzel in der alphabetischen Reihenfolge enthält. Für eine Neuauflage wäre hier eine extra neben den PC zu legenden Faltkarte o. ä. zu wünschen, die nur die Kürzel enthält und die Aufzählung z. B. der s.[Sermones] oder Ep.[Epistulae] wegläßt.

Eine komplexere Form der Zitatsuche ist nun ebenfalls möglich. An welchen Stellen unseres Corpus führt Augustin Bibelzitate (Zitatstufe 1) an, die das Wort lex beinhalten? Man geht so vor: Auf die Eingabe von z1:lex (Befehl: Suche nach lex mit dem Bibelzitatoperator z 1) hin werden die in 336 Dokumenten gefundenen Bibelzitate mit dem Terminus lex angegeben. Freilich gilt das gleiche Verfahren mutatis mutandis für alle 9 Zitatkategorien und kann auch mit dem Lemmaoperator kombiniert werden. Noch ein Beispiel: In welchen Dokumenten gebraucht Augustin Formen des Lemmas deus im Zusammenhang von Matthäuszitaten? Die Suchanfrage lautet: l:deus ^ q:mt (^ war ja der CAG-Operator: Formen des Lemmas deus sollen zugleich Teil eines Matthäuszitates sein). Das Ergebnis zeigt 465 Dokumente.

Auch die Suche nach zusammenhängenden Wortgruppen und ganzen Sätzen ist möglich. Man kann auf dem CAG ganze Sätze wiederfinden ­ z. B. die vielzitierte Stelle "noli foras ire, in te ipsum redi. in interiore homine habitat ueritas". Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: Zunächst die über die normale Wortformsuche mit noli (oder auch mit foras oder mit ire etc.), wie bereits beschrieben. Man erhält Treffer in 1184 Dokumenten, darunter auch die gewünschte Stelle, jedoch viel zu umständlich. Um die gewünschte Fundstelle zu "noli foras ire" unmittelbar und ausschließlich zu erreichen, kann die Suche durch die Wortabstandssuche, d.h. durch die Eingabe noli /w1 foras (/w1 = die Worte noli und foras sollen unmittelbar aufeinander folgen, also einen Wortabstand von eins haben) spezifiziert werden. Das Resultat ist die gewünschte Stelle: uera rel. 72.

Das CAG ermöglicht durch die verschiedenen Operationen und Operatoren ein sinnvolles thematisches Recherchieren: Die Suche nach l:Stephanus (sc. martyr) erbringt 125 Treffer. Interessiert man sich speziell für Sätze, in denen Augustin Stephanus im Zusammenhang mit Paulus bzw. Saulus zur Sprache bringt, so gibt man folgenden Befehl ein: I:Stephanus und l:?aulus (alle Formen von Stephanus, die mit einer Form von Saulus oder Paulus in einem Dokument stehen). Der Rechner präsentiert nach Auswahl von Saulus und Paulus auf dem Bildschirm 47 Dokumente mit einer Vielzahl von Stellen. Die Treffer werden noch spezifischer, wenn man l:Stephanus /s0 l:?aulus (Stephanus und Paulus/Saulus in ein und demselben Satz, also Satzabstand 0) eingibt. Die Zahl der Dokumente reduziert sich auf 24.

Will man eine gewünschte Information themenbedingt auf einen bestimmten Teil der Schriften einschränken, so gibt man das Werkkürzel unter der Rubrik AL-Werkkürzel der Suchmaske ein. Die Suche nach gemeinsamem Vorkommen z. B. der Lemmata l:ueritas und l:auctoritas ergibt 309 Dokumente, nach Einschränkung auf die Epistulae mit ep. reduziert sich die Anzahl auf 43. Diese phantastische Möglichkeit, den Stoff einzugrenzen (oder auch auszugrenzen), erleichtert das gezielte Arbeiten über ein augustinisches Thema außerordentlich!

Will man nun aber eine augustinische Schrift, Predigt oder einen Brief als Ganzes, gewissermaßen als Ersatz für eine (nichtvorhandene) gedruckte Ausgabe lesen, so gibt man den gewünschten Titel, z. B. uera rel., im Suchfeld für Werkkürzel ein. Man erhält so die betreffende Schrift, aufgeteilt und dargeboten in ihren Dokumenten bzw. Paragraphen. Man kann nun auf dem Bildschirm die genannte Schrift ganz oder auch in Teilen lesen ­ die Auswahl einzelner Dokumente erfolgt mittels des Cursors ­, auf den eigenen Rechner exportieren oder sogar ausdrucken. Für Darstellung, Druck und Export stehen wiederum verschiedene Optionen offen, zwischen denen man sich entscheiden kann, wenn man sich über die -Taste oder besser noch mit der Maus (bei Windows) in die Menüleiste bewegt.

Am Rande bemerkt sei, daß alles natürlich unter Windows viel einfacher mit den entsprechenden Mausklicks geht und daß andererseits einem einigermaßen versierten Computernutzer es auch möglich ist, die Maus unter DOS zu beleben. Beim Speichern des Textes auf dem eigenen PC ist es dann einfach, die gebotene simple *.txt-Extension in *.doc umzuwandeln und dann entsprechende Schriften, Formatierungen usw. einzusetzen. Für die zweite Auflage sei hier dringend der Abschied vom alten DOS zugunsten einer reinen Windows-Version empfohlen, schon allein durch die dann gegebene Möglichkeit, Textdateien mit mehr als insgesamt 8 Buchstaben zu bezeichnen und abzuspeichern. Das Betriebssystem Windows 3.1 oder 3.11 Windows for Workgroups und vor allem nunmehr Windows95 im Zusammenhang mit Winword 6.0c oder gar Winword 7.0 (für Windows95) hat sich in den USA und Europa gegenüber OS/2 weithin durchgesetzt und das alte DOS aus der Computer-Steinzeit verdrängt. Die phantastischen Möglichkeiten dieser CD-ROM sind aber nur unter Windows, nicht jedoch unter DOS voll auszuschöpfen.

Doch zurück zu weiteren, die Lust auf diese CD weckenden Beispielen, nun für einen Kenner der Schriften Augustins. Das aus 236 Dokumenten bestehende Werk "De doctrina christiana libri quattuor" ist eine theoretische Abhandlung über die Hermeneutik mit dem Leitsatz "res per signa". Eine Suche mit der CD-ROM bestätigt das Gewicht dieser Termini: Mit erhält man für das Lemma l:signum 84 Treffer in doctr. chr., die, wie die normale Suche zeigt, auf 31 Dokumente verteilt sind. Für l:res ergeben sich mit diesem Verfahren 191 Anzeigen in 109 Dokumenten. Beide Termini kommen in 14 Dokumenten zusammen jeweils in einem Satz vor. Das wäre die Operation: I:signum /s0 1:res. Anhand des Ergebnisses kann man sich bequem über die Einteilung der signa in naturalia, data, propria, translata etc. sowie die der res in fruendae, utendae, mutabiles, inmutabiles etc. informieren. Es ist wirklich aufschlußreich, daß keiner dieser für das Denken Augustins doch so charakteristischen Termini in einem der zahlreichen Zitate dieser Schrift vorkommt.

Lediglich die Wiederholung eines Satzes aus 1,1 in 4,1 verzeichnet das CAG als Selbstzitat mit der Operation: z*:l:signum oder z*:l:res). Augustin erörtert ferner in doctr. chr. unterschiedliche, regulae genannte Richtlinien der Hermeneutik. Die Operation l:regula liefert 43 Treffer in 25 Dokumenten, darunter eine Stelle aus Rm 12,6­8 in doctr. chr. 4,40 und vier Stellen aus dem Liber regularum des Donatisten Ticonius in doctr. chr. 3,43. Man kann sich die zitierten Stellen durch die Operation: z*:l:regula gesondert vorgeben lassen. Wieder vermittelt die Liste einen raschen Einblick auch in die von Augustin vorgenommene Einteilung dieser hermeneutischen Regeln in höhere und niedere, in regula ueritatis, dilectionis, credendi, fidei, connexionis usw.

Es dürfte klar geworden sein, daß bei diesen zahlreichen Möglichkeiten keinerlei Wünsche im Hinblick auf das gesamte Werk des Kirchenvaters offen geblieben sind. Natürlich ist eine gewisse Einarbeitungszeit anzusetzen, ehe man wirklich gekonnt auf dieser faszinierenden Klaviatur nicht nur Mißtöne zustande bringt.

Nicht weniger wichtig sind nun die rd. zwanzigtausend Literatur-Titel, die ebenfalls auf der CD-ROM angeboten werden und die, wie wir gehört haben, in weiteren Auflagen ja ständig ergänzt werden sollen. Darum sollen hier auch einige Beispiele für Literatur-Recherchen auf der CD-ROM vorgestellt werden, die jederzeit nach Erwerb der CD durch das hervorragend gestaltete und nach einigen Einleseschwierigkeiten doch leicht verständliche Benutzerhandbuch nachvollzogen werden können.

Wie bereits erwähnt, erleichtert die bisher mit Hilfe des Rechners erfaßte und bibliographisch auf das Stichwortverzeichnis des Augustin-Lexikons hin aufgearbeitete Augustin Primär- und Sekundärliteratur die Arbeit an augustinischen Themen erheblich. Die Liste der tatsächlich vergebenen Referenzen kann auf der CD-ROM jederzeit im Referenzfeld [REFerenzfeld] mit der Taste abgerufen werden. Die Literaturdatei liefert dem Benutzer nicht nur einen raschen Überblick über die vorhandene, manchmal kaum bekannte Literatur, sie erlaubt auch ein überlegtes themenzentriertes oder selektives Recherchieren.

Sofern das Programm noch nicht gestartet ist, erfolgt der Aufruf auch für die Literaturrecherche wie oben beschrieben. In der bereits von der Textsuche im CAG bekannten Standardsuchmaske befindet sich in der unteren Hälfte die Feldliste für den Zugriff in die Literaturdatenbank. Will man sich nun einen Überblick über die vorhandene Literatur zu De uera religione verschaffen, so verfährt man wie folgt: Man wählt das Eingabefeld Referenzen und gibt De uera religione (oder auch nur das Werkkürzel uera rel. ­ im Gegensatz zur CAG-Suche gehen hier beide Möglichkeiten) ein, und schon meldet das System 124 Titel, die De uera religione zugeordnet sind. über die Betätigung der Taste erhält man in alphabetischer Reihung der Autoren eine Übersicht über die gefundenen Titel. Durch Betätigung von kann man jederzeit die vollständige bibliographische Information abrufen und natürlich auch wieder auf den eigenen Rechner exportieren oder, wenn gewünscht, sofort ausdrucken.

Auch eine eigene Recherche nach Autorennamen ist möglich. Will man z. B. wissen, ob und was der Autor Goulven Madec zu De uera religione geschrieben hat, so gibt man im Suchfeld zusätzlich Autor Madec ein, und man erhält als Ergebnis 2 Titel. Das funktioniert natürlich auch für die das gesamte Augustin-Corpus, indem man einfach einen Namen eines Autors eingibt. Die CD listet dann alle gespeicherten Titel dieses Autors auf und es ist manchmal leichter, sich dann auf diesem Wege das Gewünschte herauszusuchen. Sicherlich spezifizierter ist jedoch ein themenzentriertes selektives Recherchieren. Man gibt im Suchfeld Referenzen einfach jene Stichworte des Augustin-Lexikons ein, auf die man seine Recherchen eingrenzen will. Man erhält zur Eingabe auctoritas und ratio ­ hier immer auch mit De uera religione und dem Operator "und" verknüpft ­ 8 Titel, zu philosophia 15, zu Plato, Platonici 16, zu Plotinus 9, zu Porphyrius 3, zu historia 8, zu pulchritudo, pulchrum 4 und zu interpretatio einen Titel. Solche Recherchen können sich auch auf mehrere Schriften beziehen. Die Kombination interpretatio sowohl mit De uera religione als auch mit De doctrina christiana ergibt 30 Titel.

Das Abfragesystem ermöglicht nun noch eine Fülle weiterer Funktionen, wovon einige wenige hier noch erwähnt seien: Man könnte z. B. fragen: In welchen Titeln kommt De doctrina christiana vor? Und so geht man vor: Man gibt wie oben beschrieben den Titel De doctrina christiana ein und erhält als Ergebnis 93 Titel. Oder anders herum: Man möchte wissen, welche Augustinbeiträge in der Zeitschrift Museum Helveticum erschienen sind. Man gibt ein: Bibliographie [BIBliographie] Museum Helveticum und erhält als Ziel-Ergebnis: 14 Titel. Möglicherweise interessiert man sich nun aber für die Literatur der Jubiläumsjahre 1954 und 1986. Hier gibt man die Jahreszahl in das Bibliographiefeld ein und erhält 571 Titel für 1954 und 752 Titel für 1986. Interessiert man sich ausschließlich für eine bestimmte Publikationsform zu einem Thema, etwa eine Monographie, einen Artikel in einem Lexikon, in Sammelbänden oder auch in Zeitschriften, so gibt man z. B. für das Thema auctoritas in Monographien den entsprechenden Begriff in das Referenz-Feld ein, wechseln danach in das Gattungs-Feld und legt dort die gewünschte Gattung Monographie fest, wobei man eine Übersicht der Gattungen mit der Taste bekommt. Als Resultat dieser Anfrage erscheinen 103 Titel.

Im übrigen gibt es für den gewinnbringenden Umgang mit dem CAG keinen treffenderen Leitspruch als das bei Mt 7,7 und Lc 11,9ff. aufgezeichnete Herrenwort: "à... sucht, und ihr werdet finden!" Augustinus zitiert es bereits am Beginn seiner schriftstellerischen Laufbahn in De Academicis 2,9 (CCL 29, p. 23/59): "nam mihi credite, uel potius illi credite, qui ait: ’quaerite et inuenietis.’" (Aus dem Bedienerhandbuch, wie in diesem Fall das üblicherweise Benutzerhandbuch genannte nützliche Werkzeug hier heißt).

Diese Sentenz kann nicht genug unterstrichen werden. Bei allen Versuchen, etwas zu finden, hat mich die CD-ROM nie im Stich gelassen. Nach anfänglichen Einarbeitungsschwierigkeiten, zu deren Überwindung diese ausführliche Vorstellung auch dienen soll, gab es keinerlei Probleme. Lediglich die Hilfedatei ist mit 19 KByte etwas zu dürftig geraten und sollte an den schwierigen Ecken erweitert werden, da sie jetzt im Verhältnis zur sonstigen CD beschämend unzureichend ist. Eine gewisse Übung mit dem Rechenknecht vorausgesetzt, wird aber bald jeder wissenschaftlich am Werk Augustins Interessierte ohne diese CD nicht mehr auskommen. Sie ersetzt ja nicht nur mühsame Literaturrecherchen, sondern erstellt gewissermaßen das gesamte riesige Schrifttum Augustins, eine meterlange Bibliothek, auf dieser kleinen blanken Scheibe. Die CD-ROM des Corpus Augustinianum Gissense ist daher ein absolutes Muß zunächst einmal für alle wissenschaftlichen Bibliotheken von der Universitätsbibliothek bis zu den Ordensbibliotheken oder anderen wissenschaftlichen Bibliotheken, dann aber auch für den Wissenschaftler, der sich ernsthaft mit dem Kirchenvater Augustin beschäftigt oder beschäftigen will.

Für den zunächst erschreckend hohen Preis ergibt sich im Laufe der Beschäftigung mit diesem in der Herstellung arbeitsaufwendigem Werk ein immer größer werdenden Verständnis. Im Gegensatz etwa zu den immer zahlreicher auf den Markt drängenden CD-ROMs mit den verschiedensten Lexika, Wörterbüchern usw., die natürlich das bereits vorhandene Material lediglich auf CD brennen mußten und wo etwa ein zwanzigbändiges Lexikon nicht einmal 200,­ DM kostet, muß vom Erwerber hier ja auch die jahrelange Arbeit des Teams um Cornelius Mayer mit bezahlt werden.

Es ist zu wünschen, daß diese Arbeit in einer auch den Verlag zufriedenstellenden Weise trotz des hohen Preises ihren Weg machen wird und das eine Möglichkeit gefunden wird, die notwendigen Nachauflagen für die Erwerber der 1.Auflage entsprechend preisgünstiger zu gestalten.



*Mayer, Cornelius [Hrsg.]: Corpus Augustinianum Gissense. CD-ROM. Zus. mit Benutzerhandbuch u. 2 Softwaredisketten DOS/WINDOWS. Basel: Schwabe 1996. DM 3450,-. (zuzgl. MwSt.). ISBN 3-7965-0898-4.