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Ausgabe:

Oktober/2008

Spalte:

1040–1041

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Ward, Keith [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Gott. Das Kursbuch für Zweifler. Aus dem Engl. übers. v. N. Palézieux.

Verlag:

Darmstadt: Primus 2007. 248 S. gr.8°. Geb. EUR 29,90. ISBN 978-3-89678-625-8.

Rezensent:

Christan Polke

Neben dem angegebenen Titel in dieser Rezension besprochen:

Ward, Keith: Religion – gefährlich oder nützlich? Aus dem Engl. übers. v. B. Schellenberger. Stuttgart: Kreuz Verlag 2007. 255 S. 8°. Geb. EUR 17,95. ISBN 978-3-7831-3006-5.


Kehren die Götter wieder, dann gibt es Streit. Vor allem deswegen, weil manche doch meinten, die Menschheit wäre ihren Kinderschuhen längst entwachsen. Das Streitpotential und die Härte der Auseinandersetzung jedenfalls reichen weit. Die Debatte um den sog. neuen Atheismus mit seinen Thesen von der prinzipiellen Ab­ständigkeit der Religion, ihrer menschheitsgefährdenden Wirkmächtigkeit ist lediglich der gegenwärtig prominenteste Ausdruck hierfür. Was dabei oft flapsig daherkommt, ist meist ernst genug. Oder wie sonst soll man die Tatsache einstufen, dass ein so dümmliches Buch wie The God Illusion von R. Dawkins auch unter Ge­bildeten breite Zustimmung erfährt; vom sensationslüsternen Wissenschaftspublikum mal ganz abgesehen? Da tut es einem schon fast weh, wenn man bedenkt, dass Bücher – wie die beiden hier anzuzeigenden – in den Feuilletons und Anzeigen unserer Mas­senmedien kaum Beachtung finden werden.
Der ehemalige Oxforder Theologieprofessor Keith Ward sorgt sich um das Ansehen der Religionen ebenso wie um die rationale Plausibilität des Gottesglaubens. Darum hat er zwei, im Genre durchaus unterschiedliche, Werke für ein breiteres Publikum verfasst. Da wäre zum einen sein Kursbuch für Zweifler, in dem es ihm letztlich darum geht, religiöse Grunderfahrungen und eine daran anschließende theologische Reflexion für skeptische Zeitgenossen einsichtig zu machen. Er benutzt dabei das gesamte Repertoire der abendländischen Geistesgeschichte (nicht nur der Theologie!), sys­tematisiert dieses dann aber in gleichsam sieben Wegen zu Gott (vgl. vor allem die Zusammenfassung ab 233 ff.). Nacheinander werden so die emotionalen, ethischen, ästhetischen, skeptischen, aber auch an­thropologischen Erfahrungsweisen auf ihre göttliche Tiefendimension hin befragt. Das »Grundlegende am Glauben an Gott ist« ihm dabei, dass es »einen persönlichen Grund des Seins« gibt, auf dem das »Universum ... gegründet ist.« (232) Sein eigener religiöser Standpunkt ist das Christentum, dem letztlich diese »Gebrauchsanleitung für Gott« – wie es der Klappentext äußerst ungeschickt ausdrückt – dienen will.
Anders dagegen verhält es sich mit seinem jüngeren Essay Religiongefährlich oder nützlich? Hier hat W. keineswegs nur seine eigene Religion im Blick. Ihm geht es vielmehr darum, ob die Religionen insgesamt mehr Gutes als Schlechtes bewirken oder ob sie mit Dawkins als Wurzel alles Bösen anzusehen sind (vgl. 7). W. leugnet die Ambivalenzen religiöser Überzeugungen (z. B. 68 ff.) keineswegs noch will er jede Moral auf Religion gegründet wissen. Vielmehr fügt der Glaube an Gott dem wahren Humanismus »eine eigene Begründung hinzu, weshalb man sich für die Freiheit und Würde des Menschen einsetzen sollte.« (169) Durch die Wahrnehmung ihrer Janusköpfigkeit hindurch zeigt die Geschichte, dass Religionen »auch eine der gewaltigsten Kräfte zum Guten und Nützlichen in der Welt« (251) darstellen. Statt sie polemisch zu bekämpfen, gilt es, die positiven Potentiale weiter zu fördern.
Beide Publikationen sagen dem Fachmann im Grunde nichts Neues. Aber beide beziehen in einer wohltuenden Differenzierungsfähigkeit Stellung, ohne das Gegenüber im jeweiligen Streit (will sagen: den Skeptiker, die Atheisten) einfach abzutun. Will man mit scharfen Rezensentenaugen an die beiden Texte herangehen, dann wird man z. B. die etwas pauschale Parallelisierung von Hitler und al-Qaida (Religion, 31 ff.) als geschmacklos empfinden, dagegen die Charakterisierung der Reformierten als unter Künstlern eher Bemitleidete bzw. Verrufene eher als putzig hinnehmen (Gott, 25). Das alles aber ist dann verfehlt, wenn man auf das Genre der beiden Bände und ihre Zielintention achtet: nämlich dem informierten wie dem noch nicht informierten Laien zu einer eigenen Argumentation in Religionsdiskursen zu verhelfen.