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Ausgabe:

September/2008

Spalte:

896–906

Kategorie:

Aufsätze

Autor/Hrsg.:

Ulrich Kühn

Titel/Untertitel:

Ökumenische Hermeneutik der Sakramente
Am Beispiel der mittelalterlichen und der reformatorischen Lehre von der Taufe1

1. Ökumenische Hermeneutik der Sakramente


Wenn wir von ökumenischer Hermeneutik reden, dann meinen wir den Versuch, den jeweils anderen, die andere christliche Konfession in ihrer Andersartigkeit zu verstehen: in ihrer Geschichte, ihrer gegenwärtigen Gestalt, in ihrer Denktradition; aber natürlich auch in ihrer Profilierung dem konfessionellen Gegner gegenüber. Dabei ist auch die Orts- und Zeitbedingtheit etwaiger konfessioneller Polemik in den Blick zu nehmen und manches, was im konfessionellen Gegenüber von daher an Missverständnissen unterlaufen ist. 2 Das Ziel wäre es dabei nicht, bei der Konstatierung der Andersartigkeit stehen zu bleiben (im Sinne einer heute sog. »Ökumene der Profile«3). Vielmehr wäre das Ziel, bei aller Andersartigkeit jenes Gemeinsame zu entdecken (oder wiederzuentdecken), das es erlaubt, die andere Gemeinschaft als christliche Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern anzusehen. Es ist am Tage, dass wir bei solchem Versuch ins Stocken geraten sind.4 Mitunter scheint eine solche Hermeneutik im Blick auf andere Religionen (etwa im Blick auf das Judentum) weiterzuführen als im Blick auf den christlichen Partner. Dennoch gibt es keine Alternative zum Bemühen einer innerchristlichen ökumenischen Hermeneutik. Und Otto Hermann Pesch ist einer ihrer namhaften Pioniere.

»Ökumenische Hermeneutik der Sakramente« meint demnach, gerade in diesem Feld die Kruste des Divergierenden zu durchbrechen und das Gemeinsame zu entdecken. Es mag erstaunen, dass dies am Beispiel der Taufe geschehen soll, haben sich doch die großen christlichen Kirchen vor wenigen Monaten in Magdeburg auf eine wechselseitige Anerkennung der Taufe verständigt, u. a. unter Bezug auf das ökumenische Lima-Dokument »Taufe« von 1982.5 Otto Hermann Pesch hat bereits 1967 in seinem großen Buch über die Theologie der Rechtfertigung die Sakramente, insbesondere die Taufe, als »Anwendung und Gegenprobe des Rechtfertigungsverständnisses« bezeichnet.6 Dies könnte nach der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre (1999) unser Thema geradezu als überholt erscheinen lassen. Auch in der Studie über die Lehrverurteilungen von 19867 ist ja die Taufe nicht als Ort spezifischer katholisch-lutherischer Differenz markiert worden. Die Taufproblematik ist tatsächlich vor allem mit den Kirchen der täuferischen Tradition kontrovers.8

Dennoch zeigen sich im Blick auf die Sakramente – und dann eben auch im Blick auf die Taufe – prägende Verschiedenheiten zwischen den großen christlichen Konfessionen, speziell zwischen den Kirchen reformatorischen Ursprungs und der katholischen Kirche, auch wenn sie normalerweise nicht als kirchentrennende Unterschiede gelten. Eine sehr grundlegende Verschiedenheit be­steht darin, dass die evangelische Kirche als »Kirche des Wortes« gilt, die katholische Kirche als »Kirche der Sakramente«. Gerhard Ebeling hat die Differenz einmal so charakterisiert: »Nähme man der katholischen Kirche in einer hypothetischen Prozedur die Sakramente, so zerstörte man ihr Wesen. Versuchte man eine entsprechende Operation in bezug auf den Protestantismus, so dürfte sich zwar niemand erkühnen, zu behaupten, dass sich damit nicht viel änderte, obwohl man vom äußeren Anschein her fast zu einem solchen Urteil neigen könnte. Darüber aber kann kein Zweifel be­stehen, dass die Auswirkung, wenn auch noch so schwerwiegend, dennoch eine erheblich andere und keinesfalls wesenszerstörende wäre.« 9 Der »äußere Anschein«, auf den sich Ebeling bezieht, dürfte die faktische gottesdienstliche Praxis in der evangelischen Kirche sein. Trotz aller Reformversuche seit der Mitte des 20. Jh.s tritt ja das Sakrament (in diesem Falle: das Abendmahl) nach wie vor hinter der Bedeutung der Predigt zurück. Wortgottesdienste ohne Sakrament werden als vollwertige Gottesdienste angesehen, was in der ökumenischen Praxis bislang vergeblich geltend ge­macht wird.

Dieser Gesamtrahmen muss im Blick sein, wenn es um eine Hermeneutik der Sakramente geht. Nicht ihr Einzelverständnis allein kann maßgebend sein, sondern ihre Stellung im Gesamten der jeweils konfessionellen Struktur. Das betrifft in gleichem Maße die Taufe wie die Eucharistie. Und es entfaltet sich sachlich in einer doppelten Fragestellung: In welchem Sinne ist das Sakrament (die Taufe) konstitutiv für das Heil des Einzelnen? Und: In welchem Sinne ist das Sakrament (die Taufe) konstitutiv für das Wesen und die Wirklichkeit der Kirche? Ehe wir auf diese Fragen zurückkommen (unter 4. und 5.), soll zunächst ein Blick auf die Tauftheologie in den beiden konfessionellen Traditionen geworfen werden, auf Thomas und Luther. 10

2. Mittelalterliche Tauftheologie


(Thomas von Aquin)11


Die Zueignung von Gnade und Heil ist nach Thomas grundlegend (wenn auch nicht in absolutem Sinne) an die Sakramente gebunden. Das wird bereits im allgemeinen Traktat über die Sakramente in der Summa theologiae deutlich. »Gott ist die oberste Wirkursache der Gnade«, heißt es da, »zu welcher sich die Menschheit Christi wie ein natürlich verbundenes Instrument (instrumentum coniunctum) verhält, das Sakrament indessen wie ein dem zugeordnetes Instrument (instrumentum separatum)«12. Der Gedanke ist: Die Gnade Gottes, die den Menschen heilt, fließt aus dem Menschsein Christi über die Sakramente in den zu heiligenden Menschen. Das Wort hat in diesem Zusammenhang natürlich ebenfalls eine grundlegende Bedeutung: Durch das Wort wird, indem es zum Element hinzutritt, das Sakrament allererst konstituiert. Jedoch ist eine di­rekte Gnadenmitteilung durch das Wort nicht im Blick. Die Gnadenzuwendung ist nach mittelalterlicher Vorstellung an das Ge­schehen der Sakramente gebunden. Eine heilbringende Bedeutung haben die Sakramente für den Menschen freilich nur dort, wo er sie im Glauben empfängt und hier natürlich dem Heilszuspruch Gottes begegnet. – Das alles gilt nun in spezifischem Sinne für die Taufe.

Die Taufe ist nach Thomas eine Zeichenhandlung. Sie bezeugt das Christusheil, insbesondere das Geschehen von Tod und Auferstehung Christi (III 60,3). Und sie bezeugt zugleich den Glauben (III 61,4): Die Taufe ist ein Glaubenszeichen und eine Glaubenshandlung. Dieses Zweite mag für uns überraschend sein. Thomas kann von der Taufe geradezu als von einer »protestatio fidei« sprechen, und er bezeichnet sie mit einem altkirchlichen Terminus als »sacramentum fidei« (III 66,1 ad 1; 70,1c.). Gemeint ist: Indem ein Mensch sich taufen lässt, bezeugt er seinen Glauben. Und indem die Kirche die Taufe vollzieht, bezeugt sie ihren Glauben, den Glauben der Gemeinde, wie er im Credo formuliert ist (III 68,9 ad 2). Beide Charakteristika erinnern geradezu an Karl Barths Tauflehre. Für Thomas ist die Zeichenhandlung der Taufe nun freilich ein Geschehen, in dem die Gnade mitgeteilt wird: Das Bezeichnete geschieht real. Der Täufling wird der Passion und dem Tod Christi ein für allemal inkorporiert (III, 69,2). Die Taufe tilgt die Sünden der Vergangenheit, sie erfolgt auf Grund der Bekehrung des zu Taufenden, und sie darf nur dort gespendet werden, wo das auch deutlich ist. Sie ist so ein dem Glauben widerfahrendes Initiationsgeschehen.

So sehr wir damit an die altkirchliche Praxis der Katechume­nats­taufe erinnert werden, lehnt Thomas – im Unterschied etwa zu Barth – die Praxis der Kindertaufe, die im Mittelalter üblich war, nicht ab. Vielmehr interpretiert er die Kindertaufe selbst als Glaubenstaufe. In der Taufe wird dem Kind der Glaube der Kirche übertragen. Thomas zitiert Augustin: Die Mutter Kirche leiht ihnen die Füße, damit sie kommen können, das Herz, damit sie glauben können, und die Sprache, damit sie bekennen können (III 96,6 ad 3; 71,1 ad 2). Auch die Taufe kleiner Kinder ist eine »protestatio fidei«.

Schließlich lehrt Thomas darüber hinaus, dass die Taufe ein unauslöschliches Prägemal verleiht: den sog. Taufcharakter, und diesen unabhängig vom Glauben des Täuflings (III 63). Darüber ist viel diskutiert worden.13 Gemeint ist: Der Getaufte wird Glied der Kirche, und er ist damit auf den Gottesdienst der Kirche, auf die anderen Sakramente, ausgerichtet. Diese Hinordnung bleibt bestehen, auch wenn der Getaufte durch den Abfall vom Glauben dies nicht aktuell vollzieht (III, 69,9). Hier haben wir es mit der ekklesiologischen Dimension der Taufe zu tun (und zugleich mit einem Problem, das für uns gegenwärtig von großer Aktualität ist).

Das Verständnis der Taufe als Mitteilung der Rechtfertigung auf Grund des Glaubens wird im 16. Jh. – und zwar im Trienter Rechtfertigungsdekret – kirchenamtlich aufgenommen, allerdings nun mit gegenreformatorischem Akzent.14 Auch nach der in Trient vorgetragenen Rechtfertigungstheologie erfolgt der eigentliche Akt der Gnadenmitteilung und Rechtfertigung – die Wandlung aus einem Ungerechten in einen Gerechten – durch den Vollzug der Taufe. Die Taufe ist die causa instrumentalis der Rechtfertigung (wieder kommt der Begriff des Instruments ins Spiel). Und sie ist legitim dort, wo sie an einem Glaubenden vollzogen wird. Darauf nämlich bezieht sich, was das Tridentinum über die Vorbereitung der Rechtfertigung sagt: Durch die Verkündigung wird im Menschen der anfängliche Glaube geweckt, der dann zu dem Wunsch führt, getauft zu werden. Auf Grund dieser Vorbereitung und dieses aus Glauben geborenen Wunsches erfolgt in der Taufe die Rechtfertigung und wird der Glaube sozusagen zu seiner Vollgestalt geführt (zur fides formata). Auch im Tridentinum steht (wie bei Thomas) das Modell der altkirchlichen Katechumenatstaufe im Hintergrund: Getauft werden die zum Glauben gekommenen Ka­techumenen. Über die Kindertaufe wird in Trient in diesem Zu­sam­menhang nicht gesprochen.

Einen antireformatorischen Akzent gewinnt diese Tauf- und Rechtfertigungstheologie dann vor allem durch die Lehre von der Möglichkeit, die Taufgnade wieder zu verlieren, von der sakramentalen Buße als der secunda tabula post naufragium und von dem geistgewirkten (als verdienstlich geltenden) Leben als Bedingung der ewigen Seligkeit.15 – Hier hatte bereits der frühe Luther kräftig widersprochen.

3. Reformatorische Tauftheologie (Martin Luther)16


In seiner frühen Schrift zur Sakramententheologie – De captivitate babylonica (1520) – setzt Luther beim Abschnitt über die Taufe mit einem Lobpreis darüber ein, dass dieses Sakrament in der Papstkirche nicht verdorben worden ist.17 Dennoch entdeckt man schnell den veränderten Hintergrund, der Luthers Tauftheologie maßgeblich bestimmt und der von uns hermeneutisch zu berücksichtigen ist. Bei Thomas und noch in Trient gilt die Taufe als jene Lebenswende, die den Menschen wandelt und ihn auf den Weg bringt, auf dem er schließlich Heil und ewiges Leben erlangen kann. Für Luther steht die Wirklichkeit der Taufe ganz unter dem Gesichtspunkt der Gewissheit des mir heute von Gott zugesprochenen Heils. Um diese Gewissheit ging es ihm zutiefst im Kampf mit der römischen Kirche. Durch vielerlei Auflagen im Bußwesen und dann durch die Ablasspraxis war die Gewissheit des Heilsglaubens für Luther erschüttert worden – der geistliche Grund des reformatorischen Kampfes.

Luthers frühe Tauftheologie hat nun einen doppelten Akzent. In der Taufe wird dem Menschen Gottes Heilsverheißung mit dem Zeichen des Wassers ein für allemal zugesprochen, sie zielt auf den Glauben, der sie ergreift und darin Gewissheit findet. Es ist dies im Grunde ein Geschehen von Wort und Antwort. Hiermit aber (und das ist das Zweite) beginnt ein lebenslanger Prozess. Die Taufe eröffnet einen Lebensweg des »täglichen« Sterbens und Auferstehens, weil täglich die Vergebungsgewissheit im Glauben neu ge­wonnen werden muss. Und täglich muss der Kampf des neuen gegen den alten Menschen geführt werden, der mit der Taufe angefangen hat und erst im leiblichen Tod sein Ende findet. Das ist der Tenor bereits der Taufschrift Luthers von 1519, er bestimmt das Taufkapitel von »De captivitate« – dort ergänzt durch die Polemik gegen das Bußsakrament als angeblich »zweites Brett nach dem Schiffbruch« –, und er findet sich wieder in der Tauftheologie der beiden Katechismen von 1529: Die Taufe bedeutet nach dem Kleinen Katechismus, dass der alte Adam durch »tägliche« Reue und Buße ersäuft werden soll und »täglich« auferstehen ein neuer Mensch. Die Tauftheologie des Großen Katechismus ist dann gleichzeitig und vor allem geprägt durch die Auseinandersetzung mit den Täufern. Sie betont die unserem Glauben zuvorkommende göttliche Objektivität der Taufe, in der sich Gottes Wort an das Wasser gebunden und es zu einem »heiligen göttlichen Wasser« gemacht hat. Und sie verteidigt die Taufe kleiner Kinder. Aber die Taufe ist für Luther auch jetzt nur nützlich und heilsam, wenn sie als Verheißung im Glauben ergriffen wird. Hier postuliert Luther den Kinderglauben. Auf die durchaus spannungsvollen Aussagen Luthers haben sich bis heute sowohl Befürworter wie Gegner der Kindertaufe berufen.

Ein wichtiger ekklesiologischer Aspekt der Tauftheologie Lu­thers ist noch zu nennen. Es ist eine Art anti-hierarchischer Akzent. Durch die Taufe, so führt Luther mehrfach aus, werden wir zu Priestern geweiht. »Was aus der Taufe gekrochen ist, das mag sich rühmen, daß es schon zum Priester, Bischof und Papst geweiht ist«18, was bedeutet, dass wir alle »die gleiche Vollmacht (potestas) im Wort und im Sakrament haben«19. Diese vom frühen Luther vertretene Lehre vom allgemeinen Priestertum, das in der Taufe begründet ist, hat Luther später häufig wiederholt. Sie schließt freilich nicht aus, dass es nicht jedem erlaubt ist, diese Vollmacht auch auszuüben, vielmehr bedarf es zur öffentlichen Wahrnehmung jener Vollmacht der ausdrücklichen Berufung durch die Gemeinde.20 Grundsätzlich sind jedoch alle getauften Christen zum Vollzug des Gottesdienstes, zu Zeugen des Evangeliums und dazu berufen, die Lehre in der Kirche zu beurteilen.21 Dass das auch die Beteiligung an der Leitung der Kirche einschließt, wird in den evangelischen Kirchen allerdings erst durch die Einrichtung von Synoden seit dem 19. Jh. praktiziert. Wir befinden uns hier in einem Bereich, der gegenwärtig durchaus kontrovers diskutiert wird.22

4. Taufe und Heil


Eine ökumenische Hermeneutik hat den Bezugsrahmen der jeweiligen theologischen Einzelaussagen in den Blick zu nehmen. Dadurch können unter Umständen, wie bei der Taufe, Divergenzen sichtbar werden, die auf den ersten Blick verborgen bleiben. Sie betreffen, wie aus dem Bisherigen schon deutlich wurde, im Fall der Taufe sowohl ihren Bezug zum Heil (und das Heilsverständnis) wie auch ihren Bezug zur Kirche.

Im mittelalterlich-katholischen System fungiert die Taufe als entscheidender Schritt auf dem Weg des Einzelnen zu seinem ewigen Heil. Sie markiert und bewirkt – als Instrumentalursache – die Wende des Lebens vom Status der Ungerechtigkeit zu demjenigen der Gerechtigkeit. Der Getaufte ist gehalten, ein Leben entsprechend dieser erfolgten Wende zu führen, um schließlich – in der Regel unter Inanspruchnahme des Bußsakraments – auf Grund seines Glaubensgehorsams (des »Verdienstes«) die ewige Seligkeit zu erlangen. Nach dem Verständnis Luthers und der lutherischen Tradition stellt die Taufe den Getauften unter das Gnadenwort Gottes, das, im Glauben ergriffen, die (gegenwärtige) Zusage des ewigen Heils in sich trägt. Die Gewissheit des Heils muss sich aber immer wieder einstellen, der alte, glaubenslose Mensch muss täglich überwunden werden. Das ist ein lebenslanger Kampf des neuen Gehorsams mit der sündigen Natur des Menschen: simul iustus et peccator.23 In beiden Traditionen stellt die Taufe einen das Leben hinfort bestimmenden Anfang dar. Aber bereits was in diesem Zusammenhang »Heil« heißt, ist unterschiedlich bestimmt. Und die Frage, inwiefern der Getaufte nach wie vor als Sünder zu gelten hat, wird verschieden beantwortet. Wir befinden uns mit der Tauftheologie zugleich im Bereich der Rechtfertigungslehre, und gerade die zuletzt genannte Frage hat umfangreiche Sonderstudien erforderlich gemacht.24

Überraschend ist bei einem hermeneutischen Vergleich auch dies: Das traditionelle katholische Schema, das die Taufe theologisch als Wende in der Mitte des Lebens ansiedelt, handelt de facto von der Taufe erwachsener Menschen, bei denen sinnvollerweise von einer Vorbereitung auf die Taufe durch Verkündigung und einem der Taufe vorangehenden Glauben gesprochen werden kann. Der Katechumenat der Alten Kirche, der zur Taufe führte, steht deutlich im Hintergrund. Das ist einfach deshalb überraschend, weil in der Taufpraxis der Kirche seit Jahrhunderten die Kleinkindertaufe praktiziert wurde. An dieser Stelle trifft sich die ka­tholisch-lutherische Kontroverse mit derjenigen zwischen Luther und den Täufern. Luthers Tauftheologie ist demgegenüber nur verstehbar, wenn sie auf dem Hintergrund der als Kind empfangenen Taufe gelesen wird. Als getaufter Christ war Luther in seine Anfechtungen geraten, in die Frage nach der Gewissheit des Heils, und dementsprechend formierte sich seine Tauftheologie. Dass er später dennoch die Praxis der Kindertaufe eigens theologisch zu verteidigen hatte, widerspricht dem nicht. Ebenso hatte die katholische Lehre bereits vom Mittelalter her natürlich Argumente für die herrschende Praxis der Kindertaufe zur Hand. Das Gesamtbild ist dennoch überraschend.

Wie stellt sich bei so unterschiedlichen Gesamtkonzepten der Bezug zur Heiligen Schrift dar? Beide Traditionen berufen sich vor allem auf Paulus, bei dem man die gewichtigsten tauftheologischen Aussagen des Neuen Testaments findet. Bei näherer Betrachtung zeigt sich nun, dass die katholische Lehre zunächst durchaus der bei Paulus begegnenden Konzeption entspricht. Paulus – wie auch die übrigen neutestamentlichen Schriften – geht ebenfalls von der Taufe erwachsener Glaubender aus. Und er versteht die Taufe als ein einmaliges Wendeereignis in der Mitte des Lebens, das einen neuen Lebensabschnitt inauguriert, auf welchem sich der Christ zu bewähren hat (vgl. vor allem Röm 6). Luthers Problem der angefochtenen Gewissheit des Glaubens angesichts der bleibenden Sündigkeit nach der Taufe kennt Paulus so nicht. 25 Und ebenso reflektiert Paulus naturgemäß nicht auf die bei Kleinkindern durch die Taufe gesetzte Wirklichkeit. Natürlich wird auch bei Paulus (und sonst im Neuen Testament) das Problem des Kampfes zwischen Alt und Neu, zwischen Geist und Fleisch (bzw. Gesetz) thematisiert. Es hat freilich noch nicht die theologische Form des prinzipiellen »simul-simul« erhalten.

Bei Luther findet, so wird man urteilen müssen, eine schöpferische Weiterinterpretation der paulinischen Tauflehre statt, und zwar unter den Bedingungen der bereits als Kind empfangenen Taufe. Das katholische Konzept des Gnadenverlustes bei schwerer Sünde und ihrer Wiedergewinnung durch das Bußsakrament geht freilich ebenfalls über Paulus hinaus. Hier ist zu fragen, ob dieses Konzept dem Problem der Gebrochenheit des christlichen Lebens zureichend gerecht wird und ob es die durchgängig im Neuen Testament bezeugte Gegenwart des Heils zureichend berücksichtigt.

Ob und inwieweit Luthers schöpferische Weiterinterpretation der paulinischen Rechtfertigungs- und Tauflehre wie auch das katholische über Paulus hinausführende Konzept ihr Recht hatten, muss heute zugleich angesichts gegenwärtiger Erfahrungen und Fragestellungen diskutiert werden. Diese Erfahrungen führen nun wohl noch über beide Konzepte hinaus. Auf der einen Seite ist zu sagen: Die Frage der Heilsgewissheit in der Form Luthers bestimmt gegenwärtig das christliche Bewusstsein nur noch wenig. Jedoch haben wir eine zunehmend verschärfte Erfahrung von der Sünde im Christenleben, die uns zu schaffen macht. Wir suchen nach dem verantwortungsvollen Weg getaufter Christen in den Unwägbarkeiten gegenwärtigen Lebens, auch inmitten aller sog. »strukturellen« Sünden, in die wir nolens volens eingebunden sind,26 und zugleich angesichts des eigenen Ungenügens. Diese Veränderung der Sündenerfahrung bestimmt uns ebenso wie die Frage nach der Bewährung auf dem Weg zum Lebensziel, wie ihn die katholische Tradition entfaltet. Das Heil, das den Menschen in der Taufe zuteil wird, muss als jene von Gott gewährte Neuorientierung begriffen werden, die uns in Stand setzt, in aller Unübersichtlichkeit getrost und im Gewissen entlastet das um unserer und der Welt Zukunft willen heute und morgen Gebotene zu erkennen und in unserem Handeln umzusetzen. Hier könnten sich die unterschiedlichen Heilskonzeptionen durchaus treffen.

An dieser Stelle ist es freilich unumgänglich, auch die Gemeinschaftlichkeit des Weges der Christen in den Blick zu nehmen, die ein entscheidender Faktor auf dem angedeuteten Weg des Heils ist und die ebenfalls in der Taufe begründet ist.

5. Taufe und Kirche


Der ekklesiologische Rang der Taufe, der im neutestamentlichen Zeugnis offensichtlich ist,27 ist, wie wir schon sahen, auch in der mittelalterlichen und in der reformatorischen Tauftheologie we­sentliches Thema. Bei Thomas ist an die Ausführungen zum Tauf-»charakter« zu denken, der für den Getauften eine spezifische un­verlierbare Hinordnung zum Gottesdienst der Kirche bedeutet. Diese Hinordnung wird von Thomas geradezu als Teilnahme an Christi Priestertum gewürdigt: Der sakramentale »character« ist der »character Christi«, mit dessen Priestertum die Gläubigen »konfiguriert« werden, so dass sie nichts anderes sind als »Teilhaber des Priestertums Christi« (III 63,3c.).

Luther spricht von der in der Taufe erfolgenden Priesterweihe. Wir sind alle durch die Taufe gesalbt mit dem Heiligen Geist und haben Macht und Befehl, dass wir predigen und vor Gott treten, einer für den anderen bitten und uns selbst Gott opfern. In seiner Schrift »De instituendis ministris ecclesiae« (1523) zählt er im Einzelnen die Vollmachten des allgemeinen Priestertums auf: lehren, Gottes Wort verkündigen, taufen, konsekrieren bzw. Eucharistie halten, das Schlüsselamt verwalten, für andere bitten, opfern, über die Lehre und die Geister richten und entscheiden. 28 Bis heute ist freilich innerevangelisch und ökumenisch umstritten, ob und in welchem Maße mit der in der Taufe gesetzten Teilhabe an Christi Priestertum auch die Vollmacht zum Feiern des eucharistischen Gottesdienstes der Kirche gegeben ist.

Das II. Vatikanum hat – hinausgehend über die Aussagen des Thomas zum Taufcharakter, aber doch wohl auf ihrer Linie – vor allem in der Liturgie-Konstitution betont, dass alle Gläubigen kraft der Taufe »Recht und Amt« zur vollen und tätigen Teilnahme an der Liturgie, insbesondere am eucharistischen Gottesdienst haben.29 Sie sind durch die Taufe zum Apostolat, zum Priestertum und zum prophetischen Zeugnis des Lebens berufen,30 sie haben als Gesamtheit der Gläubigen auf Grund ihres übernatürlichen Glaubenssinnes sogar an der Irrtumslosigkeit der Kirche teil.31 Jedoch sind diese priesterlichen Gaben aller Getauften eingebunden in die hierarchische Ordnung der Kirche, weshalb ihre Aus­übung immer als ein Zusammenwirken mit den ordinierten Amtsträgern der Kirche zu denken und zu praktizieren ist.

Auch Luther wehrt sich dagegen, dass die getauften Christen die ihnen kraft des allgemeinen Priestertums übertragenen Vollmachten ungeordnet ausüben. Vielmehr unterstreicht er, dass es dem öf­fentlichen Amt der Kirche aufgetragen ist, bestimmte Verrichtungen (öffentliche Verkündigung, Sakramentsverwaltung) wahrzunehmen, und spricht sich ausdrücklich etwa gegen Abendmahlsfeiern ohne ordinierten Amtsträger aus.

Die gegenwärtige Diskussion um das VELKD-Papier »Ordnungsgemäß berufen« hat nun gezeigt, dass die Frage ökumenisch offen ist, ob und in welchem Sinne die Taufe auch die Fähigkeit (wenn auch nicht die kirchliche Erlaubnis) zur Verwaltung der Sakramente verleiht.

Im gegenwärtigen ökumenischen Gespräch gibt es dazu durchaus konvergierende Überlegungen. Neuere römisch-katholische Darlegungen zum Amtsverständnis gehen vielfach von der übertragenen Funktion (Sendung zur öffentlichen Verkündigung, Sakramentsverwaltung, Dienst an der Einheit und Leitung) aus, um das Besondere des Amtes zu charakterisieren.32 Das entspricht im Ansatz dem evangelischen Amts- und Ordinationsverständnis. Andererseits weiß man auch auf evangelischer Seite um die ge­samtkirchliche Dimension der Sakramente, die durch den Dienst des öffentlich beauftragten Ordinierten gewissermaßen eingelöst wird.33

In umgekehrter Richtung ist es dann allerdings nachdenkenswert, dass die Verwaltung des Sakraments der Taufe bereits nach Thomas von Aquin in Notfällen von einem Nichtordinierten – ja im Extremfall sogar von Nichtgetauften – vorgenommen werden kann (III, 67,3–5).34 Bei der Eucharistie, deren gültiger Vollzug an die Ordination gebunden ist, kann gegenwärtig wegen des Pries­termangels wenigstens die Austeilung der eucharistischen Gaben auch von Nichtordinierten vorgenommen werden.35

Es zeigt sich, dass in der Frage der Zuständigkeit des Amtes für die Sakramente noch wichtige Fragen offen sind. Zu diesen offenen Problemen gehört auch die Frage, in welchem Maße die getauften nichtordinierten Christen an der Leitung der Kirche beteiligt sind.36 Das synodale Prinzip in der evangelischen Kirche versucht, die Verantwortung aller Getauften für den Weg der Kirche institutionell zu verankern. Denn es sind ja vor allem die nichtordinierten Christen, die für das Evangelium und den Glauben in den Bezugsfeldern der Welt einzutreten haben.

Auf zwei weitere Probleme zum Thema »Taufe und Kirche«, die sich ebenfalls von der Tradition her stellen, sei wenigstens noch hingewiesen: auf ein fundamentaltheologisches und ein missionstheologisches Problem.

Das fundamentaltheologische Problem kommt dort in den Blick, wo – nach Thomas – die Taufe als »protestatio fidei« verstanden wird, womit ja auch der Glaube der Kirche gemeint ist, der die Taufe gewissermaßen trägt (unbeschadet des Wissens darum, dass Gott der eigentlich Handelnde in der Taufe ist). Diese konstituierende Rolle des Glaubens und Handelns der Kirche gewinnt überraschende Aktualität beim Problem der Einsetzung der Taufe. In dem Maße nämlich, in dem die Stiftung der Taufe durch den geschichtlichen Jesus historisch problematisch geworden ist, kommt die im Geist versammelte frühe Kirche in den Blick. Noch Luther wie auch Thomas haben in Jesu eigener Taufe im Jordan die Stiftung der christlichen Taufe gesehen. Das ist aber exegetisch schwer zu halten. Muss nicht von einem Stiftungszusammenhang gesprochen werden, in dem neben Jesu eigener Taufe dann auch die vom Geist geleitete frühe Kirche in Betracht kommt, die im Glauben und unter Berufung auf Jesus die christliche Taufe in Gebrauch genommen hat? Es ist interessant, dass es die Figur einer stufenweisen Einsetzung der Taufe bereits in der mittelalterlichen Theologie gegeben hat. 37 Unter den neueren katholischen Theologen ist es besonders Karl Rahner, der die Stiftung der Sakramente (wohl allzu einseitig) als ekklesialen Vorgang beschrieben hat.38

Das missionstheologische Problem stellt sich bei der Frage, ob und inwiefern die Taufe heilsnotwendig ist. Diese Heilsnotwendigkeit gilt nach Thomas zunächst einmal für die Sakramente insgesamt.39 Und im lutherischen Bekenntnis wird mit der Heilsnotwendigkeit der Taufe zumindest die Praxis der Kleinkindertaufe begründet.40 Auch die Praxis der Nottaufe hat hier ihren Sachgrund.

Interessant ist es nun aber, dass zumindest Thomas zugleich weiß: Es kann die Wirkung der Taufe auch ohne den äußeren Vollzug des Sakraments geben, nämlich auf Grund des nicht zur sakramentalen Erfüllung gelangten Taufbegehrens oder durch den Märtyrertod eines Ungetauften.41 Auch diese Frage ist ja von er­heblicher Gegenwartsbedeutung. Sie ist im Grunde identisch mit der Frage der Heilsnotwendigkeit der Gliedschaft in der Kirche, die durch die Taufe bewirkt wird. Das katholische Lehramt hat seit Längerem festgestellt, dass es außerhalb der Kirche Gnade gibt.42 Die evangelische Theologie, sofern sie das Heil an das Hören des Wortes und den expliziten Glauben daran bindet, tut sich in dieser Frage schwerer. Immerhin gibt es auch hier etwa die Figur der »latenten Kirche«43 bzw. der Worte Christi außerhalb der Kirche.44 Beide Kirchen sind in ihrem Taufverständnis mit dieser Frage konfrontiert und haben – angesichts der differenzierten Wirklichkeit einer nichtchristlichen Welt und unter Aufnahme von früheren theologischen Figuren – gemeinsam nach Antworten zu suchen.

Otto Hermann Pesch, der Jubilar dieses Tages, hat sich wie we­nige andere katholische Theologen nicht nur der zwischenkonfessionellen sakramenten-theologischen Problematik gestellt, sondern hat auch über den Ort der Kirche innerhalb einer globalisierten Welt nachgedacht.45 Die ökumenische Hermeneutik im Blick auf das Taufhandeln der Kirche kann vielleicht zu einer neuen Ge­meinsamen Erklärung ermutigen, zumal hier die Nähe zur Rechtfertigungsthematik mit Händen zu greifen ist.46 Die Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung der Gültigkeit der Taufe – die freilich noch keine gemeinsame Taufpraxis eröffnet und die rechtliche Zuständigkeit der verschiedenen Kirchen für die in ihnen Getauften nicht aufhebt – könnte ebenfalls zu einem solchen Versuch ermutigen.

Grundlegender ist die Frage: Was bedeutet es theologisch und ekklesiologisch, dass wir alle – orthodox, katholisch, evangelisch – durch die Taufe Glieder der einen Kirche Christi sind? Und im Blick auf die Amtsfrage: Was bedeutet es ökumenisch, dass auch nach ka­tholischem Recht im Notfall ein Nichtordinierter gültig taufen kann und dass die Taufe in anderen Kirchen unabhängig von der An­er­ken­nung der Ordination als gültig angesehen wird? Die Bindung der »Verwaltung« der Sakramente an das ordinierte Amt ist hier deutlich durchbrochen – und die Taufinitiation als kirchliche Handlung hat ja sowohl für die Kirche als auch für das Heil des Einzelnen ein mit dem Sakrament der Eucharistie durchaus vergleichbares Gewicht. Vielleicht könnte ein »differenzierter Konsens« in der Frage der Taufe und der Zuständigkeit für sie uns sogar in der bislang ungelösten Frage des kirchlichen Amtes einen Schritt weiterführen.

Ein Blick in die Traditionen der Tauftheologie ermutigt uns zu schöpferischem Umgang mit der Tradition im Lichte neuer Fragestellungen. Mitunter sind neue Lösungen verborgen bereits in den alten Entwürfen angelegt. Die kirchliche Verantwortung für die Taufe und die Besinnung auf sie im christlichen Leben des Einzelnen könnten auf dem Weg in die Zukunft einen erheblichen Stellenwert haben. Und nicht zuletzt hier ist die theologische Arbeit von Otto Hermann Pesch eine große ökumenische Ermutigung.

Summary


Ecumenical hermeneutics of the sacraments explore their ecclesial and theological context, beyond its doctrine in a limited sense. With the example of baptism and on the background of its understanding in middle ages (Thomas Aquinas) and Reformation times (Mar­tin Luther) it is shown, first, that salvation has a different meaning in both traditions, but both develop the doctrine in a creative manner beyond the New Testament witness; and second, that the ecclesiological dimension of baptism leads to different conclusions concern­ing the mandate of all baptized in relation to the ordained ministry. But the practice (for example: the emergency baptism by non or­dained people) shows that the differences can become relativized.

Fussnoten:

1) Vortrag am 15. Januar 2008 an der Universität Jena anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde an Otto Hermann Pesch.
2) Zum Problem einer ökumenischen Hermeneutik vgl. u. a.: Ein Schatz in irdenen Gefäßen, hrsg. v. D. Heller, Frankfurt 1999; I. U. Dalferth: Auf dem Weg der Ökumene, Leipzig 2002, 245–278 ; J. Track: Überlegungen zur ökumenischen Hermeneutik, in: Ökumene, hrsg. v. W. Härle u. R. Preul, Marburg 2000 (MJTh 12), 33–70; U. Kühn: Zum evangelisch-katholischen Dialog (Forum ThLZ 15), Leipzig 2005, 15–19. Man denke aber auch bereits an die hermeneutischen Überlegungen in der Studie über die Lehrverurteilungen: Lehrverurteilungen – kirchen­trennend?, Bd. I, hrsg. v. K. Lehmann u. W. Pannenberg, Freiburg-Göttingen 1986, 25–27.
3) Das in letzter Zeit viel gebrauchte Stichwort »Ökumene der Profile« er­innert mit Recht daran, dass die jeweiligen konfessionellen Profile als Reichtum in den ökumenischen Dialog einzubringen sind und nicht vorschnell einem Konsens geopfert werden dürfen. Dieses Stichwort weist jedoch auf einen falschen Weg, wenn es ausschließen will, dass es durch den ökumenischen Dialog im Hören aufeinander immer auch zu Veränderungen der je eigenen Position und also zu einer Neubestimmung der je eigenen konfessionellen Identität kommen kann und muss.
4) Die deutschen evangelischen Proteste gegen die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (1999) sind hier ebenso zu nennen wie die vatikanischen Verlautbarungen (2000 und 2007) zum ekklesiologischen Status der reformatorischen Kirchen. Diese Vorgänge belasten den ökumenischen Dialog, wenn sie auch (sozialpsychologisch) verständlich sind als Reaktionen auf die erreichte ökumenische Verständigung, bei der ein Verlust der eigenen konfessionellen Identität gefürchtet wird.
5) Der Text der Magdeburger Vereinbarung findet sich u. a. im Amtsblatt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Jg. 2007, Nr.12, B 13–16.
6) O. H. Pesch: Die Theologie der Rechtfertigung bei Martin Luther und Thomas von Aquin, Mainz 1967, 822. Diese Formulierung bezieht sich auf die Sakramente insgesamt. Die Tauflehre insbesondere ist nach Pesch »die Rechtfertigungslehre in konkreter Gestalt« (820), was sowohl für Thomas wie für Luther zuträfe.
7) S. o. Anm. 2.
8) Das wird etwa im Lima-Dokument »Taufe« von 1982 (in: Dokumente wachsender Übereinstimmung I, hrsg. v. H. Meyer u. a., Paderborn-Frankfurt 1983, 549–556) deutlich.
9) G. Ebeling: Dogmatik des christlichen Glaubens III, Tübingen 1979, 308.
10) Der »Dialog« zwischen Thomas und Luther bildet das Hauptarbeitsgebiet von O. H. Pesch.
11) Vgl. zum Folgenden auch meinen früheren Beitrag: Lehre und Ordnung der Taufe in der Hochscholastik, in: NZSystTh 12 (1970), 196–220.
12) STh III 62,5c. Die Übersetzung von »instrumentum separatum« mit »zu­geordnetes Instrument« ist der Versuch, dem Gedanken des Thomas gerecht zu werden. – Die folgenden Verweise im Text beziehen sich auf den III. Teil der Summa theologiae.
13) Vgl. die Hinweise in dem oben (Anm. 11) genannten Beitrag.
14) Vgl. zum Folgenden den Text des Trienter Rechtfertigungsdekrets, insbes. Kap. 6 und 7, DH 1526–1529.
15) DH 1542.1545–1549.
16) Vgl. hierzu vom Vf.: Sakramente (HST 11), Gütersloh 21990, 25–45.
17) WA 6,526,35.
18) WA 6,408,11.
19) WA 6,566,27.
20) Dies macht Luther bereits 1520 einschränkend geltend (WA 6,566,28) und begründet es später speziell im Blick auf den Vollzug des Abendmahls mit der Öffentlichkeit dieser gottesdienstlichen Handlung (vgl. WA B 7,339,21; vgl. ebd. 336,44). Dazu U. Kühn: Sakramente, a. a. O. (s. Anm. 16), 65 f., unter Bezug auf Studien von P. Manns.
21) Vgl. die Schrift Luthers von 1523 »Daß eine christliche Versammlung oder Gemeine Recht und Macht habe, alle Lehre zu urteilen« (WA 11,408–416).
22) Vgl. die Debatte um die Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD »Ordnungsgemäß berufen« (Endfassung November 2006): Texte aus der VELKD 136, 2006.
23) Wie bereits W. Joest herausgearbeitet hat (Gesetz und Freiheit, Göttingen 1951) und wie es von Luther besonders deutlich in seiner Schrift gegen Latomus von 1521 (WA 8,43–128, hier bes. 105,36) entwickelt wird, kennt Luther im Blick auf das Sündersein des Christen neben dem »Totalaspekt« auch einen »Partialaspekt«, demzufolge mit einer lebenslangen zunehmenden Entwicklung der vom Geist gewirkten Lebensgerechtigkeit (bei Luther 1521 »donum« im Unterschied zu »gratia« genannt) zu rechnen ist. – Vgl. dazu O. H. Pesch: Simul iustus et peccator. Sinn und Stellenwert einer Formel Martin Luthers, in: Gerecht und Sünder zugleich? Ökumenische Klärungen, hrsg. v. Th Schneider u. G. Wenz, Freiburg-Göttingen 2001 (Dialog der Kirchen 11), 146–167.
24) Vgl. etwa den gesamten Band: Gerecht und Sünder zugleich? (s. Anm. 23).
25) Röm 7,21–24, besonders V. 25 unterscheidet sich von Luthers Fragestellung einmal dadurch, a) dass (nach weitgehender exegetischer Einsicht) Paulus hier auf die vorchristliche Situation des Menschen zurückblickt und b) dass die Lösung dieses Zwiespalts nicht in einem das Gewissen tröstenden Wort der Vergebung, sondern im neuen Leben aus dem Geist (Röm 8,1) gesehen wird.
26) Zu denken ist z. B. an globale Ungerechtigkeiten oder an die ökologischen Gefährdungen.
27) 1Kor 12,13; Gal 3,26–28; Apg 2,37; Mt 28,19 f.
28) WA 12,180,2.
29) SC 14, vgl. LG 34.
30) LG 33.
31) LG 12.
32) Lehrverurteilungen – kirchentrennend?, Bd. I, a. a. O. (s. Anm. 2), 157.
33) Vgl. G. Wenz: Theologie der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Bd. 2, Berlin 1998, 323–336. Hier wird der Dienst des ordinierten Amtes insbesondere als Dienst an der Einheit der Kirche gewürdigt und darin der ihm zugeordnete Auftrag der Sakramentsverwaltung begründet. – Ferner auch: U. Kühn: Wortgottesdienst, Eucharistiefeier und der Auftrag des kirchlichen Amtes, in: KuD 52 (2006), 328–347.
34) Das entspricht auch dem heutigen katholischen Kirchenrecht: CIC can. 861 § 2.
35) Vatikanische Instruktion »Redemptionis Sacramentum« vom 25. März 2004, n. 154 ff. (»Der außerordentliche Spender der hl. Kommunion«). – Das führt freilich zu einer theologisch nicht unproblematischen (und auch missverstehbaren) Trennung von eucharistischer Feier und Austeilung der Kommunion.
36) Das war eine zentrale Frage beim ökumenischen Symposion »Autorität und Synodalität« vom 14. bis 16. November 2007 an der Katholischen Universität Eichstätt.
37) Vgl. J. Finkenzeller: Die Lehre von den Sakramenten im allgemeinen. Von der Schrift bis zur Hochscholastik (Handbuch der Dogmengeschichte IV/1 a, hrsg. von M. Schmaus u. a.), Freiburg 1980, 177.
38) K. Rahner: Kirche und Sakramente (QD 10), Freiburg 1960.
39) STh III, 61.
40) So in CA Art. 9.
41) STh III,66,11 und 12.
42) So bereits 1713 Clemens XI. gegenüber den Jansenisten (DH 2429). Neuerdings vgl. II. Vaticanum, LG n. 16.
43) P. Tillich: Systematische Theologie III, Stuttgart 1966, 179–182.
44) K.Barth: Kirchliche Dogmatik IV/3, 1. Hälfte , Zollikon 1959, 132 ff.140.
45) Beides etwa in: Dogmatik im Fragment, Mainz 1981.
46) Ob wir bereits, wie Pesch kürzlich vorschlug, zu einer Gemeinsamen Erklärung in der Frage des Amtes in der Lage sind, dürfte eher fraglich sein.