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Ausgabe:

Juni/2008

Spalte:

651

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. Der Reichstag zu Augsburg 1547/48. 3 Teilbde. Bearb. v. U. Machoczek.

Verlag:

München: Oldenbourg 2006. 2760 S. gr.8° = Deutsche Reichstagsakten. Jüngere Reihe, 18. Lw. EUR 328,00. ISBN 978-3-486-57820-1.

Rezensent:

Ch. M.

Gelegentlich wird über Langzeitvorhaben der Akademien der Wissenschaften hierzulande gespottet. Die anzuzeigenden drei stattlichen Bände können von der Unangemessenheit solchen Spotts überzeugen: Die »Deutschen Reichstagsakten«, 1858 von Leopold von Ranke begründet, sind eines der ältesten Editionsunternehmen der deutschen Geschichtswissenschaft; seit 2002 erscheinen sie im Oldenbourg Verlag, und in den letzten Jahren sind im Rahmen der 1886 gegründeten »jüngeren Reihe« die Akten der meisten zentralen Reichstage der 40er und 50er Jahre von Speyer 1542 bis zu Augsburg 1550/1551 publiziert worden. Ursula Machoczek legt nun die Texte zur Vorgeschichte, die überlieferten Kurienprotokolle sowie den Abschied des sog. »geharnischten Reichstags« vor, dazu die zentralen Akten zu den Verhandlungsgegenständen Landfrieden, Reichskammergericht, Moderation der Reichsmatrikel, Religionsfrage, Reichsmünz- und Reichspolizeiordnung, beständiger Vorrat und Baugeld, Türkenabwehr, Supplikationen und Varia wie die Belehnung des Kurfürsten Moritz von Sachsen sowie den Burgundischen Vertrag.
Der Band folgt dem Bearbeitungsschema der Bände, das der Abteilungsleiter Eike Wolgast erarbeitet hat (49), und beginnt mit einer rund 50-seitigen Einleitung (49–105). Schon in dieser Einleitung kann man sehen, dass der Reichstag für den kränkelnden Kaiser keineswegs der erwartete Erfolg nach dem militärischen Sieg im Schmalkaldischen Krieg war; die Stände beschuldigten den Monarchen, die »hispanische servitut« auch im Reich einführen zu wollen, und vereitelten allerlei kaiserliche Planungen (vgl. z. B. 90 f.). Als beispielsweise die Stände den Interimsentwurf des Kaisers ablehnten, reagierte dieser äußerst heftig, wie die am 9.4.1548 vorgetragene Replik des Monarchen zeigt, und bezeichnete einzelne Forderungen der altgläubigen Fürsten als »aller vernunft entgegen« (1787). Ganz anders formuliert einen knappen Monat später der Entwurf eines Schreibens, mit dem die Kurfürsten den Übergang der Kurwürde auf Moritz anerkennen (2543–2545) – ein denkbar schlichter, rein juristischer Text. Die Edition ist, soweit das der Rezensent beurteilen kann, mustergültig. Ein ausführliches Regis­ter der Personen- und Ortsnamen schließt diese außerordentliche Leistung deutscher Editionsphilologie ab (2721–2760); wenn auch dieser Band wie andere der Reihe als Volldigitalisat bei google books eingesehen und darin recherchiert werden kann, wird man das bisherige Bild dieses Reichstags vielleicht noch deutlicher korrigieren können und müssen.