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Ausgabe:

März/1997

Spalte:

248 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Willi, Thomas

Titel/Untertitel:

Juda –­ Jehud –­ Israel: Studien zum Selbstverständnis des Judentums in persischer Zeit.

Verlag:

Tübingen: Mohr 1995. VIII, 208 S., 2 Ktnskizzen. gr.8° = Forschungen zum Alten Testament,12.Lw. DM 168,-. ISBN 3-16-146478-8.

Rezensent:

Gerhard Wallis

Die vorliegende Untersuchung hat im Jahre 1991 der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Bern als Habilitationsschrift vorgelegen. Sie nimmt Beobachtungen auf, die der Autor bei Ausarbeitung des Kommmentars über die Chronik-Bücher (BK XXIVI, 1991) gezeitigt hat, aber dort nicht im Einzelnen darbieten konnte. Durch mannigfaltige Verweise auf den genannten Kommentar wird auf den Sachzusammenhang der Gesamtauslegung aufmerksam gemacht, in welchen die hier gebotenen Feststellungen hineingehören.

Der Titel des Buches: "Juda ­ Jehud ­ Israel" deckt den behandelten Stoff in besagter Dreiteilung durchaus ab. Nach einem Vorwort (III) bietet I: Etappen der Vorgeschichte und des Werdens der persischen Provinz Jehud (1-39), gemeint ist 1) Juda in der vorpersischen Zeit: Der Stamm und das Königreich, in dem eine recht ausführliche Aufarbeitung des Schrifttums über cmh^rs, die judäische Komponente der Davidherrschaft, vorgelegt wird, während 2) die Kontinuität und nationale Identität zum Gegenstand hat, nämlich die zwei Phasen der Geschichte und Geistigkeit Israels im Achämenidenreich, unterteilt in zwei Exkurse: Der Stellenwert der Exilszeit in historischer Sicht im Licht von 2Chr 36,20, zum andern: Die Nachgeschichte des Begriffs cmh^rs. Damit ist im wesentlichen der Teil "Juda" behandelt.

Teil II behandelt: Grundzüge des Israelbildes in spätpersischer Zeit nach dem Buch Esra-Nehemia (41-117): 1) Das Buch Esra-Nehemia als Zeugnis Israels in spätpersischer Zeit, mit einem Exkurs: Der Eingang des Buches Esra-Nehemia (Esr1,1-4). Dieses Kap. ist der Schlüssel zu seiner Konzeption (43- 65), während 2) den Weg zur selbständigen Provinz Jehud und dessen vier Etappen nach dem Buch Esra-Nehemia beschreibt: a) Tempel und Perserreich, (bnh); b) Einwanderung, (clh) Jerusalems Neubegründung und die persische Provinz Jehud; d) twrh, als dt, mit einem abschließenden Exkurs: twrh Name und Sache im Alten Testament. Damit ist dann der Teil "Jehud" im wesentlichen gekennzeichnet.

III. behandelt dann: Das Selbstverständnis in spätpersischer Zeit im Spiegel der chronistischen Bürgerrechtslisten (119-169) mit einem Anhang, der deutschen Wiedergabe von 1Chr 2,3-4,23 (165-167). Hier wird eingehend die Genealogie von 1Chr 1-10 aufgearbeitet in den Stufen 1. Israel im Werden, das Ideal, das Wirklichkeit wird. 2. Die Bürgerrechtslisten, 3. "Israel" als Bestimmung und Bezeichnung des Judentums und 4. Die Judagenealogie in ihrem geistigen und geschichtlichen Umfeld. Es geht hierbei um das Verhältnis Judas zu Jerachmeel und Kaleb sowie um Juda als Teil des Volkes Israel, gewissermaßen als dessen Statthalter. Damit ist dann der Teil "Israel" in seiner spätpersischen Neuprägung als Neuentwicklung des alten Israel geboten.

Der Schluß IV (169-181), der das Wesentliche noch einmal durchschaubar zusammenfaßt, beschließt die Darstellung, während das Literaturverzeichnis (183-193), das Stellenregister (195-206), das Namens- und Sachregister ( 207-208, hebräisch 209) das gesamte Werk für die weitere Beschäftigung mit dem Stoff handhabbar machen.

Die Grundlage des Gedankengangs beruht darauf: Das "Buch Esr-Neh ist ein selbständiges Werk und will über die in ihm verarbeiteten Quellen hinaus als solches gelesen und verstanden werden." (43). "Dem Verfasser von Esr-Neh ist die Provinz Jehud schon längst Realität." (57). Somit ist dieses Buch von den Chronik-Büchern vom Ursprung her zu trennen. Hinter ihm steht nicht eine konservativ-jüdische Gemeinschaft, sondern ein Neuaufbruch in persischer Zeit, der auch die jüdische Diaspora einbegreift, die innerhalb der Chronikbücher lediglich in der als "Bürgerrechtslisten" bezeichneten Genealogie von 1Chr 1-10 zu finden ist, die ganz offensichtlich die innerjüdischen Verhältnisse in der spätpersischen Zeit und ihr Verhalten zu Gesamtisrael und seinen Nachbarn unterstreichen ­ ein wesentlich neuer Aspekt in der Betrachtung der spätpersischen Zeit, beruhend auf der Textauswahl, zu der aus der früheren nachexilischen Zeit u. a auch Dan 1-6 und Psalmen in Auswahl hinzugezogen werden. Wer diesen Zeitraum fernerhin bearbeiten und erforschen möchte, wie es ja seit kurzem vielfach geschieht, muß sich mit diesem Werk konstruktiv und operativ auseinandersetzen.