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Ausgabe:

April/1997

Spalte:

401–412

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Gert Haendler

Titel/Untertitel:

Mittelalterliche Texte in neuen Editionen 1995/96

Der nachfolgende Bericht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; es handelt sich nur um jene Bände mit mittelalterlichen Texten, die der ThLZ vom März 1995 bis September 1996 zugegangen sind. Sieben Bände kommen von dem Unternehmen Monumenta Germaniae Historica (München), über dessen grundlegende Bedeutung für Texte des Mittelalters ThLZ 120, 1995, 732-740 berichtet hatte. Die anderen Bände stammen aus Editionsreihen, die primär altkirchliche Texte bringen: Aus der Reihe Fontes Christiani (Freiburg) waren zuletzt die Bände 16-20 in ThLZ 121, 1996, 778/789 ausführlich besprochen worden. Die in Paris erscheinende Reihe Sources Chrétiennes ist mit drei mittelalterlichen Autoren vertreten; die drei zuletzt erschienenen altkirchlichen Bände 404-406 dieser Reihe sind in ThLZ 121, 1996, 171 f. und 379 angezeigt worden.

Die folgende Sammelrezension ist chronologisch geordnet: Sie beginnt mit einer Lobrede auf den Ostgotenkönig Theoderich aus dem Anfang des 6. Jh.s, sie endet mit einem mystischen Werk eines französischen Mönches vom Ende des 13. Jh.s. So kann diese Rezension zugleich als kleiner Rundgang durch die Vielfalt des Mittelalters verstanden werden. Auch geographisch ist der Rahmen weit gespannt: In den Überschriften werden u. a.die Orte Pavia, Orléans, Ravenna, Bamberg, Metz und Hildesheim genannt.

1. Ennodius von Pavia: Panegyricus für König Theoderich(1)

Das Buch schildert zunächst die Biographie des Autors:

Ennodius wurde 473/74 geboren, trat 494 in den geistlichen Stand ein, gehörte zum Klerus von Mailand und wurde 513 Bischof von Pavia, wo er 521 starb. Am bekanntesten ist ein Libellus aus dem Jahre 502, der für die Unabsetzbarkeit des (damals schwer belasteten) Papstes eintrat, weil die guten Werke des Petrus jedem seiner Nachfolger in Rom zugerechnet würden. Ennodius hinterließ 297 Briefe, 2 Heiligenleben und eine "Art Selbstbiographie im Stil der Confessiones Augustins" (7). Ferner schrieb er ermahnende Schriften, Carmina und Epigramme.

Ennodius besaß eine "profunde Ausbildung in der klassisch-heidnischen und spätantik-christlichen Literatur" (13). Die Lobrede auf den Gotenkönig Theoderich entstand 507; der katholische Kleriker Ennodius hat aber "kirchenpolitische Fragen im Panegyricus auf den Arianer Theoderich völlig ausgeklammert" (18). Rohr vergleicht den Panegyricus mit anderen zeitgenössischen Quellen, mit Werken Procops, der Gotengeschichte des Jordanes, dem Anonymus Valesianus sowie den "Variae" des Cassiodor (54-57). Offenbar absichtlich verschwieg Ennodius viele gut verbürgte Vorgänge, u. a. Probleme um das Papstschisma in Rom um 500, "in dem Ennodius als einer der führenden Verhandler des Symmachus tief involviert war" (61). Ennodius wollte mit seinem Panegyricus den Gotenkönig Theoderich "als einen in der Tradition der weströmischen Kaiser stehenden Herrscher Italiens legitimieren" (62).

Das zentrale Kapitel II "Zur Überlieferungs- und Wirkungsgeschichte"(64-178) erörtert die anstehenden Probleme: Handschriften und Editionen sowie die Nachwirkungen des Ennodius, die bei Paulus Diaconus im 8. Jh. erstmals deutlich werden. Die älteste Handschrift ist um 825/40 entstanden, sie liegt heute in Brüssel (170). Der fast vergessene Ennodius fand um 1160 kritisches Interesse bei Bischof Arnulf von Lisieux (172 f.). Die Werke des Ennodius wurden 1569 erstmals in Basel ediert (159). Verbesserte Ausgaben erschienen 1611 von Andreas Schott in Tournai und von Jaques Sirmond in Paris (160. 163). Migne übernahm die Edition von Sirmond in seine Patrologia Latina, Bd. 63. Einen Fortschritt gegenüber Sirmond brachte die Ausgabe in der Wiener Reihe CSEL, die Wilhelm von Hartel 1882 als Bd. 6 vorlegte (163 f.).

Die bisher beste Edition bot Friedrich Vogel in der Reihe Auctores antiquissimi der MGH (Berlin 1885). Nach 1900 "erwachte mit der Rückwendung auf die Geschichte des Mittelalters auch das Interesse an Ennodius" (175). Dem Wiener Historiker "Herwig Wolfram gelang mit seiner 1979 erstmals erschienen Geschichte der Goten der Durchbruch zu einer modernen wissenschaftlich einwandfreien Beschäftigung mit dem Thema" (177 f.).

Christian Rohr erarbeitete eine neue Textausgabe der Lobrede auf König Theoderich; er zieht primär zwei Codices aus Brüssel und dem Vatikan heran (179-181). Die Einteilung in Kapitel und Paragraphen folgt der Ausgabe von Vogel. Für den praktischen Gebrauch dürfte vor allem die deutsche Übersetzung das Buch für breitere Kreise ­ zumal auch für Studenten ­ empfehlen. Rohr bemühte sich, "einerseits den schwülstigen Stil des Ennodius im Deutschen zu bewahren, andererseits aber verständlich zu bleiben" (193). Trotzdem können manche Wortspiele in der lateinischen Sprache "nur mit Hilfe von Erläuterungen umfassend wiedergegeben werden" (193).

Dem Text und der Übersetzung (196-263) folgen umfangreiche Register. Ein Register von Bibelstellen fehlt mit gutem Grunde: Ennodius folgt in seiner Lobrede antiken Vorbildern. Theoderich wird "als Bringer der salus, als imperator aeternus, als Friedensbringer, als vindex libertatis und sogar als Urheber eines goldenen Zeitalters verherrlicht. Gerade nach einer Periode unsicherer Zustände kann der Lobredner auf derartige Topoi zurückgreifen. Bisweilen ist mit der Verherrlichung als Retter und Friedensbringer auch der Wunsch verknüpft, der Herrscher möge ewig leben" (44 f.). Ennodius hat aber erfreulicherweise darauf verzichtet, diese Gedankengänge noch mit Bibelstellen zu verbinden.

Er beginnt wohl "in nomine patris et filii et spiritus sancti" (196), er nennt einmal die Kirche: "ecclesia dirigat laudatorem" (252=16,77). Aber der Wunsch, Theoderich möge als ein "divus" sein Leben führen "ex fructu conscientiae" kann doch nur mühsam christlich verstanden werden (254=17,81). Ennodius bezeichnet den König Theoderich (nur) als einen Verehrer des höchsten Gottes: "Summi dei cultorem" (254=17,81). Jesus Christus kommt nicht vor, spezifisch christliche Worte wie Evangelium, Heilige Schrift, Glaube, Sünde, Kreuz oder Auferstehung sucht man in dieser Lobrede vergebens.

2. Jonas von Orléans: De institutione regia(2)

Jonas stammte aus Aquitanien und wurde 818 Bischof von Orléans. Sein Amtsvorgänger Theodulf war ein enger Vertrauter Karls d. Gr. gewesen, hatte sich aber 817 in eine Intrige gegen den neuen Kaiser Ludwig den Frommen hineinziehen lassen, so daß er sein Bistum verlor. Auch Bischof Jonas von Orléans hat sich politisch engagiert; er hat an mehreren Synoden im Reich Ludwigs teilgenommen und war zwischen 825 und 836 häufig an der Abfassung der Konzilsakten beteiligt (18-23). Insbesondere das Thema Bilderverehrung hat ihn beschäftigt: Im Zusammenhang mit der Pariser Synode 825 hat er dazu in Rom bei Papst Eugen II. Erkundigungen eingeholt. Seine Spätschrift "De cultu imaginum" 840 vertritt eine bilderfreundliche Linie (31-33).

Die Schrift "De institutione regia" ist wahrscheinlich im Herbst 831 abgefaßt worden (48). Der Begriff "Fürstenspiegel" (miroir des princes) wird mit Vorbehalt übernommen, da er erst am Ende des zwölften Jahrhunderts auftaucht (58). Aber es gab auch schon im 9. Jahrhundert Schriften, die unter diesen Begriff gestellt werden können: Smaragdus beschrieb zwischen 811 und 814 eine Via regia; Sedulius Scotus stellte zwischen 855 und 859 die Schrift De rectoribus christianis zusammen; Hinkmar von Reims verfaßte 873 sein Programm De regis persona et regis ministerio (59).

Besonders aufschlußreich ist der Abschnitt über die Ekklesiologie des Jonas (64-97). Formal will die Schrift nur eine Ermahnung für den König Pippin von Aquitanien sein, tatsächlich handelt es sich aber um ein Idealbild einer christlichen Gesellschaft, in der Kirche und Staat harmonisch zusammenarbeiten, freilich unter maßgeblichem Einfluß der Bischöfe. Die Problematik dieser Konzeption macht der Herausgeber dadurch deutlich, daß er als Teilüberschrift formuliert "Une utopie fragile" (97-102).

Aussagekräftig ist ein Blick auf die von Jonas verwendeten Quellen. An der Spitze stehen biblische Bücher. Von 157 Bibelzitaten stammen 85 aus dem Alten Testament, man hat von einer «politique tirée de l’Ancien Testament» gesprochen (104). Von den 62 Zitaten aus dem Neuen Testament haben vor allem solche Bedeutung, die das Amt der Kirche stärken: Mt 16,19; 22,21; Luk 10,16; Joh 20,22 und dazu kommt natürlich Röm 13. Jonas beruft sich auch auf den Primat des Petrus, aber er bezieht ihn nicht auf den Bischof von Rom; Jonas will einen Vorrang aller Bischöfe beweisen (105), es geht ganz allgemein um die "potestas et auctoritas sacerdotalis" (Kap. II, 180). Unter den Kirchenvätern steht Isidor von Sevilla an der Spitze vor Origenes, Beda, Augustin, Caesarius von Arles und Fulgentius von Ruspe. Jonas zitiert gleich zu Beginn seines Werkes die Zweigewaltenlehre des Papstes Gelasius, freilich in einer abgewandelten Fassung (176). Das einzige heidnische Zitat ist ein Satz von Vergil, dessen Name jedoch nicht genannt wird. Jonas berichtet, in der "historia gentili" stünden die Worte "parcere subjectis et debellare superbos" (208: Kap.V). Diese Worte aus der Aeneis des Vergil (VI,853) hatte Augustin am Anfang seiner Bücher vom Gottesstaat zitiert; Jonas hat sehr wahrscheinlich das Zitat von Augustin übernommen (110). Auch die Mönchsregel Benedikts hat Jonas berücksichtigt (111-113 bzw. Register 293).

Ein zentraler Satz des Jonas lautet "Rex a recte agendo vocatur" (184: Kap.III). Man kann dieses Wortspiel in der deutschen Sprache nicht wiedergeben, aber in der französischen Sprache gibt es einen Anklang von roi (König) und droit (Recht): «Le roi tire son nom du fait agir droitement» (185). Schon Isidor von Sevilla hatte in seinen Etymologien das Wort rex so abgeleitet: «reges a regendo, id est a recte agendo» (I, 29, 3). In Gregors Moralia XII, 38 oder auch schon in Augustins De civitate Dei V,19 war dieser Gedanke angeklungen. Jonas verweist immer wieder im Anschluß an die Bibel und Kirchenväter auf die Gefahren, die sich aus der Ausübung von Macht ergeben. Ein König soll diesen Gefahren entgehen durch eine enge Bindung an das Recht; das steht in den Geboten Gottes, über deren Einhaltung die Bischöfe der Kirche zu wachen haben.

Die Schrift De institutione regia liegt in drei Manuskripten vor (118-131). Eine erste Edition hatte 1661 Luc d’Achery besorgt, der ihr auch die Überschrift "de institutione regia" gegeben hat. Einer zweiten Ausgabe dieses Textes von 1732 folgte Migne in seiner Patrologia Latina 106. In der Reihe Monumenta Germaniae Historica (MGH) war nur der kurze Dedikationsbrief des Bischofs Jonas an den König Pippin von Aquitanien ­ die Admonitio (148-165) ­ vorgelegt worden: Ed. Ernst Dümmler in Epistolae V, 1899, 346-355. In Paris hatte Jean Reviron 1930 eine kritische Edition vorgelegt, die Dom Vilmart kritisiert hatte (135). Vilmart verwies u.a. auf den besser begründeten Titel "Admonitio Jonae episcopi ad Pippinum" (135). Revirons Text wurde jedoch 1964 von Odile Boussel übernommen und übersetzt. Der jetzt vorgelegte Text wurde nach den Manuskripten neu erarbeitet; dankenswerterweise behält sie den eingebürgerten Titel der Schrift bei, die uns die Sicht der späteren Karolingerzeit zum Thema "Staat und Kirche" eindrucksvoll vor Augen stellt.

Die Unterschiede zu der vorher besprochenen Schrift sind überdeutlich: Ennodius schrieb eine Lobrede für den Gotenkönig Theoderich nach antikem Vorbild, er stellt Theoderich in die Reihe früherer römischer Herrscher, er verzichtet auf Bibelzitate. Jonas schrieb eine Ermahnung für seinen König, den er mit Hilfe vieler Bibelzitzate an die Gebote Gottes erinnert und damit zur Unterordnung unter die Bischöfe der Kirche auffordert.

3. Agnellus von Ravenna: Liber pontificalis(3)

Der Titel "Liber pontificalis" erinnert an das "Päpstliche Buch", das in Rom in einer jahrhundertelangen Entwicklung entstanden ist; vermutlich hat Agnellus von Ravenna den römischen Liber pontificalis in einem frühen Zustand gekannt und ausgewertet, um sein Buch über die Bischöfe von Ravenna zu schreiben. Aber auch "in der Antike gab es vergleichbare Literaturwerke, die als Vorbilder der Pontifikalbücher gelten können. Am wirksamsten war der Einfluß der Kaiserbiographien des Sueton, die in dem Sammelwerk der spätantiken Historia Augusta eine Fortsetzung fanden" (9). Agnellus stammte aus vermögender Familie und war Kleriker in seiner Heimatstadt Ravenna, "einer auch im 9. Jahrhundert noch weithin byzantinisch geprägten Stadt, die in die Zeitläufte mit hineingezogen wird" (19).

Ein Zeitgnosse des Agnellus sagt im Vorwort, schon manche Historiker hätten von Königen und Bischöfen erzählt, "wie lange ein jeder Herrscher auf dem kaiserlichen Thron beziehungsweise ein hervorragender Hirte auf dem bischöflichen Stuhl saß... Die träge Feder der ravennatischen Autoren versäumte es aber fast 800 Jahre lang, von den über den Erdkreis bekannten Regierungen und dem nützlichen Leben ihrer erhabenen Bischöfe zu berichten. Doch glücklicherweise brachen sich spät noch die Zuversicht und das Geschick des Agnellus Bahn, um unser Bischofsbuch zu schreiben" (79). Agnellus hat seine Darstellung auch für Lesungen gestaltet; er nimmt darauf gelegentlich bezug: "Für heute habt ihr genug vom Leben dieses heiligen Mannes gehört. Denn es ist jetzt Zeit; der Abend bricht an..." (197, Kap. 38).

Die Hgn. Claudia Nauerth ist durch mehrere Veröffentlichungen zur mittelalterlichen Geschichte Ravennas ausgewiesen. Sie nennt bestimmte Tendenzen: "Agnellus ist antirömisch eingestellt und legt auf ein kritisches Bischofsbild Wert. Die ökonomischen Interessen des Klerus sind ihm wichtig" (30). Sie gibt eine Inhaltsübersicht nach Bischofsviten und Kapiteleinteilung (31-39) sowie die Liste der historisch gesicherten Bischöfe in Ravenna (40 f.), die erst im späten 4. Jh. beginnt. Agnellus beklagte den Mangel an Quellen, er komme sich vor wie in Wäldern und Wüsten. Er hat sich jedoch "um des Berichtes über die heiligen Bischöfe dieses Stuhles von Ravenna willen gleichsam in die Gefahren des Meeres begeben" (Prolog, 93).

Agnellus beginnt seine Reihe mit dem aus Antiochien stammenden Apollinaris: Er soll als Schüler des Petrus mit nach Rom gekommen sein; dort soll ihn Petrus zum Bischof ordiniert und nach Ravenna geschickt haben, wo er Wunder vollbrachte. "Die Krone des Martyriums errang er zur Zeit des Kaisers Vespasian. Auf dem Bischofssitz blieb er 28 Jahre,1 Monat und 4 Tage" (101: Kap. 2). Als erster "normaler" Bischof erscheint Aderitus I. Die weiteren Bischöfe folgen jeweils mit entsprechenden Zahlen bis hin zu Georg, dem 48. Bischof von Ravenna, der 844/46 gestorben ist (586-601). Zur Abfassungszeit des

Bischofsbuches sagt die Hgn., es bleibe "ein Zeitraum von 15 bis 20 Jahren, das heißt von 830 bis nach 848" (24). Vielfältige Quellen werden vorgestellt: Schriftliche Traditionen, mündliche Überlieferung und Legenden, liturgische Spuren, zitierte Inschriften in Bauten und auf Gegenständen, Todesdaten und Gräber der Bischöfe, topographische Glossen, Bilder und Baunachrichten (42-64). Die Angaben des Bischofsbuches sind im Detail mit großer Skepsis zu prüfen, aber für die Frömmigkeit des 9. Jh.s sind sie aufschlußreich.

Kapitel 30 erzählt z. B., daß zwei Verwandte ein größeres Geldgeschäft abschließen ohne Vertrag. Als Zeuge gilt ihnen ein Bild: "Der allmächtige Gott, dessen Bild hier dargestellt ist, sei Mittler zwischen dir und mir. Der starke und schreckeneinflößende Arm des Heilandes selbst sei unser Bürge" (161). Vor jenem Bild beschwert sich später der Gläubiger: "O Herr, warum verschaffst du mir nicht Gerechtigkeit? Du bist doch mein Bürge, und bei deinem starken Arm habe ich das Geld gegeben" (163). Beide versprechen sich zuletzt, "einander nicht zu betrügen, weil wir diesen starken Arm als Mittler zwischen uns gesetzt haben"(171).

Das Bischofsbuch existiert nur noch in einem Codex aus dem 15. Jh. in Modena sowie in einem Fragmentum Vaticanum aus dem 16. Jh. Die neue Ausgabe stützt sich auf die Edition von O. Holder-Egger in den Monumenta Germaniae Historica (SS rer Lang, 1887). Ältere Ausgaben "werden nurgelegentlich herangezogen" (70). Die Teilausgabe von A. Testi-Rasponi (1924) wurde "kritisch durchgesehen" (70), die letzte Textfassung in einer Dissertation von D. Mauskopf Deliyannis von 1994 wird genannt, sie soll jedoch nur vorläufigen Charakter haben (71 bzw. 610). Besonderes Interesse verdient die Übersetzung, da das Werk des Agnellus "bisher noch nicht in eine moderne Sprache übersetzt worden" ist (72). Der Reihe Fontes Christiani muß man gratulieren zu diesem zweibändigen Werk, das die erste Reihe der "Fontes" abschließt: Nach Ankündigung des Herder Verlages soll noch eine zweite Reihe folgen.

4. Bamberger Handschriften des 10. und 11. Jahrhunderts(4)

Die Einleitung umreißt die besondere Rolle Bambergs: "Dort lagern jetzt noch die Bestände der alten Dombibliothek und der Bibliothek des Klosters Michelsberg, zweier Bibliotheken also, die in früheren Jahrhunderten mehr oder weniger am selben Platz, nämlich bloß ein paar Schritte entfernt, ihren Standort gehabt haben. Auf dem europäischen Festland hat das Schicksal es nur mit wenigen großen Büchersammlungen des Mittelalters genauso gut gemeint: Man kann an Köln und Merseburg, an St. Gallen und Montecassino denken ­ sehr viel mehr fällt einem dazu nicht ein". Hier finden sich Handschriften mit einer besonderen paläographischen Vielfalt, auch auf die großen Leistungen des Skriptoriums wird verwiesen. Aber am eindrucksvollsten erscheint doch die "Erwerbspolitik Kaiser Heinrichs II., der, als er den Dom gründete, die dafür benötigten Bücher gleichsam aus aller Herren Länder zusammenholte" (1).

Kapitel II "Die Bibliothek Ottos III." geht der Meinung nach, schon Kaiser Otto III. habe einen beträchtlichen Teil dieser Bücher zusammengebracht. Hoffmann bezweifelt diese These und bringt detaillierte Gründe für seine Skepsis:

Es ist "in jedem einzelnen Fall vorstellbar, daß ein Buch nicht über den kaiserlichen Hof, sondern auf einem uns verborgenen Weg nach Bamberg gelangt ist... Die Sache nimmt sich erst anders aus, wenn man die betreffenden Bamberger Bücher in ihrer Gesamtheit betrachtet. Dürfen wir es wohl einen Zufall nennen, daß sich hier die Hinweise auf den Kreis Ottos III. und die Berührungen mit ihm in ganz ungewöhnlichem Ausmaß häufen?" (24) Aber H. kommt dann doch zu der zurückhaltenden Feststellung: Eine Bibliothek Ottos III. ist "direkt überhaupt nicht bezeugt. Es braucht zwar nicht bezweifelt zu werden, daß der Kaiser ein paar Codices besessen hat; aber ob es so viele gewesen sind, daß man geradezu von einer Bibliothek sprechen darf, ist doch recht fraglich" (29). Auch die Prunkhandschriften, die im Besitz Ottos III. gewesen sein sollen, ändern daran nichts. Es bleibt "das ernüchternde Ergebnis, daß nur ganz wenige Codices, die heute noch existieren, eindeutig als ehemaliges Eigentum Ottos III. zu erweisen sind" (33).

Die in Bamberg lagernden Schätze werden im Detail vorgestellt in den Kapiteln III-VI: Die Italiener in Bamberg (35-47); eine Urkunde Herzog Ottos von Schweinfurt; die fränkische Elfenbeinschnitzschule des 11. Jh.s (51-54); Cambridge, Corpus Christi College 373. Kapitel VII beschreibt die Bamberger Skriptorien des 11. Jahrhunderts (63-74); hier wird schon hingewiesen auf die 272 Faksimile-Abbildungen, die den 2. Teil des Bandes ausmachen.

Grundlegende Angaben bringt Kapitel VIII "Die Bamberger Bibliotheken im 11. Jahrhundert" (75-105): Man kann annehmen, daß etwa 500 Bücher um 1100 der Domkirche gehört haben. Es gibt Vergleichszahlen: "Lorsch besaß im 9. Jahrhundert etwa 475 Bände, St. Gallen etwa 415, St. Emmeram um das Jahr 1000 sogar über 500. Die Bibliotheken der alten und bedeutenden Domstifte werden kaum dahinter zurückgeblieben sein" (87 f.).

In Würzburg ist zum Anfang des 11. Jh.s mit 400 bis 500 Büchern zu rechnen. "Das dürfte auch das Ziel gewesen sein, das Heinrich II. in Bamberg anvisierte" (88). Das Verdienst, diese Schätze zusammen gebracht zu haben, kommt also Kaiser Heinrich II. zu, der das Bistum Bamberg im Jahre 1007 (auf Kosten von Würzburg) gegründet hat. Aus der Chronik des Klosters Petershausen wird der aufschlußreiche Satz zitiert:

"Als König Heinrich überall voller Eifer einsammelte, was nötig war, um (die Kirche, die) er errichtet hatte, zu bereichern und zu schmücken, da beraubte er, wenn auch bittend, viele Orte so lange, bis er seinen Ort über alle Maße reich gemacht hatte" (89).

Kapitel IX bringt einen Katalog der Bamberger Handschriften des 10. und 11. Jh.s (106-185). Erfaßt sind die Handschriften, "die heute in Bamberger Archiven und Bibliotheken liegen, die im Mittelalter in Bamberger Bibliotheken gelagert haben und die in Bamberger Skriptorien entstanden sind. Einige Handschriften des 9. Jh.s, die den Bamberger Bibliotheken einmal gehört haben oder noch gehören, wurden ebenfalls aufgenommen" (106).

Auch bei dieser Übersicht finden sich am Rande fortlaufend Hinweise auf die Faksimile-Abbildungen, die den 2.Teil des Buches ausmachen. Sie werden nach Nummern gezählt von 1 a bis 272 b. Für Kenner der mittelalterlichen Paläographie ist dieser Teil besonders interessant. Aber jeder Leser mit bibliophilen Neigungen wird sich von dieser Sammlung mittelalterlicher Buchschätze angezogen fühlen.

5. Ordines de celebrando concilio(5)

Im Vorwort heißt es: "Mit den Ordines de celebrando concilio kommen Texte zur Veröffentlichung, die innerhalb des Editionsprogramms der Monumenta Germaniae Historica ­ trotz des unbestrittenen Platzes mittelalterlicher Synoden darin ­ eher aus dem Rahmen fallen. Die Synodalordines sind nicht an dem interessiert, was die Synoden an Kanones, Erlassen, Urkunden usw. produziert haben, sondern an der Institution selbst, an ihrem Ablauf und ihrer liturgischen Form". Die Texte "beschreiben eine wichtige Dimension des mittelalterlichen Synodalwesens, ohne die wir in Gefahr wären, die Synoden einseitig rechtsgeschichtlich zu sehen..." (V).

Schon die alte Kirche hatte Synoden abgehalten, aber erst die westgotische Kirche in Spanien hinterließ am Anfang des 7. Jh.s das erste schriftliche Formular zum Ablauf einer Kirchenversammlung. "Damit war in Übereinstimmung mit der allgemeinen Entwicklung der Liturgiegeschichte auch für die Synodalliturgie die Zeit der Improvisation zu Ende, was allerdings noch lange nicht eine endgültige und ausschließliche Festlegung bedeutete, schon gar nicht eine zentrale Normierung etwa von Rom aus. Das ganze Mittelalter hindurch wurde der äußere Rahmen der Synoden verändert" (1). Die Ordines sind "von der Vorstellung getragen, daß durch ihre Beachtung der Beistand des Heiligen Geistes gesichert wird, unabhängig davon, ob es sich um eine Diözesansynode oder ein Nationalkonzil handelt" (2). Ein Überblick über die Forschung nennt u. a. Friedrich Maassen, Henry Leclercq, Hans Barion, Charles Munier und Martin Klöckner, die von der Rechtsgeschichte oder der Liturgiegeschichte her die Synodalordines im Blick hatten (8-10).

Der Band will "möglichst vollständig die lateinischen Synodalordines von 633 bis ca. 1200 erfasen" (10). Die ca. 300 erhaltenen Handschriften "wurden in 43 verschiedene Redaktionen aufgeteilt und mit arabischen Nummern durchnummeriert (Ordo 1-Ordo 30), wobei Weiterentwicklungen geringen Umfangs oder Verkürzungen dem nächstverwandten Ordo mit Beibuchstaben nachgeordnet wurden, ohne Rücksicht auf die chronologische Ordnung (Ordo 2 A, Ordo 2 B usw.)" (11).

Der Anfang ist exakt zu bestimmen: "Am 5.Dezember 633 versammelte sich in Toledo ein Konzil der Bischöfe des Westgotenreiches unter Vorsitz des Erzbischofs Isidor von Sevilla, einberufen durch König Sisenand. Es steht am Beginn einer imposanten Reihe westgotischer Synoden, besonders Toletanischer, und gab dazu bewußt den Anstoß" (12). Hier entstand eine "Formula secundum quam debeat sancta Synodus in dei nomine fieri" (Ordo 1, 138-141).

Die Texte werden umfassend eingeleitet: Handschriften, Drucke, Übersetzungen und Literatur werden genannt und bewertet. Besonders wichtig war Ordo 7, der um 800 im Rahmen der karolingischen Reform entstanden sein dürfte; von ihm existieren 24 Handschriften (296-302). Seine Überschrift lautet: "Ordo Romanus qualiter concilium agatur" (305-315).

Diese Textgestalt "setzte sich bald auch in Italien und Rom durch und galt ab der Zeit Papst Gregors VII. (1073-1085), als das Papsttum nicht nur in kanonistischer, sondern ebenso in liturgischer Hinsicht vielfach die Initiative an sich zog, sogar schlechthin als der Ordo Romanus im Sinne der gesamten liturgischen Gewohnheit Roms" (53). Um 1200 kam die Entwicklung zum Abschluß. "Spätestens unter Papst Innozenz III. hatte also der Synodalordo im Groben seine bis in die Gegenwart wirksame Form und durch die Aufnahme in das römische Pontifikalbuch Eingang in den auf die Dauer siegreichen Traditionsstrom gefunden" (4). Gedanken von einer Eigenständigkeit des Konzils gegenüber dem Bischof (oder gar Papst) finden sich in diesen Texten nicht. Das Konzil von Konstanz konnte mit seinen konziliaristischen Beschlüssen 1415 und 1417 nicht an die hier vorgelegten Quellen anknüpfen.

6. Studien zur literarischen Wirksamkeit des Petrus Damiani (Johannes von Lodi: Vita Petri Damiani(6))

Die Regensburger Dissertation (1992) schildert "die literarische Wirksamkeit, die Damianis Werke im 11. und 12. Jahrhundert entfalteten, sowie die Wertschätzung, die seiner Person im italienischen Frühhumanismus zuteil wurde" (1). Damianis Formulierungen standen schon 1059 "bei der Abfassung von Teilen des Papsttwahldekrets Pate"(11); sein Verhältnis zu Humbert von Silva Candida "war äußerst distanziert" (14). Eng verbunden war Damiani dem Kloster Monte Cassino: Seine Werke wurden dort abgeschrieben, sie "waren im Bewußtsein der Mönche lebendig" (37). In Streitschriften spielte Damiani eine Rolle: Bonizo von Sutri "steht mehrfach in Beziehung zu Petrus Damiani" (40). Dem gelehrten Bischof Bruno von Segni waren "die Ansichten Damianis zur Simoniedebatte des 11. Jahrhunderts sicherlich vertraut" (56). Bernold von Konstanz nannte Petrus Damiani "hochberühmt und äußerst scharfsinnig", er bezeichnete ihn als einen "zweiten Hieronymus" (59). Manegold von Lauterbach hat jedoch ­ ähnlich wie Humbert von Silva Candida und dann Kardinal Deusdedit ­ schärfere Akzente gesetzt, "die über die Positionen Damianis vielfach hinausgehen" (77).

Kanonistische Kenntnisse ziehen sich "wie ein roter Faden durch das Werk Petrus Damianis" (87). Anselm von Lucca hat Damianis Brief 65 "De privilegio Romanae ecclesiae" zitiert, jedoch mit der noch weitergehenden "Behauptung, die Gründung aller Kirchen sei von Rom ausgegangen" (91). Diese veränderte Fassung übernahm Bonizo von Sutri (97). Kardinal Deusdedit polemisierte 1097 gegen Damianis Ansichten über die mögliche Gültigkeit simonistischer Weihen (107). Ein Abschnitt über Alger von Lüttich führt zu dem Ergebnis:

"Damianis Ansichten... finden sich auch in kanonistischen Texten des frühen 12. Jahrhunderts im nordfranzösisch-belgischen Raum..." (117). Johannes Gratian hat "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Handschriften mit Werken Damianis verwendet" (122), aber er hat mehr als einmal Gedanken Damianis von Gewährsleuten übernommen: Von Bonizo, Anselm von Lucca oder Deusdedit. Petrus Damiani vertrat Positionen, die dem Zeitgeist entsprachen und daher "folgerichtig Aufnahme in die Kodifizierung des Kirchenrechts im 12. Jahrhundert fanden" (125).

Die "Rezeption im eremitischen und monastischen Bereich" (126-157) überrascht kaum. In Camaldoli stand man ­ trotz einzelner Abweichungen ­ Damianis Gedanken nahe, obwohl Freund hier "größte Zurückhaltung walten lassen" möchte (150). Bei den Zisterziensern und Prämonstratensern genossen Damianis Werke "hohe Wertschätzung, sie wurden gelesen, abgeschrieben und aufbewahrt. Dies gilt besonders für nordfranzösische Zisterzienser- und Prämonstratenserklöster sowie für Augustiner-Chorherrenstifte" (155). Aber Freund zieht die Linie noch weiter: "Die Überlieferung seiner Werke macht deutlich, daß diese vom 12. bis 16. Jahrhundert aktuell geblieben waren und weiterverbreitet wurden" (158). Für Petrus Damiani interessierten sich u.a. Dante Alighieri (158-161), Francesco Petrarca (161-167) und Giovanni Boccacio (167-171).

Zur Wirkungsgeschichte Damianis gehört auch die Vita Petri Damiani des Johannes von Lodi. Er erscheint "zwischen 1082 und 1101 in den Urkunden als Prior von Fonte Avellana" (180). Später ist Johannes Bischof von Gubbio geworden. Die Vita wurde zwischen 1076 und 1082/84 verfaßt. Johannes von Lodi hatte Petrus Damiani auf Reisen begleitet und war mit der kritischen Durchsicht seiner Werke beauftragt worden. Er bietet wörtliche Zitate und stützt sich weithin auf Informationen aus Damianis Schriften. Die Vita steht "am Beginn einer geistesgeschichtlichen Entwicklung, die in der Mitte des 11. Jahrhunderts einsetzt und die Einzelpersönlichkeit stärker ins Bewußtsein der Menschen rückte. Damiani sollte nicht als weltentrückter Eremit in einem Idealbild dargestellt werden, sondern als konkrete, geschichtliche Person, gleichwohl ideal mit nachahmenswertem Leben" (186). Es folgen die Rezeption dieser Vita (190-194) und die Beschreibung der drei Abschriften, die noch in Rom erhalten sind (198-201). Zum Text auf den Seiten 203-265 sagt der Autor mit Recht, mit der Vorlage dieser Quelle werde "eine weitere Lücke in der Erschließung von Persönlichkeit und Werk des Kirchenreformers geschlossen" (176).

7. Benzo von Alba: Sieben Bücher an Kaiser Heinrich IV.(7)

Eine Vorbemerkung von Horst Fuhrmann endet mit dem Satz: "Wer sich in den Text versenkt, wird einem selbstbewußten Autor begegnen von sprachlicher Genialität, einfallsreich und bissig, dessen Leben tragisch verlief und der sich um die Früchte seiner Anstrengungen gebracht sah". Bischof Benzo von Alba spricht oft von sich, man kann daher seinen Lebenslauf rekonstruieren. Vermutlich hat Bischof Leo von Vercelli ihm Kenntnisse über die Zeit um die Jahrtausendwende unter Kaiser Otto III. und Papst Silvester II. vermittelt: Benzo wünscht König Heinrich IV. "den Geist des dritten Otto" (185 = III,61). Benzo wurde gut ausgebildet, vielleicht war er Mitglied der Hofkapelle (5). Als Bischof von Alba reiste er 1059 mit seinem Erzbischof Wido von Mailand zur Fastensynode nach Rom. Der kaisertreue Benzo erzählt in Buch II und III von seinem politischen Einsatz 1062/63 für den am Kaiserhof eingesetzten neuen Papst Cadulus von Parma; er berichtet von der Synode zu Mantua 1064 und von einer Reise nach Quedlinburg.

Die Pataria in Mailand ist für ihn eine Pest. Benzo wurde zeitweise aus seiner Bischofsstadt Alba vertrieben; er denkt an Jesus von Nazareth: "Non habeo, ubi caput reclinem" (162=I,22). Die Synode von Brixen 1080 hat ihn dann offenbar zeitweise wieder in Amt und Würden gebracht. Nach der Vertreibung Papst Gregors VII. aus Rom 1084 schreibt Benzo ein ganz bitteres Kapitel über Hildebrand (VII,2). Benzo erzählt, Kaiser Konstantin habe einst in Rom einen Patricius eingesetzt zur Kontrolle der Papstwahl. Die tumultuarische Wahl Hildebrands verstieß aber klar gegen dieses alte Gesetz. Benzo zieht daraus seine Folgerung: "Wahrlich, wer Sünde tut, ist der Sünde Knecht; wer das Werk des Teufels tut, ist des Teufels Knecht. Also ist die falsche Kutte des Teufels Werk geworden. Sein Fluch ist nichtig, denn er ist selber verflucht..." (605).

Benzos Tendenz ist eindeutig, der historische Wert seiner Angaben ist jedoch mit Vorsicht zu beurteilen. Das betrifft gerade seine Reise an den Königshof (307-331=III,13-22). Hans Seyffert formuliert:

"Ist man aber durch Benzos Reden vor König und Fürsten, seine Unterredungen mit Erzbischof Adalbert von Bremen, durch die Stimme der Fürsten omnes una voce (326,7), die zur Stimme des Königs selbst wird, die dem sonst nie Beachteten eine triumphale Anerkennung und Belohnung zuspricht, und durch das Versprechen des Königs selbst, ’unter vier Augen’: tu semper mecum es (328,11), ­ ist man durch all das auf das Subjektive, ja Visionäre der Szenen aufmerksam geworden, so kann man schließen, zumindest aber vermuten, daß nicht nur Einzelzüge, sondern die ganze Reise Benzos, ’innerer Wirklichkeit’, seiner Einbildung angehören... So schwer der Bericht in die historische Wirklichkeit einzufügen ist, so genau paßt er in allen Einzelheiten zu Benzos Vorstellungen" (13). Besonders viel Material bietet S. für den Abschnitt "Schmähen und Rühmen" (28-37).

Unter den benutzten Quellen steht an erster Stelle die Bibel. "Neben der Vulgata benutzt Benzo auch ältere Versionen, wie er sie in den Schriften der Kirchenväter fand" (44). Augustin ist der am häufigsten genannte Kirchenvater. Möglicherweise kannte er Verse des gelehrten Mönches Hermann von Reichenau (46). Zu Petrus Damiani bestand ein Gegensatz, der sich auch auf den Sprachstil erstreckt. Um so überraschender kommt die Feststellung von S.: "Wörter, Zitate, Bilder, Vorstellungen haben beide verblüffend oft gemeinsam; manchmal sind Damianis Briefe der beste Kommentar für eine Benzostelle" (47).

Die sieben Bücher sind nur in einer Handschrift überliefert, die jetzt in Uppsala liegt. Hartmut Hoffmann wertet die Handschrift (49-56); Hans Seyffert berichtet über die Geschichte jener Handschrift, die sich bis zum Anfang des 16. Jh.s im Schottenkloster Würzburg befand.

Der Band gelangte "in dem Zeitraum bis zum beginnenden 18. Jahrhundert nach Schweden. Es liegt nahe, ihn in der großen Bücherbeute zu vermuten, die am Ende des Dreißgjährigen Krieges Königin Christina" zufiel (59f.). Der schwedische Theologe Erik Benzelius hat den Text entdeckt, die ersten Drucke 1728 und 1731 sind fehlerhaft (62). 1854 erschien eine Ausgabe in den MGH, die freilich bald herber Kritik verfiel. In der Forschung hat man meist nur die Bücher II und III über das Cadulus-Schisma beachtet. Wilhelm Giesebrecht stand Benzos Erzählungen kritisch gegenüber (65). Meyer von Knonau hat in seinen Jahrbüchern des Deutschen Reiches "Benzo ausführlich zu Wort kommen lassen" (66). Percy Ernst Schramm, Max Manitius und Augustin Fliche hatten für Benzo Verständnis. Walter Ullmann sah Benzo als "Gegenspieler der hierokratischen Idee des Papsttums" (68). I. S. Robinson sah Benzo in "einem Kreis italienischer Humanisten und Königsanhänger" (69). "Dann versuchte 1971 Tilmann Schmidt wie ich meine, erfolgreich Benzo ein bisher verworfenes Stück historischer Wirklichkeit abzugewinnen" (70). Die neue Textausgabe folgt der Vorlage in Uppsala. "Die Übersetzung, die sich an keine Vorbilder halten konnte, versucht dem lateinischen Text so nahe zu bleiben, wie es möglich ist, ohne unverständlich zu werden" (72). Umfangreiche Register beschließen den gelungenen Band (659-832).

8. Die Briefe des Abtes Walo von St. Arnulf vor Metz(8)

Abt Walo ist ein interessanter Zeuge für die Turbulenzen des Investiturstreits. Der Band enthält 9 Briefe, die Briefe 1-7 waren schon von Jean Mabillon 1675 in den "Vetera Analecta" ediert worden. Sie liegen heute in sechs Manuskripten vor. Die Intitulatio bietet nur die Bezeichnung "W. peccator"; daher hatte sie Mabillon einem unbekannten Abt Wilhelm zugeschrieben (19). Brief 8 trägt den Namen Walo (78); in Brief 9 steht die volle Bezeichnung "Ego Walo sancti Gorgonii indignus monachus" (83). Im Gorzer Nekrolog steht ein "domnus Walo mon(achus) istius monasterii et abbas s. Arnulphi" (21). Walo hatte diese Abtwürde mindestens seit 1063 bis 1097 inne. Für die Kirchenpolitik war Walo wichtig, weil er 1073 zeitweise auch noch Abt des Klosters St. Remi sowie 1085 ebenso kurzfristig auch noch Bischof von Metz wurde. Schütte informiert über die Vorgänge und die damit verbundenen Probleme unter den Überschriften Walos Leben (19-30) sowie Walo als Briefautor (30-38). Er will jedoch seinen Beitrag nur "als eine vorläufige Bestandsaufnahme" verstanden wissen (Vorwort).

In Brief 1 gratuliert Walo 1073 dem neu gewählten Papst Gregor VII. zur Amtsübernahme und berichtet von seinem Problem der Leitung zweier Klöster (51-55). Die Briefe 2-6 werden datiert "1074 nach März 14". Brief 2 ist an den Erzbischof von Reims gerichtet; Walo kritisiert dessen Feindseligkeiten und läßt durchblicken, daß der Erzbischof bei dem neuen Papst Gregor VII. kaum Zustimmung finden werde (56-60). In Brief 3 dankt Walo dem Erzbischof, daß er ihm die Leitung des Klosters Remi abgenommen habe (61-63). Brief 4 ist einem "domno et patri H." geschrieben; Heinrich von Gorze oder Hugo von Cluny könnten gemeint sein. Walo begründet, warum er die Abtswürde von St. Remi erst angenommen und bald wieder abgegeben habe; auch dieser Brief enthält Vorwürfe gegen den Erzbischof von Reims (64-67). Die Briefe 5-7 sind an einen unbekannten Mönch A. gerichtet. Brief 5 begründet Walos Verhalten (68-71), Brief 6 erklärt das Verhältnis von Erwählten und Verworfenen (72-74), Brief 7 erläutert die Motive für sein Leben im Kloster (75-77).

Die neu vorgelegten Briefe 8 und 9 sind im Herbst 1085 geschrieben worden. Brief 8 beklagt gegenüber einem Bischof Wido ­ gemeint ist wohl Udo von Hildesheim ­ die Wirrnisse der Zeit nach dem Tode Papst Gregors VII. im Mai 1085. Der Briefempfänger gehört zum engsten Kreis um Heinrich IV.; Walo fordert ihn auf, er solle nicht aufhören, "ammonere nostrum egregium principem" (81). Brief 9 geht einen wichtigen Schritt darüber hinaus: Walo bekennt sich zum verstorbenen Papst Gregor VII. und hält dessen Verurteilungen für rechtsgültig. Walo nimmt damit extrem Partei: Auch Heinrich IV. ist rechtmäßig verurteilt. Walo bedauert es, daß er selbst der Verurteilung des Bischofs Hermann von Metz, einem Anhänger Gregors VII., zeitweise zugestimmt hatte und deshalb sogar Bischof von Metz geworden war: "meus consensus damnandus" (84). Die Zusammenhänge mit der "großen Politik" werden immer wieder sichtbar, dadurch bereichert der Band unsere Kenntnis von einem schon viel bearbeiteten Zeitabschnitt.

9. Bernhard von Clairvaux:

Sermones super Canticum Canticorum(9)

Im Jahre 1948 hatte der Zisterzienserorden den Auftrag erteilt, die Werke Bernhards von Clairvaux in einer kritischen Ausgabe vorzulegen. Die bis dahin greifbaren Texte bei Migne (PL 182-85) waren ein Nachdruck der Edition von Mabillon aus dem 17. Jh. In den Jahren 1957-1977 erschien eine achtbändige Ausgabe: Sancti Bernardi Opera, hrsg. von J. Leclercq, C. H. Talbot und H. Rochais. Auf dieser Grundlage planen nun die Sources Chrétiennes eine Ausgabe in 32 Oktav-Bänden, die bis zum Jahre 2003 vorliegen soll; eine detaillierte Übersicht nennt die geplanten Erscheinungsjahre (11).

Über die beiden 1993 erschienen Bände 390 und 393 mit Schriften von Bernhard hatte ThLZ 119, 1994, 961 f. berichtet: Sie enthielten vier Homilien "In laudibus virginis matris" sowie die Arbeiten "Liber De diligendo Deo" und "Liber De gratia et libero arbitrio".

Die kritische Bernhard-Ausgabe hatte 1957/58 begonnen mit zwei Bänden "Sermones super Cantica Canticorum". Dieser Text soll in der neuen

Ausgabe fünf Bände ausmachen und bis 2001 vorliegen. Unter Bernhards theologischen Werken nehmen seit jeher die Sermone zum Hohenlied eine herausragende Stellung ein; Bernhard hat an diesem Werk zwei Jahrzehnte gearbeitet: von 1135 bis zu seinem Tode 1154. Nähere Umstände werden geschildert (23-27). Vermutlich haben mündlich gehaltene Predigten zugrunde gelegen, doch wird überzeugend dargelegt, daß zwischen der mündlichen Predigt und der schriftlichen Fassung ein zeitlicher Abstand gelegen hat (30-32). Die Braut des Hohen Liedes, die von den altkirchlichen Auslegern vor allem in der Ecclesia gesehen worden war, ist bei Bernhard die gläubige Einzelseele; das bedeutet auch eine Rückwendung zum wörtlichen Sinn des Textes (33-37). Bernhard ging nicht Vers für Vers vor; er hatte einen eigenen Gedankengang, in den er bestimmte Verse des Hohenliedes einarbeitete. Das Register zeigt, wie verschiedene Verse an verschiedenen Stellen auftauchen (355).

Die Introduction nennt die Sermone eine künstlerische Schöpfung, die im Mittelalter großen Einfluß bekommen sollte (53). Bernhard steht gewiß in einer Linie mit altkirchlichen Auslegern des Hohenliedes; aber Bernhard schrieb keinen Kommentar, er wollte die Herzen erreichen. Das erstrebten die altkirchlichen Ausleger zwar auch, aber auf sie geht die Introduction kaum ein.

Bernhards Leistung wird herausgestellt und dazu formuliert: Bernhard erstrebte keine «exégèse scientifique et théologique», er bot «paroles de vie, qui enflamment le coeur des auditeurs et des lecteurs» (54). Die Sermone 1-8 beschreiben Etappen des geistlichen Lebens: Via purgativa, illuminativa und unitativa (59-193). In den Sermones 9-13 wird das Verhältnis von Braut und Bräutigam erörtert (194-303); Kapitel 14 nimmtdie UnterscheidungzwischenEcclesia undSynagoge auf ­ ein Thema, das die alte Kirche entwickelt hatte. Sermo 15 bringt eine Meditation über die Bezeichnungen für den Bräutigam Jesus (326-347).

Der Text liegt in 111 Manuskripten aus dem 12. und 13. Jh. vor (54); die Bibliographie ist knapp (56 f.). Man möchte den Hgg. und Benutzern wünschen, daß die Terminplanung für die weiteren Bände eingehalten werden kann.

10. Die Jüngere Hildesheimer Briefsammlung(10)

Die "Briefsammlung" besteht aus drei Teilen: Das Zentrum bilden Hildesheimer Briefe aus dem späten 12. Jh., die um 1195 mit zwei anderen Arbeiten verbunden wurden: Eine Urkundenlehre des Notars Bernhard von Meung wurde vorangestellt, die Aurea gemma Oxoniense wurde angehängt. Diese beiden Schriften umgeben "als theoretischer Rahmen die den Kern der Sammlung ausmachenden 93 Hildesheimer Briefe und verleihen dem ganzen das Gepräge eines Handbuches zur Ars dictandi, gut verwendbar in Schule und Kanzlei" (1). Die Sammlung wurde bis 1543 im sächsischen Kloster Altzell aufbewahrt, sie war dort "einer Sammelhandschrift, einem der ’ältesten Bücher der Bibliothek’, als letztes Werk beigebunden worden" (3). Nach der Aufhebung des Klosters kam die Sammlung in die Universitätsbibliothek Leipzig und war bisher noch nicht im Gesamtzusammenhang herausgegeben worden.

Verfasser der ersten Schrift war ein Notar Bernard, der "in täglichem Umgang mit Urkunden" stand (9). Seine Urkundenlehre ist kurz (53-55), er ließ noch 39 Beispiele folgen (Nr. 2-40, S. 56-87). "Die konzise, auf das Wesentliche beschränkte Lehre und die große Anzahl von Beispielen, die die verschiedenen Sachverhalte und Geschäfte widerspiegeln, mit denen sich ein Diktator in seiner Kanzlei konfrontiert sah, sind Ausdruck einer auf die praktische Anwendbarkeit, auf den täglichen Gebrauch ausgerichteten Urkundenlehre" (10). Auch die Aurea gemma Oxoniense gehört in "den Rahmen der frühen Artes dictandi" (26). Sie bietet ein allgemeines Kapitel (Nr. 134, S. 193-229). Daran schließen sich zehn Beispiele (Nr. 135-144, S. 230-241).

"Die Ars dictandi wird wohl angesichts der guten und engen Beziehungen zwischen Hildesheim und Köln kurz nach 1193 nach Köln gelangt und um 1195 als sinnvolle theoretische Ergänzung den Hildesheimer Briefen angefügt worden sein" (30). Die eigentlichen Hildesheimer Briefe (Nr. 41-133, S. 88-192) wurden um 1195 zusammengestellt und sind schon damals von den beiden anderen Quellenstücken eingerahmt worden. Als historische Quelle waren die Briefe umstritten, sie werden heute hoch eingeschätzt. Zustimmend wird das Urteil von Ferdinand Opll zitiert, wonach die Briefsammlung "zur Erforschung geschichtlicher Zusammenhänge ebenso herangezogen werden muß wie das historiographische Material" (15).

Der erste Teil (Nr. 41-77, S. 88-131) enthält "vorwiegend Briefe von reichs- und landesgeschichtlicher Bedeutung" (15). Die Briefe aus den Jahren 1186-1188 wirken "in sich recht gut geordnet". Sie betreffen überwiegend Kaiser Friedrich I. (Barbarossa). Der zweite Teil (Nr. 78-133, S. 131-229) bietet "in der Mehrzahl Briefe in Hildesheimer Diözesan- und Stadtangelegenheiten" (16). Sie sind zum Teil undatiert, gehören aber meist auch in die achtziger Jahre des 12. Jh.s. Die Briefe zeigen enge Beziehungen zwischen Hildesheim und der Reichskanzlei. Bischof Konrad von Hildesheim wurde 1198 Kanzler des Stauferherrschers Philipp von Schwaben. Die Briefe können also teilweise in einem Zusammenhang "mit der Absetzung Bischofs Konrad durch Innozenz III. (1198/99) gesehen werden" (20).

Bemerkenswert sind Gebetsverbrüderungen der Hildesheimer Domherren mit den Mitgliedern der Kapitel in Magdeburg, Bremen, Lüttich und Paderborn. Hildesheimer waren als Studenten in Frankreich, Kontakte blieben. Informationen aus dem Kölner Raum können "über die regen Handelsbeziehungen nach Hildesheim" gedrungen sein (22). Durch all diese Beziehungen ist wohl mancher authentische Brief nach Hildesheim gekommen, der als Vorlage für die jetzt edierte Jüngere Hildesheimer Briefsammlung dienen konnte. Zum Quellenwert sagt der Hg: "Auch ohne den Namen des Autors der Sammlung mit Sicherheit zu kennen, kann die Frage nach der historischen Glaubwürdigkeit der einzelnen Briefe klar beantwortet werden. Wird nämlich die Möglichkeit, daß man in Hildesheim in der Lage war, sich ein sachnahes Bild von den reichs- und landespolitischen Vorgängen zu verschaffen, grundsätzlich bejaht, dann gibt es keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit des Mitgeteilten zu zweifeln" (21).

Ausführliche Register erhöhen den Wert des Bandes (245-284).

11. Hugo von Balma: Theologia mystica(11)

Die Introduction der zweibändigen Ausgabe informiert umfassend auf den Seiten 7-120. Werke von Hugo lagen schon früh vor, freilich unter dem Namen des Bonaventura. Die Theologia mystica war früher sogar das am häufigsten gedruckte Werk Bonaventuras (I,7). Die kritische Bonaventura-Edition von Quaracchi hatte allerdings schon 1898 klargestellt, daß dieses Werk nicht von Bonaventura stammt, sondern Hugo zum Verfasser hat (I,11 f.). Das Werk wurde auch nach seinen Anfangsworten benannt: "Viae Sion lugent" nach Klagelieder Jeremiae 1,4 (I,24 = 1.Bibelwort im Prolog).

Über Hugo von Balma gibt es einige feste Daten: Er war Prior eines Karthäuserklosters 1289-1304. Die Entstehung seiner Theologia mystica muß nach seinem Amtsantritt 1289 und vor dem 29. Oktober 1297 geschrieben worden sein (I,12). Hugo könnte also schon Werke der großen Scholastiker gekannt haben: Thomas von Aquin, Albertus Magnus oder Robert Grosseteste. Notes complémentaires geben dazu noch detaillierte Hinweise (I, 271-277). Am Schluß wird eine "Quaestio difficilis" in scholastischer Weise abgehandelt (II,182-233). Eindeutig ist Hugos Kritik am Weltklerus und einigen Glieder seines eigenen Klosters, weil sie sich der irdischen Weisheit widmeten (13). Hugo empfiehlt die göttliche Weisheit, die auf einem dreifachen Wege erreichbar sei: Via purgativa (I,16-23, Text I, 144-175), via illuminativa (I, 23-30, Text I,176-269) sowie via unitativa (30-44, Text II,8-181). Hugo von Balma beruft sich bei seinen Ausführungen auf den Apostel Paulus, dessen Lehre Dionysius Areopagites aufgeschrieben haben soll: "Sapientia enim haec, quae mystica theologia dicitur, a Paulo apostolo edita, a beato Dionysio Areopagita conscripta, est quae idem est quod extensio in Deum per amoris desiderium" (I,126 =Prolog, Kap. 2). Das Register weist Dionysius als den am meisten genannten antiken Autor aus: 22 Zitate stammen aus seiner Theologia mystica, 16 aus De divinis nominibus (II, 241). Mit Abstand folgen Thomas Gallus mit 8 und Augustin mit 7 Zitaten (Vgl. Hinweise II,7). Hugos Mystische Theologie ist in recht beachtlicher Fülle überliefert: 59 Manuskripte sind erhalten (I,113-117).

Die Reihe der Editionen begann schon 1495 in Straßburg ­ freilich unter dem Namen des Bonaventura (118). Diese Erstausgabe hatte noch 1866 A. C. Peltier berücksichtigt in Band 8 der Werke des Bonaventura (105). Bereits 1534 war jedoch in einer Ausgabe der Werke des Karthäusers Dionys die Theologia mystica exakt bezeichnet worden: "Hugonis Carthusiani Autoris vetusti, de triplici via ad sapientiam et divinorum contemplationem opusculum plane aureum" (119). Die jetzt neu erarbeitete Edition stützt sich auf eine Wiener Handschrift, bietet jedoch auch Lesarten aus anderen Manuskripten.

Der Apparat ist durch die klein gedruckten Textvarianten nicht zu sehr ausgeweitet worden. Beachtlich sind Nachwirkungen: Hugos Werk hatte im 15. Jh. Einfluß u. a. auf den Konzilstheologen Jean Gerson (I,60-66), Kardinal Nikolaus von Cues (I,67-73), sowie die gelehrten Mönche Vinzenz von Aggsbach und Nikolaus Kempf (I,75-99). Die Theologischen Lexika im deutschen Sprachraum ­ TRE, LThK, EKL und RGG ­ nennen Hugo von Balma nicht. Kurze Informationen gibt das Verfasserlexikon des Mittelalters von Kurt Ruh (IV, 225 f.). Um so dankenswerter ist diese zweibändige Ausgabe mit gründlicher Einleitung in der bewährten Reihe.

Fussnoten:

(1) Rohr, Christian [Hrsg]: Der Theoderich-Panegyricus des Ennodius. Hannover: Hahnsche Buchhandlung 1995. XXXVII, 309 S. gr.8° = Monumenta Germaniae Historica. Studien und Texte, 12. geb. DM 80,­. ISBN 3-7752-5412-9.
(2) Jonas d’Orléans: Le métier de roi (De instituione regia). Introduction, Texte critique, Traduction, Notes et Index par Alain Dubreucq. Paris: Cerf 1995. 304 S. 8° = Sources Chrétiennes, 407. fFr. 154.­. ISBN 2-204-05225-6.
(3) Agnellus von Ravenna: Liber pontificalis. Bischofsbuch. Übers. u. eingel. von Claudia Nauerth. Bd. 1 u. 2. Freiburg: Herder 1996. 642 S. 8° = Fontes Christiani, 21,1 u. 2. ISBN 3-451-22112-8 u. 3-451-22135-7.
(4) Hoffmann, Hartmut: Bamberger Handschriften des 10. und 11. Jahrhunderts. Hannover: Hahnsche Buchhandlung 1995. 210 S., 272 S. Abb. gr.8° = Monumenta Germaniae Historica. Schriften, 39. DM 128,­. ISBN 3-7752-5439-0.
(5) Schneider, Herbert [Hrsg.]: Die Konzilsordines des Früh- und Hochmittelalters (Ordines de celebrando concilio). Hannover: Hahnsche Buchhandlung 1996. XXVIII, 654 S. 4° = Monumenta Germaniae Historica. DM 248,­. ISBN 3-7752-5149-9.
(6) Freund, Stephan: Studien zur literarischen Wirksamkeit des Petrus Damiani. Anhang: Johannes von Lodi, Vita Petri Damiani. Hannover: Hahnsche Buchandlung 1995. XXII, 305 S. gr.8° = Monumenta Germaniae Historica. Studien und Texte, 13. DM 80,­. ISBN 3-7752-5413-7.
(7) Benzo von Alba: Sieben Bücher an Kaiser Heinrich IV. Hrsg. u. übers. von Hans Seyffert. Hannover: Hahnsche Buchhandlung 1996. X, 832 S. gr.8° = Monumenta Germaniae Historica. Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum, 65. DM 128,­. ISBN 3-7752-5386-6.
(8) Schütte, Bernd: Die Briefe des Abtes Walo von St. Arnulf vor Metz. Hannover: Hahnsche Buchhandlung 1995. 102 S. gr.8°= Monumenta Germaniae Historica. Studien und Texte, 10. DM 30,­. ISBN 3-7752-5410-2.
(9) Bernard de Clairvaux: Sermons sur le Cantique. Tome I (Sermons 1-15) Texte latin de J. Leclercq, H. Rochais et Ch. H. Talbot. Introduction, Traduction et Notes par Paul Verdeyen et Raffaele Fassetta. Paris: Cerf 1996. 366 S. 8° = Sources Chrétiennes, 414. Kart. fFr 237.­. ISBN 2-204-05350-3.
(10) Kegel, Rolf de [Hrsg.]: Die Jüngere Hildesheimer Briefsammlung. München: Monumenta Germaniae Historica 1995. VIII, 284 S. 4° = Monumenta Germaniae Historica. Die Briefe der deutschen Kaiserzeit. VII. Lw. DM 75,­. ISBN 3-88612-045-7.
(11) Hugues de Balma: Théologie mystique. Tome I et II. Introduction, Texte latin, Traduction, Notes et Index de Francis Ruello. Introduction et Apparat critique de Jeanne Barbel. Paris: Cerf 1995. 280 S. et 262 S. 8°= Sources Chrétiennes, 408 u. 409. fFr 187.­ et fFr 136.­. ISBN 2-204-05115-2 et 2-204-05277-9.