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Ausgabe:

Februar/1999

Spalte:

171 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Holmstrand, Jonas

Titel/Untertitel:

Markers and Meaning in Paul. An Analysis of 1 Thessalonians, Philippians and Galatians.

Verlag:

Stockholm: Almquist & Wiksell International 1997. 244 S. gr. 8 = Coniectanea Biblica. New Testament Series, 28. ISBN 91-22-01761-5.

Rezensent:

Friedrich Wilhelm Horn

Es ist dies die überarbeitete englische Übersetzung einer Dissertation, die unter dem Titel "Övergångsmarkörer, textstruktur och innehåll i Första Thessalonikerbrevet, Filipperbrevet och Galaterbrevet" 1996 in Uppsala vorgelegt und unter der Anleitung von Prof. René Kieffer erarbeitet worden ist. Die Zielsetzung der Studie lautet: a) "to study the use of transition markers ..."; b) "to examine what arrangements of the texts these markers result in"; c) "to explore the implications of these arrangements for our understanding of the line of thought in each of the letters" (32). Für den Druck hätte weitere Literatur eingearbeitet werden müssen. Es fehlen wichtige Wörterbücher und Lexika, aber auch grundlegende Werke der Primär- und Sekundärliteratur.

Was sind transition markers? Der Begriff wird vom Vf. bewußt unscharf gehalten: "It should be regarded rather as an umbrella term for a diverse collection of phenomena, whose only common denominator is the fact that, in specific cases, they more or less clearly signal significant changes or transitions in the text to the reader or listener" (21). H. betont ihre Einbindung in den jeweiligen Kontext und ihre Verhaftung an eine bestimmte Konvention. Transition markers können metacommunitive clauses wie ’hört, seht, ich wünsche’, können rhetorische Fragen und Ausrufe, können adversative Partikel sein (Beispiele auf 24-32). Grundsätzlich unterscheidet H. closing markers und opening markers, um dann im einzelnen auf ’instructive and thematic transition markers’, ’contrastive transition markers’ und ’attention-attracting and intensity-heightening transition markers’ zu verweisen. H. begreift seine Arbeit als Ergänzung zu der ’epistolary analysis’, zu der rhetorical analysis und zu der discourse bzw. text linguistic analysis. "However, it attempts to be more empirical in approach than text linguistic analyses usually are, to take greater account of the syntactic and semantic relationships within the text than rhetorical analyses generally do, and to have a more general linguistic emphasis than is found in epistolary analysis" (36 f.).

Nach diesem kurzen, aber recht instruktiven und klaren methodologischen Teil (13-37) folgen die Ausführungen zum 1. Thessalonicherbrief, zum Philipper- und Galaterbrief (38-216) in jeweils fünf Abschnitten: a) Introduction; b) Basic analysis; c) Arrangement of the text; d) Transition markers; e) Implications for the line of thought in the letter. Hierbei nimmt die basic analysis mit Abstand den größten Raum in Anspruch. Hinzu kommen drei längere Exkurse. In ’Difficulties in the interpretation of Phil 2:5-11’ widerspricht H. einer Entgegensetzung von ethischer und soteriologischer Auslegung des Christushymnus, da die Soteriologie gerade als imitatio Christi zu begreifen sei. In ’The punctuation of Phil 2:14-18’ schlägt H. eine von NTG abweichende Interpunktion vor (kein Punkt hinter ekopiasa und kein Kolon hinter hymin, sondern an beiden Stellen Kommata). Schließlich ein hilfreicher Exkurs zum Verständnis von Gal 5,11, vor allem zur Auslegung von ti éti im Sinn von ’what further reason is there for?’.

Das Beachten der transition markers führt zu erheblichen Verschiebungen gegenüber einleitungswissenschaftlich mehrheitlich vertretenen Positionen, was am Beispiel der Ausführungen zum Galaterbrief gezeigt werden soll. Es wird der Briefrahmen auf 1,1-5 (Briefanfang) und 6,18 (Briefschluß) reduziert, um in 1,6-6,17 das Briefkorpus zu erkennen. Der üblicherweise dem Eschatokoll zugewiesene Teil 6,11-17 wird teilweise (V. 11-13) dem Großabschnitt 5,11-6,13, teilweise einem eigenen Abschnitt 6,14-16 zugewiesen. Das Briefkorpus setzt sich nach H. aus sieben ungleichen Teilen zusammen: a) 1,6-10; b) 1,11 - 2,21; c) 3,1-4,11; d) 4,12-5,10; e) 5,11-6,13; f) 6,14-16; g) 6,17. Die Abgrenzung dieser Abschnitte wird nach sachlichen Gesichtspunkten und persönlichen Erwägungen in Verbindung mit der Beachtung der transition markers vollzogen. Hier stimmt nichts mehr mit dem, was wir von H. D. Betz zur Rhetorik des Galaterbriefs gelernt haben und wie es in seinen Kommentar Eingang gefunden hat, überein. Aber auch im Detail sind Textabgrenzungen eigenwillig. Der Bericht über den antiochenischen Konflikt wird auf 2,11-13 begrenzt, um 2,14-21 insgesamt als theologische Ansprache an die galatischen Gemeinden zu interpretieren (ausführlich 157-165). H.s Einschätzung (158) zu 2,14a ("a new start is made") wiederholt sich wörtlich (187) bei 5,13b, kann hier aber nur schwer nachvollzogen werden. Wo im Galaterbrief der paränetische Teil seinen Anfang nimmt, ist seit langem strittig (Betz: 5,1; Merk: 5,13; Suhl: 6,1). Allein erscheint es mir problematisch, die Anrede adelphoi und monon als Adversativpartikel dahingehend auszuwerten, daß Paulus in 5,13b zum paränetischen Teil übergeht. Wie H. andeutet, verbindet monon eher die Aussagen in 5,13b und 5,13a. Wichtig ist H.s Hinweis, daß ein Drittel der thematic opening markers im Galaterbrief aus rhetorischen Fragen bestehen (217), insofern diese Erkenntnis doch auf eine stärkere Verknüpfung mit der rhetorischen Analyse drängt.

Der theologische Ertrag der Studie liegt nach H. darin, daß in den analysierten Briefen nur ein einziges Thema verfolgt wird. Es ist dies im Galaterbrief die Warnung vor der Beschneidungsforderung, im 1. Thessalonicher- und im Philipperbrief die Stärkung der verfolgten Gemeinde. Gemeinsam aber sei diesen Briefen die Ausrichtung auf die imitatio des gekreuzigten Christus und des verfolgten Paulus (84-87.141-144.213-216.218 f.). Es ist dieser Gedanke nicht neu, aber doch erneut eindringlich und überzeugend vorgetragen. Ein hermeneutischer Ausblick, der keine wirkliche Konsequenz der Arbeit über die transition markers, wohl aber eine Zuspitzung des imitatio-Gedankens ist, rät davon ab, die Briefe des Paulus als zeitlose theologische Abhandlungen zu betrachten, vielmehr sei der Blick auf Paulus zu richten, welcher "is not just a man who talks about the gospel; he is also someone who embodies it" (219). Hier schließt sich ein Kreis, hatte doch H. eingangs (13-15) und nun am Schluß nochmals explizit (219) die Auslegungsgeschichte, die Paulus lehrmäßig aufgenommen hat, als Hindernis zum Verstehen begriffen.

Der in der Studie vorgetragene Hinweis auf die transition markers kommt von einer kommunikationstheoretisch fundierten Textauslegung her (16 f.), ruft aber in Verbindung mit ihr an einem konkreten Punkt den philologischen Ansatz der Exegese in Erinnerung. Die hier vorgetragenen Beobachtungen müßten auf einer breiteren Ebene, die solche transition markers in weiterer hellenistischer Briefliteratur bedenkt, abgestützt werden. Darüber hinaus ist der Versuch, über die Analyse der transition markers Gliederung und Botschaft einer Schrift erfassen zu wollen, als zu begrenzt zu erachten. Als weiterer Beitrag zu der rhetorical and discourse analysis ist das Buch zu begrüßen, auch wenn in ihm diese related research als Gesprächspartner nur am Rande im Blick ist.