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Ausgabe:

Mai/1997

Spalte:

427 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Bobzin, Hartmut

Titel/Untertitel:

Der Koran im Zeitalter der Reformation: Studien zur Frühgeschichte der Arabistik und Islamkunde in Europa.

Verlag:

Stuttgart: Steiner 1995. 597 S. gr.8° = Beiruter Texte und Studien, 42. ISBN 3-515-05365-4.

Rezensent:

Ludwig Hagemann

Die vorliegende Studie ist die überarbeitete Version jener Fassung, die 1986 von den Philosophischen Fakultäten der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Habilitationsschrift angenommen wurde. Nach ca. neun Jahren ist sie nun als Bd. 42 der "Beiruter Texte und Studien" erschienen.

Neben Martin Luther (13 ff.) behandelt der Vf. Theodor Bibliander und dessen Koranausgabe (159 ff.); des weiteren Johann Albrecht von Widmanstetter und den Korandruck in Nürnberg (277 ff.) und schließlich Guillaume Postel und dessen "Excussio alcorani" (365 ff.).

Literatur- und Abkürzungsverzeichnis (499 ff.), Register, Ergänzungen und zwei Zusammenfassungen in englischer und arabischer Sprache schließen die Arbeit ab (551 ff.).

Der Vf. nennt seine Arbeit "Der Koran im Zeitalter der Reformation". Dabei geht es ihm nicht darum, die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Koran in dieser Phase nachzuzeichnen, sondern vielmehr um jene Versuche und Bemühungen, den Koran zu übersetzen und in gedruckter Form einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Die erste lateinische Koranübersetzung datiert bekanntlich aus dem Jahre 1143; genau vierhundert Jahre später wurde sie in Basel gedruckt und diente bis ins 17. Jh. hinein als Vorlage für weitere Übersetzungen in europäische Sprachen.

Ausgehend vom Basler Korandruck von 1543, der schließlich auf Intervention Martin Luthers erscheinen konnte, behandelt der Vf. das Interesse des Reformators um die Verbreitung von Korankenntnissen. Er glaubt, darin "den Beginn der neuzeitlichen Islamkunde" (VII) sehen zu können ­ eine Interpretation, die das erkenntnisleitende Interesse Luthers an der Koranverbreitung einfachhin unterschlägt. In seinem Brief an den Rat zu Basel, in dem er sich für die Freigabe des Korandrucks aussprach, ist u. a. zu lesen: "Mich hat das bewogen, das man den Mahmet oder Turkken nichts verdrieslichers thun, noch mehr schaden zu fugen kan (mehr denn mit allen waffen), denn das man yhren alcoran bey den Christen an den Tag bringe, darinnen sie sehen mugen, wie gar ein verflucht, schendlich, verzweifelt buch es sey, voller lugen, fabeln und aller grewel..." Diese Einschätzung des Korans durch Luther ließe sich aus anderen seiner Schriften zementieren. Hier von "pastoral-theologischen Überlegungen" Luthers zu sprechen (96), wird dessen erkenntnisleitendem Interesse nicht gerecht.

Neben Luther behandelt der Vf. Theodor Buchmann (Bibliander), Johann Albrecht von Widmanstetter sowie Guillaume Postel. Die letzteren drei waren im Gegensatz zu Luther Pioniere der semitischen Sprachwissenschaft: Der Zürcher reformierte Theologe Bibliander hat sich einen Namen gemacht als Herausgeber des Basler Korandrucks, während die beiden anderen humanistischen Gelehrten etwa zur gleichen Zeit mit einer Koranübersetzung beschäftigt waren.

Damit gewährt der Vf. dem Leser einen ersten Einblick in die den Koran betreffenden forschungsgeschichtlichen Initiativen während der Reformationszeit. Die zahlreichen Flugschriften aus dieser Zeit hat der Vf. wohl bewußt ausgeklammert. ­ Nicht immer verläßlich ist das allgemeine Register (551ff.), wo im Text zu findende Zitationen anderer Autoren nicht angegeben sind.