Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Februar/1999

Spalte:

157 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Grabbe, Lester L. [Ed.]

Titel/Untertitel:

Can a ’History of Israel’ Be Written?

Verlag:

Sheffield: Sheffield Academic Press 1997. 201 S. gr.8 = Journal for the Study of the Old Testament, Suppl.Series 245. European Seminar in Historical Methodology, 1. Lw. £ 40.-. ISBN 1-850756-69-4.

Rezensent:

J. Alberto Soggin

Ist es möglich, eine Geschichte Israels zu verfassen? Für einen der Autoren, P. R. Davies, ist es schwierig, wenn nicht geradezu unmöglich, auf diese Frage eine bejahende Antwort zu geben. Zu viele noch nicht gelöste Probleme gibt es: Wessen Geschichte? Wessen Israel? Wessen Bibel? Die Schwierigkeit für ihn ist, daß es ein Israel (und ein Juda), wie sie in der Bibel stehen, nie gegeben hat, es sich also um literarische Größen handelt. Andere noch offene Fragen sind: Was versteht man unter Geschichte? Sollte eine Geschichte Israels (und Judas) nicht viel eher als ein Teil der Geschichte Syriens, also zusammen mit denen der weiteren Stadt- und Territorialstaaten behandelt werden? Man wird an das Werk von K. W. Whitelam, The Invention of Ancient Israel: The Silencing of Palaestinian History, London 1996, erinnert, wo dem Problem sogar eine moderne politische Dimension verliehen wird, wie der Titel des Werkes besagt. Dabei besteht eines der ungelösten Hauptprobleme darin, daß die Forscher der Geschichte Israels beinahe nie Historiker, sondern hauptsächlich Theologen und Philologen gewesen sind.

Das vorliegende Buch enthält drei Beiträge des Hgs., in denen der status quaestionis und die Schlußfolgerungen enthalten sind. Interessant ist die Feststellung, daß die Königslisten der beiden Reiche aus vorexilischer Zeit im Großen und Ganzen durch die assyrischen Annalen bestätigt werden (24 ff.); dürfte man also Ähnliches nicht auch von Salomo, David und sogar Saul, wenn auch nur hypothetisch, voraussetzen? Als besonders wichtig empfindet der Rez. den Aufsatz von H. M. Barstad, eine Einleitung in die Geschichtsschreibung und die Historiographie, die von jedem Theologen gelesen werden sollte. N. P. Lemche kritisiert K. W. Whitelam: Es handelt sich nicht um ein (modernes!) politisches Problem wie die angebliche Ausschaltung palästinensischer Geschichte zu Gunsten der israelitischen, sondern um die Frage nach den Quellen und ihrer Behandlung; und für Altisrael gibt es ihrer viele, für Altpalästina wenige. Weitere Beiträge (von B. Becking, H. Niehr und Th. L. Thompson) zeigen die Unzulänglichkeit auch der schriftlichen, epigraphischen und archäologischen Quellen für die Rekonstruktion einer Geschichte Israels und Judas.

Es handelt sich hier um ein Buch, Ergebnis eines Symposiums, das jeder Theologe und Orientalist lesen sollte: Zu oft redet man noch heute vom Geschichtssinn Altisraels oder von Offenbarung in der Geschichte. Daß die dadurch aufgeworfenen Fragen nicht so einfach sind, geht aus diesem Buch hervor.